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----- Gnadenhof [beendet] (basiert auf wahren Begebenheiten!!) NEU!! ECHTE Bilder des Ponys "Yoshi"! (https://www.gegen-bilderklau.net/thread.php?threadid=23863)
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 20:02:
Gnadenhof [beendet] (basiert auf wahren Begebenheiten!!) NEU!! ECHTE Bilder des Ponys "Yoshi"!
Meine selbstgeschriebene, selbsterlebte Geschichte. Kommentare und Kritik sehr erwünscht!
„Ich habe grade einen Anruf gekriegt“, rief Silke mir aus dem Büro zu. „Mach dich fertig, wir fahren sofort los.“
Ich stellte die Mistgabel an die Seite und spritzte meine Stiefel mit dem Wasserschlauch ab. Obwohl ich jetzt schon öfter dabei gewesen war, wenn wir ein neues Pferd geholt haben, war ich trotzdem noch aufgeregt.
Silke saß schon im Auto und startete den Motor. Ich beeilte mich, da ich wusste, dass sie es hasste zu warten.
Schnell stieg ich in den Geländewagen und da fuhr Silke auch schon los. „Wir müssen fast 30 Kilometer fahren“, sagte sie.
Super. Ich hasste lange Autofahrten. Besonders dann, wann man mit Pferdeanhänger fuhr und deshalb nur Schritttempo fahren konnte. Und Silke fuhr wirklich nicht viel schneller. „Um was für ein Pferd handelt es sich denn?“, fragte ich gespannt. „Er ist schon alt, vielleicht 20, vielleicht auch 30 Jahre. Vernachlässigt und ungepflegt haben sie mir gesagt. Ein kleiner Wallach. Er hat’s verdient, einen ruhigen Lebensabend zu bekommen.“
Ich war wirklich gespannt auf das neue Pferd. Ob es wohl sehr schlimm aussah? Ich dachte nach. Seit ein paar Monaten arbeitete ich nun an Wochenenden und in den Ferien auf Silkes Pferdegnadenhof. Silke nahm alte, kranke und misshandelte Pferde auf und gab ihnen ein neues zu Hause. Sie und ihre 3 Helfer Michael, Sven und Kai kümmerten sich wirklich rührend um die Pferde. Oft gelang es ihnen, die Pferde wieder aufzupäppeln und an neue Besitzer zu vermitteln. Manchmal gab es allerdings auch Rückschläge, und niemand wollte die Pferde haben. Meistens blieben sie dann auf Silkes Hof, aber wenn sie zu krank oder schwach waren, wurden sie eingeschläfert. Ich war erst einmal dabei gewesen, als ein Pferd getötet werden musste, und ich habe jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran zurück denke.
Eigentlich sollte ich nur in den Sommerferien bei Silke arbeiten, als Ferienjob sozusagen, um mein Taschengeld aufzubessern. Ich lernte die Tiere auf Silkes Hof aber so gut kennen und lieben, dass ich nun gar nicht mehr weg wollte. Zum Glück hatte Silke nichts dagegen, dass ich blieb, im Gegenteil, sie sagte sogar, dass sie jede Unterstützung brauchen könnte und sie sehr froh wäre, dass ich nicht nach den Ferien wieder gegangen bin.
Etwa eine halbe Stunde lang fuhren wir mit dem Pferdeanhänger durch die Gegend. Dann sah Silke auf das Ortsschild. „Gleich sind wir da.“
Nach etwa einem Kilometer hielten wir an einer kleineren Koppel an. Die Gegend war sehr abgelegen, weit und breit war kein Mensch zu sehen.
Wir stiegen aus dem Wagen und ich begutachtete die sehr matschige Koppel. Es war nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit, dass die Koppeln matschig waren, denn es war Herbst und regnete oft und viel, aber diese Koppel war so matschig, dass hier eigentlich keine Pferde mehr stehen sollten.
Ich sah keine Pferde auf der Koppel, nur einen alten, verkommenden Unterstand.
„Da muss er drin sein“, sagte Silke skeptisch. „Und wo sind die Besitzer?“ „Wollten gleich herkommen“, meinte sie nachdenklich und öffnete das morsche Tor. Wir gingen hindurch und prompt standen wir fast bis zu den Knien im Matsch. Erst wollte ich was sagen, dass ersparte ich mir aber jeglichen Kommentar und folgte Silke zum Unterstand. Er war zu einer Seite offen und als wir ihn erreicht hatten, sahen wir, dass darin wirklich ein Pony stand.
Vorsichtig ging Silke auf den Kleinen zu. Ich erwartete, dass er zurück weichen würde, aber er sah sie einfach nur mit seinen großen braunen Augen an.
„Yoshi“, sagte sie. „Das ist Yoshi.“ Yoshi war ca. 1,30m groß und sah wirklich heruntergekommen aus. Er hatte lange, zottelige Mähne und ungepflegtes schwarzes Fell. Die Rasse konnte ich nicht genau definieren, wahrscheinlich ein Mix, aber auf jeden Fall mit Shettyanteil, vielleicht auch ein Exmoorpony.
„Wird Zeit, dass der alte Mann hier rauskommt“, meinte Silke, nachdem sie ihn begutachtet hatte. Ich hörte, wie ein Auto an der Koppel anhielt.
„Das werden die Besitzer sein.“ „Ja. Die kriegen erstmal was von mir zu hören“, sagte Silke zornig und wir gingen wieder zurück zum Tor. Der Matsch war mir mittlerweile oben in die Stiefel reingelaufen und fühlte sich total kalt und eklig an.
Als wir beim Koppeltor ankamen, stieg ein älteres Ehepaar aus dem grade angekommenen Auto. Sie hatten dicke Jacken an und setzten sich ihre Kapuzen auf, um sich gegen den kalten Wind zu schützen. „Sind Sie Frau Bartel?“, fragte die Frau Silke. „Ja, das bin ich. Und das ist meine Gehilfin Julia.“ Silke deutete auf mich.
„Sie wissen ja gar nicht, wie froh wir sind, dass Sie uns das Pferd abnehmen. Wissen Sie, unsere Tochter hat es früher geritten. Und wir kennen uns doch nicht mit Pferden aus“, jammerte die Frau mit kläglicher Stimme.
„Sie hätten ihn gleich verkaufen können“, sagte Silke in ihrer trockenen Art, ohne den alten Leuten gegenüber auch nur eine Spur von Mitleid zu zeigen. „Ja aber wir...“ Silke unterbrach die Frau. Ich konnte verstehen, dass sie nichts von ihrem Selbstmitleid hören wollte. „Haben sie vielleicht ein Halfter für ihn?“ „Ein was?“ „Ja einen Strick, damit ich ihn führen kann.“ Die alten Menschen schienen nicht zu verstehen und guckten Silke nur mit großen Augen an.
„Okay, dann nicht.“ Silke beauftragte mich ein Halfter und einen Strick aus dem Geländewagen zu holen. Sie hatte immer etwas Ausrüstung für Notfälle dabei. In der Zeit wo ich das Halfter holte besprach sie mit den Besitzern des Ponys die rechtlichen Sachen und ließ sich ein Formular unterschreiben, das bewies, dass Silke das Pony wirklich behalten sollte.
Anschließend gingen wir zurück zum Unterstand. Der eiskalte Wind blies uns um die Ohren und gab heulende Geräusche von sich. Es war ein ungemütlicher, grauer Tag. Ich hoffte inständig, dass der Herbst noch besseres Wetter bringen würde. Dann dachte ich an das kleine Pony. Hoffentlich würde auch in seinem Leben die Sonne bald wieder scheinen.
Wir betraten den Stall und Silke näherte sich vorsichtig dem schwarzem Pony und halfterte ihn auf. „Ich verspreche dir, ab jetzt geht’s aufwärts mit dir“, flüsterte sie ihm zu.
Wir gingen aus dem Stall zum Koppeltor zurück. Yoshi hatte Schwierigkeiten, durch den tiefen Schlamm zu gehen, folgte Silke aber gehorsam.
Als wir endlich wieder durch das Tor hindurch gingen und am Pferdeanhänger stehen blieben, sagte Silke mir, dass ich Yoshi festhalten sollte, damit sie noch etwas mit den Besitzern besprechen konnte. Also nahm ich den Strick und kraulte Yoshi am Hals. Er stand ganz ruhig da und döste. Ich guckte ihn mir genauer an. Die Hufe sahen aus, als hätten sie jahrelang keinen Hufschmied mehr gesehen, er war sehr dünn und Milben hatte er anscheinend auch. Trotz allem sah er nicht so schlimm aus, wie einige andere Pferde, die schon aus Silkes Hof untergebracht waren.
Nach etwa zehn Minuten war Silke mit ihrer Besprechung fertig. Kopfschüttelnd kam sie auf mich zu. „So was kann ich ab. Erst das Pferd vernachlässigen und dann auch noch Mitleid erwarten. Das sind die Richtigen.“
Sie nahm mir den Strick aus der Hand und führte den kleinen Wallach auf den Hänger. Silke war verärgert, sie hasste Leute, die sich nicht gewissenhaft um ihre Pferde kümmerten.
Yoshi ließ sich anstandslos verladen. Ich mochte ihn jetzt schon, er war wirklich total lieb.
Wir fuhren zurück nach Hause. Kurz bevor wir ankamen, klingelte Silkes Handy. Ich verstand nicht fiel von dem Gespräch, aber was ich verstand reichte mir.
„Was, halbtot sagen Sie? Kann kaum noch gehen? Abdecker? Ich komme sofort vorbei.“
Silke hatte einen ernsten Gesichtsausdruck, anscheinend ging es schon wieder um ein neues Pferd.
„Wenn wir zu Hause ankommen, kümmerst du dich um Yoshi. Mach ihm eine schöne Box und gib ihm Heu. Ruf den Hufschmied an. Und den Tierarzt. Ich fahr gleich wieder los.“
„Kann ich nicht mit?“, fragte ich. Ich war gerne dabei, wenn wir neue Pferde holten.
„Nein diesmal nicht. Ich nehme jemand von den anderen mit. Komme wahrscheinlich spät wieder. Ist nen schwieriger Fall.“
Silke duldete keine Widerrede. Sie hielt an und lud Yoshi aus. Dann drückte sie mir den Strick in die Hand.
„Ich kann mich doch auf dich verlassen?“ Ich nickte. Natürlich konnte sie das. Silke rief Kai, einen der Pferdepfleger, die sie eingestellt hatte. Sie redeten kurz und Silke war sehr hektisch, das kannte ich überhaupt nicht von ihr. Kai, ein 25 jähriger, großgewachsener Mann, der immer viel Humor hatte und jede Sache immer halb so schlimm machte, sagte gar nichts mehr. Es musste wirklich was Schlimmes geschehen sein.
Ich führte Yoshi zum Anbindeplatz und band fest. Zuerst guckte er sich ein paar Mal um, dann verblaste aber sein Interesse an der neuen Umgebung und er stand ganz ruhig da. Ich ließ ihn angebunden ging in den Stall, um eine Box für ihn herzurichten. Ich wählte eine große, helle mit Fenster. Gründlich mistete ich die Box aus und säuberte die Tränke und den Futtertrog. So schön hatte es der arme kleine Kerl bestimmt lange nicht mehr, dachte ich mir.
geschichte geht noch viiiiiiiiiel länger natürlich,w enn ihr sie weiterlesen wollt sagt bescheid
Geschrieben von lautlos am 24.07.2005 um 20:12:
schreib mal weiter...
mich itneressiert das flogende
Geschrieben von Alia am 24.07.2005 um 20:13:
das kenn ich schon von Digital Pegasus glaub ich^^
Ist richtig gut^^
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 20:17:
Als ich fertig war, rief ich den Hufschmied an. Er versprach, noch heute vorbei zu kommen. Yoshis Hufe hatten es ja wirklich nötig. Ich bedankte mich und brachte Yoshi in seine neue Box. Sven, einer von Silkes Gehilfen, schleppte grade zwei Bunde Heu an der Box vorbei. Ich sprach ihn an. „Hast du vielleicht ein bisschen heu für unseren armen Kerl hier über?“ Sven blieb stehen, legte die Heubunde ab und kam auf mich zu. „Das ist das neue Pony?“, fragte er und begutachtete Yoshi, der ihn ebenfalls neugierig beschnupperte. „Ja, das ist Yoshi. Er macht total den lieben Eindruck. Ich hoffe, er fühlt sich hier wohl.“ „Na bestimmt“, entgegnete Sven, dann schnitt er einen der Heuballen auf und brachte die Hälfte in Yoshis Box. „Hier, das kannst du fressen, das ist gut für dich.“
Als ob er Sven verstehen würde, steckte Yoshi seine Nase in das frische Heu und fing an zu fressen. „Ihm geht’s gut hier, mach dir keine Sorgen“, meinte Sven, klopfte mir auf die Schulter und ging wieder aus der Box, um nun sein Heu weiter durch die Gegend zu schleppen.
