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Zwerg Zwerg ist weiblich
Trostpreis


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Erinnerung Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Prolog:


Feiner Nieselregen prasselte auf ihn herunter, ein nasser Vorhang, der nur eine verschwommene Sicht auf seine Umgebung freigab. Doch in der letzten Zeit hatte er sowieso das Gefühl gehabt, nicht mehr deutlich zu sehen.
Es herrschte graues Dämmerlicht, der Tag war vergangen, doch eine richtige Nacht mit Sternen und einem klaren, strahlenden Mond am Himmel würde es auch nicht geben. Sie hatte die Nacht geliebt, die schwarze geheimnisvolle Nacht. Ein dunkler Schatten legte sich über sein Gesicht bei der Erinnerung an sie. Es tat noch immer weh, so unglaublich weh.
Eine nasse Strähne rutschte im in die Augen, er wischte sie nachlässig weg. Sein Shirt klebte ihm nass am mageren Oberkörper, die Jeans war schwer von Feuchtigkeit. Es war ihm egal. Gänsehaut hatte ihn überzogen, er schlotterte in der kühlen Nachtluft, doch wirklich spüren tat er sie nicht. Er spürte gar nichts mehr, keine Kälte, keinen Hunger, keine Freude. Nur eine abgrundtiefe, alles verschlingende Trauer war noch in ihm zu finden, ein lebensvernichtendes Ungeheuer.
Seine Schritte hallten laut über die leere Straße, nur gedämpft durch das monotone Rauschen des Regens. Ohne nachzudenken schlug er eine kleine Seitengasse ein. Wie oft war er nun diesen Weg schon gelaufen? Um Erinnerung zu suchen und Vergessen zu finden.
Er sah sich nicht um, bemerkte nicht die Katzen, die ihn mit großen Augen anblickten, die einsamen Leute, die aus ihren Fenstern starrten, weil sie nicht wussten, wohin. Es war ihm auch egal, diese Welt interessierte ihn nicht mehr. Nichts interessierte ihn mehr.
Endlich war er angekommen. Quietschend schwang das schmiedeeiserne Tor auf, die schmalen, schwarz lackierten Eisenstangen glitzerten nass im Licht der vielen hundert Kerzen auf den Gräbern, die vor ihm lagen. Ohne nachzudenken lief er zwischen die Grabsteine, bahnte sich einen Weg zwischen Kerzen in roten Plastikbehältern, nassen Büschen, feuchter Erde und den Kanten der Kreuze und Steine. Er kannte den Weg, wusste, wo heimtückische Stufen waren, wo er Ecken ausweichen, wo er abbiegen musste.
Endlich war er angekommen, ganz oben, um das Grab herum nur Gras. Sie hatte Abstand gewollt, das war ihr wichtig gewesen. Mit reglosem Gesicht las er die geschwungene Schrift auf dem kleinen Stein, betrachtete den Strauß ihrer Lieblingsblumen, den er gestern in die Vase gestellt hatte, das Licht in dem Behälter aus Stein und Glas. Die Luft roch schwer nach Erde und Verwesung. Und plötzlich schlug die Erinnerung mit all ihrer Macht zu, zauberte ihr Gesicht vor seine Augen, ihr Lachen, ihre Stimme, alles. Vom Schmerz überwältigt stand er da, unfähig sich zu rühren, als ein Gespräch sich hartnäckig den Weg in sein Gedächtnis bahnte. „Wir konnten nichts mehr für sie tun… Das Auto raste voll in sie hinein…. Keine Chance…. Noch an der Unfallstelle tot…“ Er wollte das nicht hören, er konnte es nicht ertragen.
Tränen stiegen ihm in die Augen, vermischten sich mit den Regentropfen auf seiner Haut. Er schwankte, das Grab kam näher. Halt suchend streckte er die Hand nach vorne, doch niemand hielt ihn. Sie, seine einzige Sicherheit war weg, begraben lag sie vor ihm. Weinend brach er über ihr zusammen, schrie sich seinen Schmerz aus der Seele. Nach Atem ringend drehte er sich auf den Rücken, blinzelte in den Regen und überließ sich seiner Trauer und seiner Erinnerung.
Sie war ein Geschenk gewesen, und nun war sie fort –für immer. Wenn es einen Gott gab, war er grausam und ungerecht, denn niemand, der sie gekannt hatte, hätte sie von seiner Seite weggeholt. Er brauchte sie doch. Und er vermisste sie, Gott, wie sehr er sie vermisste.
Unbeweglich blieb er liegen, dachte an ihr Haar, ihre Augen, ihre Art, ihren Humor. Und bemerkte nicht, dass der Regen aufhörte, dass die Nacht verging. Erst, als die Sonne begann, seine Haut zu trocknen und zu wärmen, stand er auf. Wischte die Erde von seinen Armen. Ging nach Hause. Und dachte an die nächste Nacht, die er hier verbringen würde. Genau wie diese. Genau wie die letzte.
Genau wie immer.

