Weiterführung zu: 1. Kapitel | Tyisch Janine - oder doch nicht?

Lina strich mit der Bürste über das samtweiche Fell Coffee’s. Sie lächelte verträumt und sprach nach einer Weile: „Eigentlich hab ich gar keine Lust auf Halle. Wie wäre es mit einem Ausritt? Es ist noch früh, die Pferde haben verdaut und der Regen hat aufgehört.“ Laura fuhr durch die Mähne ihres eigenen Pferdes Star Dust. Sie nickte. „Okay, Dusty freut sich auch darüber. Coffee bestimmt auch!“ Lina lächelte. „Ach, der reitet mit mir doch jeden Tag aus. Im Gelände macht ihm das Training viel mehr Spaß.“ Gerade hob die fast 15-jährige den linken Vorderhuf ihres Pflegepferdes Coffee hoch. Die Blondine Laura war schon weiter und war jedes Mal erstaunt über das Gewicht des schweren Westernsattels. Sie schwang zuerst das Pad und anschließend den kastanienbraunen Sattel auf Dusty. Lina war gerade auf dem Weg zur Sattelkammer, als sie rief: „Janine hat Coffee heute morgen vor dem Futter übrigens nur herumgeführt, um diesen Yannick zu imponieren. Ich hab sie kurz gesehen, als wir herausgegangen sind zum Reiterstübchen. Sie kam gerade lachend mit Yannick Arm in Arm wieder herein.“ Laura lachte gequält. Plötzlich bemerkte Lina, die Rothaarige hinter sich einen Schatten, als sie sich umdrehte sah sie, dass es Yannick war. „Oh… Ähm...“, konnte sie nur sagen. ‚Warum muss mir das immer passieren?’, dachte sie. Lina drängelte sich an Yannick, dem schwarzhaarigen, großgewachsenen und irgendwie seltsamen Typ, vorbei und legte Coffee sanft den schwarzen Sattel auf. Dann holte Laura für beide die Trensen. „Ach, damit ihr nichts falsch versteht“, begann Yannick, bevor er die Box seines Pferdes betrat, „Janine ist meine Cousine. Sie wollte mir nur ihr Pflegepferd zeigen.“ Am liebsten wäre Lina sofort im Erdboden versunken. Warum passierte immer ihr so etwas? Außerdem war sie viel zu schüchtern, um etwas auf Yannicks Rede zu erwidern. „Gut!“, rief Laura stattdessen. Sie legte ihrem hübschen Rappen Star Dust das Gebiss ein. „Das wussten wir schon vorher.“ Ihre Freundin gurtete noch einmal nach und schnappte sich die Zügel von Coffee. „…und außerdem ist Coffee auch mein Pflegepferd!“, flüsterte sie leicht beleidigt und verließ dann ohne einen weiteren Ton zu sagen den Stall. Laura folgte ihr auf den Platz. Stumm ritten sie beide dort ihre Pferde warm, trabten mal einen Zirkel und galoppierten kurz. Schließlich ließen sie Coffee und Dusty vom Platz gehen und ritten einen im Sommer so hübschen Feldweg herlaufen. Doch jetzt, im Dezember, sah er so traurig und trostlos aus. Plötzlich lachte Laura. „Das kann nur dir passieren, Lina!“ Die Angesprochene grinste. „Ja, aber das war mal wieder total peinlich! Ich meine, über Janine zu lästern wenn Yannick ihr Cousin ist.“ Laura trieb den Rappen zum Trab an. Sie bogen in den Wald hinein. „Aber das war bestimmt nicht peinlicher als das eine mal, als du dich vor diesem Mark volle Kanne hingelegt hast!“, kicherte sie. So holten die beiden Mädchen alte Erinnerungen hervor, schauten in der Landschaft herum und ließen sich die Kühle Briese beim Galoppieren um die eigentlich schon eingefrorene Nase wehen.