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Geschrieben von Blümchen am 13.02.2007 um 12:42:

  Schuldgefühle !?

Schuldgefühle

[ Bitte nicht: Das ist ja gar kein korrektes Deutsch. Oder es ist Umgangssprache.
Es soll nämlich genau die Gedanken der Personen wiedergeben, welche eben nicht immer: Hach, so ein tolles Leben. Es ist meiner solch vollkommenen Würde ein Schmaus.
Okay, soweit dazu... Rechtschreibfehler gibt es bestimmt ein paar, weil mein Word gelöscht wurde.
Dann, viel Spaß ^___^ ]

Prolog

"Scheiße geh weg, ich will nicht mit dir labern." "Du bist so verdammt stur, Kleines." "Piss dich an, ich hab Gründe für." Ich drehe ab, weil ich es einfach nur verdammt selbstlos finde, was sie gebracht hat. Eigentlich ist sie immer die, die mich erzieht und als wiederlich abstempelt, aber heute ist es anders. Eigentlich hatte es ja schon gestern Abend begonnen. Es war ein dämlicher Zufall gewesen, dass ich es erfahren habe und trotzdem denke ich, hätte Anna es mir niemals so gesagt. Nun zeichnen Falten ihre Stirn, aber mir ist das egal, sie braucht jetzt gar nicht so zu tun, als ob es ihr Leid tun würde. Und auch wenn, hätte sie es gestern auch wissen können. Aber irgendwie kapiert sie das ja nicht. Die glaubt ja immernoch, ich hätte keine Gefühle. Nur liegt sie damit total falsch, weil sie es ja alles wusste. Ich erzähl ihr nie wieder was. Dann merkt sie es auch nicht, wenn ich traurig bin. Oder tröstet mich und weiß nicht wieso. Und vorallem hätte sie jetzt dann auch keine Schuldgefühle. Hat sie aber. Nun, ich weiß, dass sie ja eigentlich berechtigt sind. Ich genieße es vermutlich auch, aber irgendwo tut es mir weh. Sie ist ja schließlich meine Schwester.
Ich gehe jetzt lieber in mein Zimmer, sonst muss ich ihr noch verzeihen. Denn ich kann meiner Schwester nie wirklich lange böse sein. Aber momentan passt es mir gar nicht, dass ich ihr nach soetwas einfach so vergebe. Das hat die Anna nämlich gar nicht verdient. Sowas ist was größeres als mal die Schokolade der anderen aufzumampfen. Ja, ich würde es als vertrauensverletzend bezeichnen. Vermutlich gibt mir dabei auch jeder Recht. Scheiße, ich lass mich aufs Bett fallen und starr die Wand an. Aber den ganzen Abend halt ich das bestimmt eh nicht aus. Mist. Läuft ja sowieso wieder drauf raus, dass ich ihr verzeihe. Nein, diesmal nicht, ich lass mich doch nicht verarschen.
Es klopft an der Tür. Ist bestimmt Anna. Dumm, dass ich meinen Schlüssel verloren habe. Auch wenn ich jetzt sage, dass ich nicht will, dass sie reinkommt, kommt sie bestimmt sowieso rein. Ist ja klar, die Privatsphäre die ich gerne hätte, halten alle nur für Tarnung, dass ich etwas besonderes sein will. Scheiße man.
"Jana mach bitte auf." "Verpiss dich." "Du bist wiederwertig." Nein, wieso sagt sie das? Weiß Anna, dass ich es liebe, wenn sie mich so nennt? Ich glaube mir macht es Spaß, dass sie mich abscheulich findet. Da bilde ich dann irgendwie ein, ich sei eine Ausnahme. Außerdem klingt es irgendwie versöhnlich. Aber ich mache nicht auf, ich bin ja nicht dumm. Sie soll wenigstens Sekunden so leiden, wie ich bei Nadias Worten gelitten habe. Auch wenn es in meinen Augen quasi als unmöglich erscheint.
"Mach auf, Kleines." "Kapierst dus nicht? Ich will nicht mit dir labern." "Aber das müssen wir, wenn wir nicht ewig Streit haben wollen." Klar hat sie Recht. Anna hat immer Recht. Ich weiß nicht wie man so perfekt sein kann. Aber für mich zeichnet sie der Perfektionismus in Person. Es ist beinahe abartig und eigentlich nehme ich sie mir auch nicht als Vorbild, aber beeindruckend ist es ja schon.
"Will ich aber. Und ob dus willst oder nicht, geht mir am Arsch vorbei." Irgendwo würde ich annehmen, dass mich Schimpfwörter auszeichnen und ich weiß auch nicht, wieso meine Schwester es schon so lange mit mir aushält. Ist echt komisch. Manchmal kapier ich mich ja selbst nicht und ich will mich auch ständig ändern, aber wenn mir dann wieder jemand sagt, sei einfach doch selbst und dann passt alles, bin ich wieder so verunsichert, dass ich Monate lang hinterher bin, wer ich überhaupt bin. Schon scheiße, wenn man so im Unklaren mit sich ist. Aber total.
"Jana, verdammte scheiße, ich mach jetzt einfach auf." "Fick dich und bleib draußen." Die Tür geht gerade einen Spalt auf und ich weiß jetzt gar nicht, wie ich reagieren soll. Ich werfe einfach mein Kissen gegen die Tür und ohne das ich es wirklich realisiere, gleitet mein Blick zum Fenster. Es sind verdammt hohe 4 Meter bis nach unten. Aber scheiß drauf, momentan habe ich eh keine Lust zu leben. Also stehe ich auf, bin noch immer nicht im Klaren darüber, was ich jetzt mache und starre schon hinunter auf die scheinbar endlos baumelnde Straße. Scheiße ist das hoch. Anna ist schon durch den Schlitz geschlüpft und hastet auf mich zu.
"Kleines, mach keine Scheiße." Schreit sie noch, ich höre es noch lange Zeit in meinen Ohren ringen. Aber es ist schon passiert. Ich habe mich mit beiden Händen abgestoßen, als meine beiden Beine in der Luft baumelten.

