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Zum Ende der Seite springen Mein Mensch für mich allein | Kurzgeschichte
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Tigertatze Tigertatze ist weiblich
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Mein Mensch für mich allein | Kurzgeschichte Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Diese Kurzgeschichte ist einer Freundin gewidmet, deren Hase am gestrigen Abend verstorben ist. Der Hase hat eigentlich ihrer Tante gehört, welche reinrassige deutsche Riesen züchtet und schlachtet. Meine Freundin und ich sind immer zu diesen gegangen und haben uns um sie gekümmert, sie auf dem Grundstück ihrer Eltern laufen lassen und ihnen Namen gegeben. In diesem Jahr war es so, dass unter den Würfen ein kleiner Hase dabei war, von dem ihre Tante eigentlich angenommen hat, dass er sterben wird, da er sehr klein, schwach und zudem auch noch so gut wie blind war. Er hat jedoch überlebt und meine Freundin und ich haben ihn sehr ins Herz geschlossen. Wir sind mit ihm spazierengegangen und er ist meiner Freundin sogar hinterhergelaufen wie ein kleines Hündchen. Daher wollte sie ihn ihrer Tante auch abkaufen. Diese meinte auch immer, dass sie ihn nicht schlachten wird und meine Freundin ihn behalten kann.
Nun, gestern abend war es so, dass ihre Eltern nach der Katze (die auch dort lebt) geschaut haben und festgestellt haben, dass sie Hasen weg sind- geschlachtet. Ein paar Weibchen und das Zuchtmännchen sind zwar noch da, jedoch nicht Chii (der Hase, den sie behalten wollte) und dessen von ihm trächtige Halbschwester, für die wir ein Zuhause suchen wollten. Wir sind nun beide nicht nur sauer und enttäuscht, sondern auch wütend auf uns selbst, da wir in letzte Zeit nicht für die beiden da waren.

Würde mich über ein paar Kommentare und Krititen freuen.