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Dieser Beitrag wurde 12 mal editiert, zum letzten Mal von Zwerg: 18.03.2007 13:37.

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hey kleine!
hab dir ja schon gesagt, dass der text 1a ist. voll schön geschrieben und viele verschiedene verben un adjektive un so genommen. dadurch wirkt der text so schön anschaulich. ich weiß ach net wie ich mich ausdrücken soll, der text is einfach unbeschreiblich großes Grinsen .
*keksgeb*

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28.11.2006 22:27 *Häschen* ist offline E-Mail an *Häschen* senden Beiträge von *Häschen* suchen Nehmen Sie *Häschen* in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie *Häschen* in Ihre Kontaktliste ein
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Hm lecker, Kekse *mampf* Aber net zu viele, sonst werd ich noch zu dick^^.
Danke fürs Kompliment, aber i-wie find ich, am Anfang sind noch en paar Wiederholung drinnen, die nicht gewollt sind. Naja, muss mal schauen, ob ichs noch mal überarbeite.

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28.11.2006 22:30 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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als ob de die paar kekse net vertragen könntest*kekslasterholundvormzwergauskipp*
also mir is des überhaupt net aufgefalle un ich bin in letzter zeit wirklch kritisch.
so un da darfste dir etz was drauf einbilden.
man könnte es echt nicht besser machen (naja MANN sowiso nicht großes Grinsen ).

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28.11.2006 22:36 *Häschen* ist offline E-Mail an *Häschen* senden Beiträge von *Häschen* suchen Nehmen Sie *Häschen* in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie *Häschen* in Ihre Kontaktliste ein
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Oh ja, die Kerle hams halt echt net drauf. Vielleicht der ein oder andere, aber zumindest hier hab ich noch net allzu viele gefunden.
Oh Gott, ein Kekslaster *mitschuldigemblickzurwaagestarr*

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29.11.2006 13:39 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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des raff ich etz net. ich kann auch ne keksfabrik vor dir bauen großes Grinsen
was hälst du eig davon, dass du diese kg hier als prolog für ne große geschichte nimmst? da könnt mer was draus mache...
will denn niemand außer mir en kommentar abgebe?

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29.11.2006 21:46 *Häschen* ist offline E-Mail an *Häschen* senden Beiträge von *Häschen* suchen Nehmen Sie *Häschen* in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie *Häschen* in Ihre Kontaktliste ein
.Blackgirl.
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Boah also ich find die Geschichte richtig schön... Das macht einen voll nachdenklich. Hast du noch mehr sone Geschichten geschrieben?

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29.11.2006 22:01 .Blackgirl. ist offline E-Mail an .Blackgirl. senden Beiträge von .Blackgirl. suchen Nehmen Sie .Blackgirl. in Ihre Freundesliste auf
Zwerg Zwerg ist weiblich
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Ja hab ich. Nur, ich habe vor kurzem ein neuen Computer bekommen, weil mein alter nach ner Zeit ziemlich schrottig wurde. Deswegen hab ich etz noch net so vieles aufm pc. Vielleicht stell ich de nächsten zeit ach noch was rein, mal sehen.

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30.11.2006 14:57 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
Zwerg Zwerg ist weiblich
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Will sonst keiner eine Bewertung abgeben?
Würde mich wirklich über Kritik freuen!

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02.12.2006 23:32 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
:kongkort:
~UnForGiven~


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Ich find den apophlexen Schluss recht gelungen. Aber an der Mitte solltest du nochmal feilen, die ist zu... zu zentral irgendwie. Würd ich eher an den Anfang setzen. Den Anfang dann vielleicht kürzen und aus anderer Sichtweise schrieben. Ich denk mal du weißt was ich mein. Aber ansonsten super, unbedingt weiterschreiben!