Zufrieden verließ auch ich Yoshis Box, um mich jetzt um die anderen Pferde zu kümmern. Auf Silkes Hof standen im Moment 12 Pferde. Silke war erst 21, eigentlich kein Alter, in dem man einen Gnadenhof für alte Pferde eröffnet und sich um nichts anderes mehr kümmert, aber Silke war anders. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt noch andere Hobbies hatte, von morgens bis abends war sie auf dem Hof und kümmerte sich um ihre Schützlinge. Vor knapp zwei Jahren hatte sie das Grundstück mit den zwei Ställen und den Koppeln von ihren Eltern geerbt und seitdem war der Hof aus Silkes Leben nicht mehr wegzudenken. Oft fragte ich mich, was sie wohl machen würde, wenn sie den Hof nicht hätte.
Ich kümmerte mich ja auch mit Hingabe um die Pferde, half Silke und ihrem „Trupp“, wie sie Sven, Kai und Michael immer nannte und auch ich war auch mit Leib und Seele dabei, aber ich denke ich habe mich nie so richtig den Pferden gewidmet, wie Silke es tat.
Ich war grade dabei einige der alten und kranken Pferde auf den Auslauf zu bringen, als ich Silke auf den Hof fuhren sah.
Ich ging sofort zu ihr, schließlich wollte ich sehen, was für ein Pferd sie geholt hatte.
Silke und Kai stiegen aus dem Wagen. Sie sahen ernst aus, zu Ernst für meinen Geschmack.
„Lass die Ladeklappe runter“, sagte Silke zu Kai.
Ich stellte mich hinter den Hänger, um das Pferd zu sehen. Als die Ladeklappe unten war, traf mich fast der Schlag. Im Hänger lag ein Pferd, ich kann es nicht beschreiben, so was hatte ich noch nie zuvor gesehen. Ich wusste nicht, ob es noch lebte, aber wenn es noch lebte, dann wusste ich, dass es bald vorbei sein würde. Es war ein Schimmel, abgemagert bis auf die Knochen, blutige, aufgescheuerte Stellen am ganzem Körper. Ich fragte mich, wie sie das Pferd in den Hänger gekriegt hatten, es sah nicht so aus, als ob es noch gehen konnte.
„Ist es tot?“, fragte ich besorgt.
„Nein“, antwortete Kai kurz. Dann rief er Michael und Sven, die beiden anderen Helfer, und sie zogen zu dritt das Pferd aus dem Hänger.
Als das Pferd vor mir auf dem Boden lag, find ich an zu heulen. Wie konnte man einem Tier nur so was antun? Das eine Auge war zu, total verklebt, verdreckt und verkrustet, das Pferd war sicherlich blind. Es hatte ein total verdrecktes, zerrissenes, viel zu enges Halfter um, die Hufe waren so lang, dass sie sich schon nach oben rollten, das Pferd hatte nur noch an einigen Stellen Fell und auch ansonsten sah es einfach schrecklich aus.
„Das willst du doch nicht etwa aufpäppeln, Mädel?“, fragte Sven Silke.
„Ich weiß auch nicht. Ich glaub, ich habe mir da ein bisschen zu viel vorgenommen“, meinte Silke bedrückt.
„Nicht mit mir“, sagte Michael.
„Ich verschwende meine Kraft und Zeit nicht mit diesem Pferd. Silke, dass ist so gut wie tot.“
„Musst du ja nicht“, antwortete Silke.
„Ich kümmere mich um es. Kümmert ihr euch um die anderen Pferde.“
„Hey, du investierst deine Zeit, Liebe und Mühe in etwas, das hoffnungslos ist.“
Michael versuchte, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, aber Silke war unerbittlich.
„Ich ruf den Tierarzt an. Kümmert ihr euch darum, dass er ne Box kriegt. Aber ne Große!“
Widerwillig machten Michael und Sven sich an die Arbeit.
Ich konnte verstehen, dass sie Zweifel hatten. Silke war stark und konnte kämpfen und wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hatte, tat sie alles um ihre Wünsche wahr werden zu lassen. Trotzdem waren die Chancen dieses Pferd zu heilen 1.000.000 zu 1, und wenn sie es nicht schafft würde sie sicher sehr enttäuscht und traurig sein.
Am nächstem Morgen ging ich schon früh in den Stall. Ich mochte es, wenn ich die Erste war, es war so schön still.
Ich machte meinen üblichen Rundgang durch die beiden Ställe. Zuerst ging ich durch den großen Stall, in dem 8 Pferde untergebracht waren. Ich kontrollierte jedes einzelne Pferd, Silke hatte mir erzählt, wie wichtig das war. Keine Massenabfertigung, sondern individuelle Fürsorge.
Die Meisten der Pferde waren schon wach, standen oder dösten in ihren Boxen und knabberten Heu. Es war alles okay und so ging ich in den zweiten Stall, in dem auch Yoshi und das ganz neue, halbtote Pferd standen bzw. lagen.
Zuerst ging ich in Yoshis Box. Der kleine Wallach knabberte an seinem Stroh und sah schon viel besser aus als am Vortag. Heute sollte der Tierarzt kommen, um ihn zu untersuchen. Danach wollte ich ihn mal so richtig waschen, seine Mähne und den Schweif ordentlich schneiden und ihn ein bisschen verwöhnen. Danach würde er sicherlich schon viel besser aussehen. Ich war fest davon überzeugt, dass wir für Yoshi einen Käufer finden würden, denn er konnte durchaus noch ein paar Jahre leben, vielleicht sogar noch leicht geritten werden und er hatte einen liebenswürdigen Charakter, trotz seiner Vergangenheit.
Er stupste mich mit seinen weichen Nüstern an, als ob er sich bedanken würde. Yoshi war wirklich ein toller Kerl.
Meine gute Laune verflog sofort, als ich die Box des Schimmels betrat. Ich konnte echt nicht verstehen, warum Silke ihn behalten wollte. Der Tierarzt, der am Vortag da war, hatte nur die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und Silke dazu geraten, ihn einschläfern zu lassen. Doch wenn die sich was in den Kopf gesetzt hatte...
Der Schimmel lag im Stroh und sah nicht hoch, als ich die Box betrat. Silke hatte seine Wunden versorgt und ihn gestern sogar dazu gebracht, kurz was zu trinken. Sie gab sich wirklich Mühe, trotzdem war ich mir fast sicher, dass der Schimmel bald sterben würde.
„Moin Jule, was machst du denn schon hier?“
Es war Sven. Ich hatte ihn nicht kommen gehört und deshalb erschrak ich ziemlich.
„Musst du mich so erschrecken?“
Muss ich.“ Sven grinste. Ich mochte Sven, er verstand viel von Pferden und arbeitete hart. Ich hatte es noch nie erlebt, dass er mal schlecht gelaunt war. Wenn ich traurig war, schaffte er es immer schnell mich auf andere Gedanken zu bringen. Trotzdem war er nicht albern.
Er kniete sich neben den Schimmel ins Stroh und streichelte seinen Hals.
„Glaubst du, dass er es schafft?“, fragte er mich kritisch.
Ich war ehrlich. „Nein glaube ich nicht. Er sieht so fertig aus. Wenn ich Silke wäre, würde ich ihn wirklich erlösen.“
„Was haben die bloß mit ihm gemacht?“ In Svens Stimme hörte ich sowohl Wut als auch Trauer. Ich fing fast wieder an zu weinen und Sven merkte das. Schnell wechselte er das Thema.
„Dem großem Schecken geht’s schon wieder richtig gut. Heute Nachmittag kommen Leute, die ihn vielleicht kaufen wollen.“
Sven redete von einem Pferd namens Devil, Svens Liebling. Devil stand schon länger auf dem Hof und er war Sven total ans Herz gewachsen.
„Schön“, ich freute mich für Sven. Er hatte schon lange Leute gesucht, die seinen Schützling kaufen wollten.
„Aber bist du dann nicht traurig? Ich meine, du siehst ihn doch vielleicht nie wieder.“
„Stimmt schon. Aber ich bin sicher, dass sie Leute sich gut um ihn kümmern würden. Und mir war ja klar, dass ich ihn nicht behalten kann.“
Ich bewunderte Sven, wie er mit diesem Thema umging. Ich hasste es, wenn wir Pferde weggeben musste, mit denen ich besonders viel zu tun hatte.
„Hilfst du mir, ein paar der Hottas auf den Auslauf zu stellen?“
„Ja klar.“
Ja, Sven konnte einen wirklich immer auf andere Gedanken bringen.
Geschrieben von lautlos am 24.07.2005 um 20:25:
weiter, weiter
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 20:27:
Sie stieg aus ihrem Geländewagen.
„Gudden Tach.“
„Hi Silke.“
„Wie geht’s den Tierchens?“
„Ganz gut soweit.“
„Was heißt soweit?“
„Allen geht’s gut, bis auf deinem Schimmel.“
„War ja nicht anders zu erwarten.“
Silke ging in den kleinen Stall und öffnete die Boxentür des Schimmels. Sven und ich folgten ihr.
Sven ging in die Box.
„Der ist hin“, sagte er kühl.
„Wie meinst du das?“
„Ja tot.“
„Der ist doch nicht tot“, ich wollte protestieren, aber da bemerkte ich, dass der Schimmel nicht mehr atmete.
Ich sah zu Silke. Ich hatte erwartet, dass sie total durchdreht, aber stattdessen sagte sie nur: „Okay, dann war es nicht anders gewollt. Dann sollte es wohl so passieren.“
Ich ging aus dem Stall. Ich konnte den Anblick eines toten Pferdes nicht ertragen.
Sven kam mir hinterher.
„Schade“, sagte er. „Aber war ja nicht anders zu erwarten. Ich kann nicht verstehen, wie Silke so viele Hoffnungen in dieses Pferd stecken konnte. War doch klar...“
„Bestimmt ist es besser, wenn er jetzt erlöst wurde.“
Ich versuchte mich, mit dem Gedanken anzufreunden.
„Glaubst du, Silke spielt ihre Gelassenheit nur?“, fragte ich den jungen Pferdepfleger.
„Ich hab keine Ahnung. Sie ist eine starke Frau und kann noch klar denken, und jeder normale Mensch weiß, dass es dem Schimmel da wo er jetzt ist besser geht. Aber ich glaube, sie hatte eine Menge Hoffnungen in das Pferd gesteckt.“
Ich redete noch einige Zeit mit Sven, dann ging ich zu Yoshi. Der Tierarzt sollte bald kommen, um ihn zu untersuchen. Ich gab dem kleinem Kerl eine Möhre und halfterte ihn auf. Ich wunderte mich, dass er überhaupt nicht scheu war. Er war sogar richtig anhänglich. Sicher hatte er früher einen sehr lieben Menschen gehabt, der sich gut um ihn gekümmert hatte.
Ich ging mit dem kleinem Pony raus auf den Hof. Die Sonne schien, es war sehr friedliches Wetter, nicht so wie die letzten Tage, die voller Regen und Gewitter waren. Auf dem Hof lagen überall braune und gelbe Blätter verstreut, die von den Bäumen abgefallen waren. Ich mochte den Herbst gar nicht, oft sah alles so trostlos aus.