Mein Mensch für mich allein- Kurgeschichte

Es war dunkel.
Den kleinen Kopf fest gegen die Gitterstäbe gepresst, blickte ich hinaus. Zu beiden Seiten konnte ich schemenhaft die hohen Holzställe ausmachen, welche eng aneinandergereiht nur schlecht in den kleinen Raum passten. Ein paar schwarze Augenpaare starrten aus der Stille zurück; gelegentlich ertönte ein Scharren oder Rascheln, doch ansonsten war es ruhig.
Ich fror. Der Wind strömte ungehindert in meinen Käfig hinein, zerrte an meinen kurzen, weiß-braunen Haaren und wirbelte das feuchte Heu auf. Stinkendes, verdrecktes Stroh klebte an meinen Pfoten und meinem Bauch, obgleich ich diesen gekrümmt hielt, um zu verhindern, dass die Nässe meine Haut durchdrang.
„Sherry?“, wisperte ich leise und drängte mich gegen die Holzwand zu meiner Rechten.
Nichts.
Ob sie schlief?
Ich versuchte es noch einmal, etwas lauter.
Doch wieder konnte ich kein Geräusch von ihr vernehmen. Von ihr, Sherry, meiner Halbschwester. Als kleines Baby hatte man mich von meiner eigenen Familie getrennt und zu einer anderen gesetzt. In meiner eigenen wären meine Chancen zu überleben zu gering gewesen; wir waren einfach zu viele und hatten zu wenig Milch. Doch bei der Weißen, meiner neuen Mutter, war genug davon da. Sherry, Caipi, Vermouth, Chuhai und Kir waren älter als ich und fingen bereits an, an den ersten Grashalmen zu knabbern. Bei ihnen hatte ich mich wohl und geborgen gefühlt, wurde nicht mehr missachtet und beiseite gedrängt. Sie akzeptierten mich und nicht selten fühlte ich die Liebkosungen der Weißen und kuschelte mich vertraut an die Körper meiner neuen Geschwister. Dass ich damals akzeptiert wurde war etwas seltenes und besonderes und obwohl ich nicht wissen konnte, welches Glück mir wiederfahren war, genoss ich es in vollen Zügen.
„Chii? Was ist?“, drang es durch das Heulen des Windes flüstern zu mir.
Beruhigt seufzte ich auf.
„Ich wollte nur wissen, ob du noch da bist. Ich hatte einen Moment lang das Gefühl..“
Diesmal war sie diejenige, die seufzte.
„Ich bin hier, Chii. Hier und nirgendwo sonst. Ich lass dich nicht allein, das weißt du doch.“
„Das weiß ich.“, wiederholte ich leise und schloss die mit einem silbernen Schimmer durchzogenen Augen. Ich war blind, schon seit meiner Geburt. Sie hatten es damals bemerkt, als sie mich zum ersten Mal die Welt außerhalb des Stalles hatten erkunden lassen. Das Licht hatte geschmerzt, es war hell und stechend gewesen. Und doch war ich traurig, als man mich zurück in den Korb setzte, mit welchem sie mich zurück brachten. Die warmen Finger hatten mich sanft hochgehoben und hinabsetzen wollen, doch bevor meine kleinen Pfötchen den Käfigboden berührten, wurde ich wieder hochgenommen. Ganz dicht an ihrem Gesicht war ich gewesen. Hatte den Atem auf meinem kleinen Kopf gespürt, unter dem mein Fell erzitterte. Sie hatte gerufen, mit einer lauten und doch angenehmen Stimme, sodass die zweite von ihnen kam du mich auf ihre Hand setzte. Ganz still war ich sitzen geblieben, während sie mich musterten. Sie schienen besorgt.
„Ich leg mich wieder schlafen, Chii.“
„Jaah, das solltest du wohl. Ist besser für dich, nehm ich an. Für euch.“
Ich wusste, dass sie wohl lächelte, doch ihre Stimme klang bitter, als sie mir ein leises „Schlaf gut“ zumurmelte. Ja, nicht nur ein Hase bewohnte den Stall neben meinem. Es waren viele, wenn auch winzig klein und ohne den Mutterleib, in welchem sie heranwuchsen, noch nicht lebensfähig. Es waren meine Kinder. Meine und Sherrys. Ob das wohl der Grund war, wieso sie uns voneinander getrennt hatten? Wieso ich abends niemanden mehr hatte, der mir Geborgenheit spendete und mit dem ich das Futter und mein Heim teilen konnte?
„Schlaf gut, Sherry.“
Auch ich legte mich hin und wäre im ersten Augenblick am liebsten wieder angewidert aufgesprungen. Das Stroh war aufgeweicht, schon ewig nicht mehr erneuert worden. Manchmal kam die Frau oder der Junge und schmissen etwas frisches obendrauf. Warfen ein wenig neues Futter zu dem alten. Früher einmal hatten sie meinen Käfig immer sauber gemacht, das Trinken sorgfältig gewechselt und die Futterschale ausgespült, bevor sie diese neu füllten. Doch seit einiger Zeit taten sie es nicht mehr- als hätte es ohnehin keinen Zweck mehr, da ich nicht mehr lange hier bleiben würde. Ob ich woanders hinkommen würde?
