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--- [T&P] Die Sache mit der Dominanz ... (https://www.gegen-bilderklau.net/thread.php?threadid=46464)


Geschrieben von Waunca am 08.01.2006 um 12:26:

  Die Sache mit der Dominanz ...

Aus dem Thread http://www.gegen-bilderklau.net/thread.php?threadid=45630:

Zitat:
WauncaVielleicht mal an dir selber, sprich deiner Persönlichkeit arbeiten statt es mit "Dominanz" zu versuchen. (Das Zeug geht mir echt auf den Geist. ) Das soll jetzt nicht heissen, dass du eine - salopp gesagt - minderwertige Person wärst. Aber wenn das Pferd dich am Boden nicht ernst nimmt, selbst wenn du es strafst, ist deine Ausstrahlung möglicherweise zu wenig selbstsicher. Lerne deine Stärken und Schwächen kennen, arbeite daran und entwickle deine Persönlichkeit. (Bücher und Kurse zu dem Thema gibts genug, manches findest du sicher auch im Internet.) Wenn du nicht natürlich wirkst bei dem, was du tust, wird dich dein Pferd niemals ernst nehmen.


Zitat:
LucaDominanz geht dir auf den Geist? Wie gehst du denn dann mit deinen Pferden um?.


Ja, das blöde Gerede von Dominanz geht mir auf den Geist. Das Wort "Dominanz" ist in aller Munde. Aber macht man es sich nicht oft ziemlich einfach, wenn man behauptet ein Pferd hätte Dominanzprobleme?

Wenn das Pferd sich bei anderen benimmt und bei mir nicht, liegt das wirklich an der Rangordnung? Ist es nicht sehr häufig ganz einfach so, dass die Leute es versäumen, dem Pferd von Anfang an zu verstehen zu geben, dass ein gewisses Verhalten nicht gewünscht ist? Wenn das Pferd nach dem Reiten beim Führen drängelt und der Mensch reagiert nicht oder fürs Pferd nicht verständlich, ist es doch ganz normal, dass das Pferd schliesslich schnurstracks in die Box will und nicht gedenkt, zu warten, bis der Mensch abgezäumt hat. Schliesslich durfte es ja vorher auch schneller laufen als er, wieso sollte das nun auf einmal falsch sein und warum sollte es sich nun nach dem Menschen richten, der vorher ja scheinbar nichts dagegen hatte, wenn das Pferd nach seinen eigenen Vorstellungen handelte?
Wenn mir das Pferd umgekehrt gehorcht, woher weiss ich, dass es mich deshalb als ranghöher ansieht? Wenn das Pferd in meiner Gegenwart weniger Unsicherheit zeigt, kann ich annehmen, dass es gelernt hat, dass ihm nichts passiert, wenn ich dabei bin, und dass es gelernt hat, nicht zu fliehen, wenn es sich vor etwas fürchtet sondern erstmal abzuwarten. Ist es nicht so, dass das Pferd grundsätzlich durch Lob und Strafe lernt, was erwünscht ist und was nicht? Ich kann annehmen, dass das Pferd meinen Wunsch so weit verstanden hat, wenn es mir gehorcht. Und dass es weiss, welche Konsequenzen es hat, wenn es das tut oder eben nicht tut. Aber deswegen zu behaupten, das Pferd sehe mich als ranghöher an, ist das nicht vielleicht doch ein bisschen weit hergeholt?
Wenn praktisch nur ich mit dem Pferd zu tun habe und es erzogen habe, ist es dann wirklich eine Frage der Rangordnung, wenn das Pferd sich bei jemand anderem weniger gut benimmt? Ebensogut könnte es sein, dass das Pferd keine Ahnung hat, dass das, was bei mir gilt, bei anderen genau so ist. Für Tiere ist nicht alles so selbstverständlich auf alle Situationen übertragbar wie für uns Menschen! Wenn uns jemand sagt, der Satzanfang werde immer grossgeschrieben, dann haben wir kaum Probleme damit, das überall so zu machen. Tiere müssen hingegen manches in einer neuen Umgebung oder mit anderen Menschen nochmals üben. Was ein Pferd von links kann, kann es von rechts noch nicht. Wenn das Pferd sich in der Halle auf Kommando hinlegt, tut es das deswegen noch nicht auch auf einem anderen Boden, wenn man es nicht auch dort übt. Wenn das Pferd sich auf einem Ausritt alleine gut kontrollieren lässt, heisst das noch nicht, dass es die Kommandos des Reiters in der Gruppe ebenso wahrnimmt!