Yoshi stupste mich an, anscheinend wollte er Aufmerksamkeit. Ich band ihm am Anbindepfosten an und gab ihm noch eine Möhre. Er war immer noch Recht dünn, aber ich war mir sicher, dass sich das bald ändern würde.
Es fuhr ein Auto auf den Hof. Erst dachte ich es wäre der Tierarzt, aber als ich sah, wie Sven aus dem Stall gelaufen kam und auf das Auto zurannte, wusste ich, dass es nur die Leute sein konnten, die sich für Svens großen Schecken interessierten.
Die Leute stiegen aus, es waren eine ältere Frau und ein Mädchen, etwas jünger als ich, vielleicht 13 oder 14. Sven begrüßte sie freundlich und dann gingen sie gemeinsam zum Auslauf, auf dem der Schecke stand. Ich hoffte sehr für Sven, dass die Leute den Schecken kaufen, denn das wäre endlich mal ein positives Ereignis und Sven hätte erreicht, für was er so lange geschuftet hatte.
Der Wagen des Tierarztes fuhr auf den Hof. Er wurde sofort von den beiden Hofhunden Basko und Arco bellend begrüßt.
„Ist ja gut“, sagte der Mann lächelnd, als er aus dem Auto ausstieg. Er streichelte die beiden Hunde kurz und kam dann zu mir.
„Hallo Jule. Na wie geht’s es dir?“
„Mir geht es ganz gut, danke.“
Der Tierarzt sah sich Yoshi an.
„Das ist er?“
„Ja, das ist das neue Pony.“
„Geht ja noch“, sagte der Tierarzt. Er hatte viel Erfahrung mit Silkes Pferden und wusste, dass schon viel schlimmere Fälle hier waren.
Er ging zurück zum Auto und holte einen Koffer mit einem Stethoskop, Spritzen und Medikamenten.
Etwa eine halbe Stunde lang untersuchte er Yoshi ohne auch nur ein Wort zu sagen. Yoshi ließ sich alles gefallen und stand erstaunlich still.
„So, der ist soweit in Ordnung. Etwas unterernährt und die Gelenke sind nicht mehr die neusten, aber das heißt ja nichts. Den Zähnen nach zu urteilen ist er ungefähr 22 oder 23 Jahre alt.
Ich freute mich, dass es Yoshi gut ging. Der kleine Kerl war mir schon richtig ans Herz gewachsen.
„Ich impfe ihn jetzt und eine Wurmkur kriegt er auch. Er hat stellenweise sehr verklebtes Fell und so, wenn ich du wäre, würde ich ihn mal richtig waschen und schick machen.“
„Hatte ich sowieso vor“, entgegnete ich.
„Gut. So kleiner Mann, jetzt gibt’s lecker Wurmkur.“
Der Tierarzt gab Yoshi noch die Wurmkur und die Impfungen, dann verschwand er wieder und ich fing an Yoshi zu waschen.
Zu meinem Glück hatte das Pony keine Angst vor Wasser, denn sonst wäre es ein Riesen Kampf geworden, ihn zu baden.
Yoshi schien das Wasser sogar zu genießen. Ich wusch ihn gründlich mit einem extra Pferdeshampoo und auch die Mähne und der Schweif wurden sauber gemacht. Er war wirklich ziemlich dreckig.
Als ich fertig war führte ich Yoshi noch trocken, schnitt seinen Schweif grade und brachte ihn dann auf den Auslauf. Ja, er sah wirklich schon viel besser aus. Ich beobachtete ihn, wie er über den Auslauf ging. Als ich daran dachte, dass er bald jemand anderem gehören würde, wurde ich aber sehr traurig.
Ich war auf der Suche nach Silke, um mit ihr über Yoshi zu reden, aber ich fand sie nirgends.
Ich setzte mich auf einen Strohballen, der am Stalleingang lag und streichelte Basko, den einen Hofhund, als Sven auf mich zukam.
„Und?“, fragte ich gespannt. „Kaufen sie das Pferd?“
Eigentlich hätte ich nicht fragen müssen, denn an Svens Gesichtsausdruck sah ich schon, was Sache war.
„Jo“, antwortete er fröhlich. Und nicht nur das. Rate mal, wie viel sie bezahlen.
„Keine Ahnung, 1000 Euro vielleicht?“
1000 Euro war schon etwas hoch gegriffen. Der Schecke war ein Schlachtpferd gewesen, als er hierher kam. Aber Sven hatte ihn schließlich gut aufgepäppelt.
„Nein“, sagte er stolz. „2300!“
„Was?“ Ich konnte es nicht glauben. „So viel?“
„Japp. Klasse, was? Silke wird in die Luft springen vor Freude.“
„Wann wird er abgeholt?“
Ich wurde traurig, als ich daran dachte, dass ich den großen Schecken bald nie wieder sehen würde.
„Übermorgen. Das Mädchen war ganz begeistert von ihm. Aber er ist ja auch wirklich super artig.“
„Hast du toll gemacht.“
Ich freute mich sehr für Sven, er hatte wirklich ein Händchen für heruntergekommene Pferde.
Sven umarmte mich.
„Ich bin sicher, mit deinem Pony wird das genauso gut klappen.“
„Ja, das hoffe ich auch. Aber es wird bestimmt schwer, ihn wegzugeben.
Sven wollte grade noch etwas sagen, als Michael, der andere Pferdepfleger, aus dem Stall kam, vor dem wir saßen.
„Silke hat mich grade angerufen. Sie fährt für drei Wochen mit ihrer Freundin in den Urlaub nach Südfrankreich. Sie hat gefragt, ob wir hier alleine klar kommen.“
Sven guckte Michael ungläubig an.
„Muss die jetzt wegfahren? Wir haben hier so viel zu tun, und dann auch noch um diese Jahreszeit.“
„Muss sie anscheinend. Und nun stell dich nicht an, kriegst bestimmt extra bezahlt.“
„Wann fliegt sie?“, fragte ich. Es waren zwar Ferien und ich hatte sowieso nichts zu tun, aber ich sah mich schon die gesamten nächsten drei Wochen auf dem Hof schuften.
„Die haben Last Minute gebucht.“
„Also?“, Sven war ungeduldig geworden.
„Morgen.“
„Willst du mich verarschen?“
„Nein wirklich.“
„Fett. Und ich hab wieder die ganze Arbeit am Arsch.“
„Jetzt gönn ihr doch den Urlaub“, sagte ich.
Geschrieben von lautlos am 24.07.2005 um 20:33:
weiter... ich kanns kaum abwarten
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 20:35:
Silke machte wirklich sehr selten frei. Es sah ihr auch nicht ähnlich, den Hof einfach so für drei Wochen alleine zu lassen, aber der Tod des Schimmels, den sie retten wollte, hatte ihr wohl mehr zu schaffen gemacht als sie zugeben wollte.
„Alter hör auf zu meckern, und hilf mir mal die Ställe auszumisten. Labern kannst du wann anders. Das sieht schon wieder nach Regen aus. Komm beeil dich.“
Michael verschwand wieder im Stall.
„Okay Mädel, fahr nach Hause und ruh dich aus. Die nächsten drei Wochen werden hart, vor allem, wenn das mit dem Wetter so weiter geht. Ich muss arbeiten, wie du gehört hast.“
Ich beschloss, wirklich erst einmal nach Hause zu fahren. Die würden schon ohne mich klar kommen.
„Ey du Idiot beweg dich“, rief Michael aus dem Stall heraus.
„Ja ja du Sklaventreiber, bin schon unterwegs.“
Sven nahm sich eine Mistforke und ging in den Stall.
Am nächstem Tag fuhr ich gegen 10 Uhr zum Hof. Es hatte die ganze Nacht über geregnet und nun standen überall Pfützen.
„Ey Jule, du kommst auch noch?“, begrüßte mich Michael.
„War Silke schon da?“, fragte ich besorgt. Ich hatte Angst, sie verpasst zu haben und ihr nicht mehr Tschüß sagen zu können.
„Ja bist genau drei Stunden zu spät, Kleine. Die sitzt schon im Flieger nach Frankreich.“
„Mist.“
Ich war sauer. Sauer auf Silke, weil sie sich gar nicht mehr bei mir gemeldet hatte. Und furchtbar sauer auf mich, weil ich erst jetzt zum Hof gefahren war.
„Svenni, deine Freundin ist hier“, rief Michael Sven zu, der grade mit einem Pferd am Strick zu Michael und mir rüber kam.
Ich mochte es gar nicht, wenn Michael mich Svens Freundin nannte. Schließlich war ich das nicht, und das wusste er genauso gut wie ich.
„Freundin, häh?“
Sven boxte Michael scherzhaft in die Rippen.
„Ich geb dir gleich Freundin. Seh zu, dass du dich nützlich machst. Die Pferde müssen alle raus.“
„Ja, denn bring sie raus. Ich unterhalte mich, wie du siehst.“
Michael und Sven kannten sich schon jahrelang und konnten sich stundenlang gegenseitig provozieren und necken. Ich hatte noch nie gehört, dass sie sich ernsthaft über eine Sache unterhalten haben.
„Sicher. Seh ich so aus oder was? Und wo ist Kai?
„Bei seiner Freundin.“
„Ey....“ Sven begann sich aufzuregen.
„Der kriegt genauso viel Kohle wie wir und ist den ganzen Tag bei seiner Flamme. Wann hat der vor wieder zu kommen? Der Typ regt mich auf.“
„Ja nicht nur dich. Guck dir den Himmel an, das fängt gleich wieder an zu pissen. Komm, lass mal beeilen.
Sven sagte nichts mehr und brachte das Pferd, das er am Strick hatte auf den Auslauf.
Michael ging zurück zum Stall und machte sich ebenfalls nützlich.
Ich schnappte mir einen Besen und fegte die Blätter vom Hof. Echt schlimm der Herbst, dachte ich mir.
Michael hatte Recht gehabt, es fing tatsächlich an zu regnen.
Ich verzog mich in den Stall. Wie ich Regen hasste...
Es regnete nun schon stundenlang und es sah so aus, als würde es von Minute zu Minute mehr regnen.
Wir hatten alle Pferde bis auf die kerngesunden wieder in den Stall geholt. Sven sagte, dass sie bei diesem Wetter nicht raus sollten, da die Gefahr einer Erkältung zu groß war.
Auf dem Hof stand schon zentimeterhoch das Wasser. Wenn das so weiterregnet, gibt es sicher Hochwasser, dachte ich.
Mir war langweilig und so beschloss ich, in Yoshis Box zu gehen. Der alte Wallach guckte mich treu an, als ich die Box betrat und ihm eine Möhre gab.
„Na alter Mann? Tut mir Leid, dass du im Stall stehen musste. Aber dieses Wetter ist ja nicht zum aushalten.“
Yoshi sah mich an, als würde er mich verstehen.
Die gesamte nächste Woche lang passierte nicht viel, außer dass es fast ununterbrochen regnete. In den Nachrichten redeten sie teilweise schon von Hochwasser, aber das hatte ja nichts zu bedeuten, die redeten ja immer viel, wenn der Tag lang war.
Es war nachts gegen ca. 3 Uhr, als ich vom Telefonklingeln geweckt wurde. Was das wohl für ein Idiot ist, der mich mitten in der Nacht stört, dachte ich. Verschlafen ging ich ans Telefon.
Es war Sven.
„Tut mir leid, ich weiß, es ist mitten in der Nacht. Aber du musst unbedingt zum Hof kommen.“
„Was? Wieso?“
„Es steht alles unter Wasser, es hört einfach nicht auf zu gießen. Das Wasser ist in den großen Stall gelaufen und die Pferde stehen teilweise knietief in der Pampe. Die Futterkammer ist auch voll gelaufen und fast das ganze Futter ist im Arsch. Bitte komm schnell vorbei, du musst mir helfen, ich erreiche die anderen einfach nicht!“
Ich sagte zu, warf mir schnell ein paar Klamotten und eine Regenjacke über, schnappte mir eine Taschenlampe und lief los zum Stall. Das Wasser lief mit oben in meine Gummistiefel rein, so hoch stand es. Fragen über Fragen spukten in meinem Kopf rum. Wohin mit den Pferden aus dem großem Stall? Was war, wenn es so weiter regnete? Warum war Silke ausgerechnet jetzt im Urlaub?