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~Sterben ist der beste Grund zu Leben~
03.12.2006 00:11 :kongkort: ist offline Beiträge von :kongkort: suchen Nehmen Sie :kongkort: in Ihre Freundesliste auf
Dream of Speiki Dream of Speiki ist weiblich
..Romeo ILY 4ever..


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Herkunft: Aus meiner Mam (:

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Ich find die Geschi mal voll schön smile

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R 0 C K * M E




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Thx ² Nikkivieh (Palme|Siggi)

30.12.2006 23:53 Dream of Speiki ist offline E-Mail an Dream of Speiki senden Homepage von Dream of Speiki Beiträge von Dream of Speiki suchen Nehmen Sie Dream of Speiki in Ihre Freundesliste auf
Löa Löa ist weiblich
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Wow... Wow... Wow...

Okay, das musste erstmal raus.
Wirklich eine absolut geniale Geschichte. Dein Schreibstil ist einfach nur einmalig, die Geschichte wunderbar die Idee an sich und erst recht diese Umsetzung. Wow.
Echt eine wahnsinnig tolle Geschichte.

LG Löa


P.S. Würd mich über eine Gegenbewertung freuen. Augenzwinkern
Das Interview


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Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Löa: 31.12.2006 00:11.

31.12.2006 00:10 Löa ist offline E-Mail an Löa senden Beiträge von Löa suchen Nehmen Sie Löa in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Löa in Ihre Kontaktliste ein
Blümchen
:)


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ja, gefällt mir gut x)
weiß jetzt auch nicht großartig was ich da noch verbessern sollte. ein paar wenige rechtschreibfehler sind mir aufgefallen, aber das ist meiner ansicht alles andere als tragisch. kannst du dir erlauben bei so einer leistung ^.<
also, daumen hoch fröhlich

lg

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31.12.2006 10:17 Blümchen ist offline E-Mail an Blümchen senden Beiträge von Blümchen suchen Nehmen Sie Blümchen in Ihre Freundesliste auf
Zwerg Zwerg ist weiblich
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Also, ich hab mich etz doch ma dazu durchgerungen, was längeres aus der Geschichte zu machen. habe schon mal angefangen, zu schreiben und ich hoffe, dass mir noch viele gute ideen kommen. ich wäre froh um jeden einzelnen Kommentar und jedes bisschen Kritik. also, sagt, wie er den Anfang findet.