Ist es nicht oft so, dass die Pferde ganz einfach nicht verstehen, was man eigentlich von ihnen will? Sei es, weil der Mensch sich missverständlich ausdrückt, Dinge vom Pferd verlangt, die es rein vom Denken her gar nicht in der Lage ist, auszuführen oder sei es, weil der Mensch nicht konsequent ist, so dass das Pferd vielleicht weiss, dass eine gewisse Situation manchmal schlechte Folgen für es hat, manchmal aber auch nicht. Woher soll das Pferd wissen, dass sein Verhalten falsch ist? Oft wird die Lernfähigkeit eines Tieres überschätzt! Was drei, fünf oder zehnmal geklappt hat, hat das Tier noch nicht unbedingt wirklich gelernt und verstanden. Und dann heisst es, das Pferd wüsste eigentlich genau, dass das falsch sei. Weiss es das wirklich? Hat das etwas mit Respektlosigkeit und Dominanz zu tun?
Wenn mir das Pferd gehorcht, weil es meine Signale verstehen gelernt hat, heisst das wirklich, dass es mich als dominanter ansieht? Ist es nicht eher so, dass die Hauptmotivation fürs Pferd darin liegt, dass sich seine Situation verbessert oder zumindest nicht verschlechtert, wenn es auf meine Signale reagiert? Und ich muss ganz ehrlich sagen, bisher war immer ich es, die eigentlich von den Pferden gelernt hat, nicht umgekehrt. Ich musste meine Signale so geben, dass sie für das Pferd verständlich waren, nicht das Pferd hat gelernt, meine unklaren Signale zu entschlüsseln. Bin ich nun ranghöher?

Liegt es wirklich daran, dass das Pferd sich für den Ranghöheren hält, wenn es bei allen Leuten ungehorsam ist? Ist es nicht eher so, dass es oft versäumt wird, dem Pferd beizubringen, was man eigentlich von ihm will und was es nicht darf? Wievielen Pferden hat gar nie jemand richtig beigebracht, sich in allen Lebenslagen führen zu lassen? Wievielen Pferden wurde nie beigebracht, stillzustehen? (Und wenn man es versucht hat, wie oft geschah das mit Klapsen und Anschreien, wenn es sich bewegt hat, aber ohne Lob, wenn es wie gewünscht für einen Moment stehenblieb?) Wieviele Pferde reagieren nicht auf Stimmkommandos, weil es ihnen gar nicht richtig beigebracht bzw. reagieren nicht genügend honoriert wurde? Wieviele Pferde haben keine Ahnung, dass sie auf Druck nachgeben sollen?
Liegt es an einem Problem mit der Dominanz, wenn ich nicht bereit bin, so viel Zeit zu opfern, bis auch das "sture" Pferd begriffen hat, was ich von ihm will? Liegt es an der Dominanz, wenn meine Belohnung für das Pferd nicht motivierend genug ist? Liegt es an der Dominanz, wenn ich etwas ein paar Mal übe und danach zur nächsten Übung übergehe, weil ich meine, das Pferd könne das Geübte nun und das Pferd hat keine Ahnung davon, dass das, was ich mit ihm in der Halle geübt habe, auch draussen gilt?

