Colorida
ehemals Janaviechz
 

Dabei seit: 04.05.2006
Beiträge: 637
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Ich hab schon ewig nichts mehr hier reingestellt, was zum größten Teil einfach daran liegt, dass ich mittlerweile weniger schreibe als früher.
Ich würde mich sehr über ein paar Kommentare und Verbesserungsvorschläge freuen, wobei ich anmerken möchte, dass der Text keinen bestimmten Hintergrund hat oder so.
Es ist lediglich ein "Ausschnitt aus einem Leben", aber ich hab mir Mühe gegeben
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Brumal
Eiskalte Luft schlug mir entgegen, als ich aus der Haustür trat und tief durchatmete. Andere hätten behauptet, dass es nach der kältesten Jahreszeit, dem Winter, riecht, aber ich hatte noch nie verstanden, wie man den Winterduft definierte.
Mein warmer Atem bildete Dampfwölkchen und für einen flüchtigen Augenblick erinnerte ich mich an meine Kindheit zurück.
Wie stolz ich gewesen war, als ich meiner Mutter von den Wolken erzählt hatte, die ich aus meinem Atem gemacht hatte. Empört hatte ich ihr widersprochen, als sie mir erklärt hatte, dass das jeder könne.
Ich blickte mich um, betrachtete den vereisten Rasen im Vorgarten unserer Nachbarn, der in wenigen Tagen mit Schnee bedeckt sein sollte, sofern man den Wetterberichten Glauben schenken konnte. Mir war nicht danach, schon Ende Oktober im Schnee zu versinken. Wenn die weißen Flocken zu Weihnachten fielen, war mir das nur recht, aber verschneites Halloween musste wirklich nicht sein.
Ich schaute schließlich auf und ließ meinen Blick zur gegenüberliegenden Straßenseite schweifen, um zu überprüfen, ob Gianna schon dort stand, denn normalerweise war meine Halbschwester und gleichzeitig beste Freundin immer überpünktlich. Und wie erwartet konnte ich eine Gestalt in einem orangen Parka ausmachen, die mir den Rücken zugewandt hatte. Aber in einer Stadt wie dieser liefen sicher ein Dutzend Leute mit knalligen Parkas herum, darum kniff ich meine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Als ich schließlich Rauch erspähen konnte, der offensichtlich von der Zigarette in ihrer Linken herrührte, und schwarze Haare zwischen Mütze und Kragen erkannte, setzte ich mich in Bewegung. Obwohl ich über 1,70 m groß war, ging ich immer noch wie ein kleines Mädchen. Kleine, hastige und irgendwie ungleichmäßige Schritte führten mich über die mäßig befahrene Straße zu der Halbafrikanerin, die ich um einen Kopf überragte. Schweigend gesellte ich mich neben sie und folgte ihrem Blick zur Friedhofsmauer, die sie betrachtete. Besudelt, verunstaltet, entstellt – es gab unzählige Ausdrücke dafür, was rastlose Graffiti-Sprayer mit der Mauer angestellt hatten. Erst vor wenigen Tagen war ein neuer Spruch hinzugekommen, der mir neben dem typischen Schmierereien gleich aufgefallen war. „Die Hölle, das sind wir.“ verkündeten bauchige Buchstaben, die hauptsächlich durch ihre grellblaue Farbe Aufmerksamkeit erregten. Die eisblaue Farbe war nach unten verlaufen, und war nun erstarrt, als wäre sie gefroren. In jedem Fall empfand ich diese Graffitis als Zumutung für die Augen der Allgemeinheit.
Mein Blick konzentrierte sich wieder auf das Mädchen neben mir, die immer noch, völlig in ihr Nichtstun versunken, die eigenartige Botschaft anstarrte. Ich seufzte leise – Gianna würde es sowieso nicht hören. Manchmal war sie derart abwesend, dass es mir schwer fiel, sie nicht an den Schultern zu packen und kräftig zu schütteln. Vielleicht wünschte ich mir in Wahrheit nur, auf dieselbe Art und Weise abschalten zu können, vergessen zu können, in etwas anderes eintauchen. Ich war mir nicht mal sicher, ob sie sich gerade in einer ihr eigenen Welt aufhielt, träumte, oder mit offenen Augen schlief. Noch nie hatte ich es gewagt, danach zu fragen, was in ihr vorging, wenn sie ihre kleinen Aussetzer hatte. Normalerweise versuchte ich, meine schwarzhaarige Halbschwester in Ruhe zu lassen, aber gerade jetzt war ich es, die jemanden brauchte. „So wie du dieses grässliche Graffiti betrachtest, könnte man fast meinen, du hättest es gezeichnet.“, sprach ich ruhig meine Gedanken aus und räusperte mich, um den rauen Unterton aus meiner Stimme zu filtern. Zuerst hatte ich das Gefühl, Gianna würde nicht antworten, sich gar nicht rühren, in ihrem Zustand verharren, um mir ein nicht selten widerfahrenes Gefühl von Hilflosigkeit zu vermitteln.
Nein, ein sachtes Lächeln zeichnete sich allmählich auf ihren Lippen ab, zwischen die sie im nächsten Moment schon wieder die Zigarette schob. Immer noch schwieg sie, und ich sehnte mich nach ein paar Autos, deren Motorklänge ich aufnehmen hätte können. Aber die Stille hatte in diesem Moment etwas an sich, was mich an die Ewigkeit erinnerte. Der Augenblick gab mir das Gefühl, nach dem ewig währenden Zustand des Seins greifen zu können, und eben das war so gespenstisch, dass ich mir sicher war, dass ich Giannas Worte so in mich hineinziehen würde, wie sie diese abartige Mischung aus Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid inhalierte.
„Wie betrachte ich das Ding denn, Nell?“ Ich hörte aus ihrer süffisanten Stimme, dass sie mich herausfordern wollte, provozieren wollte, dass ihr ein Streit gerade gelegen käme, um Dampf abzulassen. Wie immer hatte ich nicht die geringste Ahnung, warum sie schon wieder wütend war und diese Emotion bei mir abbauen wollte, aber ich war fest entschlossen, heute ruhig zu bleiben, ihr keine Angriffsfläche zu bieten.
„Weiß nicht…ach vergiss es.“, winkte ich vorsichtigshalber ab und war erstaunt, als Nell nichts erwiderte. Normalerweise gab sie nicht nach.
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but no one tries to stop it
'cause she barely even knows him
but if she could see inside
everything is quiet
as she waits to tell him who she is
[the fray *.*]
.icon by sarahliebtpferde
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Colorida: 07.12.2008 19:08.
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25.11.2008 20:16 |
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Luthien