Ich war total außer Atem als ich nach 15 Minuten den Hof erreichte. Ich sah Sven, der total erschöpft auf mich zu kam.
„Endlich bist du da“, sagte er keuchend. „Bei Michael und Kai geht natürlich keiner ans Telefon. Frag mich, warum die überhaupt so ein Teil haben, wenn es sie eh nicht interessiert, wenn es klingelt. Den werde ich erstmal ein paar Takte erzählen, wenn sie sich wieder blicken lassen.... Ich habe vier der Pferde aus dem großen Stall in den kleinen Stall gebracht. Die Pferde müssen sich jetzt halt zu zweit eine Box teilen. Zwei Pferde können wir noch auf der Stallgasse unterbringen, aber ich habe echt keine Ahnung, wo die anderen beiden hin sollen.“
Mir fiel nicht ein, was ich dazu sagen sollte, also versuchte ich das Positive zu sehen.
„Gut, dass der kleine Stall etwas weiter oben liegt“, sagte ich.
Doch Sven war pessimistisch: „Nur eine Frage der Zeit, bis der auch noch voll läuft. Und was machen wir dann? Wohin mit den Pferden, verdammt?!“
Ich versuchte ihn zu beruhigen doch es gelang mir nicht.
Nach kurzer Zeit gingen wir in den großen Stall, um zwei der verbliebenen Pferde auf die Stallgasse des kleinen Stalls zu bringen.
Das Bild, das sich mir bot, war schlimmer, als ich gedacht hatte. Das Wasser stand wirklich sehr hoch und im Dach waren große Löcher, durch die das Wasser literweise einfach so durchlief.
Sven schnappte sich den großen Schecken und noch ein Pferd und war auch schon wieder aus dem Stall verschwunden.
Die beiden übrigen Pferde sahen irritiert und verängstigt aus. Sie konnten nicht verstehen, was los war.
„Jule, komm mal her“, hörte ich Sven rufen und ich wartete durch das etwa knietiefe Wasser zum kleinem Stall.
„Ich glaub, Arcoss geht es nicht gut.“
Arcoss war das älteste Pferd, das auf dem Hof stand, etwa 40 Jahre alt. Er hatte stark Arthrose und Atemprobleme und war sehr anfällig für Erkältungen und der Gleichen.
„Er hustet schon die ganze Zeit. Bitte hol eine warme Decke aus der Sattelkammer. Ich versuche, den Tierarzt zu erreichen. Husten ist bei so alten und kranken Pferden nicht lustig, wie du weißt.“
Ich ging in die Sattelkammer. Als ich die Tür aufmachte, bemerkte ich, dass das Wasser auf hier schon etwa 20 cm hoch stand. Ich rettete das Sattelzeug, das noch zu retten war, legte es in die Regale und Schränke. Dann suchte ich eine trockene Decke für Arcoss und ging zurück zu Sven.
Geschrieben von Arwen am 24.07.2005 um 20:49:
schnell weiter!!!
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 20:50:
„Wenn das noch weiter so gießt, dreh ich durch.“ Sven war dabei mit irgendwelchen Planen und Hölzern das Dach abzudecken. „Irgendwie muss man diesen verdammten Stall doch dicht kriegen.“
Ich wickelte Arcoss in die warme Decke ein. `Nur eine Frage der Zeit, bis die auch durchnässt ist`, wusste ich.
Sven konnte wohl Gedanken lesen. „Jule, tu mir mal nen Gefallen. Hol alle Thermodecken und sonstiges regendichtes und warmes Zeugs aus der Sattelkammer und rüste die Pferde damit aus. Besonders die, denen es sowieso nicht so gut geht. Und dann hilf mir mal hier!“
Ich ging zurück in die Sattelkammer und kramte vier Thermo- und drei Regendecken zusammen. `Silke hat zu Hause bestimmt noch welche, so ein Mist, dass sie nicht da ist`, dachte ich mir.
Ich deckte die Pferde von denen ich dachte, dass sie es am nötigsten haben ein, dann half ich Sven bei der Reparatur des Daches. Es war aussichtslos. Kaum hatten wir ein Loch zu, tropfte es woanders durch. Was hätte ich dafür gegeben, dass der Regen aufhörte, doch diesen Gefallen tat er mir leider nicht.
„Es ist doch alles scheiße!“ Sven schien der Mut verlassen zu haben. „So wird das nichts. Dass Kai und Michael auch ausgerechnet dann nicht zu erreichen sind, wenn man sie mal braucht.“
Sven stieg von der Leiter. Das Wasser prasselte unaufhörlich in den Stall. Es stand jetzt bestimmt schon 15 Zentimeter hoch, ich mochte gar nicht daran denken, wie hoch es in dem großem Stall war, in dem ja immer noch zwei Pferde standen.
„Verflixte Scheiße“, fluchte ich. In dem Moment sah ich, dass Arcoss zusammen klappte. Es schien, als hätten seine Beine einfach nachgegeben.
„So ein Scheiß“, rief Sven und lief zu Arcoss, um seinen auf dem Boden liegenden Kopf über Wasser zu halten. „Der kann doch jetzt hier nicht verrecken!“
Ich geriet langsam aber sicher in Panik. Ich war ja einiges gewohnt, aber das hier war dann doch zu viel. „Jule, er muss aufstehen, koste es was es wolle. Ich kann ihn nicht mehr lange halten!“
„Wie denn, mensch was soll ich denn machen?“ „Es ist mir scheiß egal, und wenn du ihn in den Arsch treten musst. Wenn er liegen bleibt säuft er ab.“
Sven redete auf Arcoss ein und versuchte ihn hochzuziehen, doch dieser konnte anscheinend seine Beine nicht richtig unter sich ordnen. Ich holte einen Führstrick und band ihn ihm um den Bauch. Nun zog ich dran, so doll ich konnte. Ich legte mein ganzes Gewicht in den Strick. Normalerweise konnte ich nicht so ruppig mit Pferden umgehen, aber dieses Mal blieb uns keine andere Wahl. Und Arcoss stand tatsächlich auf. Seine völlig durchnässte Decke hing an einer Seite runter und Arcoss schien dieses nervös zu machen, aber zum Glück stand er jetzt und einigermaßen ruhig war er auch.
„Nun aber ab in den anderen Stall, sonst saufen uns da die Pferde ab. Und dann wird hier alles verriegelt und verrammelt, bis kein Tropfen mehr rein kommt. Du Jule, du weißt wo die anderen beiden Idioten wohnen. Lauf da hin und klingel’ sie aus dem Bett. Es ist mir scheiß egal was sie dazu sagen, aber sie müssen herkommen. Du schaffst das schon. Ich bring die beiden anderen Pferde in den kleinen Stall. Irgendwie muss das passen, und wenn ich sie stapeln muss.“
Als ich mir ausmalte, wie Sven die Pferde stapeln würde, musste ich grinsen, dann wurde mir aber schnell wieder der Ernst der Lage klar. Ich nickte nur kurz und rannte dann so schnell mich meine voll Wasser gelaufenen Stiefel trugen in Richtung Stadt. Ich glaube, ich bin noch nie in meinem Leben so schnell gerannt.
In der Stadt hielt sich das Chaos noch in Grenzen. Einige Leute rannten durch die Nacht und versuchten verzweifelt ihr Hab und Gut ins Trockene zu bringen. Die Feuerwehr hatte anscheinend Großeinsatz, überall wurden Häuser und Keller leer gepumpt. `Hoffnungslos`, dachte ich mir `Genauso hoffnungslos, wie unser Versuch, den Stall trocken zu kriegen. Es läuft doch sowieso wieder alles voll.` Ich ging jetzt langsamer. Irgendwo hier war das Haus von Michael. Ja Hausnummer 18, das war es, ich war mir ziemlich sicher. Und dann begann das große Sturmklingeln. Ich klingelte bestimmt 5 Minuten ununterbrochen, bis mir endlich eine verschlafene Gestalt öffnete.
„Hä? Hmmmmm.... mhpf“, hörte ich es nur murren. Dann erkannte er mich wohl. „Meine Fresse Jule was machst du denn hier?? Es ist mitten in der Nacht!“
Ich fragte mich, ob er wirklich dachte, dass ich das noch nicht wusste.
„Michal du musst unbedingt mit zum Stall kommen, da ist der Horror los.“
„Was, jetzt? Du tickst wohl nicht mehr ganz richtig.“
Ich nahm mir vor, mich nicht abwimmeln zu lassen. Er musste einfach mitkommen, und wenn es noch 3 Stunden dauerte, bis ich es ihm verklickert hatte.
„Der ganze Hof steht unter Wasser. Die Pferde in dem großem Stall saufen fast ab, und du willst weiterpennen? Bitte Michael tu’s für mich, oder für Sven oder für die Pferde, meinetwegen tu’s für die heilige Maria aber bitte komm mit.“
„Grmpf mach doch nich’ so Theater... ich komm ja schon. Moment, ich zieh mir eben was an.“
„Super.“ Ich freute mich, ihn überredet zu haben.
„Ich hol jetzt Kai, geh bitte schon zum Hof und beeil dich!“
Nachdem ich auch Kai überredet hatte liefen wir zusammen zum Hof zurück. Ich schaute kurz in den großen Stall und konnte mit Beruhigen feststellen, dass hier keine Pferde mehr waren. Sven hatte es also tatsächlich geschafft.
Etwas beruhigt ging ich in den kleinen Stall. Die Pferde in der Stallgasse erdrückten sich fast gegenseitig, so dicht waren sie aneinander gequetscht. Michael und Sven waren schon voll dabei, das Dach zu reparieren und irgendwie schien es ihnen auch zu gelingen, jedenfalls sahen die Wassermassen, die in den Stall strömten schon nicht mehr ganz so furcht erregend aus. Vielleicht würde ja doch noch alles gut werden.
Es war jetzt mittlerweile 7 Uhr. Es wurde es schon etwas heller, jedenfalls konnte man jetzt frühzeitig erkennen, wenn man drohte irgendwo gegen zu laufen. Wir waren alle total erschöpft, aber der Stall war nun wirklich fast dicht und es regnete auch nur noch ein bisschen.
Ich ging in Yoshis Box, in der er zusammen mit Svens großem Schecken stand. Ich freute mich, dass der alte Wallach so ruhig geblieben war und auch jetzt ganz entspannt da stand. Er war wirklich ein liebes Pony. Auch der Schecke war den Umständen entsprechend gelassen. Wir hatten echt tolle Pferde hier. Ich konnte echt nicht verstehen, dass manche Menschen diesen Tieren so wenig Würde entgegen brachten.
„Juhuuuuu!“ Ein Jubelschrei riss mich aus meinen Gedanken. Es ist trocken, die Sonne ist da!“
Diese zwei Sätze nahmen mir meine ganze Anspannung. Freudestrahlend ging ich nach draußen, wo ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte, als ich Sven in dem knietiefen Wasser über den Hof tanzen sah. Er rannte auf mich zu, nahm mich hoch und wirbelte mich herum. „Ich glaube dieser ganze Scheiß ist vorbei.“ Mir fiel ein Stein vom Herzen. Auch ich vermutete nicht, dass es noch mal anfing, zu regnen. Das Wasser würde sicher bald abfließen, und dann war wieder alles normal.
Geschrieben von Arwen am 24.07.2005 um 21:00:
Schnell weiter!
Das war echt super spannend beschrieben!!!!
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 21:05:
(ich kann leider immer erst weiter schreiben wenn einer einen kommentar abgegeben hat weil da sonst steht man darf nich mehrere postings so schnell hineinander verfassen...