Ist ein "Dominanzproblem" nicht in erster Linie eine Entschuldigung, wenn man nicht mehr weiterkommt? Lieber mal am Selbstbewusstsein des Pferdes arbeiten, damit dann alles klappt, statt sich darüber schlau zu machen, wie ein Pferd lernt und ihm alles einzeln in kleinen Schritten beizubringen?
Zu sagen, das Pferd sähe einen als Chef, weil es gelernt hat, dass es unangenehm wird, wenn es nicht tut, was ich sage, ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen?
Gehorcht mir das Pferd, weil ich eben Chef bin oder gehorcht mir das Pferd, weil es dadurch etwas, das ihm erstrebenswert scheint, erhält? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass das Pferd alles nur für sich tut, weil ihm sein Überlebensinstinkt sagt, dass es für sich schauen muss?

Dass das Leben in der Herde hierarchisch strukturiert ist und dass Regeln Sicherheit geben (nicht nur Pferden) stelle ich nicht in Frage. Aber oft machen sich die Leute gar nicht allzugrosse Gedanken darüber, worin aus der Sicht des Pferdes der Grund für ein bestimmtes Verhalten liegt, bzw. es wird immer darauf reduziert, dass das Pferd "nicht will", "sich für ranghöher hält", "keinen Respekt" hat oder dass es ganz einfach "böse" ist, auch wenn das dann meist doch nicht so formuliert wird. Es läuft oft einfach auf dieses "Dominanzproblem" hinaus, aber man stellt nicht die Überlegung an, dass die ganze Sache für das Pferd viel weniger klar sein könnte als es für uns scheint.



Geschrieben von Jenni am 08.01.2006 um 13:29:

 

Wow, das finde ich gut, wie du das mal geschrieben hast, Waunca. Genau das fällt mir auch auf, sowohl hier im Forum als auch in der Realität.

Vielleicht ein Beispiel:
Meine Stute, ein kleines Sensibelchen die sich allem und jedem sofort unterordnet, wurde von einer aus dem Stall als aufmüpfig und dominant bezeichnet. Mein Pferd würde mit mir spielen und mich verarschen, ich würde mich nicht durchsetzen bei ihr und ich müsse Dominanztraining machen. Zu dieser zeit war ich so dumm und hab tatsächlich auf die Frau gehört - das Dominanztraining endete für mich beim Arzt, meine Stute hatte das Vertrauen zu mir völlig verloren und war ängstlich. Seitdem ich mich wieder einfach so verhalte, wie ich es immer tue bei unerfahrenen und unsicheren Pferden ist alles wieder in Butter, das Wesen meines Pferdes hat sich sehr ins Positive entwickelt, sie ist nicht mehr so schreckhaft und geht mit mir durch dick und dünn. Ganz ohne irgendwelche blöden Join-Ups usw sondern einfach wegen der klassischen und pferdgerechten Ausbildung, wie sie die alten Rittmeister praktiziert haben.
Das Pferd der Frau, die mir zu diesem Dominanztraining geraten hat, ist hingegen ein einziger Witz. Sie verarscht ihre Besitzer nach Strich und Faden - beim Longieren beispielsweise buckelt sie wild herum und zieht ihre Beistzer an der Longe hängend über den ganzen Platz. Das Dominanztraining hat bei ihr anscheinend wirklich funktioniert^^

Ich denke, dass viele Leuteweniger Probleme im Umgang mit ihrem Pferd hätten, wenn sie selbst einfach sicherer auftreten würden, wenn Lieschen Müller ihr Pferdchen im Kreis herumscheucht und so Respekt gewinnen will, wird das sowieso nicht lange anhalten, solange sie selbst unsicher ist.



Geschrieben von Waunca am 08.01.2006 um 20:32:

 

Zitat:
Original von JenniIch denke, dass viele Leuteweniger Probleme im Umgang mit ihrem Pferd hätten, wenn sie selbst einfach sicherer auftreten würden, wenn Lieschen Müller ihr Pferdchen im Kreis herumscheucht und so Respekt gewinnen will, wird das sowieso nicht lange anhalten, solange sie selbst unsicher ist.

Genau. Man werkelt lieber am Pferd herum und diagnostiziert ihm ein zu grosses Selbstbewusstsein, als dass man an sich selber arbeiten würde. Und das beinhaltet halt mehr als nur konsequent zu sein und ist nicht so schnell zu erreichen.