Polly Perle
 

Dabei seit: 11.02.2005
Beiträge: 4.206
Herkunft: Schweiz
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Zitat: |
Andere hätten behauptet, dass es nach der kältesten Jahreszeit, dem Winter, riecht, aber Kälte war für mich immer gleichbedeutend mit Winter. |
Ich verstehe das 'aber' in diesem Satz nicht.
Wenn du in der Vergangenheit schreibst, dann von einem Ereignis noch weiter in der Vergangenheit sprichst dann brauchst du... Ja, genau! Das Plusquamperfekt!
Ich mochte nicht weiterlesen, was nicht an deinem Schreibstil liegt, die ersten paar Zeilen waren erstaunlicherweise nicht abstossend, wie sonst das meiste hier! Aber bei mir scheint die Sonne, den Schnee ignoriere ich und zur Sonne erfüllt Jimmy Cliff (Nichts erinnert mich mehr an Sommer!) mein Wohnzimmer - irgendwie bin ich nicht in der Stimmung für Wintergeschichten.
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Nix zu sagen
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26.11.2008 15:42 |
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Judithchen
Mitglied
 

Dabei seit: 22.03.2008
Beiträge: 79
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Also mich hatts gepackt! ...den Titel kapier ich aber nicht und ich bin mir nicht sicher ob Zigarettenrauch wirklich Kohlenmonoxid enthält eher Kohlendioxig wenn überhaupt aber vielleicht weißt es ja du... und du hast dich zum Schluss glaub ich verschrieben du hast Nell geschrieben und es sollte doch eigentlich Gianne heißen oder?
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07.12.2008 22:10 |
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