Hoffentlich würden sie mich raus setzen; zusammen mit Sherry, wie eh und je. Draußen war das Gras und das plätschernde Wasser. Und draußen war mein Mensch. Der Mensch, ganz für mich allein. Er kam immer von draußen; kam herein und ging zuerst zu mir. Öffnete meinen Stall und streichelte mir über das Fell, kraulte mich hinter den langen Ohren und dann nahm er mich mit nach draußen. Manchmal band er mir etwas um und setzte mich dann auf den Steinweg. Er zog und zerrte nicht, sondern ließ mich einfach laufen und folgte mir, wenn ich zu dem schmalen Bach ging oder zu den großen Wiesen. Dort setzte er sich hin und sah mir zu. Manchmal jedoch folgte auch ich ihm, wenn er mir den Weg zeigte.
Bei unserem ersten Ausflug wusste ich nicht, was zu tun war. Ich hatte Angst und wollte flüchten; zurück in den Stall. Mein Mensch stand neben mir und zupfte leicht an etwas, das er mir umgebunden hatte. Schob mich leicht nach links oder rechts oder trug mich auch mal ein Stück. Er zeigte mir viel und mir wurde klar, dass er mir nichts antun wollte. Ich begann zu gehorchen und zu folgen. Zu verstehen und zu vertrauen. Ich mochte meinen Menschen; er fütterte mich mit Dingen, die ich noch nie gekostet hatte und streichelte mich und liebte mich. Ich glaube, er liebt mich wirklich.
Er war auch immer für mich da, als die anderen anfingen, mich nicht mehr zu mögen. Die Frau schob mich einmal von meinem Fressnapf weg, als sie das Futter erneuerte, und aus Angst begann ich zu kratzen und zu beißen. Ich wollte sie nicht verletzen. Ich wollte nur nicht, dass sie Sherry oder mir etwas tat. Wie sollte ich auch verstehen?
Danach kam sie nur noch ungern zu mir, das spürte ich. Schob mich beiseite und schlug nach mir, wenn ich mich wehren wollte. Eine Zeit lang war mein Mensch nicht da- das war die schlimmste Zeit. Doch dann kam er wieder und streichelte mich und kümmerte sich um mich, obwohl die anderen mich mieden. Wenn mein Mensch da war, war es immer freundlich und warm. War er weg, wurde es dunkel und still. Regnete und stürmte. War kalt und nass.
Ein Rascheln ließ mich aufschrecken.
Es war Vermouth, der aufgewacht war und hungrig an seinem Fressnapf knabberte.
Auch Vermouth und Caipi hatten sie auseinander gesetzt. Sie hatten sich nicht mehr vertragen, sich angegriffen und verletzt. Ich glaube sie waren verzweifelt. Es passierte zu der Zeit, in der mein Mensch nicht mehr kam. Ich glaube sie vermissten ihn; ihn und den anderen Mensch, welchen er oft mitbrachte. Auch dieser andere Mensch liebt mich, da bin ich mir sicher. Er liebt auch all die anderen. Mein Mensch mag ihn, daher mag auch ich ihn. Er ist gut zu mir; als kleiner Hase hatte er mich oft auf dem Arm. Er und mein Mensch haben uns Namen gegeben und uns ein Leben gegeben. Dank ihnen waren wir draußen. Mit ihnen haben wir die Welt kennen gelernt.
Ich glaubte, Schritte zu hören. Hoffnungsvoll sprang ich auf. Ob es mein Mensch war? Er war schon lange nicht mehr hier gewesen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, seit er mich das letzte Mal hochgenommen hat. Die Tage danach waren dunkel und nass gewesen. Ungemütlich. Ich hatte ihn vermisst. Jeden Abend. Jede Stunde. Hatte mich gefragt, ob ihm etwas zugestoßen war. Hatte mir Sorgen gemacht. Aber nun kam er zurück. Er kam zurück.
Die alte Holztür ging quietschend auf. Ein helles Licht erstrahlte die Käfige.
Taumelnd stolperte ich zurück. Konnte nichts sehen. Suchte vergebens den Schatten.
Meine Stalltür ging auf, etwas packte mich am Nacken, zog mich hervor.
Das war nicht mein Mensch.
Das roch nicht nach meinem Mensch.
Ich strampelte, kratzte und versuchte nach der Hand zu beißen, die mich hochgehoben hielt. Doch lediglich einen übel riechenden Stoff bekamen meine Zähne zu fassen. Zuerst war er vor mir, dann unter mir, über mir. Um mich herum.
Dann ging das Licht aus.
Der Sack, in dem ich gefangen war, schaukelte unregelmäßig auf und ab, schien gegen andere zu stoßen. Meine Nase erfasste die Angst der anderen. Auch sie wurden weggebracht.
„Chii!“
Sherry.
Ich wollte schreien, doch meine Kehle schien wie gelähmt. Wo war sie? Wo brachten sie uns hin? Wo war mein Mensch? Mein Mensch, für mich allein.
Mit einem dumpfen Schlag prallte ich auf etwas Hartes, richtete mich mühsam auf. Auch neben mir regte sich etwas und an dem Klang des heftigen Atmens erkannte ich meine Halbschwester.
„Was machen sie, Chii? Was machen sie mit uns?“
„Ich weiß es nicht. Aber mein Mensch, Sherry, er kommt und holt uns.“
„Aber wo ist dein Mensch?!“
„Er kommt. Ich weiß, dass er kommt.“
Langsam schloss ich die Augen.
Ich wusste, dass mein Mensch kommen und uns retten würde.
Um mich herum war kein Licht mehr.
Es war dunkel.

