Geschrieben von pringles am 29.05.2007 um 12:52:

^^
huhu, ich fang einfach mal an und hoffe das es ok für dich ist, allem vorweg, es hat viel spaß gemacht dein gedicht zu lesen und auseinander zu nehmen, ich hoffe, das es dir ein wenig hilfreich sein wird, wenn auch nicht viel, denn viel hatte ich nicht herum zu quaken ^^
ja, spaß hatte ich wirklich
Evi's Hort der Stille
Grau in grau des Tages Lachen
Tränen in des Teufels Rachen,
Stille, die den Mensch verzehrt
Lüstern Gieren ihn verehrt.
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Wunderlich hübsch

die ersten beiden zeilen in guten 4 trochäischen versfüßen dargestellt, am ende gesenkt
Die letzten beiden zeilen mit je 3 trochäischen versfüßen und gehobener kadenz, sehr ausdrucksstark
Alles im trochäus sauber durchgeführt und nen langweiligen paarreim gewählt, der is zwar sauber, aber auf dem niveau der dichtkunst eher lahm und unangebracht, er wirkt nicht mit den worten und überträgt die melancholie der worte nicht, da immer ein ironischer unterklang mitschwingt, der paarreim wirkt meines erachtens am besten bei lustigen sachen, der kreutzreim wäre ausdrucksstärker gewesen, mit dem paarreim wirken die zeilen eher monoton für mein empfinden
Wahrscheinlich werde ich das ganze durch die wortschwangeren bedeutungsebenen sehr überinterpretieren, ich denke in metaphern und nicht in logischen schlussflogerungen, zumindest nicht immer,sei’s drum ^^
Die erste strophe empfinde ich als verwirrend, denn augenscheinlich sagt sie nicht mehr aus als die zweite strophe, es regnet, den teufelsrachen vernehme ich als metapher, bringt mir aber rein gar nichts bei der weiteren interpretation, es kann für ein unwetter stehen, wie auch ein schlichtes grabsymbol darstellen, oder auch einen gleichnamigen wasserfall in brasilien
Ich hätte es, wenn es ein tornado wäre der mit dem teufelsrachen umschrieben wurde, eher mit auge des teufels umschrieben, denn im auge eines tornados ist es bekanntlich still und ruhig
das grau mit dem lachen des tages kann für das morgengrauen stehen, das empfände ich als recht gut gewählt
ja ich denke hier stehen menschen die wie von sinnen in den wasserfall hinabblicken, der sich in brasilien befindet, vielleicht sogar zu tode stürzen wollen, auch wenn ich nicht richtig liege, empfinde ich die situation als recht wortgewaltig und überzeugend
Leere sich am Körper schaffet,
dunkles Loch im Herzen klaffet,
Tränen wie ein Regenschauer
Alte Zeugen unsrer Trauer.
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Abermals durchgängiger trochäus, allerdings diesmal mit durchgehend gesenkten kadenzen
Reine reime, abermals paarreim
Schaffet – klaffet, zwar ungewöhnlich, aber sie stören nicht den wortklang, sie fügen sich gut ins bild und sind als stilmittel gesetzt
Dunkles loch - eine leere im herzen und eine art sehnsucht wird veranschaulicht, ich weiß nicht wofür der vorher genannte wasserfall steht, oder ob er überhaupt in verbindung mit der zweiten strophe zu bringen ist, aber mir scheint, er hat den status einer gedenkstätte inne, wahrscheinlich haben sich in ihm menschen die dem lyr.w nahe stehen zu tode gestürzt, eine leichte todessehnsucht vernehme ich in allen strophen, was nicht zuletzt auch am gewählten thema liegt
Ähren, die geknickt nun sind
Durch den unbarmherz’gen Wind,
Messias, der das Kreuze trägt
Fährmann, der das Boote wägt.
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Zeile 3 betonungsfehler, es holpert
Strophe 3 unterscheidet sich metrisch von strophe 1
Ansonsten abermals durchgängiger trochäus, bis auf die 3. zeile die im jambus erscheint und somit markant um nicht zu sagen penetrant hervorsticht
Kann ein versehen sein, kann aber auch als stilmittel gesetzt worden sein, das extra kreutzchen auf dem rücken des messias, zum kontext würde es passen, schliesslich weiß jeder, das ein messias viel verantwortung zu tragen hatte, er scheint etwas geäußert zu haben, das andere nicht hören wollten, wurde er soeben verbannt um weiteres unheil fern zu halten? Kann ja sein, das die leute dort denken er würde ein unglück heraufbeschwören...