)
Zwei Tage waren seit dem Unwetter vergangen. Ich war in diesen zwei Tagen kaum auf dem Hof gewesen, da ich viel Stress mit meinen Eltern hatte, weil ich in der einen Nacht so einfach zum Hof gegangen war, ohne ihnen Bescheid zu sagen. Nun freute ich mich natürlich um so mehr, den ganzen „Trupp“ und natürlich die Pferde, nicht zuletzt Yoshi, wieder zu sehen.
Als ich auf dem Hof ankam wurde ich natürlich gleich stürmisch von den beiden Hofhunden empfangen. „Na ihr beiden“, begrüßte ich sie fröhlich.
Von dem Hochwasser war kaum noch was zu sehen, nur der matschige Boden deutete darauf hin. Ich hoffte, so was nicht noch einmal erleben zu müssen. Dann wurde ich auch schon von Sven und Michael begrüßt. „Na Kleine, da bist du ja endlich wieder“, sagte Sven fröhlich und umarmte mich. „Ich dachte, du kommst gar nicht mehr.“
Ich erzählte ihm von dem Stress mit meinen Eltern und er schaffte es wieder mal, mich aufzuheitern. „Vergiss deine Alten, die haben doch keine Ahnung. Ich hab megageile Neuigkeiten für dich.“
Nun war ich aber gespannt. „Der Tierarzt war gestern mal wieder hier und hat alle Pferde durchgecheckt.“ „Ja und?“ Ich platze fast vor Neugier. „Zu Yoshi hat er gesagt, dass er in einem erstaunlich gutem Zustand ist. Normalerweise wäre er schon verkaufsbereit.“ Ich bekam etwas Angst. Wollte Sven mir jetzt etwa erzählen, dass Yoshi jetzt schon verkauft werden sollte? „Ja, und?“
„Ich habe dann vorhin mit Silke telefoniert. Sie freut sich natürlich, aber sie sagt, dass sie ihn noch nicht verkaufen will. Ich soll dich fragen, ob du nicht Lust hast, ihn zu reiten.“
„Was? Ich soll Yoshi reiten? Kann er denn überhaupt... ich meine...“
Sven konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja, der Tierarzt meint, dass er fit genug ist. Er hat auch den Rücken durchgecheckt und er hat echt überhaupt keine Probleme. Natürlich musst du es langsam angehen lassen.“ Ich freute mich total. Erstens, weil es „meinem“ kleinem Pony so gut ging und zweitens natürlich, weil ich ihn jetzt reiten durfte. Die nächste Zeit würde sicherlich supertoll werden.
Ich ging mit Sven und Michael zu den Ställen. „Ist nicht viel zu tun heute“, erklärte Michael. „Wenn du Lust hast, kannst du die Büroarbeit übernehmen. Da liegt soviel Kram rum seit Silke weg ist und du weißt ja, wie viel Ahnung wir davon haben.“ „Äh ich weiß nicht ob ich das schaffe“, versuchte ich zu protestieren. Eigentlich hatte ich ja wirklich überhaupt keine Lust auf Papierkram und Telefonate, obwohl ich mich insgeheim sehr darüber freute, dass mir soviel Verantwortung zugeteilt wurde. „Schaffst du schon. Und wenn du was nicht verstehst, lässt du es halt liegen. Bitte!“ Michael sah mich mit seinen großen Augen an. „Jaja, schon verstanden. Aber kann Kai...“ „Kai hat genauso wenig Ahnung wie der Dicke und ich. Der weiß nicht mal, wie Papierkram geschrieben wird.“ Ich sah ein, dass es keinen Sinn machte, was dagegen zu sagen und ging ins Büro. Es sah nicht so schlimm aus, wie erwartet. Ein paar Briefe, Rechnungen und Zettel lagen rum und der Anrufbeantworter war bestimmt auch schon kurz vorm explodieren, aber dafür, dass ich das totale Chaos erwartet hatte, ging es.
Als ich grade angefangen hatte, aufzuräumen, klingelte das Telefon.
„Pferdegnadenhof Silke Bartel, Julia Lehrke am Apparat“, meldete ich mich. „Guten Tach“, erklang eine dunkle Männerstimme. „Ich habe hier zwei Pferde, kann ich die Ihnen vorbei bringen?“ Dieser Mann redete wirklich ohne jede Umschweife. „Um was für Pferde handelt es sich denn?“ „Zwei Klepper, ein Brauner und ein goldfarbener. Sind nichts mehr wert, der eine läuft nicht richtig und der andere spinnt total. Meine Frau möchte nicht, dass sie zum Abdecker kommen.“ Ich staunte. Es gab also doch noch Männer, die auf ihre Frauen hörten. „Klar, bringen Sie sie vorbei.“ „Okay ich bin gleich da, tschüß.“ Und dann ertöne nur noch ein langes „Biiiiiiiiiiiiiieb“. Ich fragte mich oder Mann Angst vor einer zu hohen Telefonrechnung hatte oder immer so kurz angebunden war. Nicht einmal seinen Namen hatte er verraten.
Ich ging raus und teilte Kai die Nachricht mit. Er sagte ich habe das gut gemacht und versprach, zwei Boxen herzurichten. Ich war gespannt auf die neuen Pferde, was das wohl für welche sein mochten?
Kurze Zeit später fuhr ein Pferdetransporter auf den Hof. Ich rannte sofort nach draußen. Das mussten die neuen Pferde sein. Auch Sven und Michael kamen.
Der Besitzer, ein etwa 50 jähriger, schmierig aussehender Mann mit Glatze und Bierbauch stieg mühevoll aus dem Auto.
Wir hätten uns auf den Boden schmeißen können vor Lachen doch dann riss sich Sven zusammen und begrüßte den Typen so freundlich es ging.
„Ja ja ich habe keine Zeit für dieses Getue. Machen Sie die Klepper raus“, entgegnete er nur mit unfreundlicher Stimme.
Michael ließ sich das nicht zweimal sagen und ließ die Ladeluke des Hängers runter. Das eine Pferd war wohl nicht angebunden. Es erschrak, stieg und rannte dann rückwärts von der Rampe. Michael konnte das völlig verstörte Pferd grade noch am Halfter packen, bevor es wegrannte.
„Das Pferd ist irre, sehen Sie ja. Ich wünsche Ihnen viel Spaß damit“, giftete der dicke Mann. Michael drückte mir das Pferd, eine braune Stute in die Hand, ging dann auf den Hänger und holte das andere Pferd, einen Palominowallach. Nachdem er mir auch dieses Pferd in die Hand gedrückt hatte, schloss er die Ladeluke wieder. Ohne sich zu verabschieden oder ein Wort des Dankes zu hinterlassen quälte der Mann sich wieder in sein Fahrzeug und raste vom Hof.
Sven sah ihm kopfschüttelnd hinterher. „Wenn hier einer irre ist, dann der“, war sein Kommentar, dann nahm er mir den Palomino ab und betrachtete ihn genauer. „Der scheint lahm zu sein, ich denke wir rufen gleich mal den Tierarzt, der rennt ja nur noch auf drei Beinen. Ansonsten sieht er ja noch ganz gut aus.“ Ich musste Sven wirklich zustimmen. Das Pferd war hochbeinig gewachsen und hatte eine wunderschöne, goldschimmernde Fellfarbe und schneeweiße Mähne. Er hatte wache Augen und wäre bestimmt rumgetänzelt, wenn er noch dazu in der Lage gewesen wäre.
„Der Irre hat mir nen paar Papiere in die Hand gedrückt“, sagte Sven und sah auf die Bögen Papier in seiner Hand. „Abstammungsnachweise und so’n Zeug, hat er gesagt.“ Sven knickte die Papiere auseinander. „Ich hätte es nicht gedacht, aber die Pferde scheinen tatsächlich Papiere zu haben.“ Er sah sich kurz die Papiere an, dann sagte er: „Der Wallach heißt ‚Flying on golden Wings’, ah ja.“ Sven schien sich erst über den Namen lustig machen zu wollen, dann redete er jedoch weiter. „Er ist ein reinrassiger Palomino und soweit ich das beurteilen kann, ist seine Abstammung gar nicht so schlecht. Die Stute heißt ‚Ghana Morena’ und ist ein Hispano Araber. Òlala, ich frag mich, wie dieser schmierige Irre an so edle Pferde kommt.“
Ich begutachtete die Stute genauer. Sie war ziemlich aufgeregt und tänzelte um mich herum. Ihr Araberblut ließ sich nicht verleugnen, sie war sehr zierlich gebaut und hatte einen wunderschönen Kopf. Groß war sie nicht, vielleicht 1,50m. Sie war dunkelbraun und auf der Stirn hatte sie einen kleinen, glänzend weißen Stern. Ich fand sie sehr hübsch und wusste sofort, dass sie nicht auf einen Gnadenhof gehörte. Lange würde sie sicher nicht hier bleiben.
„Ich ruf mal den Tierarzt an“, sagte Michael. „Der wird sich sicherlich freuen, war ja lange nicht mehr hier.“ „Ja, schon fast vier Stunden nicht mehr“, entgegnete Kai. „Eigentlich kann der doch gleich hier einziehen.“
Geschrieben von Arwen am 24.07.2005 um 21:09:
Gleich kommentar!
Die geschichte ist super, kann kaum glauebn dass du das erlebt hast!
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 21:11:
Michael verschwand im Büro. „Denkst du, die Stute lässt sich reiten?“, fragte ich Sven hoffnungsvoll. „Sicher, krank scheint sie nicht zu sein. Ein bisschen temperamentvoll vielleicht. Bin gespannt, was Silke wohl zu der sagen wird. So edles spanisches Blut hatten wir hier noch nie. Frag mich wie der Irre darauf kommt, das Tier an einem Gnadenhof abzuliefern.“ Ja, das fragte ich mich auch.
Etwa eine halbe Stunde später kam der Tierarzt. Wir hatten Ghana Morena und Fly, wie wir den Palomino kurz nannten, am Anbindeplatz angebunden. Ghana Morena hatte sich etwas beruhigt. Ich hoffte, dass sie eine Untersuchung durch den Tierarzt zuließ.
„Na ihr beiden, wieder mal neue Pferde?“, begrüßte der Tierarzt uns. „Ja und was für welche“, entgegnete Sven stolz.
„Meine Fresse, was haben die denn auf einem Gnadenhof verloren“, wunderte sich der Tierarzt, als er sich die beiden näher angesehen hatte. Er untersuchte zuerst den Palomino. Ich war ziemlich aufgeregt. Ob das mit seinem Bein wohl was Schlimmes war?
„Joa Leute, wisst ihr was?“, fragte der Tierarzt ernst.
„Sehnenriss? Knochenbruch?“ Sven war besorgt. „Fast richtig Junge. Stein im Huf!“ „Was bitte??“ Ich konnte es nicht glauben. „Das Tier ist kerngesund.“ Sven prustete los. „Einen Stein im Huf? Woll’n Sie mich verar.... äh auf den Arm nehmen? Das kann ja wohl nicht angehen!“ „Stell dir vor, er wäre deswegen beim Schlachter gelandet“, sagte der Tierarzt während er den Stein aus dem Huf pulte. Ich wollte es mir lieber nicht vorstellen.
Als der Tierarzt mit Flys Untersuchung fertig war, und auch bei Ghana Morena keine Krankheit feststellen konnte, fuhr er wieder davon. Mir fiel ein Stein vom Herzen, dass die Pferde gesund waren.
„Da haben wir ja mächtig Schwein gehabt. Ich glaube, ich stelle die beiden erstmal raus auf die Koppel. Die Stute scheint noch ziemlich nervös zu sein und da kann sie sich erstmal abregen.“
Wir brachten also die beiden Pferde auf eine der riesigen Weiden. Ghana Morena schien sich sehr zu freuen und als ich ihr das Halfter vom Kopf nahm, ließ sie sich nicht mehr aufhalten und rannte im gestrecktem Galopp über die Koppel. Fly schien sich noch etwas unschlüssig zu sein und guckte Sven etwas verdutzt an, dann trabte er aber mit hoch aufgestelltem Schweif der Stute hinterher.