__________________

"I regret it"
said Voldemort coldly

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10.12.2007 15:43 Tigertatze ist offline E-Mail an Tigertatze senden Beiträge von Tigertatze suchen Nehmen Sie Tigertatze in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Tigertatze in Ihre Kontaktliste ein
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Zitat:
Original von Tigertatze
Mein Mensch für mich allein- Kurgeschichte

Es war dunkel.
Den kleinen Kopf fest gegen die Gitterstäbe gepresst, blickte ich hinaus. Zu beiden Seiten konnte ich schemenhaft die hohen Holzställe ausmachen, welche eng aneinandergereiht nur schlecht in den kleinen Raum passten. Ein paar schwarze Augenpaare starrten aus der Stille zurück; gelegentlich ertönte ein Scharren oder Rascheln, doch ansonsten war es ruhig.
Ich fror. Der Wind strömte ungehindert in meinen Käfig hinein stehen die Käfige in einem Raum? oder im Freien? Im vorherigen Absatz beschreibst du einen Raum, und jetzt strömt der Wind in den Käfig. Das ist zunächst einmal ziemlich verwirrend, denn auch wenn der Raum nicht ganz luftdicht abgeschottet ist, kann kein Wind 'hineinströmem' (;, zerrte an meinen kurzen, weiß-braunen Haaren und wirbelte das feuchte Heu auf. Stinkendes, verdrecktes Stroh klebte an meinen Pfoten und meinem Bauch, obgleich ich diesen gekrümmt hielt, um zu verhindern, dass die Nässe meine Haut durchdrang.Vielleicht lieber 'zu meiner Haut durchdrang', die Nässe wird kaum durch die Haut zu den inneren Organen vordringen können.
„Sherry?“, wisperte ich leise und drängte mich gegen die Holzwand zu meiner Rechten.
Nichts.
Ob sie schlief?
Ich versuchte es noch einmal, etwas lauter.
Doch wieder konnte ich kein Geräusch von ihr vernehmen. Von ihr, Sherry, meiner Halbschwester. Als kleines Baby hatte man mich von meiner eigenen Familie getrennt und zu einer anderen gesetzt. In meiner eigenen wären meine Chancen zu überleben zu gering gewesen; wir waren einfach zu viele und hatten zu wenig Milch. Doch bei der Weißen, meiner neuen Mutter, war genug davon da. Sherry, Caipi, Vermouth, Chuhai und Kir waren älter als ich und fingen bereits an, an den ersten Grashalmen zu knabbern. Bei ihnen hatte ich mich wohl und geborgen gefühlt, wurde nicht mehr missachtet und beiseite gedrängt. Sie akzeptierten mich und nicht selten fühlte ich die Liebkosungen der Weißen und kuschelte mich vertraut an die Körper meiner neuen Geschwister. Dass ich damals akzeptiert wurde Komma war etwas Seltenes und Besonderes und obwohl ich nicht wissen konnte, welches Glück mir wiederfahren war, genoss ich es in vollen Zügen.
„Chii? Was ist?“, drang es durch das Heulen des Windes flüsternd zu mir.
Beruhigt seufzte ich auf.
„Ich wollte nur wissen, ob du noch da bist. Ich hatte einen Moment lang das Gefühl..“
Diesmal war sie diejenige, die seufzte.
„Ich bin hier, Chii. Hier und nirgendwo sonst. Ich lass dich nicht allein, das weißt du doch.“