Die geknickte ähre, in der grabsymbolik wahrscheinlich ein zeichen der unfruchtbarkeit, hier allerdings nicht als solches dargestellt, es sind schlicht ähren die der wind umplättet und teils abbricht, muss ein starker wind sein, doch ein tornado, oder ist es ein sehr heißer wind? Sehr sprunghaft zu interpretieren das ganze, wahrscheinlich denke ich viel zu abstrakt
Fährmann...der fährmann wird in der griechischen mythologie als der überbringer der toten gesehen, er überbringt die toten ins totenreich, dieser fährmann heißt charon und der fluss auf dem er sich befindet ist der styx, wie das jetzt in den vorherigen kontext passt kann ich nur vermuten, der styx ist gesäumt mit randvulkanen und dort herrscht ein heißes höllenklima, zumindest in der mythologischen gebräuchlickeit
Dennoch... messias und fährmann sind ganz unterschiedlicher mythologischer herkunft, der messias stammt aus dem christentum und der fährmann aus der griechischen ethnologie
Charon, alias der fährmann kann auch für einen mond stehen, der sich nahe des pluto befindet, ist aber unwahrscheinlich, vielleicht lag aber die mond – pluto konstellation für irgendetwas ungünstig
Ich denke das es sich hierbei um einen schlichten bootsmann handelt, der ein boot führt und vielleicht sogar den messias fortbringen soll...
Sonne, sich gen Westen neigend
Vogel, nun für ewig schweigend
Boot im Hafen, ruhig wankend
Efeu, sich am Grabe rankend.
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Die metrik ist zwar stimmig, allerdings verwirrt das wort „ruhig“ den sprachfluss, da es keine direkte silbentrennung im phonetischen sinne inne hat, stört es auch nur im phonetischen moment, betont ist es richtig gesetzt, schau ich also mal drüber hinweg ^^
Sonnenuntergang und ein auf ewig schweigender vogel
Mir kommt der verdacht auf, das es sich gar nicht um einen wasserfall sondern einen vulkanschlund handelte von dem in der ersten strophe die rede war, ja, ganz sicher sogar, hier gab es einen vulkanausbruch und meine annahme eines wasserfalls war falsch...das ganze erinnert jetzt eher an den untergang von pompeji
Wobei dann das bild des rankenden efeu nicht stimmig wäre, der boden ist tot, da wächst nichts mehr, vorerst
Auf alle fälle wird auf alle elemente zurückgegriffen, wasser, feuer, erde, wind...dies ist also im großen und ganzen ein elementar gedicht
Knirschend Steine unter Füßen,
die der letzten Ruhe büßen
Blümlein, die der Trauer wehren
Lichter, die die Toten ehren.
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Knirschende steine unter den füßen versinnbildlichen erkaltetes vulkangestein, hier wird den toten einer vulkanerruption ein gedenkmoment abgehalten
Es wurden gedenklichter entzündet und blumen auf kalten stein gelegt, die blumen dienen als trostspender und bringen unterschwellig freude in eine traurige situation, die blumen haben eine schwere aufgabe, denn scheinbar handelt es sich um massengräber auf welche sie gelegt werden
Hort der Ruhe, ewig schweigend
Leben sich dem Ende neigend
Friedlich Stätte als Tribut
Tränens Feuer, Trauers Glut.
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Hier wiederholt sich die metrik der 1. strophe perfekt, ein einstieg, der gleichzeitig auch einen ausgang symbolisiert, sehr hübsch
Der hort der ruhe ist ein sammelplatz für reisende und angehörige, er gerät in vergessenheit oder auf ihm kann einfach keinerlei art von leben mehr existieren, die fruchtbarkeit des bodens ist nicht mehr beständig, er ist tot
Frielich stätte als tribut...eine gedenkstätte für tausende von toten wird scheinbar errichtet, es stellt einen letzten tribut der lebenden an die toten dar
Die tränen des vulkans( herabfallendes und fließendes erruptivgestein, tränen fließen auch schwerfällig, ein schönes bild) wird zu einer glut der trauer für die hinterbliebenen
Das feuer brennt demnach weiter, wenn auch ab jetzt im herzen der angehörigen, denn nie werden sie vergessen was damals geschah
Fazit, ein schönes gedicht, ich habe es sehr gerne gelesen
Glg pringles