Zu Abend aßen wir in dem gemütlichen Bordrestaurant „Rima“ auf Deck12, wo man eine riesige Auswahl exotischer Speisen vom Büffet nehmen konnte. Einige Spezialitäten hatte ich noch nie gegessen oder gar überhaupt gesehen und es machte Spaß, die verschiedenen Dinge auszutesten.
Ich hatte mir gerade etwas von den Meeresfrüchten genommen –nur so zum Probieren- und sah rechts neben mir eine große Schüssel einer lecker aussehenden Soße stehen.
Jedoch, in dem Augenblick, indem ich mir den Soßenlöffel nehmen wollte, fasste plötzlich jemand anderes darum. Ich drehte mich um und blickte in zwei wunderschön leuchtende, dunkelbraune Augen. Ich war fasziniert! Dieser Moment schien mir, als würde die Zeit still stehen...
„Oh!“ Der ältere Junge ließ den großen Löffel plötzlich los. „Nimm du zuerst.“
Ich lächelte ihn nur kurz an und tat mir von der Soße auf. Ich spürte wie er mich ansah. Als ich fertig war, nahm ich mir noch etwas von den Meeresfrüchten und nutzte die paar Sekunden, um ihn mir noch mal etwas genauer an zu schauen. Gott, der Typ sah gut aus! Er war ein bisschen größer als ich, hatte beinahe schwarze Haare, leicht gebräunte Haut und kleidete sich auch total gut. Er erinnerte mich an jemanden... Der Junge schien mein Blick zu bemerken, zwinkerte mir noch einmal zuckersüß zu und verschwand dann zu seinem Tisch. Blöd, dass ich ihn nicht hatte kennen lernen können! Trotzdem huschte über mein Gesicht ein kleines Lächeln, als ich zurück zu Nadja und meiner Mutter ging. Dieser Kerl, einfach unglaublich...

Eine Weile später stand ich wiedereinmal vor dem Kleiderschrank und wusste ich nicht, was ich anziehen sollte. Nach einer ziemlich langen Zeit des Ein- und Auskramens entschloss ich mich endlich zu einem lockeren weißen Shirt mit V-Ausschnitt und dreiviertel- Ärmeln. Dazu trug ich dann einen hellroten, abgeschrägten Seidenrock und dazu passende, rote Pumps mit Schleife an der Spitze und Pfennigabsatz. Meine Haare ließ ich, wie sie waren- schön wellig- aber ich legte mir noch einiges an Schmuck an. Wieso ich mich eigentlich so schön machte, wusste ich nicht wirklich. Aber vielleicht traf man ja noch irgendwen Neues... wer weiß, wer weiß!? Doch etwas noch besseres als den Typen vom Büffet konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen! Schade, dass sich auf diesem Schiff über zweitausend Passagiere befanden. Wie groß war da die Chance, ihn wiederzusehen?

Meine Mutter war, wie erwartet, weder sauer noch enttäuscht noch sonst irgendwas, dass ich keine Zeit für sie hatte, denn sie selbst war mit Thorstens Eltern verabredet. Was Nadja diesen Abend tat interessierte mich sowieso nicht wirklich, bestimmt würde sie mit Johanna Spaß haben.
Ich machte mich um kurz vor neun Uhr auf den Weg in die Costa-Lounge. Diese fand ich schnell, da sie sich fast unmittelbar bei den Fahrstühlen befand. Die Lounge ging über zwei Etagen, mit Verbindung einer sehr großen und weiten Haupttreppe, das heißt auf Deck 11 befand sich der obere Teil der Lounge.
Mir gefiel es hier: die roten Sessel und kleinen Tische, die große Costa-Bar, die kleine Bühne, das leicht gedämpfte Licht, welches unter anderem von einem wunderschönen Kronenleuchter ausging, und der weitläufige mit verschnörkelten Mustern verzierte Teppich. Die meisten Sessel-Gruppierungen waren belegt und ich fing an, Natalia zu suchen, denn ich wusste ja nicht, wo sie mit ihrer Familie saß.
Endlich entdeckte ich sie und ihre Familie und ging auf sie zu. Ich erkannte die im Rollstuhl sitzende Mutter und den Vater, der anscheinend Ausländer war, was ich ja schon von Natalia vermutet hatte.
Natalia sah mich nun auch und winkte mir freundlich entgegen. Ich begrüßte sie und ihre Eltern und wurde aufgefordert, mich zu setzen.
„Du bist also Melissa?“, fragte Natalias Mutter mich und ich nickte. „Willst du etwas trinken?“ Sie winkte schon die Bedienung her und ich bestellte mir mein Lieblingsdrink (für den ich eigentlich noch einen Monat zu jung war) Sex On The Beach.
„Wo ist eigentlich dein Bruder?“, fragte ich, als mir auffiel, dass dieser fehlte. Nicht, dass ich ihn mir etwa herwünschte, schließlich war ich nicht auf einen Abend mit ihrem kleinen Bruder aus.
„Der ist noch mal eben auf der Kabine, glaube ich. Kommt wohl gleich...“, sagte Natalia schulternzuckend.
Ihre Eltern fingen an, mich nach meiner Herkunft und anderen für sie anscheinend interessanten Dingen zu fragen und wir unterhielten uns so eine Weile. Natalias Vater hatte einen witzigen Akzent, aber ich konnte nicht eindeutig sagen, woher er kommen könnte, fand es aber unhöflich, danach zu fragen. Ihre Mutter schien allerdings Deutsche zu sein, jedenfalls sah sie so aus und sprach die Sprache auch ganz normal.
Gerade hatte diese mich nach meiner Mutter ausgefragt, unterbrach Natalia uns plötzlich. „Endlich! Da ist er ja!“
Endlich?, fragte ich mich und drehte mich um. Doch wen sah ich nun mit zwei anderen jungen Leuten auf uns zukommen...?

...na wer kann das sein *fg*

Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zum letzten Mal von Anchen: 05.03.2006 11:49.