Kapitel I

Tränen

Ich spüre meine Beine nicht mehr. Was ist passiert? Bin ich wirklich gesprungen? Von meinen Handflächen trieft Blut und ich sehe oben, wie Anna hektisch am Fenster herumwuselt. Hoffentlicht springt sie nicht auch. Es reicht wenn mir etwas weh tut, aber wenn sie Schmerz hat, ist alles schlimmer. Lieber ich als die Anna. Die ist nämlich perfekt und zu ihrem Perfektionismus passt keine Schwäche. Ich weine und spüre gleichzeitig Blut auf der Unterlippe. Es schmeckt leicht salzig, aber der eiserne Anteil siegt am Ende doch. Vermutlich haben meine Tränen die rote Flüssigkeit auf meine Zunge getragen. Aua, es tut so weh.
Ich weiß, dass Anna jetzt alles gibt, um mich zu retten. Eben das, was es noch zu retten gibt. Sie ist nämlich eigentlich gar nicht so böse, wie ich mir immer einrede. Und bei diesen scheiß Gedanken, habe ich schon fast vergessen, wie dreckig es meiner Seele geht. Aber das ist jetzt auch egal. Annas Hand liegt nämlich schon auf meiner Schulter. Die tut auch weh, besonders wenn meine Schwester sie berührt. Aber ich will das sie es tut, dann merke ich wenigstens, dass sie nicht sauer ist. Denn sie ist ganz sanft. Vielleicht habe ich ja dadurch unsere Auseinandersetzung beseitigt. Ich glaube wirklich, dass ich es geschafft habe.
Anna weint. Wieso weint sie? Ich muss doch eigentlich weinen. Mir tut es doch weh und nicht ihr. Sie soll aufhören, bitte mach, dass sie aufhört. Ich will nicht, dass ihre Tränen mein Haar benetzen. Anna, bitte hör auf zu weinen. Ich will weinen, aber du nicht. Ich will das nicht. Bitte, hör mir doch zu.
Sie streicht über mein Gesicht und ihr Blick sinkt in den meinen. Ich glaube, sie ist sehr traurig, über das was ich getan habe. Mama kommt heute Abend aus der Klinik zurück. Aus der Klinik, in die ich bald noch muss, weil meine Verletzungen zu groß sind.
"Wie kannst du nur..." Bringt sie hervor, aber ich sehe sie nur unschuldig an, schweige. "Ich liebe dich doch, Kleines." Sie kann mir doch ruhig sagen, dass meine Tat wiederwertig war. Aber egal was Anna sagt, ich liebe ihre Worte und ihre Stimme. Sie klingt so sanft und beruhigend. Anna soll nicht mehr aufhören zu reden, dann ist der Schmerz zu ertragen, glaube ich.
"Ich hole den Arzt. Tut dir was weh? Jana, Kleines, ist dir was passiert? Hast du dir was gebrochen?" Es sind soviele Fragen, die ich gerne beantworten will. In diesem Augenblick möchte ich einfach nicht wiederwertig sein. Ich weiß nicht, wieso ich nicht kann. Es ist komisch.