1. Kapitel

Gemächlichen Schrittes schlenderte Julian durch die leeren Straßen, um ihn herum nur schlafende Häuser. Er atmete die frische Morgenluft tief ein, seufzte laut und strich sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. Die Nacht war vorbei, doch der Morgen hatte noch nicht richtig begonnen. Es war die Zeit der dämmerigen Stille, die er so schätzte. Am Horizont machte sich ein heller Streifen bemerkbar, es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis die Sonne aufging. Julian fröstelte, schob die schmalen Hände in die Taschen seiner Jeans. Unter seinen Augen prangten dicke schwarze Ringe, die Haut war fahl und das schwarze, etwas längere Haar hing im wirr ins Gesicht. Er machte einen traurigen und müden Eindruck, wie er langsam durch die Straßen lief. Vor einem Haus blieb er schließlich stehen, starrte abwesend auf ein erleuchtetes Fenster. Innerlich versteifte er sich, je länger er vor dem Heim seiner Tante stand, doch er wusste, dass er hinein musste. In diesem Moment ging die Sonne auf, blendete ihn mit einem ersten scharfen Strahl, der sich ihm in die Netzhaut brannte. Julian verzog das Gesicht. Er mochte das helle Tageslicht nicht besonders, ihm war die dunkle, kalte Nacht lieber. Das der Tag anbrach, wenn er heimkam, war typisch, meist kam er in der frühen Morgendämmerung nach Hause. Er hielt es abends nicht in geschlossenen Räumen aus, musste nach draußen, weg von den Menschen. Mit einem letzten Seufzen schloss er die Tür mit seinem Schlüssel auf und versuchte, möglichste leise in sein Zimmer zu gelangen. Doch wie er schon durch das helle Fenster vermutet hatte, wartete seine Tante auf ihn.
„Julian! Wo bist du jetzt schon wieder gewesen?“, schallte es schon aus dem Wohnzimmer und im nächsten Moment stürzte die beleibte Schwester seiner Mutter auf ihn zu, den rosa Bademantel vor dem wogenden Busen mit einer Hand umklammert.
„Ich war draußen.“, nuschelte Julian leise und versuchte, sich an seiner Tante vorbei zuschieben.
„Wäre es denn wirklich zu viel verlangt, wenn du mal für eine Nacht zu Hause bleiben würdest? Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, wenn du immer draußen herumläufst. Und die Nachbarn reden auch schon über…“
„Andrea!“, unterbrach ihr Neffe sie genervt. „Es geht mir mal am Arsch vorbei, was die Leute hier labern. Ist doch sowieso alles Müll. Und ich bin 17, ich kann auf mich selbst aufpassen.“
„Ach, Julian. Es wäre mir wirklich lieber, wenn du hier bleiben würdest. Wie siehst du überhaupt aus, dein Pulli ist ja ganz dreckig.“
Julian besah sich seinen schwarzen Kapuzenpulli genauer. Tatsächlich, am Ärmel waren einige undefinierbare Flecken. Vielleicht Schlamm oder Ähnliches. Es interessierte ihn nicht wirklich. Schweigend ging er an seiner Tante vorbei, die ihn verzweifelt ansah.
„Bitte Julian. Bleib zu Hause nachts. Ich kann doch auch nicht schlafen, wenn du draußen herum streunst. Du kannst doch tagsüber in den Wald, oder mach doch was mit den Jungen in deinem Alter hier. Gib ihnen doch eine Chance und sei nicht immer so abweisend.“
„Die interessieren mich nicht!“, brummte er leise. „Und ich will nicht sonst wann raus, sondern nachts. Und wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, ich möchte mich umziehen, ich will nicht mit dreckigen Klamotten in die Schule.“
Stumm wich ihm seine Tante Andrea aus. Die Verzweiflung war ihr ins Gesicht geschrieben. Sie wusste absolut nicht, was sie noch mit dem Sohn ihrer Schwester machen sollte. Seit Tania tot war, kümmerte sie sich um Julian. Doch aus dem hilfsbereiten Jungen, der seine Mutter vergöttert hatte und ihr in ihrer schwersten Zeit nicht von der Seite gewichen war, war ein mürrischer, schweigsamer Einzelgänger geworden, der Streit am laufenden Band provozierte und sich nachts in den Wäldern aufhielt. Schweigend betrachtet Andrea Julian, wie er den Gang entlang lief in Richtung seines Zimmers. Er war schon immer ausgesprochen schmal gewesen, doch in der letzten Zeit war er regelrecht abgemagert. Julian aß selten, und wenn, dann ausgesprochen wenig.
