Geschrieben von Marina am 13.05.2006 um 23:55:
Hello | One-Shot
N'abend
Was neues von mir.
Eine kleine Songfic (: zu "Hello" von Evanescence.
Falls ihr den Song nicht zur Verfügung habt oder womöglich gar nicht kennt, dann ladet ihn doch bitte erst runter, bevor ihr das hier lest:
Hello (5.166 KB)
Sonst wirkt es nicht ^.^
Die Rechte an den verwendeten Lyrics liegen bei Evanescence allein, Handlung und Charaktere dagegen sind mir. Ich verdiene kein Geld hiermit.
Es ist ein One-Shot, es wird also weder ein Prelude noch eine Fortsetzung geben.
Bitte schreibt Reviews.
Gruß,
Marina
Hello
Playground school bell rings again
Rain clouds come to play again
Has no-one told you she’s not breathing?
Hello, I’m your mind, giving you
Someone to talk to
Hello
If I smile and don’t believe
Soon I know I’ll awake from this dream
Don’t try to fix me, I’m not broken
Hello, I’m the lie, living for you
So you can hide
Don’t cry
Suddenly I know I’m not sleeping
Hello, I’m still here
All that’s left of yesterday
Ganz leise dringt das Läuten der Schulglocke von draußen in mein kleines Zimmer.
Still sitze ich auf meinem Bett, lausche und warte.
Der Unterricht ist vorbei, das bedeutet, sie wird gleich hier sein. So war es schon immer. Immer treffen wir uns nach der Schule und ich freue mich heute noch genauso darauf wie vor sechs Jahren.
Mein Blick schweift aus dem Fenster. Dunkelgraue Wolken sammeln sich am Himmel und ich spüre, wie ich lächeln muss. Heute werden wir wieder auf den Dachboden klettern. Wir werden eine Decke über den staubigen Holzdielen ausbreiten und uns nebeneinander legen, direkt unter eines der breiten Dachflächenfenster. Um die Wolken zu beobachten. Sie liebt die Regenwolken, sagt, sie haben etwas Starkes und Kraftvolles an sich. Kurz bevor es anfängt zu regnen, beginnen sie ihr Duell. Umkreisen sich, treffen aufeinander, rangeln und balgen, um sich schließlich zu vereinen oder wieder zu trennen. Anfangs konnte ich das Spiel nicht erkennen, aber sie hat es mir gezeigt, mit einer Engelsgeduld und heute liebe ich es genauso wie sie.
Hoffentlich ist sie nicht zu müde, um den Wolken zuzusehen. Neulich war sie schrecklich müde. So müde, dass sie sich mitten am Tag zum Schlafen in eine Kiste gelegt hat. Ich habe sie ausgelacht, sie hätte doch auch einfach die Jalousien herunter lassen können.
Alle anderen Leute haben geweint. Ich habe gefragt, wieso, aber keiner hat mir geantwortet.
Hat dir niemand gesagt, dass sie nicht atmet?
Hallo, ich bin deine Seele, gebe dir jemanden zum Reden, hallo.
Das ist nicht wahr. Das ist nicht wahr. Sie hat nicht aufgehört zu atmen.
Sie würde niemals aufhören zu atmen, ohne mir vorher bye zu sagen. Das würde sie nicht tun. Nein, das würde sie nicht. Es war ein Traum. Nur ein böser Traum.
Vielleicht verspätet sie sich heute etwas, aber gleich wird sie in mein Zimmer kommen und mich umarmen. Und dann gehen wir auf den Dachboden und sehen den Wolken beim Spielen zu. Ich lächle.
Wenn ich lächle und es nicht glaube, werde ich bald aus diesem Traum erwachen, ich weiß es.
Die Tür öffnet sich. Sie ist da!
Freudig will ich aufspringen, doch es ist nur Mama, die das Zimmer betritt.
Ich recke den Oberkörper und linse um meine Mutter herum, vielleicht steht sie hinter ihr?
Mama beobachtet mich stumm. Ihre Augen schimmern feucht.
„Mama, wo ist die Decke?“, frage ich. „Wir wollen gleich auf den Dachboden und den Wolken zusehen.“
Sie flüstert meinen Namen, kommt auf mich zu und zieht mich in ihre Arme, streicht mir übers Haar.
„Was ist los, Mama? Was ist denn?“
Warum weint sie?
„Ach, mein Schatz.“ Sie flüstert gegen meine Wange. „Versteh doch endlich. Sie wird heute nicht kommen. Und morgen auch nicht. Sie kommt nie mehr.“
Ich stoße meine Mama von mir, drehe mein Gesicht weg. „Das stimmt doch nicht.“
Langsam lässt sie sich neben mir auf dem Bett nieder, streichelt vorsichtig meinen Arm.