„Das weiß ich.hier kommt kein Punkt“, wiederholte ich leise und schloss die mit einem silbernen Schimmer durchzogenen Augen. Ich war blind, schon seit meiner Geburt. Sie hatten es damals bemerkt, als sie mich zum ersten Mal die Welt außerhalb des Stalles hatten erkunden lassen. Das Licht hatte geschmerzt, es war hell und stechend gewesen. Und doch war ich traurig, als man mich zurück in den Korb setzte, mit welchem sie mich zurück brachten. Die warmen Finger hatten mich sanft hochgehoben und hinabsetzen wollen, doch bevor meine kleinen Pfötchen den Käfigboden berührten, wurde ich wieder hochgenommen. Ganz dicht an ihrem Gesicht war ich gewesen. Hatte den Atem auf meinem kleinen Kopf gespürt, unter dem mein Fell erzitterte. Sie hatte gerufen, mit einer lauten und doch angenehmen Stimme, sodass die zweite von ihnen kam dubleib lieber bei einer Personenumschreibe. Entweder 'sie' oder 'du' mich auf ihre Hand setzte. Ganz still war ich sitzen geblieben, während sie mich musterten. Sie schienen besorgt.
„Ich leg mich wieder schlafen, Chii.“
„Jaah, das solltest du wohl. Ist besser für dich, nehm ich an. Für euch.“
Ich wusste, dass sie wohl lächelte, doch ihre Stimme klang bitter, als sie mir ein leises „Schlaf gut“ zumurmelte. Ja, nicht nur ein Hase bewohnte den Stall neben meinem. Es waren viele, wenn auch winzig klein und ohne den Mutterleib, in welchem sie heranwuchsen, noch nicht lebensfähig. Es waren meine Kinder. Meine und Sherrys. Ist er der Vater von den Kindern? Ob das wohl der Grund war, wieso sie uns voneinander getrennt hatten? Wieso ich abends niemanden mehr hatte, der mir Geborgenheit spendete und mit dem ich das Futter und mein Heim teilen konnte?
„Schlaf gut, Sherry.“
Auch ich legte mich hin und wäre im ersten Augenblick am liebsten wieder angewidert aufgesprungen. Das Stroh war aufgeweicht, schon ewig nicht mehr erneuert worden. Manchmal kam die Frau oder der Junge und schmissen etwas frisches obendrauf. Warfen ein wenig neues Futter zu dem alten. Früher einmal hatten sie meinen Käfig immer sauber gemacht, das Trinken sorgfältig gewechselt und die Futterschale ausgespült, bevor sie diese neu füllten. Doch seit einiger Zeit taten sie es nicht mehr- als hätte es ohnehin keinen Zweck mehr, da ich nicht mehr lange hier bleiben würde. Ob ich woanders hinkommen würde?
Hoffentlich würden sie mich raus setzen; zusammen mit Sherry, wie eh und je. Draußen war das Gras und das plätschernde Wasser. Und draußen war mein Mensch. Der Mensch, ganz für mich allein. Er kam immer von draußen; kam herein und ging zuerst zu mir. Öffnete meinen Stall und streichelte mir über das Fell, kraulte mich hinter den langen Ohren und dann nahm er mich mit nach draußen. Manchmal band er mir etwas um und setzte mich dann auf den Steinweg. Er zog und zerrte nicht, sondern ließ mich einfach laufen und folgte mir, wenn ich zu dem schmalen Bach ging oder zu den großen Wiesen. Dort setzte er sich hin und sah mir zu. Manchmal jedoch folgte auch ich ihm, wenn er mir den Weg zeigte.
Bei unserem ersten Ausflug wusste ich nicht, was zu tun war. Ich hatte Angst und wollte flüchten; zurück in den Stall. Mein Mensch stand neben mir und zupfte leicht an etwas, das er mir umgebunden hatte. Schob mich leicht nach links oder rechts oder trug mich auch mal ein Stück. Er zeigte mir viel und mir wurde klar, dass er mir nichts antun wollte. Ich begann zu gehorchen und zu folgen. Zu verstehen und zu vertrauen. Ich mochte meinen Menschen; er fütterte mich mit Dingen, die ich noch nie gekostet hatte und streichelte mich und liebte mich. Ich glaube, er liebt mich wirklich. Da du die ganze Geschichte im Imperfekt schreibst, solltest du auch hier die Vergangenheitsform verwenden (;