Sichtwechsel


Ich renne ganz schnell zum Arzt. Ich wollte nicht, dass es soweit kommt. Jana ist wirklich komisch. Sie tut immer so unüberlegte Dinge, bringt nie etwas zuende. Aber vorhin hatte ich Angst, dass sie es zum ersten Mal tut. Und zwar mit ihrem Leben. Es sind 4 verdammte Meter, die sie gesprungen ist. Ich musste sie eben auf der Straße zurück lassen, aber es geht eben nicht anders. Wenn sie immer so eine Scheiße baut. Aber momentan ist mir nicht danach, Jana Vorwürfe zu machen. Sie ist meine Schwester, ich liebe sie doch. Es wäre schrecklich,. würde ein harmloser Streit ihr das Leben nehmen. Schließlich weiß ich jetzt, dass ich kräftigen Mist gebaut habe. Eigentlich bin ich die vernünftigere von uns beiden. Aber gestern Abend, ist einfach der Stier in mir losgegangen. Ich wusste, dass Jana Sam toll findet. Er ist schokoladen braun und ein wirklich hübscher. So alt wie ich und ist früher mal in meine Parallelklasse gegangen. Von Mittags war ich noch total sauer auf meine Kleine. Sie hat wiedermal total den Aufstand geschoben und mir dämliche Dinge vorgeworfen. Ich habe sie fein getadelt, immerhin will ich einmal, dass sie es zu etwas bringt. Und die Hoffnung habe ich auch noch nicht aufgegeben. Aber Jana scheint das nicht zu verstehen. Sie nörgelt von morgens bis abends, versteht einfach nicht, dass das Leben kein Klacks ist.
Ich biege gerade in die Straße ein, in welcher der Arzt wohnt. Wir haben nämlich kein Telefon. Meine Mutter ist schon wieder in die Klinik gekommen und unser Vater, von dem haben wir nie was gehört. Mama sagt, er wäre direkt nach ihrer Schwangerschaft abgehauen. Beschissener Feigling. Er wusste genau, dass sie krank ist. Ich weiß nicht genau was sie hat und es ist auch schwer für mich, das zu verstehen. Keine Ahnung, wieso sie es uns nicht sagen will. Aber Jana fragt ständig, will alles genau wissen. Nur kann ich ihr nicht mehr sagen, als, dass Mama in einer Klinik ist, weil sie schlimm krank ist und Jana bloß nett sein soll, wenn sie heute Abend wiederkommt. Sie zieht es ganz schön runter. Obwohl sie mehr fixiert auf Jungs ist, braucht sie meine Mutter als Stütze und weil diese ihr das nicht bieten kann, muss ich jedesmal dafür sorgen, dass es ihr gut geht. Ich bin quasi ihre Ersatzmutter.
Nun ist die Tür erreicht, die rettende Klingel. Ich hoffe, Jana geht es noch gut. Ich klingele sturm. Gleich steht der Doktor auf der Matte und sieht mich mit seinem schielen Blick an.
"Was gibts denn? Gehts Mama nicht gut." Doktor Britt ist voll okay. Er ist auch schwarz und behandelt uns nicht so herablassend wie die anderen. Immer wenn Mama wieder eine ihrer Schwächeanfällen hat, kommt er und versorgt sie. Er ist gut, glaube ich.
"Nein, Jana ist gesprungen." Meine Worte bringen es nicht gleich auf den Punkt und teoretisch verschwende ich kostbare Lebenzeit von Jana, aber irgendwie bringe ich es nicht fertig, ihm gleich alles zu schildern. Deshalb habe ich auch eben abgebrochen.
"Gesprungen? Wie meinst du das?" Ich glaube Kay merkt, dass es um etwas wichtiges geht und fragt mich nichtmal, wie es Mama geht oder wieso sie gesprungen ist.
"Aus dem Fenster. 4 Meter tief. Wir haben uns gestritten. Jetzt liegt sie da und spricht nicht." Ein Notfall, verdammt, vorher dachte ich noch, dass es nicht so schlimm sei, doch der Dok rafft gleich seinen Koffer zusammen und hastet mir hinterher.
Mama kommt heute Abend. Bestimmt ist sie voll sauer, wenn Jana im Krankenhaus liegt. Und auch noch wegen mir. Weil ich ja eigentlich immer auf sie aufpassen sollte. Scheiße, ich hab total Angst.
Jana hat die Augen zu, das sehe ich schon aus der Ferne. Sie liegt da zusammengekauert. Kein Schwein interessiert sich für sie. Eben ist eine Weiße vorbei gekommen, das habe ich gesehen und sie hat scheinbar nicht einmal zu ihr geguckt. Bestimmt weil Jana schwarz ist. Nicht richtig kohlschwarz, aber schwarzer als ich. Mama sagt, ich komme mehr vom Äußeren nach Papa. Der wäre beinahe weiß gewesen, genauso wie ich. Ich ähnelte von meiner Farbe her einem Karamellbonbon. Jana eher einem Kakao, genau wie Mama.
"Jana, Jana, hörst du mich?" "Wieso bewegt sie sich nicht? Es ist doch nicht schlimm oder?" "Mach mal den Koffer auf, Anna." "Es ist nicht schlimm, nicht schlimm oder? Bis Mama heute Abend kommt, ist sie wieder gesund. Es ist auch nicht wegen mir. Sie wollte nicht springen. Sie ist bestimmt nur ausgerutscht. Ich bin nicht schuld oder?" Kay sieht mich nur an, streckt die Hand nach dem Koffer aus, aber ich bin nicht fähig ihn zu öffnen und zu reichen. Er muss es selbst machen. Bittet mich wieder rein zu gehen, aber ich mache das nicht. Ich kann mein Kleines doch jetzt nicht ohne weiteres hier liegen lassen. Obwohl sie ja sowieso bald wieder aufsteht und mit mir tobt. Dann hasse ich sie wieder und sie sagt mir gleiches, aber eigentlich liebe ich sie ja.
Der Doktor holt sein mobiles Telefon raus. Es ist ziemlich fett und schwer, aber damit kann er überall anrufen. Jana und ich hatten immer davon geträumt auch so eines wie Kay zu haben und meine Schwester meinte dann immer:'Damit würde ich Papa anrufen.' Ich war von ihrer Idee anfangs beeindruckt, aber mit der Zeit, als sich ihr Wille immer mehr versteifte, versuchte ich es ihr auszureden.


