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Geschrieben von Kopflos am 31.08.2006 um 17:28:
Kurzgeschichte | Und meine Welt wippt mit
Ich sitze, sitze in meiner kleinen Welt aus Glas. Die Hände fest um meine Beine geschlungen, sodass ich ein bisschen wippen kann, ohne umzufallen, nur ein wenig und meine Welt wippt mit mir.
Ich muss aufpassen, wenn ich zu arg wippe geht sie kaputt, zerspringt in tausend kleine Stücke und das wäre nicht gut, denn ohne Welt kann man nicht leben. Manchmal fällt es mir schwer, manchmal, wenn die dunklen Gestalten kommen und mich so anklagend ansehen. Aber meist bleiben sie nicht lange und ich ignoriere sie, starre auf den blauen Fleck an meinem Knie. Er kann sprechen, spricht nur für mich, spiegelt sich tausendfach in der Unendlichkeit und er kann lächeln und meine Welt lächelt mit.
Wenn die dunklen Gestalten nicht weggehen, muss ich meine Beine loslassen und mir die Hände auf die schmerzenden Ohren pressen. Jetzt lächelt der Fleck nicht mehr, jetzt schreit er die Gestalten an und treibt sie in eine winzig kleine Glasecke. Die wird immer winziger, bis sie verschwindet und die Schatten mit sich nimmt. Ich warte kurz, ein paar Sekunden zur Sicherheit, dann nehme ich die Hände von meinen Ohren und tauche wieder ein in die Geräusche um mich herum die es gar nicht gibt. Aufmunternd sieht der blaue Fleck mich an. Ich wippe, nur ganz leicht, wippe im Takt und meine Welt wippt mit.
Um mich herum gibt es nur kühles, reines Glas, und mich. Randvoll mit Glück. Muss meine Fingernägel tief in meine Hände bohren, Haut und Fleisch durchdringen, bis zum Schmerz. Glitzernde Schaumkronen aus Blut wiedergespiegelt in hunderten leerer Glasaugen.
Aber ich habe keine Zeit die Schönheit der Welle zu beobachten, schon bekommt meine Welt Risse. Ich höre das Knacken von Glas, aber ich darf nicht in Panik verfallen, nicht aufspringen, nicht weglaufen, muss den Schmerz in meinen Händen behalten, mich ganz auf ihn konzentrieren. Der Schmerz ist eine Mauer für mein Glück, unüberwindbar hoch ist die Mauer. Hindert das Glück daran aus mir herauszufließen, mich anzustubsen, sodass ich schneller werde und meine Welt töte.
Ich habe es immer besiegt, das Glück, habe meinen blauen Fleck, der mich anlächelt und kann meine kaputten Hände ausstrecken und das Glas berühren, es für seine Reinheit bewundern.
Ich sitze in meiner kleinen Welt und wippe im Takt. Mein blauer Fleck lächelt mich an, passt auf das ich nicht zu glücklich werde, bis ein Schatten auf mich fällt und ich den Kopf hebe. Ganz selten bekomme ich Besuch in meiner Glaswelt. Ich weiß nicht wie das geht, in meiner Welt gibt es keine Türen und Fenster, in meiner Welt gibt es nur mich, das Glas und meinen blauen Fleck und die Gestalten. Und doch steht der Schatten vor mir mit Tränen in den toten Augen. Böse kann ich dem Schatten nicht sein, obwohl es eigentlich unhöflich von ihm ist so ungefragt hereinzuplatzen, schließlich ist es meine Welt.
Er kniet sich hin und ich höre auf zu wippen. Meine ganze Welt steht still, nichtmal mein blauer Fleck lächelt mehr. Der Schatten spricht zu mir, seine Stimme bringt das Glas zum Vibrieren. Verstehen kann ich ihn nicht, konnte ich nie, warte nur darauf, dass er meine Welt wieder verlässt, sie vielleicht sogar vergisst.
Er seufzt, ein Laut der mir bekannt vorkommt, aber erinnern kann ich mich nicht, darf ich mich nicht. Also senke ich meinen Kopf und starre auf meinen blauen Fleck, der nicht lächelt. Ich versuche den Schatten zu vergessen und meinen Fleck wieder zum Lächeln zubringen. Das kann doch nicht so schwer sein. Angestrengt konzentriere ich mich auf ihn, da streicht mir etwas übers Haar. Ich begreife das es der Schatten ist, das er mich nicht schlägt, sondern nur streichelt. Eine leise Stimme dringt klar an mein Ohr:
Komm zurück!
Und ich weiß, dass es der Schatten ist der spricht und das ich ihn endlich verstanden habe. Ich hebe rasch die Augen und sehe einen blauen Fleck der mich fragend anschaut. Der Schatten ist weg. Meine Welt fängt langsam wieder an zu wippen, doch ich bleibe still sitzen. Auch mein Fleck beginnt wieder zu lächeln, doch ich mag ihn nicht mehr. Er kann nicht sprechen, der Gast konnte es. Ich starre auf die Stelle an der er gestanden hat und weiß, dass ich ihn kenne.