Er war auch immer für mich da, als die anderen anfingen, mich nicht mehr zu mögen. Die Frau schob mich einmal von meinem Fressnapf weg, als sie das Futter erneuerte, und aus Angst begann ich zu kratzen und zu beißen. Ich wollte sie nicht verletzen. Ich wollte nur nicht, dass sie Sherry oder mir etwas tat. Wie sollte ich auch verstehen?
Danach kam sie nur noch ungern zu mir, das spürte ich. Schob mich beiseite und schlug nach mir, wenn ich mich wehren wollte. Eine Zeit lang war mein Mensch nicht da- das war die schlimmste Zeit. Doch dann kam er wieder und streichelte mich und kümmerte sich um mich, obwohl die anderen mich mieden. Wenn mein Mensch da war, war es immer freundlich und warm. War er weg, wurde es dunkel und still. Regnete und stürmte. War kalt und nass.
Ein Rascheln ließ mich aufschrecken.
Es war Vermouth, der aufgewacht war und hungrig an seinem Fressnapf knabberte.
Auch Vermouth und Caipi hatten sie auseinander gesetzt. Sie hatten sich nicht mehr vertragen, sich angegriffen und verletzt. Ich glaube sie waren verzweifelt. Es passierte zu der Zeit, in der mein Mensch nicht mehr kam. Ich glaube sie vermissten ihn; ihn und den anderen Mensch, welchen er oft mitbrachte. Auch dieser andere Mensch liebt mich, da bin ich mir sicher. Er liebt auch all die anderen. Mein Mensch mag ihn, daher mag auch ich ihn. Er ist gut zu mir siehe oben; als kleiner Hase hatte er mich oft auf dem Arm. Er und mein Mensch haben uns Namen gegeben und uns ein Leben gegeben. Dank ihnen waren wir draußen. Mit ihnen haben wir die Welt kennen gelernt.
Ich glaubte, Schritte zu hören. Hoffnungsvoll sprang ich auf. Ob es mein Mensch war? Er war schon lange nicht mehr hier gewesen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, seit er mich das letzte Mal hochgenommen hatte. Die Tage danach waren dunkel und nass gewesen. Ungemütlich. Ich hatte ihn vermisst. Jeden Abend. Jede Stunde. Hatte mich gefragt, ob ihm etwas zugestoßen war. Hatte mir Sorgen gemacht. Aber nun kam er zurück. Er kam zurück.
Die alte Holztür ging quietschend auf. Ein helles Licht erstrahlte die Käfige.
Taumelnd stolperte ich zurück. Konnte nichts sehen. Suchte vergebens den Schatten.
Meine Stalltür ging auf, etwas packte mich am Nacken, zog mich hervor.
Das war nicht mein Mensch.
Das roch nicht nach meinem Mensch.
Ich strampelte, kratzte und versuchte nach der Hand zu beißen, die mich hochgehoben hielt. Doch lediglich einen übel riechenden Stoff bekamen meine Zähne zu fassen. Zuerst war er vor mir, dann unter mir, über mir. Um mich herum.
Dann ging das Licht aus.
Der Sack, in dem ich gefangen war, schaukelte unregelmäßig auf und ab, schien gegen andere zu stoßen. Meine Nase erfasste die Angst der anderen. Auch sie wurden weggebracht.
„Chii!“
Sherry.
Ich wollte schreien, doch meine Kehle schien wie gelähmt. Wo war sie? Wo brachten sie uns hin? Wo war mein Mensch? Mein Mensch, für mich allein.
Mit einem dumpfen Schlag prallte ich auf etwas Hartes, richtete mich mühsam auf. Auch neben mir regte sich etwas und an dem Klang des heftigen Atmens erkannte ich meine Halbschwester.kann man (oder auch ein Hase) allein am Klang eines Atemgeräusches einen anderen erkennen?
„Was machen sie, Chii? Was machen sie mit uns?“
„Ich weiß es nicht. Aber mein Mensch, Sherry, er kommt und holt uns.“
„Aber wo ist dein Mensch?!“
„Er kommt. Ich weiß, dass er kommt.“
Langsam schloss ich die Augen.
Ich wusste, dass mein Mensch kommen und uns retten würde.
Um mich herum war kein Licht mehr.
Es war dunkel.