Sichtwechsel

Anna steht plötzlich schnaufend vor meiner Haustür. Sie ist ein bildhübsches Mädchen, ziemlich schlank und ihre Haut karamell farben. Annas Mutter ist eine herzensgute Frau, welche aus gesundheitlichen Gründen oft Monate in einer Klinik bleiben muss. Jana wird dann von Anna versorgt, welche beide aufgrund ihrer Hautfarbe schief angesehen werden. Ich selbst bin kakaoschwarz, doch als Arzt habe ich genug Arbeit und genug Geld, um mich und meinen Sohn am Leben zu erhalten.
Anna berichtet mir atemlos, was passiert ist und ich merke allein an der Stimme, mit welcher sie spricht, dass etwas nicht stimmt. Als das Mädchen mich zum Unfallsort geleitet, macht sich ihr Schock bemerkbar. Sie redet wirres Zeug und ist nicht in der Lage, mir beim Versorgen ihrer Schwester zu helfen. Um Jana steht es schlecht. Ich vermute, dass sie sich Knochen gebrochen hat und eine schwere Gehirnerschütterung. Sie ist in Ohnmacht gefallen und deshalb zählt von nun an jede Sekunde. Es ist zwecklos, Anna zu befehlen ins Haus zu gehen, denn in ihrer Lage ist sie nicht mehr Herr über sich selbst.
Ich krame nach dem mobilen Telefon und wähle die Nummer des Krankenhauses.
"Krey hier." Meldet sich der Assistenzarzt. Ich erkenne ihn sofort. "Ein Notfall, Mädchen ist 4 Meter gefallen, Ohnmacht und Knochenbrüche. Verdacht auf innere Blutungen. Schwere Gehirnerschütterung. Mailstreet 26." "Gleich da, Doktor Britt." Er hat mich auch erkannt. Meine Stimme bebt und als mein Blick Anna streicht, ist mir richtig Elend zumute. Ihre Familie hat soviele Sorgen und nun auch noch das. Ich will nicht fragen, was genau vorgefallen ist, denn ich weiß, dass Anna schweigen würde und überhaupt nicht in der Lage wäre, Bericht zu liefern. Also tue ich es ihr gleich und starre das schwarze Mädchen an. Habe sie schon in die stabile Seitenlage gelegt und ihr Spritzen verabreicht. Mehr kann ich nicht tun. Außerdem ist meine Ausrüstung schwach, schon deshalb, weil ich nicht genug Geld für mehr habe.
Es dauert nicht lange, bis Motorengeräusche die verletzende Stille durchbrechen und das Blaulicht am anderen Straßenende auftaucht. Erleichtert erhebe ich mich, Anna bleibt sitzen.
Männer in Schutzkleidung kommen angerast, mit Koffern bepackt und schieben mich weg, ehe ich Anna packen kann. Ein Mann zieht sie am Arm hoch, doch sie rührt sich nicht.
"Jaaana! Jaaana!" Wimmert sie leise und beginnt mit dem Oberkörper zu wippen.
"Anna." Meine Hand streckt sich zu dem jungen Mädchen aus, doch ich werde weggeschoben. Es ist zwecklos, ich muss sie ihrem Schicksal und den Männern in weis überlassen. Arme Anna, meine arme Anna...



Geschrieben von Anna1985 am 13.02.2007 um 15:34:

 

So langer Text, aber ich les ja gern.

Der Anfang klingt für mich etwas verworren. Du hast auch einige Zeitfehler drin.
Aber dann wird deine Geschichte klarer und ich finds gut, dass du praktisch die Gedanken von Jana aufschreibst. Es liest sich sehr gut, außerdem ist es spannend was da so passiert.

Leider gefällt es mir nicht so sehr, dass du zuerst aus Janas Sicht, dann aus Annas Sicht und dann aus der Sicht des Arztes erzählst. Das macht sich nicht so gut. Bleibe doch bei Janas Sicht, denn der Teil gefällt mir auch am besten.
Außerdem gefallen mir die Kraftausdrücke nicht. Die Umgangssprache macht mir hier ja gar nichts aus, die ist der Geschichte ja auch angepasst, aber die Audrücke find ich jetzt nicht so toll. Anstatt das Wort mit Sch, kannst ja auch "Mist" oder so schreiben. Das würde es auch ausdrücken was du sagen willst.

lg



Geschrieben von Blümchen am 13.02.2007 um 15:47:

 

Ja, nur ich erhlich gesagt, sage im normalen Leben nicht mist. Es soll einfach real sein. Und das mit den Sichtwechseln gefällt mir persönlich gut, weil sich die Geschichte auf verschiedenen Ansichten aufbaut und später somit verschlüsslungen aufgelöst werden.
Zeitfehler? Würde mir sehr helfen, wenn du nicht nur soetwas in den Raum wirfst, es sondern auch am Beispiel anhälst dun Stellen raussucht. Danke ^___<



Geschrieben von Blümchen am 14.02.2007 um 16:13:

 