Mit einem Knall fiel Julians Zimmertür ins Schloss, kurz darauf schallte laute Musik durch die Wohnung. Bernd, Andreas Mann, wankte plötzlich aus dem Schlafzimmer, rieb sich das verschlafene Gesicht und knurrte leise vor sich hin: „Ich werde den Bengel noch umbringen, irgendwann werde ich ihn umbringen!“
Andrea hielt ihren Mann, der ihr in ihrer Leibesfülle um nichts nach stand, am Arm fest und sah ihn bittend an.
„Bernd, nun reiß dich zusammen. Der Junge hat es nicht leicht. So einfach ist es nicht für ihn, mit Tanias Tod fertig zu werden.“
Stöhnend rubbelte sich der 40-jährige Mann über das runde Gesicht mit den kratzigen Bartstoppeln auf den Wangen, fuhr sich mit den Fingern über die spärlichen kurzen, braunen Haare, die seinen Kopf mehr oder weniger gut bedeckten.
„Warum macht er uns nur so schwer?“, fragte Andrea leise. Ihr rötlichbraun getöntes Haar, das schon einen grauen Ansatz hatte, stand ihr in alle Richtungen ab. Sie war klein und dick, doch seit sie sich um Julian kümmerte, schien sie immer mehr einzufallen. Der Junge war schwierig und überforderte sie. Doch es war der Sohn ihrer Tochter, sie konnte ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Und eine eigene Wohnung kam nicht in Frage, er war noch zu jung und konnte sich keine leisten. Bei seiner Tante wollte er allerdings auch nicht leben, dass machte er ihr mit seinem Verhalten unmissverständlich klar. Er geriet ständig mit seinem Onkel aneinander, der von ihm erwartete, dass er sich normal verhielt, mit den Nachbarn gut klar kam und ordentliche Noten schrieb. Doch nichts konnte und wollte ihm Julian recht machen.
Bernd ging brummelnd und schlecht gelaunt ins Bad. Es lohnte sich nicht mehr, noch einmal ins Bett zu krabbeln, in 20 Minuten hätte er ohnehin aufstehen müssen. Er würde dafür eben noch schnell duschen. Sinnierend betrachtete sich der 40jährige im Spiegel. Früher hatte er einmal gut ausgesehen. Er war hoch gewachsen und durchtrainiert gewesen, dichte braune Haare gehabt und immer ein Mädchen im Arm, bis er Andrea kennen gelernt hatte. Sie war immer seine Traumfrau gewesen, doch seit Julian bei ihnen lebte, kriselte es in ihrer Ehe. Ihm fiel auf, dass er überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit sich selbst in seiner Jugendzeit hatte. Durch seinen Bürojob war er dick und faul geworden, der ehemals dichte Haarschopf war großteils verschwunden und um seine Augen herum hatten sich bereits einige kleine Falten gebildet. Bernd war immer noch eitel und sich so zu sehen, setzte ihm schwer zu. Doch um etwas an seinem Gewicht zu ändern, fehlte ihm die Lust.
Brummelnd stieg er in die Dusche und brauste sich mit dem heißen Wasserstrahl ab. Plötzlich verstummte die Musik aus Julians Zimmer und nur einen Moment später fiel die schwere Haustür ins Schloss. Bernd fluchte leise. Eigentlich hatte er sich den Burschen noch vorknöpfen wollen, bevor er zur Schule ging. Nach der Arbeit war er sicherlich wieder zu müde, um sich mit Julian herumzustreiten. Wenn er überhaupt zu Hause war, denn nicht einmal das war sicher an ihm. Julian war ein stummer Streuner, der kam und ging, wie es ihm passte. Aber was sollten er und seine Frau schon machen? Heraus werfen konnten sie ihn nicht, er war doch sein Neffe. Doch so weiterleben, wie es momentan zuging, hielt Bernd ebenfalls nicht aus. Es musste etwas passieren, und das möglichst schnell.