Eigentlich ein ziemlich seltenes Thema, und ebenfalls eines, dass mir normalerweise nicht unbedingt zusagt. Aber ich finde du hast du Stimmung sehr gut umgesetzt. Ab und zu kann man sich wirklich in den Hasen einfühlen und man könnte meinen du wüsstest genau, was in ihm vorginge. Klar - es ist heikel sich solch einem Thema zu widmen, weil es schnell als kindisch oder unreif bewertet werden könnte, aber ich finde du hast es toll umschrieben (;
Es sind einige kleine Fehler drinnen, die du vielleicht bei Zeiten nocheinmal ausbessern könntest.
Und was mir noch aufgefallen ist - der Schluss kommt mir ein bisschen zu abrupt. Das 'Es war dunkel' bezieht sich auf den Tod? Wenn ja, würde ich hierzu vielleicht noch etwas schreiben. Die Angst, die in dem Hasen aufkommt. Die Tatsache, das er bemerkt das 'sein Mensch' nicht mehr kommen wird. Das alles zu spät ist.

Ansonsten . nicht schlecht (;

edit;
Das der letzte und der erste Satz jeweils identisch mit verschiedenen Bedeutungen sind, ist wunderbar. Sehr schönes Stilelement (:

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Puella: 10.12.2007 16:07.

10.12.2007 16:05 Puella ist offline E-Mail an Puella senden Homepage von Puella Beiträge von Puella suchen Nehmen Sie Puella in Ihre Freundesliste auf
Tigertatze Tigertatze ist weiblich
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Erst einmal danke für die ausführliche Antwort fröhlich
Dann will ich mich mal daran machen, die Rätsel aufzuklären Zunge raus

Der "Raum" ist so eine Art Scheune. Die eine Wand ich aus Holz, die anderen drei sind aus Gitter (bzw. dieses Zaunmaterial). Die Decke ist widerrum fest. Raum ist vllt. etwas ungeschickt ausgedrückt, das gebe ich zu^^

das "du" gehört da gar nicht hin, sondern heißt eigentlich "und" Zunge raus

Jap, er wäre der Vater der Kinder gewesen. Wir dachten anfangs, Chii und Sherry sind beides Männchen, daher waren sie zusammen in einem Käfig. Jedoch stellte sich etwas verspätet heraus, dass Sherry in Wirklichkeit ein Weibchen und mittlerweile tragend ist. Da sie eigentlich mit keinem anderen Männchen in Kontakt war, müsste das Chiis erk gewesen sein.

Das mit der Vergangenheitsform.. ja. Eigentlich war es so gemeint, dass das Ende noch offen ist. Sprich: Er sitzt noch immer in diesem Sack drin und durchlebt nochmal die letzten Stunden. Daher liebt sein Mensch ihn ja immernoch. Ist allerdings sehr undeutlich, das stimmt. Werde mal schauen, wie ich das noch anders ausdrücken kann. Ursprünglich war es ja eh kursiv, also seine Gedanken. Ist allerdings beim Kopieren verlorengegangen (da bei ord kursiv ja nicht mit [ i ] angegeben wird).

Ob man den anderen am Atem erkennen kann.. fraglich. Ich war leide noch nie ein Hase und weiß das daher nicht. Bei Menschen ist es manchmal so, dass man sie anhand des Atems erkennen kann, sofern nicht so viele Personen infrage kommen. Wenn man mir jetzt die Atemgeräusche meiner Familie vorspielen würde, denke ich, dass ich sie unterscheiden könnte. Wie das bei Hasen ist- I don't know. Aber ich weiß ja auch nicht, ob sie eine richtige Sprache haben oder sich nur per Geräusche und Gestik die gröbsten Signale geben können.
Ist nunmal der Nachteil daran, wenn man über Tiere schreibt- man hat keinen besonders großen Erfahrungswert Augenzwinkern
Ich weiß auch nicht wirklich, wie das mit dem Schlachter von sich geht, da ich -glücklicherweise- noch nie dabei war.

