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Zum Ende der Seite springen Schloss aus Wolken / Kurzgeschichte
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Ängäli Ängäli ist weiblich
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Dabei seit: 07.08.2006
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Schloss aus Wolken / Kurzgeschichte Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Ja, also hm... Is halt gestern abend so gekommen... Eh, ja, sagt mal eure Meinung, bin gespannt, bin nämlich ganz und gar nich zufrieden damit... großes Grinsen


Ich höre meine Schritte hallen, höre, wie das Echo von den weissen Wänden schlägt. So vertraut es klingt, so verhasst ist es. Ich wünschte, ich würde es nicht kennen, ich hätte es niemals gehört, müsste es nie wieder vernehmen. Wie ein Fluch ist es, wie ein Albtraum verfolgt es mich und immer wenn ich irgendwo ein Echo höre, fühle ich mich in diesen sterilen, leeren Gang versetzt, den ich kenne, wie mich selbst. So oft bin ich ihn schon gegangen diesen Weg, an dem ich jeden Meter hasse.
Ich hasse und liebe ihn zugleich. Denn am Ende wartest du.
Ich klopfe an die Tür und es kommt keine Antwort. Keine jedenfalls, die ich hören könnte. Ich weiss, dass du da bist, mich erwartest und ich trete ein. Nur schnell weg von diesem Gang zu dir. Für dich würde ich noch ganz andere Wege gehen.
Manchmal entsorge ich die alten Blumen, ersetze sie durch die frischen, die ich mitgebracht habe und ein anderes Mal öffne ich die Fenster, um dir etwas frische Luft zu gönnen. Dieser Raum ist so trostlos wie der Gang, den ich eben erst durchschritten habe. Es bring nichts, wenn ich etwas dagegen tue, denn bald wirst du nicht mehr hier sein, bald wird es weder dich noch mich stören. Dann wirst du wieder bei mir sein, bei uns zu Hause, wo keine Wand weiss und trostlos ist.
Immer, wenn du gefragt hast, ob man diesem Raum nicht etwas mehr Liebe einverleiben könne, habe ich dir dieselbe Antwort gegeben. Es ist nicht nötig, es wird nicht lange dein zu Hause sein. Ein halbes Jahr ist vergangen, seit ich es dir zum ersten Mal versprochen habe. Ich bin noch immer überzeugt, dass ich Recht behalte.
Erst wenn ich mein Möglichstes getan habe, es dir angenehmer zu machen, wende ich mich deinem Bett zu. Es ist ein Ritual, wir haben es so einstudiert. Du sagst nichts, wenn ich tue, was ich immer tue. Du hast aufgegeben, mich belehren zu wollen, weisst, wie stur ich bin.
Ich setze mich zu dir aufs Bett, streiche dir sanft über den Kopf. Manchmal lächelst du, manchmal schläfst du, aber immer sitze ich neben dir, streiche dir das schwarze Haar aus dem Gesicht. Wie ein Engel siehst du aus, so schön und faszinierend.
Wir reden kurz oder schweigen uns an. Hauptsache ich bin bei dir, kann deine Nähe spüren. Und du fühlst die meine. Es bedarf keiner Worte, dass wir uns verstehen. Blicke sagen manchmal mehr, sprechen Bände, erzählen Geschichten, die tiefer berühren, als es ein Satz je könnte.
Manchmal lachen wir und manchmal weinen wir, versprechen einander, uns niemals allein zu lassen. Du sagst, du wirst wieder gesund, tust es für mich. Mein Herz glaubt dir, auch wenn mein Verstand es besser weiss. Ich will meinen Verstand nicht, will nicht rational denken, will keine Realität. Im Herzen sind wir frei, dort bist du gesund, dort sind wir zusammen.
Ich gebe mich meinen Hoffnungen hin, lasse mich von meinen Träumen täuschen, die mich in eine gemeinsame Zukunft mit dir führen. Ich wünsche mir, dass es wahr ist und lasse es in meiner Fantasie geschehen, nehme dich mit, lasse dich nie wieder los.