„Lassen wir sie laufen“, meinte Sven und wir verließen die Koppel und gingen zurück zum Hof. Als ich mich noch einmal umsah war Fly schon am Grasen, Ghana Morena lief aber immer noch mit hoch erhobenem Kopf ihre Runden. „Verrücktes Volk“, sagte ich nur und Sven stimmte mir zu.
Ich hatte nicht mehr viel zu tun auf dem Hof. Ich putzte noch Yoshi und zwei andere Pferde, dann brachte ich sie auf den Auslauf und wollte mich grade aus dem Staub machen, als Sven auf mich zu kam. „Jule wart mal.“ Erwartungsvoll drehte ich mich um und blieb stehen. „Die beiden Blöden und ich gehen heut Abend auf die Party von Kais Bruder. Hast du nicht Lust mitzukommen?“ Natürlich hatte ich Lust, und wie. Kais Bruder war für seine Spitzenpartys fast schon berühmt. „Klar, was für eine Frage!“ „Super, ich hol dich dann heut Abend ab, sagen wir so gegen neun?“ „Ja, neun ist gut. Ich freu mich. Bis heute Abend.“
Ich freute mich wirklich auf den Abend. Freute mich, mal was anderes zu sehen, freute mich, was mit Sven zu unternehmen und freute mich, meinen Eltern mal was anderes erzählen zu können, als „Ich gehe jetzt zum Hof“. Sie hielten mich wirklich schon für verrückt und waren der Meinung, es wäre nicht normal für ein 16 jähriges Mädchen, sich jeden Tag `mit so alten kranken Tieren` rumzuschlagen.
Ich machte mich fertig und Punkt neun Uhr stand dann auch Sven mit seinem Auto vor meiner Haustür. „Na Kleine.“ Er begutachtete mich. „Boah, ich wusste gar nicht, dass du noch was anderes zum anziehen hast als Reithosen und alte Jeans. Sieht aber gut aus, wirklich.“ Sven sah auch gut aus. Ganz anders als in zerrissenen Arbeitsklamotten und Stallschuhen.
Etwa eine viertel Stunde später kamen wir bei dem Haus von Kais Bruder an. Wir hatten Schwierigkeiten zwischen den ganzen parkenden Autos und Motorrädern noch einen Parkplatz zu ergattern. Es war wirklich voll hier. Die Musik tönte bis nach draußen und das ganze Haus war bunt beleuchtet. Ich war mir sicher, dass die Party megageil werden würde.
Wir gingen ins Haus und wurden gleich von der guten Stimmung erfasst. Die Partys von Kais Bruder waren wirklich immer klasse. Keine sinnlosen Massenbesäufnisse, sondern wirklich super.
Ich sah mich um. Sah, dass Kai grade wild mit seiner Freundin tanzte, dass Michael grade vergeblich versuchte eine hübsche Frau anzubaggern und dass auch viele Freundinnen und Bekannte von mir hier waren. Sven und ich gingen zu Michael und rieten ihm, die Frau in Ruhe zu lassen. Enttäuscht gucke er uns an. „Wieso krieg ich nie eine ab?“ „Du hast keinen Stil Alter“, sagte Sven ironisch, aber als er sah, dass er Michael damit verletzt hatte fügte er schnell hinzu, dass er heute Abend sicher noch eine finden würde.
Die Zeit verging wie im Fluge. Nachdem ich etwa 2 Stunden getanzt hatte und weitere zwei Stunden mit meinen Freundinnen geredet hatte, ließ ich mich erschöpft auf ein Sofa fallen. Ich hatte wohl auch etwas über den Durst getrunken, denn mir war schon leicht schummerig im Kopf. `Nur noch schlafen`, dachte ich, aber daraus würde wohl nichts werden. Alleine konnte ich nicht nach Hause kommen und Sven dachte wahrscheinlich nicht mal im Traum daran, jetzt schon zu gehen. Amüsiert beobachtete ich die Leute auf der Tanzfläche. Manche konnten nun wirklich nicht tanzen und blamierten sich total.
Kurze Zeit später setzte sich Sven zu mir aufs Sofa. „Na, schon keinen Bock mehr?“ „Bin ziemlich fertig“, entgegnete ich. „Ach, jetzt schon? Ist doch nicht mal zwei Uhr!“ Ich sah ihn entgeistert an und hoffte, dass er nur Spaß machte, aber er schien wirklich noch voller Energie zu sein. „Ich will dich mal zwei Stunden lang tanzen sehen“, forderte ich, aber er winkte ab. „Willst du nicht wirklich.“ Ich lehnte mich an Svens Schulter, da ich kaum noch in der Lage war, vernünftig zu sitzen. „Wirst ja wohl nicht schlapp machen?“, fragte er skeptisch. Ich konnte nur noch ein gegrummeltes „Hrmpf“ rauskriegen. „Na denn woll’n wir wohl mal nach Hause fahren“, sagte er plötzlich ziemlich laut und viele Leute sahen zu uns. Sven stand auf und ehe ich mich versah warf er mich über seine Schulter. „Klein Jule ist müde“, meinte er entschuldigend zu den verwunderten Partygästen. „Ich muss sie jetzt nach Hause bringen.“ Mir war das ziemlich peinlich und ich zappelte und hämmerte mit meinen Händen gegen seinen Rücken aber Sven schien das nicht zu interessieren. Erst in seinem Auto ließ er mich wieder runter. „Idiot“, murmelte ich. Er erzählte mir noch was, an das ich mich nicht mehr erinnern kann und dann fuhren wir los.
„Muss ich dich noch reintragen oder schaffste es alleine?“, fragte er fies, als wir bei mir zu Hause ankamen. Ich ging nicht auf seine Frage ein. „Danke Sven“, sagte ich. „Es war ein toller Abend. Tut mir Leid, wenn ich ihn dir versaut habe.“ „Quatsch, mir hat’s auch gefallen“, meinte er und sah mir in die Augen. Dann passierte es, es war das erste Mal, dass wir uns küssten.
Am nächstem Morgen wachte ich mit Kopfschmerzen auf. Ich fluchte über den Alkohol und als ich in den Spiegel sah verging mir echt das letzte Grinsen. So was vogelscheuchenartiges war mir selten untergekommen. Ich stelle mich sofort unter die eiskalte Dusche und richtete mich wenigstens etwas ansehnlicher her, dann ging ich sofort zum Hof. In meinem Leben gab es schon fast nichts anderes mehr. Ich fand es gut so und träumte davon, dass es ewig so weitergehen würde. Alles in meinem Leben drehte sich um die alten Pferde – ja und seit jenem Tag auch um Sven. Auf dem Weg zum Hof dachte ich über ihn nach. Den Kuss in der letzten Nacht bereute ich zwar nicht wirklich aber ich hatte trotzdem Bammel, Sven jetzt über den Weg zu laufen. Was er jetzt wohl von mir dachte und zu mir sagen würde? Ich dachte darüber nach, ihm erstmal aus dem Weg zu gehen aber dann wusste ich doch, dass es total albern war. Es war nur ein kleiner Kuss und ich war ganz schön betrunken, warum machte ich so einen Aufstand? Manchmal konnte ich mich selbst nicht verstehen.
Ein Wiehern riss mich aus meinen Gedanken. Ich ging grade an der Koppel des Gnadenhofes vorbei, auf der Yoshi stand und der kleine Kerl war an den Zaun gekommen und lief nun neben mir her. Ich ging zum Zaun und streichelte ihn. Er war wirklich total süß. Ich freute mich, dass es ihm so gut ging.
Yoshi durchsuchte mich nach einem Leckerlie und als ich ihm sagte, dass ich keins mehr habe, sah er so aus, als wäre er richtig beleidigt.
Ich ging weiter zum Hof und kaum dort angekommen lief mir Sven auch gleich über den Weg. „Hi Jule!“, begrüßte er mich. „Hallo Sven. Na, ausgeschlafen?“ „Mädel schau mal auf die Uhr, es ist kurz nach eins. Ausgeschlafen habe ich schon seit heute morgen sieben Uhr.“ Ohje. Mir fiel ein, dass ich wirklich keine Ahnung davon gehabt hatte, wie spät es war. Ich war grade dabei, ziemlich rot angelaufen, als Sven mich in den Arm nahm. „Macht doch nichts.“ Er grinste. „Ist mir auch schon oft genug passiert.“ Ich sah ihm in Die Augen. Sollte ich den Kuss ansprechen? Nein lieber nicht, wenn er nichts davon sagte, war’s okay.
„Ich will gleich mal die neue Stute Probe reiten, willst du mitkommen?“, wechselte er das Thema. „Ghana Morena?“ „Jepp, oder haben wir noch ne neue Stute?“ „Ne ich dachte nur...“ „Wenn du anfängst zu denken, ist sowieso schon alles verloren. Komm mit. Das Tier geht bestimmt klasse.“
Geschrieben von Arwen am 24.07.2005 um 21:21:
WEITER!
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 21:24:
„Alles klar“, erwiderte ich und ging Sven hinterher zu Stall.
Nachdem wir die braune Stute geputzt und gesattelt haben, führte ich sie zum Reitplatz. Das Wetter war heute wirklich super, die Sonne schien, kein Wölkchen am Himmel und eine leichte Brise wehte. Die Luft roch wunderbar frisch und auf dem Boden lagen trockene bunte Blätter, die etwas durcheinander gewirbelt wurden, als wir hindurchliefen. Es gab doch schöne Herbsttage. Einige Vögel, die in den Apfelbäumen saßen und die letzten Äpfel aufpickten, machten das Bild perfekt.
„Willst du Ghana Morena vorher erstmal longieren?“, fragte ich Sven. „Das habe ich heute morgen schon gemacht. Sie hat ganz tolle Gänge. Besonders ihr Galopp ist einzigartig. Du wirst begeistert sein, die ist bestimmt toll zu reiten.“ Ich hoffte, dass sie wirklich so toll und nicht zu temperamentvoll sein würde. Wir gingen auf den Platz und Sven schloss das Tor hinter uns. „Möchtest du sie reiten?“, fragte er. „Ne mach du mal. Ich guck lieber zu.“ Sven wollte mir widersprechen, dann entschied er sich aber doch gegen eine lange Diskussion und schwang sich in den Sattel. Ehe ich mich versah, saß er schon oben. Ghana Morena wusste wohl auch nicht so Recht, wie ihr geschah, denn sie kam gar nicht dazu, rumzuzappeln und machte einen verwirrten Gesichtsausdruck. Sven nahm die Zügel auf und trieb sie leicht an. Sofort fiel die schöne Stute in einen zügigen, aber nicht eilenden Schritt. „Siehste“, gab Sven an. Ich lächelte, setzte mich auf einen Aufsteighocker, der in der Mitte der Bahn stand und sah Sven zu. Ghana Morena war wirklich eine wunderschöne Stute. Sie gehörte auf keinen Fall auf einen Gnadenhof. Ich dachte noch mal an ihren irren Vorbesitzer zurück. Wie dieser Mann zu so einem chicem Pferd kam, war mir schleierhaft.
Nach einigen Runden ließ Sven Ghana Morena antraben. Es gelang ihm, sie an den Zügel zu stellenn. Die zwei gaben ein schönes Bild ab. Sven passte ausgezeichnet zu der Stute und sie schien ihn auch sehr zu mögen. Ich stelle mir vor, wie es aussähe, wenn Sven jetzt ein richtiges Reitjackett und gewienerte Lederstiefel anhätte und Ghana Morena statt ihrer ziemlich langen, wuscheligen Mähne schöne Turnierzöpfchen hätte. In meiner Phantasie entstand das Bild von absoluter Harmonie und Perfektion.
Nach etwa zehn Minuten galoppierten die beiden an. Ghana Morena hatte wirklich einen wunderbaren, raumgreifenden Galopp. Sie ging fast perfekt durchs Genick und schien sehr gelöst zu sein.