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08.03.2007 15:44 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Zwerg: 13.03.2007 14:38.

11.03.2007 01:50 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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will den keiner bewerten?
ich wäre wirklich dankbar für kritik und natürlich auch lob^^

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13.03.2007 14:38 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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Da anscheinend keiner bewerten will, stelle ich jetzt einmal den 2. teil des 1. kapitels on und hoffe, dass vll jetzt bewertet wird. ich möchte noch einmal betonen, dass ich offen für jede kritik bin und wäre wirklich dankbar, diese auch zu bekommen.


Eigentlich war es noch viel zu früh, um zur Schule zu gehen. Sie würde frühestens in einer Stunde öffnen, und dass wusste Julian auch. Er entschloss sich, lieber den Weg zur Schule zu laufen, auch, wenn er dann sicherlich zu spät kommen würde, da das Gymnasium in der benachbarten Kleinstadt lag. Der Unterricht interessierte ihn sowieso nicht, genauso wenig wie seine Klasse mit den Leuten, die sich damit brüsteten, wie besoffen sie am Wochenende gewesen waren und wie viele Personen sie aufgerissen hatten. Julian konnte mit ihnen nichts anfangen. Er war sicherlich kein Moralapostel und stolperte auch oft betrunken nach Hause, doch er suchte im Alkohol Vergessen. Der Kopf wurde so herrlich leicht und leer, die schmerzlichen Erinnerungen verschwanden wenigstens für ein paar Stunden. Die anderen Leute seines Jahrganges tranken allerdings, weil es cool war und sie damit eine bessere Stimmung bekamen. Julian fand es traurig, dass sie so etwas nötig hatten und wollte nichts näher mit ihnen zu tun haben.
In Gedanken versunken lief er die Landstraße entlang, immer einen Schritt vor den anderen. Obwohl er versuchte, nicht an seine Mutter zu denken, kreiste sie in seinem Kopf umher. Tania hatte es nie leicht gehabt. Bereits mit 16 Jahren hatte sie Julian zur Welt gebracht, den Vater nie verraten. Über sie wurde gelacht und gelästert, das Mädchen, das mit jedem ins Bett ging, dass schwanger wurde und nicht einmal den Vater nennen konnte. Ihre Eltern ließen sie täglich spüren, dass sie ihre Tochter für eine verantwortungslose Schlampe hielten, die ihr Kind hätte abtreiben lassen sollen. Doch Tania hatte ihren Sohn behalten, nie hätte sie es übers Herz gebracht, ein Leben, das in ihr entstand, zu töten. Sie war bereits mit 18 ausgezogen, in ein Mutter-Kind-Heim, hatte sich eine Lehrstelle gesucht und versucht, ihr Leben so gut es eben mit einem zweijährigen Jungen an der Seite ging, zu meistern. Tania lernte einige Männer kennen, allerdings drückten sich alle vor der Verantwortung, ein fremdes Kind aufzuziehen. Trotzdem war sie ein fröhlicher, aufgeschlossener Mensch, hatte viele Freunde und mit 20 Jahren zog sie mit Julian in eine kleine Wohnung in einer Stadt, die weit genug weg von ihrer Familie war, die sie noch immer für eine Versagerin hielt. Aber dann kam der Schock: Als Tania 30 war, wurde bei ihr Krebs diagnostiziert –im Endstadium. Trotz einiger Operationen und Chemotherapien kam jede Hilfe zu spät. Sie starb mit 32, als Julian 16 war.
Seit einem knappen halben Jahr lebte er jetzt bei seiner Tante, die er verachtete, weil sie dieselbe festgefahrene Meinung von seiner Mutter hatte, wie alle anderen auch. Er hatte seine Mutter geliebt, wäre für sie gestorben. Niemals hatte sie gezeigt, wie sehr sie gelitten hatte, immer war sie die starke Mutter für ihn gewesen, immer für ihn da. Sie fehlte ihm, doch der Verlust war nicht schuld an seinem Benehmen. Er wusste, dass sein Verhalten gegenüber seiner Familie nicht berechtigt war, doch ihr scheinheiliges Getue machte ihn rasend. Wie genau erinnerte sich an das Gespräch zwischen Andrea und ihrem Bernd, das er am Abend seiner Ankunft belauscht hatte.
„Er sieht seiner Mutter nicht im Geringsten ähnlich. Vielleicht könnte man ja so den Vater herausfinden.“, hatte Andrea leise gesagt. Wie erstarrt hatte Julian vor der Schlafzimmertür seiner neuen Vormünder gestanden, und mit angehaltenem Atem gelauscht. Ihm hatte es immer sehr schwer zu gesetzt, seinen Vater nicht zu kennen. Andrea war doch die Schwester von Tania, ihre engste Vertraute zu der Zeit seiner Geburt. Wenn er seinem Vater ähnlich sah, kannte sie ihn vielleicht.
