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Geschrieben von theroorback am 25.11.2006 um 04:39:

  Talfahrt

Talfahrt

Als Waldo Wuschelkopf dreißig Jahre alt war, verließ er seine Heimat und den See seiner Heimat und ging in das Gebirge. Hier genoß er seines Geistes und seiner Einsamkeit, doch nach zehn Jahren reichte ihm bloße Existenz nicht mehr und er suchte nach Zielen. Geradezu
herausfordernd konnte er von seinem angestammten Platz auf dem Grad den großen Berg sehen. Ein Berg mit zauberhafter Anmut und mythischer Ausstrahlung. Als sein Geist nun gänzlich der Versuchung erlag, brach er eines Tages auf und versuchte den Berg zu erklimmen. Doch die Hänge waren zu steil, die Felsen zu sehr von der Macht der Götter zerklüftet. Zermürbt von der Erkenntis seines eigenen Versagens, ging er zurück zum angestammten Platz, schnitt sich alle Fußnägel, bis auf den drittgrößten Zeh am linken Fuß und begann erneut zehn Jahre der Einsamkeit seines Geistes zu widmen. Erst als eines dier Schattenspiele, die durch die abendliche Position der Sonne beeindruckende Ausmaße annahmen, eines Tages die Kontur einer Personen preisgaben, erhob sich der Einsiedler aus nachdenkender Pose. Der Ankömmling, eine Frau gereiften Alters, deutete auf den großen Berg und sie leuchtete im Feuer der Begeisterung. Doch Waldo konnte nicht mit. Da sprach die Neue: "Ich heiße Polly Perle, eine Muschel.", und er lächelte. Sie fuhr fort: "Einmal war ich Kapitän. O ja. Draußen auf der offenen See. Mein Schiff hatte drei Maste. Wir waren Spezialisten auf dem Gebiet der Reinigung von Heizungs- und Belüftungssystem. Doch nachdem die Sterne verbrannt waren und uns die Braunen zum Reinigen ihrer Öfen riefen, so hätten wir nie reinwaschen dürfen. So habe ich nun eine zweite Chance.", und der Einsiedler, der zwar verstand, doch dennoch zweifelte, erwiderte: "Auch die Kameradschaft, die im Grundgedanken der Perfectio des Aufgabe vereint, hat nicht die Macht, den Großen zu besiegen." "Dann sterbe nicht mehr als Prophet sondern als Märtyrer!". Nicht befreit von
aller Seelenqual ging er mit und auch die Gemeinschaft der zwei scheiterte, denn egal welche Taktik zur Ersteigung des Gipfels sie anzuwenden versuchten, die Gegebenheiten des Hanges passten sich immer an, so dass jede Maßname zum Scheitern verurteilt war. Dieser Berg, wie von einem Mann geschaffen, war nicht zu besiegen. Auf ihrem wege zum angestammten Platz trafen die zwei einen Mann mit schwarzem Haar und einem großen Schnurrbart unter der Nase. Waldo Wuschelkopf und Polly Perle kaufen ihm für 40$ 30 Übermenschen ab und noch wärend sie begannen diese zu Schlachten und aus ihren Knochen Leitern zu bauen, murmelte der Mann "...aller Idealismus ist Verlogenheit vor dem Notwendigen..." und verschwand mit schnellen Schritt in den zottigen Bergen. Mit Knochenleitern und dem Hass gegen Berg, der im Mark dieser saß, machten sich die zwei Kämpfer erneut auf den Weg - und gewannen. Der Berg unternahm nichts, es war ein Spaziergang. Doch, O Schicksalsschlag, der einzige Zehnnagel, der nicht gekürzt wurde und durch seine Länge inzwischen geträchtlich geworden war, brach ab und durch den Schmerz der Wunde, in der dabei unglücklich einreißenden Haut führte zum Sturz unseres werdenen Siegers. Die Tragik dieses Vorfalles gipfelte in der Wirkung des Aufpralls auf einen harten Stein, der Waldo zu einem Paralytiker werden ließ. So brachte ihn Polly in das Sanatorium, das sie auf dem Gipfel des Berges vorfanden und erheilt selber eine bezahlte Praktikumsstelle, was ihr Geldproblem löst und sie ihre Tochter fortan nicht mehr zur Prostitution zwingen musste.



Geschrieben von Lauraaa am 25.11.2006 um 11:54:

 

-



Geschrieben von theroorback am 25.11.2006 um 21:42:

 

Zitat:
Original von Lauraaa
Hi!
Das ist ja eine schöne geschichte!
Ich schreibe selten solche Geschichten, eher so Jugend-Storys.
Deine Story hat mich schon total ´überrascht wie gut man eine solche geschichte anfangen kann...
Würde mich über einen Gegenbesuch freuen: *klick*


HEL
Laura

"solche Geschichten"?



Geschrieben von Knopfloch am 25.11.2006 um 22:39:

 

Eine sehr schöne Geschichte, die zum Nachdenken anregt.

Oder zumindets anregen kann, wenn man sie nicht nur "liest", um danach ein "Gegenböwertuuuung!?!?" loslassen zu können.