Kapitel II

Hilfe

Ich steige aus dem Bus, die Tasche über dem Arm hängend. Endlich wieder zuhause bei meinen Babys. Meine Vorfreude ist kaum aushaltbar. Meine Mädchen werden mir gleich um den Hals fallen. Ich überquere die Straße, mein Blick streift eine dunkelrote Stelle auf dem Aspalt. Es sieht beinahe so aus, als wäre hier ein Kind todgefahren worden. Meine Schritte halten kurz inne, ich sehe weiterhin auf die bedächtig frische Stelle. Welch ein armes Wesen hatte hier leiden müssen? Ich schüttele den Kopf, will meine Gedanken wieder frei haben, damit ich meine zwei Kinder gleich mit vor Freude tränenden Augen empfangen kann.
Die Tür springt aus dem Schloss und meine Schritte geben Laut. Leder klappt auf gefliesten Boden.
"Anna, Jana!?" Rufe ich laut und Melodie der Fröhlichkeit schwingt in meiner Stimme. "Lieblinge, ich bin wieder da. Habt ihr Mama vermisst? Jana, Anna, kommt her. Mami ist zurück und bleibt jetzt gaaanz lange für euch da. " Nichts. Alles schien verlassen. Wo sind sie? Wissen sie nicht, dass ich heute komme?
Ich striff durch unsere Zimmer. Alles leer.
Als plötzlich ein Knall hinter mir ertönte, fahre ich erschrocken herum. Die Tür ist mit einem Rums ins Schloss geknallt.
"Anna, Jana?" Versuche ich zaghaft die Person zu identifizieren und bemerke, wie sich ein Schatten nähert.
"Anna?" Frage ich erneut und füge den Namen meiner anderen Tochter an. Vergebens, keine Antwort ertönt.
"Verdammt, wer bist du?" Frage ich, trete einige Schritte zurück und erkenne, als die Person ins Licht tritt, das markante Gesicht von Herr Britt. Er ist Arzt in unserer Nähe und so ziemlich der einzige, der ohne Vorurteile über Schwarze lebt. Unter anderem auch, weil er es selber ist.
Er sieht nicht gut aus. Als hätte er geweint oder irgendetwas schreckliches erlebt. Vielleicht ist etwas mit seinem Sohn?
"Geht es Brad gut?" Frage ich vorsichtshalber und beobachte, dass er noch immer schweigt, das Gesicht gesenkt, so das ich kaum seine Augen im Schatten erkennen kann.
"Ja.." Meint er nun und es tut gut, eine Antwort zu bekommen. Ich habe seine Stimme lange nicht mehr gehört und es war in etwa das erste Gewohnte, was ich hier vernahm, wenn man die Gegend und die Wohnung außen vor ließ.
"Was ist denn passiert?" Eine verschleierte Ahnung, macht sich in mir breit. "Wo sind Jana und Anna?" Ich weiß, dass ich mich auf Anna verlassen kann und sie immer gut auf ihre kleine Schwester aufpasst. Jana ist manchmal nicht ganz einfach, aber eigentlich kommen die beiden ganz gut miteinander aus. Streitereien gibt es schließlich unter allen Geschwistern. Und lieben tun sich die zwei trotzdem, auch wenn sie es beide häufig bestreiten. Die Jüngere merkwürdigerweise öfter, als die Große.
"Anna geht es bescheiden." Bemerkt Kay und ich werde langsam hellhörig. "Aber Jana." Hingegnet er und sieht mich mitleidig an.
"Oh Gott, was ist passiert? Kay, bitte, Kay..." Er greift nach meiner Hand, aber ich ziehe zurück. "Was ist mit ihnen, sag!" Befehle ich.
"Jana und Anna haben sich gestritten. Dann ist Jana aus dem Fenster gesprungen. 4 Meter in die Tiefe und Anna hat mich geholt, Sie steht unter Schock, Jana liegt im Krankenhaus." Ich beginne zu schreien, schlage auf den Doktor ein. "Wieso, wieso, wieso tut ihr mir das an!? Wieso hast du nicht aufgepasst!? Wiesohoho.." Das letzte Worte geht in Tränen unter, ich sinke zu Boden. "Verdammt, wieso!?" Schreie ich und schlage das Gesicht auf die Handflächen. Kay legt seine Hand auf meine Schultern und streichelt sie sanft. "Wenn du willst fahren wir hin." Ich nickte nur und er geleitet mich zu seinem Auto. Es ist schrecklich, meine Babys. Wieso ich, wieso immer ich? Wieso immer... wir!?



Sichtwechsel


Ich habe es gerade eben Mary gesagt. Sie tut mir so Leid. Endlich kommt sie aus der Klinik zurück und dann sowas. Es tut mir von Herzen weh, dass sie so verzweifelt auf dem Boden kauerte. Aber jetzt zählt anderes, ich muss sie möglichst schnell zu Jana bringen. Anna ist mitgefahren, haben die Ärzte mir berichtet und ihre Schwester vermute ich, muss jetzt operiert werden. Es ist eine Schande, dass soviel Unglück auf eine einzige Familie trifft. Sie haben es wirklich schwer.
Ich fahre die Straße entlang, es ist viel los, weil Sonntag ist. Brad ist bei einem Freund, hat bei ihm von Samstag auf heute übernachtet. In wenigen Stunden muss ich ihn abholen. Die Zeit prescht also gewaltig voran und ich will meinen Sohn auf keinen Fall zurück stecken. Doch ebenso wenig Mary und ihre beiden Töchter. Es ist zwar nicht meine Pflicht, für sie den Taxi zu spielen, doch es gehört zur Selbstverständlichkeit unter Freunden. Als dieses würde ich die kleine Familie nämlich bezeichnen. Noch dazu hat Brad Anna sehr gern. Die beiden ergänzen sich perfekt und irgendwie schafft es mein Kleiner immer, Anna zum Lachen zu bringen, obwohl sie eigentlich nicht einmal ein Kind von Fröhlichkeit ist. Zumindest nicht, wenn andere dabei sind. Dort ist sie dann stehts wohlerzogen und achtet penibel auf ihr Äußeres. Doch mein Junge hat sich von dem ersten Schein niemals trüben lassen.
"Geht das nicht schneller?" Wimmert Mary erschöpft. Ich hatte schon fast vergessen, dass sie neben mir saß. "Verdammt, du musst hier rein!" Schreit sie genervt. Ich kann ihr dafür nicht mal böse sein, denn das was sie gerade durchmacht, muss hart sein.
"Mary, beruhig dich." Sie schüttelt den Kopf. "Nein Kay, nein." Sie ist schon wieder den Tränen nah. Ich glaube sie hat sich noch nicht einmal Gedanken darüber gemacht, wie sie eine mögliche OP bezahlen soll. Sie haben kein Geld, keinen Penny über, den sie für irgendetwas sparen können. Doch im Notfall werde ich sie unterstützen, auch wenn meine finanzielle Lage nicht wirklich rosig aussieht.