„Ich weiß, es gibt niemanden, der nachempfinden kann, was gerade in dir vor geht. Aber du kannst nicht ewig so tun, als sei nichts geschehen. Ich bitte dich, lass mich dir doch helfen...“
Schon wieder versucht sie, mich in den Arm zu nehmen, aber ich schubse sie weg.
„Lass mich. Tu nicht so. Versuch nicht, mich zu reparieren, ich bin nicht zerbrochen! Ich habe keinen Kummer. Es geht mir gut.“
Ich kann sehen, wie Mama unter meinem eisigen Tonfall zusammen zuckt. Traurige graue Augen versuchen in meine Seele zu dringen, ich wende mein Gesicht ab.
Schließlich steht sie auf und geht.
Sie kommt nie mehr. Sie kommt nie mehr. Sie kommt nie mehr.
Ein ums andere Mal wiederholt sich dieser Satz in meinem Kopf.
Sie muss wiederkommen. Sie hat mir nicht bye gesagt. Sie kann mich nicht einfach alleine lassen.
Mein Blick verschwimmt vor meinen Augen. Die Wolken vor dem Fenster sind nur noch graue Flecken, ich kann ihr Spiel nicht mehr erkennen. Heißes Nass rinnt über meine Wangen.
Sie kann mich nicht alleine lassen. Das kann sie nicht tun. Das kann sie nicht getan haben. Das hat sie nicht getan. Sie hat mich nicht allein gelassen.
Bestimmt ist sie Zuhause und wartet dort auf dich.
Hallo, ich bin die Lüge, die für dich lebt, damit du dich verstecken kannst.
Nicht weinen...
Nicht weinen. Nicht weinen. Ja, bestimmt ist sie Zuhause. Ganz bestimmt. Wartet dort auf mich. Ganz bestimmt.
Schon bin ich auf dem Weg nach draußen. Lasse meine Jacke zurück, unwichtig. Ich will schnell zu ihr.
Meine Füße tragen mich, laufen von selbst. So gut kennen sie den Weg, dass sie ihn schon alleine gehen können.
Es ist nicht weit. Es ist nicht weit. Sie wartet auf mich.
Die ersten Regentropfen berühren mein Gesicht, kalt fühlen sie sich an auf meinen erhitzten Wangen. So kalt.
Ich muss mich beeilen, sonst verpassen wir alles.
Da, ihr Haus. Renne die letzten Schritte, drücke atemlos auf den Klingelknopf. Kurz, lang, kurz, kurz. Mein Klingeln. Unser Klingeln. Sie erkennt es immer. Gleich wird sie mir aufmachen.
Ihre Mama macht mir auf. Wieso? Das macht sie doch sonst nie? Ihre Augen sind ganz rot.
Ich begrüße sie lächelnd, aber sie grüßt nicht zurück, lässt mich nur stumm eintreten. Ihre Augen sehen mich genauso traurig an wie die meiner Mutter.
Egal jetzt, unwichtig jetzt. Schnell laufe ich die Treppe nach oben. Zu ihrem Zimmer.
Öffne die Tür. Trete ein.
Stille.
Leere.
Alles still und leer. Sie ist nicht hier.
Ich verstehe nicht.
Träume ich noch immer?
Das muss es sein. Ein schlimmer Traum.
Sieh dich doch um. Nichts hier ist, wie es sein sollte. Das Bett ist gemacht. Sie hat ihr Bett nie gemacht. Die Vorhänge sind zugezogen. Sie wollte sie immer offen haben. Es duftet nicht nach Vanille. Jeden Abend hat sie eine Kerze mit Vanilleduft angezündet. Und immer rochen ihre Kleider danach. Ich träume.
Doch mit einem Mal hält alles in mir inne. Mein Körper. Mein Denken. Mein Atem. Mein Herz.
Dort, auf dem Schreibtisch.
Nein, das ist nicht möglich.
Langsam trete ich näher an die blanke Platte aus Holz.
Ein Armband liegt dort. Ein schmales Armband, Aneinanderreihung von bunten Glasperlen auf einer ledernen Schnur.
Es kann nicht hier liegen. Das ist nicht möglich.
Sie hat es niemals abgelegt. Niemals. Niemals. Niemals, seit dem Tag, an dem ich es ihr schenkte.
Sie hat mir bei unserer Freundschaft geschworen, dass sie es immer tragen würde. Immer. Jeden Tag, jede Stunde, bis...
Bis...
Bis zum Ende ihres Lebens.
Plötzlich weiß ich – Ich schlafe nicht.
Hallo, ich bin immer noch hier.
Bin alles, was von gestern geblieben ist...