Doch zur Geschichte, die m.E. gar keine "solche Geschichte" sein kann, weil sie eines Beispiels, einer Kategorie, eines Vorbild des "Solchen" entbehrt:
Die vielen Bezüge zu den Grundpfeilern Ethik, Dominanz und Gewissen, die sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte ziehen, machen den Reiz des Oeuvres aus, da kann man auch über den ein oder anderen Flüchtigkeitsfehler im Telum mal hinwegsehen. Die Inkonsistenz des Fatums, die jede andere Erzählung spätestens (!) an dieser Stelle aufweichen würde, vermag hier dazu, den Grundstock an Grauens beim Leser zu festigen. Man fühlt sich nicht in die Geschichte hinein, man bleibt draußen stehen, vor der Tür, und kein Klopfen bringt einen hinein in die im Verborgenen lauernde Seele derselben.
Zugleich jedoch fühlt man sich ein ins oft beschworene "Große Ganze", dass sich hier mit geflügelten Schwingen offeriert - ja geradezu prostituiert. Kein Zweifel darüber, dass nicht jeder Schlag mit Worten so gemeint sein könnte wie er ist, dass nicht das Detail im Glanze der Atmosphäre nicht ebenfalls wieder das komplette Weltbild impliziert.
Es ist wirklich erstaunlich, dass es auch in unserer heutigen Zeit noch Leute gitb, die so virtuos mit Worten wedeln, so gekonnt die schweren Schwülste schwingen, dass das Gemisch der Ingredienzen eine brodelnde literarische Leichtigkeit ergibt.

Weiter so, roorback, weiter so!



Geschrieben von theroorback am 25.11.2006 um 22:53:

 

Zitat:
Original von Knopfloch
Eine sehr schöne Geschichte, die zum Nachdenken anregt.

Oder zumindets anregen kann, wenn man sie nicht nur "liest", um danach ein "Gegenböwertuuuung!?!?" loslassen zu können.

Doch zur Geschichte, die m.E. gar keine "solche Geschichte" sein kann, weil sie eines Beispiels, einer Kategorie, eines Vorbild des "Solchen" entbehrt:
Die vielen Bezüge zu den Grundpfeilern Ethik, Dominanz und Gewissen, die sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte ziehen, machen den Reiz des Oeuvres aus, da kann man auch über den ein oder anderen Flüchtigkeitsfehler im Telum mal hinwegsehen. Die Inkonsistenz des Fatums, die jede andere Erzählung spätestens (!) an dieser Stelle aufweichen würde, vermag hier dazu, den Grundstock an Grauens beim Leser zu festigen. Man fühlt sich nicht in die Geschichte hinein, man bleibt draußen stehen, vor der Tür, und kein Klopfen bringt einen hinein in die im Verborgenen lauernde Seele derselben.
Zugleich jedoch fühlt man sich ein ins oft beschworene "Große Ganze", dass sich hier mit geflügelten Schwingen offeriert - ja geradezu prostituiert. Kein Zweifel darüber, dass nicht jeder Schlag mit Worten so gemeint sein könnte wie er ist, dass nicht das Detail im Glanze der Atmosphäre nicht ebenfalls wieder das komplette Weltbild impliziert.
Es ist wirklich erstaunlich, dass es auch in unserer heutigen Zeit noch Leute gitb, die so virtuos mit Worten wedeln, so gekonnt die schweren Schwülste schwingen, dass das Gemisch der Ingredienzen eine brodelnde literarische Leichtigkeit ergibt.

Weiter so, roorback, weiter so!

Ah, vielen Dank, das ist doch wenigstens mal eine Meinung, mit der man etwas anfangen an.

Zuerstmal zu "Die vielen Bezüge zu den Grundpfeilern Ethik, Dominanz und Gewissen...": Natürlich kann ich als Autor nicht die persönliche Interpretation und Assoziation des Leser unterbinden, will das garnicht, ganz im Gegenteil, doch ich will am Rande erwähnen, dass meine Intention weniger in der Kritik, Aufrechterhaltung oder Beantwortung grundsätzlicher ethischer/moralischer Strukturen, Fragen und System lag. Es soll mehr auf persönlicher wie auch allgemein-historischer Erfahrung basierend, einem die Möglichkeit geben über sein Verhalten im "normalen Leben" nachzudenken, ob es immer dem Innersten entspricht, gnaz lostgelöst von Idealen und "dem Äußeren", also dem gesellschaftlich relevanten. Eben deswegen soll der Leser eine Distanz behalten. Der Mephistopheles des Äußeren sitzt im innern des Fremden.



Geschrieben von Fagg_bush am 26.11.2006 um 12:05:

 

Zitat:
"Ich heiße Polly Perle, eine Muschel."

Ich überlege, ob ich mich beleidigt fühlen soll oder eher nicht...

Nun ja, eine etwas unkonventionelle Geschichte. großes Grinsen Aber deshalb lieben wir dich ja, nicht wahr ? großes Grinsen


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