Das Stilmittel- ich liebe es einfach.
Dadurch wirkt der Text irgendwie abgeschlossen und ist auch als ein Text erkenntlich.

Das "Es war dunkel" zum Schluss bezieht sich nicht auf den Tod- wie du schon sagtest; dazu fehlt davor noch zu viel. Es erläutert eher nochmal die Stimmung, bevor der Text dann offen abgeschlossen wird, auch wenn man weiß, wie er ausgeht. Vielleicht sollte ich trotzdem noch einen Satz davorquetschen, damit es eindeutiger wird.

Thx nochmal für's Lesen und Bewerten fröhlich

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"I regret it"
said Voldemort coldly

10.12.2007 17:22 Tigertatze ist offline E-Mail an Tigertatze senden Beiträge von Tigertatze suchen Nehmen Sie Tigertatze in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Tigertatze in Ihre Kontaktliste ein
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Gut, jetzt mit deinen Erläuterungen wird es deutlich (;
Das mit dem Schluss ist dann mit der Vorgeschichte dennoch etwas verwirrend, ein Satz mehr wäre da sicherlich nicht verkehrt (;

Ansonsten bleibe ich dabei . ansich eine schöne, schlüssige Geschichte.
(Auch wenn hier Tiere vermenschlicht werden)

Lg Puella

Gegenbewertung (Der Kasten|Thriller)?
10.12.2007 17:37 Puella ist offline E-Mail an Puella senden Homepage von Puella Beiträge von Puella suchen Nehmen Sie Puella in Ihre Freundesliste auf
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"I regret it"
said Voldemort coldly

12.12.2007 16:41 Tigertatze ist offline E-Mail an Tigertatze senden Beiträge von Tigertatze suchen Nehmen Sie Tigertatze in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Tigertatze in Ihre Kontaktliste ein
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Du könntest ja auch noch über ein Müllsack schreiben und ich fände es vermutlich toll, wie schon gesagt großes Grinsen
Ich finde zwar immer noch, dass es etwas wirr kommt, wie du die Vergangenheit in die aktuell beschriebene Szene reinwurstelst ^^
Chii mit Chii zu verbinden ist genial kreativ - aber wie schon gesagt, süße Idee.

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27.12.2007 21:51 Pferdchen23 ist offline E-Mail an Pferdchen23 senden Homepage von Pferdchen23 Beiträge von Pferdchen23 suchen Nehmen Sie Pferdchen23 in Ihre Freundesliste auf
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Aber Chii und Chii zu kombinieren ist ja was sinnvolles, also kann es nicht kreativ sein XD

___

Die Geschichte eines Müllsacks.. mhm..

Er stand da; seine glänzende Haut war aufgescheuert von dem ständigen Reiben an der kalten Mauerwand und Falten bedeckten sein fahles Gesicht. Jeder noch so schwache Windstoß ließ ihn erzittern, löste ein weiteres kaum hörbares Rascheln aus, das verstummte sobald es begann.
Er hatte keine Augen- konnte nicht sehen, wo er war. Wusste nur, dass um ihn herum eisige Kälte herrschte und es wohl anfing zu schneien. Es war klamm, feucht. Er vermochte sich nicht zu bewegen, nichts zu sagen.
Er hatte keinen Mund- konnte nicht schreien, aber auch nicht schweigen. Nur dastehen und warten. Warten. Worauf überhaupt?
Er hatte keine Ohren- konnte nicht hören, ob jemand kam. Keine Schritte, kein Laut. Kein Jammern, kein Klagen. Nur das eigene; oder auch nicht?
Er hatte keine Hände- konnte nichts anfassen. Nichts spüren; ja, konnte er spüren? Wusste er überhaupt die Kälte und den rauen Untergrund der Straße von der Küche zu unterscheiden?
Er hatte keinen Kopf, keinen Körper- konnte er überhaupt.. leben?

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28.12.2007 12:16 Tigertatze ist offline E-Mail an Tigertatze senden Beiträge von Tigertatze suchen Nehmen Sie Tigertatze in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Tigertatze in Ihre Kontaktliste ein
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