Als Sven nach etwa einer halben Stunde anhielt und abstieg, konnte er sich kaum noch halten vor Freunde. „Geil. Megageil! Willst du mal?“ Ich wollte schon, aber etwas anderes wollte ich viel mehr. Mit einem Hundeblick sah ich Sven an. „Vielleicht ist es ja noch...“ Er fiel mir ins Wort. „Nu sag schon, was ist los?“ „Glaubst du, ich könnte heute schon Yoshi reiten?“
„Ach daher weht der Wind. Aber klar, warum nicht? Jetzt gleich?“ „Meinetwegen. Aber ich will, dass du dabei bist. Wann bist du denn fertig mit Ghana Morena?“ „Ich reite das Stütli noch kurz trocken, dann wird sie übergeputzt und eingedeckt. Dauert nicht lange, mach doch Yoshi schon mal fertig.“ „Danke Sven“, sagte ich und flitzte in Richtung Koppel. Ich freute mich total, dass ich Yoshi reiten durfte. Er wuchs mir jeden Tag mehr ans Herz. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was geschehen würde, wenn er verkauft werden sollte.
Yoshi begrüßte mich mit einem Wiehern und kam ans Tor getrabt. Er war echt eine treue Seele. Kein Tier hatte es verdient, misshandelt zu werden, aber bei so Ponys wie Yoshi bekam ich besonders großen Hass auf die Besitzer.
Ich halfterte den kleinen Kerl auf und ging mit ihm zum Putzplatz. Freudig trottete er hinter mir her und stupste mich zwischendurch immer mal wieder mit seinen weichen Nüstern sanft an.
Ich band ihn am Putzplatz an und begutachtete ihn aus ein paar Metern Entfernung. Er hatte schon etwas zugenommen und sein dunkles Fell glänzte in der Herbstsonne. Yoshi hatte einen wachen Blick und verscheuchte einige Fliegen mit seinem Schweif. Sein Fell wurde schon dichter und ich stellte mir vor, wie er wohl in dickem Winter-Teddybär-Pelz aussehen würde. Ich ging wieder zu Yoshi. „Du bist so süß“, flüsterte ich ihm in sein kleines weiches Ohr. „Super süß.“
Nun holte ich den Putzkasten und putzte Yoshi von oben bis unten gründlich sauber. Ich bat Michael, der an mir vorbei ging, eine Trense für Yoshi zusammen zu basteln. Wir hatten ja kein richtiges Sattelzeug für ihn und Michael war immer mit voller Begeisterung dabei, wenn es darum ging aus alten einzelnen Trensenstücken eine schöne neue und vor allen Dingen eine 100% passende Trense zusammen zu bauen. Ich beschloss, heute erstmal ohne Sattel zu reiten. Yoshis Rücken sah recht bequem aus und ich wollte lieber ohne Sattel reiten als ihn einen schlecht sitzenden, drückenden Sattel auf den Rücken zu schnallen.
Als ich Yoshi auf den Reitplatz führte war Sven schon da und wartete.
„Na dann wollen wir mal. Er sieht sehr gut aus. Warte, ich helf dir hoch.“ Ich stelle mich neben Yoshi, nahm die Zügel an und Sven setzte mich auf den Rücken des Ponys. Yoshi blieb total ruhig und entspannt und ich fühlte mich von Anfang an wohl auf ihm. „Komm treib ihn mal an“, meinte Sven. Yoshi hörte wunderbar auf meine Hilfen. Brav ging er schritt für Schritt eifrig vorwärts. Ich streichelte sein weiches Fell. „Feiner Junge“, flüsterte ich.
Etwa eine halbe Stunde gingen wir nur Schritt. Ich genoss Yoshis Bewegungen. Viel mehr wollte ich ja auch gar nicht. Keine rasanten Rennen reiten oder eine Dressurprüfung gewinnen, einfach nur genießen. Sven schien das nicht zu verstehen und rief mir ein paar Mal zu, dass ich antraben sollte. Aber was wusste der denn schon.
Ich fand, dass eine halbe Stunde Arbeit fürs Erste mal genug war, ritt in die Mitte und hielt Yoshi an. Sven kam auf uns zu. „Wie war’s?“, fragte er. „Spitze. Mindestens genauso gut wie dein Ritt auf Ghana Morena.“ „Freut mich, dass es dir gefallen hat. Sag mal, ich hab gleich noch einen Termin mit dem Futterlieferanten, das könnte etwas dauern, danach muss ich auch noch in die Stadt. Kommst du hier alleine klar? Ich komme heute Abend noch mal wieder.“ „Klar. Wo sind denn Michael und Kai?“ Sven lachte. „Kai ist heut gar nicht erst gekommen. Hat wohl genug zu tun mit der Säuberung seines Hauses. Und Michael hat sich auf die faule Haut gelegt auf dem Heuboden.“ „Was, der pennt auf dem Heuboden?“ Nun musste ich auch grinsen. „Hast es erfasst. War wohl zu viel für ihn gestern Abend. Kannst ihn ja nachher mal wecken.“ Sven ersparte sich weitere Kommentare und verabschiedete sich. Ich sah auf die Uhr. Es war schon kurz vor 18 Uhr und es wurde auch langsam dunkel. Ich beschloss, mich etwas zu beeilen. Es war noch viel zu tun. Yoshi wurde ausgiebig von mir gelobt, dann stellte ihn in seine frisch eingestreute Box. Anschließend holte ich alle Pferd rein, die noch draußen standen und deckte die kränkelnden Pferde warm ein. Um diese Jahreszeit wurden die Nächte oft schon ziemlich kalt.
Als ich aus dem Stall kam wurde mit ein Bild geboten, so wunderschön, dass es mich fast um den Verstand brachte. Die untergehende Sonne tauchte den ganzen Hof und ein dunkles Orange-Rot. Nie wieder in meinem Leben sah ich einen so schönen Sonnenuntergang. Hinter den riesigen abgemähten Stoppelfeldern sah man einen roten Feuerball verschwinden. Im Vordergrund standen einige fast schwarz aussehende Bäume, an denen nur noch ein paar Blätter hingen. Schwarze Krähen saßen in den Baumkronen und krächzten, in den Apfelbäumen saßen immer noch die kleineren Vögel und stritten sich um die verbliebenen Apfelstücke. Es war immer noch keine Wolke am Himmel und es war noch angenehm warm. Die Luft roch wunderbar nach Herbst, Laub und abgemähten Gras. Bis auf die Geräusche der Vögel war es vollkommen still. Ab und zu durchdrang das Bellen eines Hundes die Stille.
Ein Glücksgefühl durchdrang meinen ganzen Körper. Ich fühlte mich so wohl wie lange nicht mehr und fühlte mich total privilegiert, dieses wunderschöne Erlebnis ganz allein genießen zu dürfen
Geschrieben von Sandy am 24.07.2005 um 21:27:
AHHA!
Weiter
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 21:30:
Bis die Sonne komplett untergegangen war, blieb ich wie angewurzelt auf einem Fleck stehen. Erst dann kam ich langsam wieder zur Besinnung und ging zurück in den Stall. Immer noch fasziniert fütterte ich die Pferde. Ich mischte für jedes Pferd sein individuelles Futter zusammen. Es machte mir Spaß, jedem Pferd so viel Aufmerksamkeit zuzuwenden. Sie hatten es ja wirklich verdient. Ich liebte jedes einzelne von den Gnadenhofpferden. Jedes war auf seine Art wunderbar und die Dankbarkeit, die sie einem entgegen brachten war einmalig. Wenn man bedachte, wie viel die Menschen den Pferden angetan hatten, war es beeindruckend wie diese doch immer noch treuselig und lieb waren.
Nach der Fütterung ging ich noch lange durch die Ställe und betrachtete die Pferde. Da war Fly, der rätselhafte goldene Palominowallach, der in der ehemaligen Box von Svens großen Schecken stand. Da war Arcoss, der alte kranke Wallach, dem es bei dem Unwetter so schlecht ging, der nun aber schon wieder recht fit aus sah. Da war Flac, ein kleines geschecktes Shetlandpony, dem immer neue Streiche einfielen und dessen Ausbrechkünste keiner toppen konnte. Da waren Wiebke und Blue, zwei Schimmelstuten die unzertrennlich waren und Orlando, ein riesengroßer Kaltblutwallach, der früher einmal Brauereiwagen gezogen hatte. Da waren Xanata und Baila, zwei alte hübsche Stuten mit hübschen Augen, die am liebsten den ganzen Tag kuscheln wollten, da war Ghana Morena, die neue edle Stute, die mindestens M Dressur ging und kerngesund war. Da waren Laica, eine kleine Shettymixstute und Frozen, ein hochgewachsener Hannoveranerwallach. Und natürlich Yoshi, der kleine Wallach, der mich mit seinen treuen Augen ansah. Wie sie alle verschieden waren und doch so gleich. Wie man sie alle als „Gnadenhofpferde“ bezeichnen konnte und doch individuell behandeln musste und nie unter einen Hut stecken konnte. Mich faszinierten all diese Tiere. Im Nachhinein kann ich sagen, dass sie mir mehr beigebracht haben als jeder Lehrer mir je lehren konnte und mir mehr Vertrauen entgegen brachten als jeder Freund es je hätte tun können. Ich wünschte mir, dieses Leben bei den Pferden hier nie beenden zu müssen.
Später, ich weiß nicht mehr wie viel später, ob es nun fünf Minuten waren oder 3 Stunden, kam ein völlig verschlafener Michael mit Heu und Stroh in den Haaren vom Heuboden geklettert. Ich machte mich über ihn lustig aber er grummelte mir nur ein paar unverständliche Worte entgegen. Er schlenderte durch die Stallgasse und fiel dann über Arco, den Hofhund, der sich dort breit gemacht hatte. Arco sprang auf und guckte Michael verdutzt an, dann legte er sich auf die andere Seite des Stallganges. Michael rappelte sich auf und verfluchte Arco, den das aber nicht zu interessieren schien. Es war ein lustiges Bild. Ja hier konnte man wirklich viel erleben
Grummelnd verschwand Michael aus dem Stall. Er trat noch gegen einen Eimer, der ihm anscheinend im Weg stand, der zu seiner Enttäuschung aber nicht scheppernd umfiel sondern sich nur einmal drehte und wieder ruhig stehen blieb. Lachend ließ ich mich auf einen Strohballen fallen. Kurz danach kam Sven wieder zurück. „Alles in Ordnung hier?“ „Klar, wenn ich das Kommando hab, ist immer alles in Ordnung“, scherzte ich. „Na das hab ich mir schon gedacht. Ist der Dumme noch da?“ „Der ist grade weggelaufen.“ Ich erzählte Sven die Story von Michael und Arco. Sven konnte sich kaum halten vor Lachen. „Muss ja ein Bild für die Götter gewesen sein. Zu schade, dass ich nicht da war.“ „Ja du hast echt was verpasst.“ Sven setzte sich zu mir auf den Strohballen und wir unterhielten und eine ganze Weile. Irgendwie war es schon cool so im Stroh im Dämmerlicht der Stalllampen zwischen den Pferden und weit und breit kein anderer Mensch in Sicht.