Sichtwechsel

Ich streiche dem Mädchen über die Stirn, welche vollkommen in rot getränkt ist. Was hat sie dazu verlitten 4 Meter in die Tiefe zu springen. Es ist unmöglich, dass sie dachte, sie käme unten heil an. Aber ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie in diesem Augenblick überhaupt dachte.
Ich gehe schnell zu ihrer Schwester, Doktor Britt hat gesagt sie hieße Anna. Aber Anna hat mir ihren Namen nicht gesagt, also muss ich den Doktor vorläufig glauben. Ihr Oberkörper wippt immernoch, sie steht stark unter Schock. Bei Janas OP muss ich nicht dabei sein, dafür bin ich auch noch gar nicht lange genug in der Mannschaft hier dabei. Eigentlich wollte ich immer Arzt werden, aber nun bin ich vorläufig nur Krankenhelfer. Es ist eine Leidenschaft, anderen zu helfen und ich bin zufrieden mit meinem Job.
Vorsichtig streiche ich dem Mädchen über die Schulter. Ich muss sie zu einem Psychologen bringen, denn ich allein bringe es bestimmt nicht fertig, sie von dem Schock zu erholen.
"Kommst du mal mit mir Anna?" Sie ist bildhübsch. Ich weiß nicht, ob ihre Schwester auch so hübsch ist, aber Anna ist es.
Sie antwortet immernoch nicht. Ich packe sie vorsichtig fester an und ziehe sie zu mir hoch. Die wippende Bewegung folgt immernoch, hört einfach nicht auf.
"Wir gehen jetzt mal spazieren." "Jana, wie geht es Jana? Ich bin nicht dran schuld, sie ist ausgerutscht." Es tut mir so Leid. Vorallem weil ich weiß, dass Jana hier nicht die beste Versorgung bekommen wird. Sie ist schwarz wie Kakao, soetwas fasst hier keiner an. Die OP wird nur halbherzig durchgeführt, das weiß ich. Wenn es kritisch um sie steht, werden einfach die Geräte abgestellt und keiner sieht es ein, einem schwarzen Mädchen eine letzte Chance zu geben, wenn nicht sicher ist, dass sie es schafft.
Ich bringe es nicht übers Herz es Anna zu sagen. Zwar ist sie wunderschön, aber man sieht ihr an, dass sie vollkommen verstört ist. Ihre Hände zittern wie Espenlaub und Falten zeichnen ihre Stirn in besorgter Form. Anna hält mich nicht fest, deshalb muss ich es tun und ich schleife sie quasi hinter mir her in ein Krankenzimmer. Der Psychologe wurde schon informiert und in wenigen Minuten wird er hier sein. Bei dem lieben Mädchen, welche so litt.

Sichtwechsel

Ein schwarzes Mädchen liegt vor mir. Ich habe lange nicht mehr solch eine krasse Hautfarbe gesehen. Es ist wirklich wiederwertig. Eigentlich ist es mir egal, ob das kleine Ding hier stirbt und irgendwie wünsche ich es mir auch. Dieses Teil verschmutzt alle Welt, aber leider gehört es zu meinem Beruf, jedem so gut wie möglich zu helfen. Doch da gibt es meiner Ansicht nach noch zwei Unterschiede. Ihnen bis auf den Tod treu beistehen oder bis dahin, bis man denkt, sie wären bald tot. Und das würde bei dem Negerkind hier, früher kommen, als die anderen denken. Hoffe ich.
"Skalpell." Ich greife zum Skalpell und reiche es dem Chirugen. Er ist gut in seinem Fach, aber ich weiß, dass auch er rasistisch ist. Wobei Rasismus das falsche Wort ist. Es ist einfach nur der Wille, dieses Land in Ruhe und Ordnung zu geleiten. Einheitlich, alles weiß und nobel. Nicht schwarz und dreckig. Genau, schon allein deshalb. Man kann einen Nigger ja fast gar nicht von einem Klumpen Scheiße unterscheiden. Also weg mit dem Dreck.
"Sieht nicht gut aus." "Ich nehme zu Protokoll." "Schwere Gehirnerschütterung, Quetschungen im Bauchbereich, das heißt, Milz, Lunge und Leber sind leicht beschädigt, zusätzlich ist das rechte Handgelenk geprellt, Hüfte ebenso und das linke Bein ist mehrfach gebrochen. Dem rechten ist merkwürdiger weise , bis auf ein paar Prellungen, nichts passiert."
Mein Stift gleitet zügig über das Papier. "Was wird operiert?" "Nur das linke Bein, den Rest behandeln wir ohne Messer."
Ich nicke und verschwinde aus dem Raum. Auf den Stühlen, an welchen ich nun vorbei komme, sitzen zwei Schwarze. Ich vermute, dass sie zu dem Negerkind gehören, um welches es nicht super steht.
"Sind sie die Eltern?" Frage ich und der Mann, welchen ich irgendwoher kenne, schüttelt den Kopf. Ich nicke und die Frau, welche beinahe schwarzer als das Kind ist, meldet sich zu Wort. "Es ist meine Tochter. Das ist Doktor Britt." Stellt sie den Herrn gleichzeitig auch vor.
Ein Nigger als Arzt, der lässt die Menschen vermutlich reihenweise verrecken.
"Nun gut." Ich lese ihnen das Protokoll tonlos vor, versuche keinerlei Mitleid in meiner Stimme mitschwappen zu lassen. Solchen Wesen gebührt das einfach nicht.