Plötzlich frage ich mich, was hinter meiner Glaswelt ist. Fragend blicke ich auf meinen blauen Fleck, aber er antwortet nicht, er kann nicht sprechen. Wackelig stehe ich auf, stelle erst den einen, dann den anderen Fuß auf den durchsichtigen Boden. Mache einen Schritt und noch einen. Berühre mit einer Hand das Glas. Es gibt zwei Hände, Zwillingshände, doch welche gehört mir ? Innerhalb oder Außerhalb ? Außerhalb oder Innerhalb ? Ich beschließe, dass meine Hand dort ist, wo der Schatten ist, der mich berühre kann, mich streichelt.
Finsternis schließt mich ein, Finsternis die es in meiner Glaswelt nie gegeben hat. Ihre Wände flackern noch kurz auf, so vertraut und schön, dann ist sie verschwunden. Mein Herz schlägt und mit jedem Schlag verdichtet sich die Dunkelheit. Der Gast ist nicht hier. War es vielleicht nie. Vielleicht war alles nur eine Illusion, ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass ich meine Glaswelt niemals hätte verlassen dürfen, dass ich hier wegmuss.
Ich mache einen Schritt zurück, noch einen. Ein Bild rauscht an mir vorbei, ein kleines, ich sehe nur ein wenig Grün und Blau bis die Schwärze es verschluckt. Dennoch wird mir übel, ich taumele zurück, hoffe wieder in meine Glaswelt zurückzukommen. Ein zweites Bild formt sich aus der Dunkelheit. Ich habe Angst, wo ist mein blauer Fleck, der mich immer beschützt hat, wo ist meine kleine heile Welt ? Ich fange an zu weinen, lasse mich auf den Boden sinken und schließe die Augen. Presse sie so doll aufeinander, dass helle Sterne vor mir flackern, aber die Bilder flackern auch, die Bilder in meinem Kopf.
Will nichts sehen, kann nichts sehen, darf nichts sehen.
Hinein in meine Welt, baue die Wände auf, Wände aus Glas in denen ich mich tausenfach wiederspiegle.
Will nichts sehen, kann nichts sehen, darf nichts sehen,
Bau eine Kugel aus Glas. Glas, Glas, Glas, Spiegel der Unendlichkeit, nicht für Bilder. Keine Türen, keine Fenster, kann nicht, lasse nichts hinein, nie mehr. Ich öffne meine Augen, keine Bilder nur die Unendlichkeit, gespiegelt vom Glas und mein blauer Fleck der mich besorgt anlächelt.
Ich sitze in meiner Welt aus Glas und habe meine Arme um die Beine geschlungen. Ich könnte wippen wenn ich wollte, ein wenig nur.
Meine Welt schaukelt für mich, wippt im Takt vor und zurück. Aufpassen muss ich nicht mehr, das Glück ist brav geworden in letzter Zeit. Es versucht nicht mehr über die Betonmauer nach draußen zu klettern und meine Welt kaputt zu machen.
Geschrieben von bekkakorinth am 31.08.2006 um 19:04:
RE: Kurzgeschichte | Und meine Welt wippt mit
Wenn die dunklen Gestalten nicht weggehen muss,, ich meine Beine loslassen und mir die Hände auf die schmerzenden Ohren pressen.
Ein Komma fehlt.
Jetzt lächelt der Fleck nicht mehr, jetzt schreit er die Gestalten an und treibt sie in eine winzig kleine Glasecke.
Welcher Fleck?
Verstehe ich nicht wirklich, deswegen habe ich auch nicht mehr gelesen. Aber du benutzt schöne Ausdrücke.
Wäre aber denke ich fast besser in Poesie aufgehoben
LG
Geschrieben von Kopflos am 31.08.2006 um 19:42:
Danke sehr, mit dem Fleck ist der blaue Fleck an ihrem Knie gemeint. Das ganze ist ein wenig psycho, aber gerade das mag ich daran.
lg, almanya
Geschrieben von bekkakorinth am 31.08.2006 um 20:56:
Ach so, habe ich mir schon gedacht, hättest du aber irgendwie mit einbinden können. Statte mir einen Gegenbesuch ab, bitte! Schlechte Zeiten...
LG
Geschrieben von Kullerkeks am 04.09.2006 um 16:24:
Diese Kurzgeschichte gefällt mir echt total gut. Dein Schreibstil ist total schön, alles locker zu lesen. Größere Fehler sind mir nicht aufgefallen. Die Geschichte regt zum nachdenken an, das gefällt mir gut. Also ich hab eigentlich keine Kritik, sie gefällt mir einfach nur sehr gut. *Blümchen schenk*
Geschrieben von Kopflos am 06.09.2006 um 20:21:
Danke sehr +Blümchen einpflanz+
lg, almanya
Geschrieben von Quarter Horse am 08.09.2006 um 12:52:
Ich verstehe es zwar nicht wirklich, finde es aber trotzdem sehr schön. Mag die Vergleiche.
Geschrieben von Kopflos am 08.09.2006 um 16:08:
Ja, die Geschichte ist ein wenig verwirrt und psycho, die Hauptperson ja auch ^^
lg, almanya
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