„Und wenn schon. Der Bengel hat seinen Vater nie gekannt, jetzt brauchen wir ihn auch nicht mehr suchen. Tania hat doch jeden rangelassen, die wird doch selber nicht gewusst haben, wer ihr jetzt das Balg gemacht hat.“ Bernd klang abwertend und uninteressiert.
„Ja, da hast du Recht. Naja, Tania war schon immer ein hübsches Ding, auf das die Männer geflogen sind. Sie hat es eben ausgenutzt, und dafür ist sie genug bestraft worden.“
Julian war weinend in sein Zimmer gelaufen. So sah es also aus. Er war nichts als eine Bestrafung für seine Mutter gewesen in den Augen seiner Familie. Von den vielen Momenten der Liebe war kein Wort gefallen, von der zärtlichen Zuneigung, die Tania für ihren Sohn empfunden hatte. Es war allen egal. Jeder sah nur das Kind, dass niemand gewollt hatte und niemand brauchte. Seit diesem Tag begegnete Julian seinen Vormündern mit demselben verächtlichen Verhalten wie sie ihm heimlich gegenüber brachten. Vor allem Bernd zeigte er mehr als deutlich, was er von ihm hielt: nichts. Doch das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Julian schnaubte verächtlich beim Gedanken an seinen Onkel. Die frische Waldluft beruhigte ihn, schrumpfte die Wut, die er empfand, sobald er Bernd auch nur sah. Er sah kurz auf seine Uhr, es war gerade einmal 7 Uhr. Wer außer ihm würde sich um diese Zeit in der Natur herumtreiben? Niemand in seinem Alter, den er kannte, so viel stand schon mal fest. Er war so anders als alle anderen, die er kannte. Mit niemandem wollte er sich näher anfreunden, und doch zerriss ihn die Einsamkeit an manchen Tagen. Er dachte an seine alte Clique zurück, an seine Freundin, von der er sich getrennt hatte, weil er wegziehen musste. Mittlerweile verstand er nicht mehr, was er an ihnen gefunden hatte, sie waren genauso wie alle anderen: betont cool und immer inmitten der Masse.
Die Zeit kroch vor sich hin, während Julian die Landstraße entlang schlenderte. Nur wenige Autos fuhren an ihm vorbei. Die Fahrer sahen verdrossen und müde aus, die meisten fuhren zu schnell. Alle hetzten sie, dachte er, als ob sie dann mehr vom Leben hätten. Ein Trugschluss. Lieber sollte das bisschen Zeit, dass man hatte auf der Welt genießen, solange man konnte. Es war so schnell vorbei. Julians Mutter hatte ihm das oft erzählt, vor allem, als sie krank wurde und im Krankenhaus lag. „Ich habe jeden Tag mit dir genossen, egal, was mir jemand einreden wollte. Du bist immer mein ein und alles und nie hab ich bereut, dass ich dich bekommen hab!“ Wie sehr klang ihm diese kurze Rede in seinen Ohren, das letzte, was seine Mutter vor ihrem Tod zu ihm gesagt hatte.
Als Julian das nächste Mal auf die Uhr sah, war es bereits viertel vor acht. In einer viertel Stunde würde die Schule beginnen und er hatte gerade einmal die Hälfte des Weges geschafft. Sollte er lieber umdrehen und den Tag schwänzen? Viel verpassen würde er sowieso nicht. Unschlüssig blieb er stehen, als ein leises Motorenbrummen ein nahendes Auto verkündete. Ein schwarzer VW Polo fuhr langsam die Straße entlang, hinter dem Steuer saß ein junges Mädchen mit auffällig roten Haaren. Sie sah Julian etwas überrascht an, dann hielt sie neben ihm und fuhr das Seitenfenster herunter.
„Soll ich dich mitnehmen?“, fragte sie mit heller, klarer Stimme.
Julian betrachtete sie eingehend. Sie hatte langes rotes Haar, das sich leicht lockig auf ihre Schultern ergoss, ein ausdrucksstarkes Gesicht mit großen, grünen Augen, die von dichten Wimpern umrahmt waren, eine zierliche Nase und einen kleinen Mund mit vollen Lippen. Ihr Gesicht erinnerte ihn an eine zeitliche Epoche, die er im Moment nicht zuordnen konnte, doch er fand es auf eine verwirrende Weise anziehend. Sie trug ein schlichtes schwarzes T-Shirt und helle Jeans, auf der ein rotes Haar von ihr hing.
„Was ist? Du bist doch auch auf demselben Gymnasium wie ich, oder?“, fragte sie erneut, diesmal mit einer Spur von Ungeduld in der Stimme.
„Ich… ja, äh nein. Also, nein, du brauchst mich nicht mitnehmen. Ich geh heim, habe keine Lust auf Schule heute.“
Sie zuckte die Schultern, fuhr die Scheibe wieder hoch und gab Gas. Julian starrte ihr hinterher und zermaterte sich den Kopf, ob dieses schöne Mädchen tatsächlich auf seiner Schule war. Sie musste bereits in der Kollegstufe sein, wenn sie alleine im Auto unterwegs war. Sie war ihm noch nie aufgefallen, dennoch hinterließ sie bei ihm ein eigenartig prickelndes Gefühl in der Magengegend. Einen kurzen Moment blieb er noch stehen, dann drehte er sich ruckartig um und ging die Straße entlang zurück nach Hause.