Sichtwechsel

"Oh mein Gott." Ich lasse das Gesicht in die Handflächen knallen. "Kay, Kay..." Er nimmt mich in den Arm. Oh, es tut so weh, es tut so weh. Meine süße kleine Jana, mein Mädchen, wo ist sie, wo ist meine süße kleine Jana?
"Kann ich sie sehen?" Frage ich und die Trauer, welche meine Worte überschwippt, fesselt selbst den Arzt, welcher uns zuvor das Protokoll verlesen hatte. Auch wenn er ein harter zu sein scheint, glaube ich nun, dass ich seinen weichen Kern gerade sehe.
"Nein. Sie wird gerade am linken Bein operiert. Haben sie sich schon über die Kosten informiert? Haben sie überhaupt eine Krankenversicherung?" Ich stocke. Wieso ist er so gemein?
"Ich regel das schon." Meint Britt und steht auf. "Kay, ich brauche dich.." "Jana braucht mich mehr." Ich weiß, dass er das hier alles nicht tun muss und deshalb habe ich auch so ein schlechtes Gewissen. Oh mein Gott, wäre ich bloß niemals fort gewesen. Ich hätte alles verhindern müsen. Und nun sitze ich hier und heule, weil mir alles so schlecht vorkommt. Und weil ich glaube, dass ich daran Schuld trage, auch wenn ich es andererseits kaum für möglich halte. Aber es tut trotzdem weh, wenn man weiß, dass das Liebste auf einem Tisch liegt und operiert wird. Und dann auch noch von weißen Ärzten. Ich weiß, dass sie gut sind, aber ich weiß auch, dass sie schlecht sein können. Besonders wenn es um Schwarze geht. Der Krieg um die Hautfarbe ist erbärmlich. Anna hat es gut, sie ist mehr weiß, als schwarz. Aber Jana ist kaum heller als ich. Es muss schwer für sie sein. Genauso wie es es früher für mich war. Doch ich weiß ja, dass sie stark ist. Deshalb schafft sie das jetzt auch. Sie schafft das schon.
Ich schüttle den Kopf. Ich glaube ich bin auch bald reif für den Psychologen. Apropos Psychologe. Wo ist meine Anna?