Geschrieben von Luca am 09.01.2006 um 15:52:

 

Öhm... wofür ist der Theard jetzt? Willst du auch die Meinungen anderer dazu haben, oder wolltest du einfach Mal deine Meinung nieder schreiben?

Ich finde, wenn du mich schon zitierst, dann solltest du es auch richtig tun.
So stellst du mich nämlich (wenn auch nicht absichtlich) so dar, als wenn ich dem widersprechen würde, was du geschrieben hast. Es mag stimmen, dass Dominanz mittlerweile sehr leichtfertig genutzt wird oder manche glauben, dass Dominanztraining habe eine Patentanwendung.
Aber nur weil anderes dieses Wort missbrauchen, ist es ja nicht so, dass es immernoch eine andere Bedeutung hat.

Das Wort Dominanz beschreibt gesellschaftlich zunächst Mal nichts anderes, als das ein Individuum sich einem anderem gegenüber (dem dominanten) unterwürfig zeigt.
In der Psychologie gilt das Dominanzverhalten als solches, dass ein Individuum das Verhalten anderer beherrschen oder kontrollieren möchte.

Das ist nicht unbedingt negativ, so wie es sich jetzt vielleicht anhören mag (freie Entfaltung, etc.) denn die meisten Tiere leben unter solch einer Dominanz-Hierarchie.

Somit sollte das Pferd den Menschen als den dominanten Teil der Beziehung ansehen und das ist im Großen und Ganzen das, was du auch beschrieben hast.
Wen man sagt (oder sagen wir besser: wenn ich sage), dass man mit dem Pferd Dominanztraining machen sollte, heißt es letztendlich nur, dass man regeln sollte, dass das Pferd den Menschen klar als Führer ansieht. Das kann man sicherlich zu Anfang versäumt haben, aber irgendwann muss man es einfach tun und dem Pferd verständlich machen.
Wenn ich so etwas sage, dann meine ich, dass man dem Pferd ganz klar zeigen muss (und zwar im täglichen Umgang, nicht nach einem Rezept), was ansteht. Und damit schließe ich keinesfalls aus, dass man möglicherweise an sich selbst arbeiten muss. Denn es ist sicherlich nicht nur am Pferd, sich unterwürfig zu zeigen. Dies kann es schliesslich nur, wenn der Mensch als dominater Pol sich zu geben weiss. Dominanztraining kann also durchaus auch als Training für den Menschen gemeint sein.

Bei dominanten, konsequenten (im positiven Sinne) Menschen (die sicherlich auch eine Erfahrung im Umgang mit dem Pferd haben müssen), entstehen solche Probleme grundsätzlich nicht. Sie können zwar auf ebenfalls dominante Pferde treffen (oder schwierige), aber wenn sie es zu händeln wissen und von Anfang an sich durchsetzten und als Dominanzpol zeigen, kann es zwar länger dauern oder eine tägliche Probe sein, aber es klappt. Bei Leuten, bei denen Dominanzprobleme auftreten liegt dies meist nicht am Pferd sondern am Menschen, weil er sich nicht zu "verteidigen" weiss.

Ohne jetzt aufgedroschen zu klingen (auch wenn es jetzt sicherlich einige so auffassen werden) ist bei mir auf längere Sicht noch nie ein "Dominanzproblem" zwischen irgendeinem Pferd aufgetreten. Das sicherlich auch durch meine Erfahrung aber nicht letztendlich auch, weil ich selbstbewusst und konsequent bin.

Ich hoffe du hast verstanden, was ich dir sagen möchte. Da du mich zitiert hast, fühle ich mich angesprochen (nicht angegriffen!).
Dominanz beschreibe ich für mich nicht als eine Frage, die nur das Pferd betrifft oder die nach einem bestimmten Rezept angewendet werden kann, sondern als das Maßgebende Verhalten zwischen einer harmonischen Beziehung Pferd-Mensch. Es kann natürlich durchaus sein, dass andere es leichtfertig benutzen oder anders verstehen.
Somit stimme ich also mit dir überein, schätze ich.


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