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16.03.2007 22:29 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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Zitat:
Original von Zwerg
Prolog:


Feiner Nieselregen prasselte auf ihn herunter, ein feiner du hast hier nacheinander sehr schnell 'feiner' verwendet, hört sich nicht so schön an Vorhang, der nur eine verschwommene Sicht auf seine Umgebung freigab. Doch in der letzten Zeit hatte er sowieso das Gefühl gehabt, nicht mehr deutlich zu sehen.der letzte satz hört sich toll an, aber der übergang ist holprig Es herrschte graues Dämmerlicht, der Tag war vergangen, doch eine richtige Nacht mit Sternen und einem klaren, strahlenden Mond am Himmel würde es auch nicht geben. Sie hatte die Nacht geliebt, die schwarze geheimnisvolle Nacht. wieder der vorangegangene satz sehr toll, der übergang danach holprig und wirkt etwas aus dem text gerissenEin dunkler Schatten legte sich über sein Gesicht bei der Erinnerung an sie. Es tat noch immer weh, so unglaublich weh.
Eine nasse Strähne rutschte ihm in die Augen, er wischte sie nachlässig weg. Sein Shirt klebte ihm nass am mageren Oberkörper, die Jeans war schwer von Feuchtigkeit. Es war ihm egal. Gänsehaut hatte ihn überzogen, er schlotterte in der kühlen Nachtluft, doch wirklich spüren tat er sie nicht. Er spürte gar nichts mehr, keine Kälte, keinen Hunger, keine Freude. Nur eine abgrundtiefe, alles verschlingende Trauer war noch in ihm zu finden, ein lebensvernichtendes Ungeheuer.
Seine Schritte hallten laut über die leere Straße, nur gedämpft durch das monotone Rauschen des Regens. Ohne nachzudenken schlug er eine kleine Seitengasse ein. Wie oft war er nun diesen Weg schon gelaufen? Um Erinnerung zu suchen und Vergessen zu finden.Ein toll formulierter Satz (muss ja schliesslich auch gesagt werdenfröhlich )
Er sah sich nicht um, bemerkte nicht die Katzen, die ihn mit großen Augen anblickten, die einsamen Leute, die aus ihren Fenstern starrten, weil sie nicht wussten, wohin. Es war ihm auch egal, diese Welt interessierte ihn nicht mehr. Nichts interessierte ihn mehr.

[...]

Endlich war er angekommen, ganz oben, um das Grab herum nur Gras. Sie hatte Abstand gewollt, dassmit einem s war ihr wichtig gewesen.
Sie war ein Geschenk gewesen, und nun war sie fort –für immer. Wenn es einen Gott gab, war er grausam und ungerecht, denn niemand, der sie gekannt hatte, hätte sie von seiner Seite weggeholt. Er brauchte sie doch. Und er vermisste sie, Gott, wie sehr er sie vermisste.


wow, ich finde, du beschreibst die Gefühle wunderschön und es ist sehr mitreissend, sehr bewegend. Ich mag deinen stil und ja, du drückst dich sehr schön aus, sehr treffend.
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17.03.2007 19:12 Luthien ist offline Beiträge von Luthien suchen Nehmen Sie Luthien in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Luthien in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Luthien anzeigen
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Das hat mich verdammt nochmal richtig an den Tod meines verstorbenen Vaters erinnert und sogar wehgetan. Mir sind die Tränen ins Auge gestiegen und als ich das dann während des Lesens mit meinen eigenen Gefühlen, die ich hatte, kurz nachdem er gestorben war, verglichen habe, ist mir sogar eine Träne geflossen.
Ich lasse den wirklich schönen 1a Prolog erstmal auf mich wirken, werde mich jetzt in die Falle hauen und mal schaun, ob ich morgen dazu komme, etwas weiter zu lesen.

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17.03.2007 23:16 TerraTX ist offline E-Mail an TerraTX senden Beiträge von TerraTX suchen Nehmen Sie TerraTX in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie TerraTX in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von TerraTX anzeigen
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Antworten *hurrahurra* !

Also, erst ma danke schön, dass sich jemand die zeit genommen hat, zu antworten, vor allem luthien. wenn du lust hast, kannst du ja auch mal die anderen teile außeinander nehmen, denn nur so kann ich mich ja verbessern.

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18.03.2007 16:11 Zwerg ist offline E-Mail an Zwerg senden Beiträge von Zwerg suchen Nehmen Sie Zwerg in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zwerg in Ihre Kontaktliste ein
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