Sichtwechsel


"Anna, er kommt gleich." Wer kommt, wieso kommt jemand? Kommt Jana?"
Ich schweige, meine braunen Augen sehen zu ihm hinauf, denn ich habe mich gerade eben schon wieder auf den Boden sinken lassen. Es ist, als hätte jemand die Kraft aus meinen Gliedern gesaugt. Mama ist bestimmt schon zuhause und sucht uns. Wo ist Mama? Mama darf nicht wissen, was passiert ist. Wollte Jana nicht wieder gesund sein, bis Mutti wiederkommt? Ich glaube sie wollte das und jetzt liegt sie bei Ärzten, hat mir der Junge gerade gesagt, der vielleicht sechs Jahre älter ist als ich. Er meinte nichts dazu, als ich ihn fragte, ob sie das schaffen würde. Er hat dann einfach geschwiegen. Ich verstehe es nicht, zuvor wollte er immer, dass ich etwas sage und dann habe ich es auch wirklich getan und dann hat er einfach nichts gesagt. Vielleicht geht es ihm nicht gut? Er ist bestimmt krank oder sowas. Oh nein, noch jemand krankes. Gibt es keine Gesunden hier, außer mir? Aber wo ist denn Jana, wo ist mein Kleines. Es darf noch nicht vorbei sein. Sie soll nicht Tot sein, ich brauche sie nämlich noch. Mit wem soll ich mich denn dann streiten?
Eben kommt ein Mann in einem schneeweißen Kittel herein, er lächelt mich freundlich an und grüßt. Ich sage aber nichts, Mama hat früher mal gesagt, man soll Fremde nicht grüßen.
"Anna, wie geht es dir?" Fragt er, aber ich starre nur stumm zu ihm herüber. Der andere Junge hat ihn eben gefragt, ob er bleiben kann, aber er darf nicht. Also geht er nun raus. Nein, stopp, er soll nicht gehen. Ich will ihn noch etwas zu Jana fragen. Aber er hält irgendwie nicht an und ich glaube, ich habe das eben auch gar nicht laut gesagt, dass ich wissen will, wie es ihr geht. Deshalb dreht er sich auch nicht um und als die Tür zufällt, ist er verschwunden. Ich recke meinen Hals und versuche irgendwie durch die Tür hindurch zu gucken, aber es geht nicht. Ich habe sowas noch nie geschafft.
"Deine Mama ist hier." Meint er nun und ich lasse meinen Blick wieder zu ihm gleiten, bei welchem er dann wieder ins starrende übergeht.
Mama ist hier? Oh nein, dann weiß sie, dass ich böse war. Sie darf nicht wütend sein, ihr geht es doch selbst nicht gut. Sie darf das nicht, Jana ist ja auch nur ausgerutscht. Bitte, lass Mama doch nicht hier sein. Sie soll das nicht wissen. Das tut ihr nicht gut. Reicht wenn ich darüber weinen muss. Ohwe, das tue ich jetzt auch schon wieder. Die Tränen kullern meine Wangen hinunter. Hat jemand ein Taschentuch?
He, der Mann im weißen Kittel kann meine Gedanken lesen, er hält mir ein Tüchlein vor die Nase. Aber ich nehme es nicht, denn Leute die hellsehen können, mag ich nicht. Die wissen nämlich dann auch, dass ich eigentlich daran Schuld bin. Aber nein, Jana ist ja nur ausgerutscht, nichts weiter. Und der Streit war harmlos, wir haben uns eigentlich gar nicht gestritten.
Und ich rede mir schon wieder sowas ein und gleichzeitig weiß ich gerade jetzt, dass ich Sam gestern Abend mit raus genommen habe und Sam hat mir durch das Haar gestrichen. "Du bist wunderschön." Hat er gesagt und ich habe es zurück gegeben. Sam ist aber wirklich wunderschön. Ich bin es auch, aber nicht jetzt, weil jetzt bin ich wieder kurz davor zu weinen.
Er hat meine Hand genommen und sie auf die Schulter geschoben. In diesem Augenblick ist mir nochmal eingefallen, dass Jana diesen Sam liebt. Und ich habe mich noch gefreut, dass ich es ihr endlich mal heimzahlen kann. Aber jetzt wünschte ich, ich wüsste das alles nicht mehr, ich würde gern, dass alles nicht passiert ist.
Der Mann im Kittel sieht mich immernoch an, aber er sagt nichts, bestimmt weiß er, was ich denke. Irgendwie fühle ich mich ertappt, aber ich höre nicht auf, mir die Situation nochmal durch den Kopf gehen zu lassen.
Er kommt mit seinem Gesicht näher und berührt mit seinen Lippen meine. Dann folgt seine Zunge und wir spielen gemeinsam mit unseren Zungen. Streicheln uns gegenseitig. Er hat getrunken, Sam trinkt manchmal. Er darf das eigentlich noch nicht, aber er macht es trotzdem. Ich mache das nie. Aber an diesem Abend war sowieso alles anders. Ich musste feststellen, dass ich sehr empfindlich gegenüber Alkohol bin. Deshalb war ich auch schon nach einem Schnapps voll beschwippst.
Wir haben uns den ganzen Abend abgeleckt. Aber weiter sind wir nicht gegangen, weil wir nicht wollten. Also ich glaube, er hätte mitgemacht, hätte ich gewollt. Aber ich fand Sam ja nicht so toll. Habe das ja nur gemacht, damit Jana eifersüchtig wird. Oh nein, bin ich dann doch Schuld? Nein, Mami...
"Willst du mir erzählen, was passiert ist?" Jetzt mischt er sich ein, aber ich kann grade überhaupt nicht sauer darüber sein. Mir tut alles zu sehr Leid.
Ich nicke.
"Soll ich dir helfen?"
Ich nicke.
"Ist Jana wegen dir gesprungen?"
Ich nicke.
"Geht es dir schlecht?"
Ich nicke.
"Hast du Angst, dass Mama böse ist?"
Ich weine. Wieso weiß er das alles? Er streicht mir mit dem Tuch über das Gesicht.
"Sie macht sich Sorgen."
Ich weine erneut und er vollführt gleiche Gestik wie zuvor.
"Aber sie macht dir keine Vorfwürfe."
Ich will etwas sagen, aber ich weiß, dass er weiß, was ich denke und deshalb bleibe ich stumm. Vielleicht ist er ja mein Papa und kennt mich schon lange. Nein, Papa ist weg.
"Habt ihr euch gestritten?"
Ich weine nochmal. "Aber sie ist nur ausgerutscht."
"Wenn du willst, dass wir das hier wirklich lösen, musst du mir sagen, was du weißt."
Ich nicke.
"Ist sie freiwillig zum Fenster gegangen?"
Mein Kopf senkt sich.
"Hast du sie geschubst?"
"Nein!" Ich schreie, weil ich kann es nicht glauben, dass er sowas sagt. Mir damit sowas zutraut. Liebe Jana doch..
Irgendwie scheint er mir unmenschlich. Er spricht mit einer solchen Ruhe in der Stimme, dass es mir beinahe banal vorkommt.
"Ihr habt euch gestritten und dann ist sie zum Fenster gegangen. Sie saß schon dort und du hast ihr nicht geglaubt, dass sie springt. Deshalb bist du nicht eingeschritten und dann hat sie es wirklich getan."
"Nein." Meine ich und versuche auf bockig zu stellen, aber weil ich sowieso zu verwirrt bin normal zu sein, fällt mir das Verstellen zu schwer.
"Sie sollte das nicht tun. Ich habe es ihr nachgerufen."
"Aber da war es schon zu spät, stimmts?"
Ich weine.
"Worüber habt ihr euch gestritten?"
Ich will es ihm nicht sagen, ich weiß nämlich, dass er es nicht versteht und mich für schuldig hält. Aber ich will nicht, dass andere wissen, dass ich daran Schuld bin. Ich will das einfach nicht.
"Ging es um Mama?"
Ich weine.
"Wieso ging es um sie?"
"Es ging nicht um sie, verdammt." Mein Kopf gleitet auf meine Handflächen und ich spüre, dass ich voll heule.
"Um was ging es dann, sag es mir bitte."
Ich sage es ihm nicht. Er soll es nicht wissen. Außerdem will ich nicht, dass jemand erfährt, dass Jana Sam toll findet. Sie hat mir nämlich mal das Versprechen abgenommen, dass ich es niemals weitersage. Und wenn sie das will, schweige ich auch. Jana hat es nämlich nicht verdient, dass man sie hintergeht. Sie ist toll, weil sie meine Schwester ist. Ich liebe sie.



Geschrieben von Blümchen am 16.02.2007 um 12:02:

 

Es nervt so an das man ständig ignoriert wird .____.


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