Du sagst, du liebst mich und ich sage, ich kann nicht ohne dich leben. Wir sind eins, gehören zusammen. Wir kämpfen und hoffen. Gewinnen und verlieren. In letzter Zeit haben wir immer häufiger verloren, die Siege sind ausgeblieben. Wir geben nicht auf, lassen uns nicht niederschmettern. Schlachten gehen verloren, Opfer müssen gebracht werden aber der Krieg steht noch offen.
Wir bilden uns ein Schloss aus Wolken, in dem wir zusammen regieren und immer glücklich sind. Lieber fliehen wir, als uns der Härte der Realität zu stellen. Die Ärzte sagen nichts mehr, haben aufgegeben uns auf die Erde zurück zu holen. Wir wissen es doch längst und verschliessen die Augen, hoffen auf ein Wunder.
Aber es ist lange her, dass das Meer sich geteilt hat oder ein Mann übers Wasser gelaufen ist. Ich habe es versucht, habe um Zeit gebeten, darum, dass ich dich nicht gehen lassen muss. Ich kann nicht leben, wenn du nicht mehr bei mir bist.
Ich sitze neben dir und halte deine Hand. Ich esse nichts, schlafe kaum, will nur bei dir sein. Jede Minute, die ich daran gehindert werde, scheint unerträglich lang, dehnt sich zu Stunden und Tagen. Und doch muss ich immer wieder gehen, dich alleine lassen. Du brauchst Ruhe und Erholung, das sagen auf jeden Fall die Ärzte. Ich denke, du brauchst Liebe und Beistand, brauchst mich.
Ich küsse deine Stirn, decke dich zu, überzeuge mich ein letztes Mal, dass es dir so gut geht, wie es nur irgend möglich ist. Noch einmal streiche ich dir durch das lange Haar, berühre zärtlich dein bleiches Gesicht. Du bist müde, ich kann es sehen, auch wenn du es zu verbergen suchst. Mich kannst du nicht anlügen, dass kann nur ich allein.
Jedes Mal, wenn ich die Türe hinter mir schliesse und den leeren Gang entlang gehe, denke ich daran, dass es womöglich das letzte Mal war, dass du mich angesehen hast. Und ich weine, während das Echo von den Wänden klingt. Es lacht mich aus, bestraft mich für meine Träumerei mit dir glücklich zu sein. Aber ich liebe dich doch, brauche dich, wie die Luft zum atmen. Und ich bete, dass ich dich morgen wieder sehen darf.
Wenn ich zu Hause ankomme, erinnert mich alles an dich. Und ich denke daran, wie schön es war, als wir hier noch gemeinsam lebten. Du hast diesen Räumen so viel Liebe geschenkt, so viel Wärme und Geborgenheit ausgestrahlt. Jetzt fühle ich mich, wie in dem Gang mit dem Echo. Es ist alles so sinnlos geworden, selbst die Farbe an den Wänden und den Möbeln scheint mit mir zu trauern, seit du nicht mehr hier bist.
Ich weiss nicht, wie spät es ist, denn es ist nicht wichtig. Zeit ist unser grösster Feind.
Im Bett kann ich nicht schlafen, denn meine Gedanken sind bei dir. Ich habe Angst, für immer alleine in dem grossen Bett zu schlafen, kann an nichts anderes denken und schlafe unruhig ein, erwache, wenn der Wecker klingelt und mich zu dir ruft.
Nicht diese Nacht. Es klingelt viel zu früh. Erst denke ich daran, dass ich womöglich einen Fehler gemacht habe, den Wecker falsch gestellt. Aber er ist es nicht, der klingelt.
Tränen steigen mir in die Augen und ich zittere auf einmal. Ich will nicht aufstehen, will nicht zum Telefon greifen. Wir leben glücklich in unserem Schloss aus Wolken, in dem wir gemeinsam regieren und immer zusammen sind. Der Krieg wird gut ausgehen, denn das Böse hat keine Chance, das lernt man schon als kleines Kind. Das Telefon darf nicht klingeln.
Es tut es trotzdem und ich greife nach dem Hörer. Eine Stimme erklingt, reiht Worte aneinander, die für mich keinen Sinn ergeben. Dann verlassen mich die Kräfte und der Hörer fällt zu Boden.

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Gute Mädchen kommen in den Himmel... - Böse überall hin fröhlich

11.08.2006 17:04 Ängäli ist offline Beiträge von Ängäli suchen Nehmen Sie Ängäli in Ihre Freundesliste auf
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