Sven sah die Stallgasse entlang bis zum Tor, durch das man die Dunkelheit draußen sehen konnte. Er kaute auf einem Strohhalm herum und schwieg. Plötzlich musste ich wieder an den Kuss denken. Ob er ihm wohl was bedeutet hatte? Ob er auch darüber nachdachte? Irgendwie verlor ich plötzlich meine Nervosität und sprach ihn darauf an. „Du Sven, der Kuss gestern Nacht... das lässt mir keine Ruhe. Ich denke die ganze Zeit darüber nach, was das sollte.“
Er sah mich an. „Ja, was sollte das? Es tut mir Leid, das hätte nicht sein müssen. Ist halt so passiert. Ist das schlimm für dich?“ „Ich weiß es nicht. Es ist schwierig für mich. Weißt du, ich hatte noch nicht so viel mit Kerlen. Und dann gleich du...“
„Was soll das denn heißen? So schlimm?“ „Nein quatsch. Es ist....irritierend für mich.“ Sven schwieg eine ziemlich lange Zeit und ich hatte schon Angst, ihn verletzt zu haben, als er plötzlich fragte: „Hat der Kuss dir was bedeutet?“ Was sollte ich sagen? Ich wusste es selbst nicht. „Wenn du.... wenn du nicht willst, dass so was noch mal passiert, wenn ich mich von dir fern halten soll, dann...“ „Nein. Ich weiß selbst nicht, was ich denken soll. Du bist 8 Jahre älter als ich und...“ „5.“ „Was?“ „5.“ „Wie meinst du...?“ „Ich bin fünf Jahre älter als du. Nicht acht.“ „Aber ich denk du bist...“ „24? Quark. 21 bin ich.“ Nun war ich aber mehr als irritiert. „Und warum erzählst du mir, dass du 24 bist?“ „Das machen manchmal die Kerle. Wenn sie toll sein wollen. Sie machen sich älter. Sie denken, dann sind sie cooler.“ Ich war erstmal sprachlos. „Ohje wenn ich jetzt mal nachdenke glaube ich fast, mein geistiges Alter liegt bei 11 einhalb. Bitte vergiss es einfach. Jule... es ist scheiß egal, wie alt ich bin. Du bist ein tolles Mädchen. Das wusste ich, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Ich meine.. als Kumpel halt... bist du toll. Es wäre okay, wenn es so bleiben würde, wie früher.“
„Und wenn es anders werden würde?“
„Würdest du das denn wollen? Glaubst du ernsthaft, ich würde dich glücklich machen?“
„Wenn nicht du, wer denn dann?“
„Jule...es ist nicht so einfach wie du denkst. Wahrscheinlich bin ich gar nicht der Mensch, für den du mich hältst.“
„Wer bist du dann? Was bist du dann für ein Mensch?“ „Vielleicht bin ich nicht so ein tadelloser Engel.“ „Sven, niemand ist ein tadelloser Engel. Aber ich glaub ich weiß schon Bescheid.“ Ich stand auf und ging die Stallgasse entlang bis nach draußen. Es war schon stockduster und ziemlich kalt. Ich schlang die Arme um meinem Körper um mich zu wärmen. Nie hätte ich gedacht, dass ich so enttäuscht sein würde, wenn ich von Sven eine Abfuhr bekomme. Ich wusste beim besten Willen nicht, warum ich plötzlich soviel für ihn empfand. Sven kam mir hinterher. „Hey was ist denn?“, fragte er und nahm mich in den Arm. „Nichts, es ist schon gut. Wahrscheinlich bin ich einfach nicht mehr ganz dicht. Sven legte mir seinen Zeigefinger auf den Mund. „Pssst. Komm wieder mit rein, wir erfrieren hier.“ Bevor ich irgendwas sagen konnte küsste Sven mich wieder. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was denn nun Sache war. Warum war das alles so furchtbar kompliziert?
Wir verbrachten die ganze Nacht im Stall. Morgens wurden wir unsanft von einem aufgeregtem Kai geweckt.
Geschrieben von Arwen am 24.07.2005 um 21:39:
unbedingt weitermachen
Geschrieben von Hornisse am 24.07.2005 um 21:42:
„Leute, das müsst ihr euch angucken?“ „Hä?“ Ich muss wohl ziemlich zerzaust und verschlafen ausgesehen haben und peilte noch nicht viel. „Meine Güte. Guck dir das doch mal an.“ „Was ist denn?“, fragte Sven, den Kai bis jetzt noch nicht gesehen hatte. „Ach du auch hier?“ Kai musterte Sven mit abschätzigem Blick. „Okay. Ich frag nicht was ihr hier gemacht habt. Ich will’s auch gar nicht wissen. Aber jetzt guckt euch das hier mal an. Ihr glaubt das nicht.“ Kai hatte eine Zeitung dabei und schlug sie nervös auf. „Mensch wo issen der Scheiß jetzt? Das war hier doch grade... hier. Da ließ das mal.“ Er hielt einem sehr verwirrtem Sven die Zeitung unter die Nase. „Hä, was denn?“ „Man den Kram da unten.“ Etwa 30 Sekunden war alles mucksmäuschenstill, dann schlug sich Sven die Hand vor den Mund. „Das kann doch nicht angehen!“ Ich riss ihm die Zeitung aus der Hand. „Mensch was ist denn?“ Als ich dann die Anzeige las, traute ich meinen Augen nicht. „Das glaub ich nicht“, brachte ich nur heraus.
---VERMISST. In der Nacht vom 1. auf den 2. September wurden aus Nienburg, Niedersachsen, zwei Pferde entführt. Die Pferde wurden aus Amerika exportiert und kamen grade bei einem Reiterhof in Süd-Nienburg an, als der Pferdepfleger und der Fahrer des Pferdeanhängers von zwei maskierten Männern überwältigt wurden. Die Unbekannten stahlen den Geländewagen mit dem Pferdeanhänger und den zwei Pferden. Selbst die Papiere der wertvollen Tiere befanden sich noch in dem Wagen. Fünf Tage später wurde der Wagen mit dem Pferdeanhänger in einem Walstück nähe Verden gefunden. Von den Entführern und den Pferden fehlt noch jede Spur. Es wird vermutet, dass sie sich noch in der Gegend um Verden aufhalten. Wer eines der folgenden Pferde gesehen hat, meldet sich bitte bei der Polizei oder unter der Telefonnummer *blablabla*. Auf die Pferde sind jeweils 3000 € Belohnung ausgesetzt.
Pferd 1: Sieben jährige Hispano Araber Stute, dunkelbraun....“
Weiter kam ich nicht mit Lesen. Für mich war alles klar. „Was machen wir denn nun?“, fragte Sven. „Am besten gleich dort anrufen. Wir können die ja nicht behalten, wenn die jemand anderen gehören. Der vermisst die bestimmt voll. Ich frag mich, warum der Irre uns die Pferde übergeben hat, kostenlos, wenn er weiß, dass sie soviel wert sind. Wieso hat er sie nicht ins Ausland verkauft?“ „Ich denke mal, dem ist die Sache zu heiß geworden und er wollte die Pferde möglichst schnell abtreten. Und wer vermutet die denn auf einem Gnadenhof? Der hat sich das bestimmt alles nicht so gut überlegt und als er gesehen hat, dass die Polizei nach ihm sucht, wollte er die Pferde möglichst schnell und anonym loswerden. Er hat dir doch nicht mal seinen Namen gesagt, oder Jule?“ Ich schüttelte den Kopf. „Siehste, jetzt wissen wir auch warum. Und warum der hier so schnell wieder weg wollte.“
Ich konnte gar nichts mehr sagen. Mit so etwas hatte ich nie gerechnet. Aber es musste ja irgendwas faul sein.
Sven riss mir die Zeitung aus der Hand. „Mir reicht’s jetzt, ich rufe jetzt dort an. Der Besitzer wird in die Luft springen vor Freude.“ Während er das sagte, kramte er sein Handy aus der Tasche und gab blitzschnell die angegebene Nummer ein. Am anderem Ende meldete sich sofort jemand. „Guten Morgen, mein Name ist Sven Lehrke. Ich habe...“ Mehr hörte ich nicht, da Sven aus dem Stall ging.
Nach kurzer Zeit kam er wieder. „Bingo. Es gibt keinen Zweifel, dass es sich um die Pferde handelt. Der Besitzer kommt gleich mit der Bullerei hier her. Die werden uns bestimmt ausfragen, vielleicht verdächtigen sie uns sogar. Am besten ihr bleibt alle cool. Was Silke wohl dazu sagen wird...“
Etwa eine halbe Stunde später kamen drei Fahrzeuge auf den Hof gefahren. Zwei Polizeiwagen und ein großer silberner Geländewagen mit schwarzem Pferdeanhänger.
Drei Polizisten stiegen aus, in dem Geländewagen saß eine hübsche junge blonde Frau und ein etwa 35 jähriger dunkelhaariger Mann.
„Guten Tag, mein Name ist Klaus Tolle“, sagte einer der Polizisten zu Sven. „Wer von Ihnen ist denn der Verantwortliche hier für die Pferde?“ „Die Chefin ist zur Zeit im Urlaub in Frankreich, solange leiten wir den Hof. Ich kann Ihnen alle nötigen Informationen geben“, antwortete Sven. Weiter hörte ich nicht zu, da die junge Frau mich ansprach. „Wo sind denn die Pferde? Geht es ihnen gut? Ich dachte schon, ich würde sie nie wieder sehen“, sagte sie aufgeregt. „Den Pferden geht es super. Kommen Sie mit, ich bringe Sie zu ihnen.“ Die Frau, ihr Mann und einer der Polizisten folgten mir in den Stall.
„Oh ja, das ist sie. Das ist meine Ghana“, sagte sie mit Freudentränen in den Augen. „Komm her meine Kleine, jetzt wird alles gut.“ Ghana Morena brummelte sie freundlich an. „Ich habe die Pferde für mich und meine Frau gekauft“, sagte der Mann. „Wir waren einige Wochen in Amerika und haben sie dort kennen gelernt und beschlossen, sie mitzunehmen. Zwei Wochen später kamen sie hier in Deutschland an. Wir waren grade zu Hause und unser Pferdepfleger rief uns an und sagte, dass die neuen Pferde da waren. Wir fuhren sofort zum Hof und als wir da ankamen, oh Gott Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schlimm das für uns war. Der Pferdepfleger lag bewusstlos auf dem Boden, wir dachten, dass er tot wäre. Später erzählte er uns im Krankenhaus die ganze Geschichte. Die Pferde waren gestohlen worden, bevor meine Frau und ich sie hier in Deutschland je gesehen hatten.“ Ich nickte mitfühlend. Das musste wirklich hart gewesen sein. „Aber nun haben Sie sie ja wieder.“ „Ja, sie wissen gar nicht, wie dankbar wir Ihnen sind. Wir hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben.“ Der Mann ging zu dem Palomino in die Box. „Sind Sie sicher, dass es sich um die Pferde handelt?“, fragte der Polizist skeptisch. „Hundertprozentig. Da gibt es keinen Zweifel“, meinte der Mann.
Kai kam in den Stall und sagte, dass wir zu Sven und den anderen Polizisten ins Büro kommen sollten. Dort mussten wir den Mann, der die Pferde gebracht hatte, so gut es ging beschreiben. Die Leute waren sehr enttäuscht, dass wir seinen Namen nicht wussten und uns auch nicht mehr an das Nummernschild des Wagens erinnern konnten.
Etwa eineinhalb Stunden wurden wir von den Polizisten ausgefragt. Zum Schluss mussten wir unsere Personalien angeben und wurden gefragt, ob wir in einem möglichem Prozess als Zeugen aussagen würden. Natürlich stimmten wir zu. Dann erhielt Sven die 6000 Euro Belohnung, die er erst nicht annehmen wollte, wozu er aber überredet wurde und dann verschwanden die Leute wieder und wir hatten zwei Pferde weniger, bevor ich überhaupt so richtig verstanden hatte, was los war.
„Das war ja krass, ich dachte so was gibt’s nur Im Film“, meinte Kai. „Sven, was machst du denn mit dem Geld?“, fragte er interessiert. „Ja dir geb ich’s bestimmt nicht. Ich würde sagen, das kriegt Silke für den Hof. Oder?“ „Gute Idee. Wird das Beste sein. Vielleicht kriegen wir ja Gehaltserhöhung.“ „Das denkst auch nur du. Irgendwie bin ich immer noch voll platt. Lass ma die Pferde rausbringen und dann n’ bisschen was Essen gehen, ich geb einen aus.“ „Na das lassen wir uns ja nicht zweimal sagen. Worauf warten wir noch?“
Kai und Sven brachten die Pferde raus, während ich die beiden Hunde fütterte. Dann gingen wir zusammen in die Stadt.
„Sacht mal, ich wollt ja eigentlich nicht fragen, aber was habt ihr beide denn heute morgen so verschlafen im Stall gemacht?“
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