Luthien
Ich glaube, das habe ich hier noch nie online gestellt...
Kurzgeschichte von mir, wens interessiert, ich stells in zwei Teilen rein.
Höllenzoo der Menschlichkeit
Ich hasste dieses Piepsen, das von Sekunde zu Sekunde lauter und fordernder wurde, langsam die Tonleiter erklomm. Ein Knecht des Bösen, eine Ausgeburt der Hölle. Erschaffen, um den Menschen den letzten Nerv zu rauben, sie in den Wahnsinn zu treiben. Welch Foltermeister hatte sich das nur einfallen lassen?
Stöhnend und noch völlig verschlafen grabschte ich nach dem verhassten Wecker und brachte ihn endlich zum Schweigen. Diese Ruhe – herrlich! Mit einem zufriedenen Lächeln drehte ich mich auf die andere Seite und versank erneut in den Tiefen meiner Kissen und Decken. Meine Gedanken drifteten ab in weite Ferne, wo es kein störendes Piepsen, keine langweiligen und völlig eintönigen Tage gab, wo jede Sekunde mit einem neuen Abenteuer zu rechnen war. Da liess es sich aushalten.
Doch selbst dort, im hintersten Winkel einer verlassenen Insel irgendwo mitten im Ozean, erreichte mich dieser fürchterliche Laut. Nein, diesmal war es nicht das Werkzeug des Teufels, das mich zum Aufstehen zwingen wollte. Ich hatte es ja abgestellt, sodass es nun hilflos und völlig unnütz neben meinem Bett am Boden lag. Nein, es war der Meister persönlich und übertraf seinen Handlanger bei weitem an Grausamkeit. Zudem man ihn noch nicht einmal mit einem einfachen Knopfdruck zum Schweigen bringen konnte.
Krächzend und hysterisch dröhnte die Stimme der Hölle zu mir hoch, riss mich unsanft in die Wirklichkeit meines Bettes. Der Teufel schien einer Kreuzung aus Strassenköter und Martinshorn zu entspringen.
„Michaela! Aufstehen! Sofort! Ich fahr dich heute nicht zur Schule, wenn du den Bus verpasst!“
Genervt brüllte ich meine Antwort hinunter. Dabei spielte es absolut keine Rolle, was ich von mir gab. Es hätte keinen Unterschied gemacht, wäre meine Antwort anstelle des üblichen unfreundlichen „Ist ja gut, komme schon! Reg dich bloss nicht auf“ ein ironisches „Ja, Mutter, ich hab dich auch lieb und wünsche dir ebenfalls einen schönen Morgen“ oder auch ein patziges „Schnauze oder ich stürz mich aus dem Fenster“ gewesen. Im Grunde war es ihr egal, Hauptsache sie konnte sicher sein, dass sie mich aus meiner geschützten Schlafstätte gejagt hatte.
Murrend hievte ich mich aus dem Bett, war mir dabei bewusst, dass ich soeben den ersten Schritt zu einem entsetzlichen Tag getan hatte.
Wie ich mir da so sicher sein konnte? Ganz einfach: alle Tage in meinem Leben waren einfach nur entsetzlich und langweilig. Am besten wäre es natürlich, ich würde einfach liegen bleiben. Ja, nicht nur einmal hatte ich mir das überlegt. Aber was würde mir das nützen? Selbst wenn ich krank war, machte mir mein hauseigener Folterknecht das Leben zur Hölle.
Mit diesem Gedanken fischte ich nach meinen Kleidern. Erst als ich im Badezimmer vor dem Spiegel angelangte, bemerkte ich, was ich eigentlich angezogen hatte, widmete meine Aufmerksamkeit aber schnell meiner Zahn- und Haarbürste. Äusserlichkeiten waren jedenfalls an mir nebensächlich. Zehn Minuten und ich sass am Tisch.
Mit einem dumpfen Geräusch landete eine Tasse Kaffe vor mir, die ich ohne aufzuschauen entgegen nahm. Ich wusste ja, wie meine Mutter am Morgen aussah, das war wirklich nichts, was ich mir jeden Tag antun musste. Mein eigenes Spiegelbild von vorhin würde mir für die nächsten paar Stunden eindeutig reichen.
Auf der Treppe war plötzlich lautes Poltern zu hören und gleich darauf durchzog ein lautes Bellen die trügerische Stille des Morgens. Na toll, mein kleiner Bruder hatte sich endlich aus dem Bett gehievt und war nun auf dem Weg nach unten. Sachen packen und verschwinden hiess meine Devise in dem Fall.
Doch es war bereits zu spät, der engelsgesichtige Satansbraten war bereits in der Küchentür erschienen. Missmutig wünschte er mir einen guten Morgen. Etwas wie „Schnauze sonst Beule“ wäre irgendwie glaubwürdiger gewesen.
Als ich die Strasse zur Bushaltestelle entlangging, regte ich mich einmal mehr darüber auf, wieso das Wetter sich nicht meiner Stimmung anpassen konnte, selbst wenn das die erneute Sinnflut bedeutet hätte. Dieser lästige Sonnenschein machte es einem direkt mühsam, einfach grundsätzlich alles daneben zu finden. Zum Glück war ich bereits ziemlich gut darin.
Wie immer war der Bus gerammelt voll und ich erhaschte gerade eben mal noch einen Stehplatz am Fenster, gegen das ich mich nun drückte. Herrlich. Ein ganzer – wohlgemerkt geschlossener – Raum voller langweiliger Bürogorillas, die so taten, als würde es sie wirklich interessieren, was in der Zeitung stand. Wobei im Grunde ja doch allen klar war, taten sie es nur, weil es zu ihrem Image gehörte. Genau wie das ich-schaue-minütlich-auf-die-Uhr-ob-ich-auch-wirklich-zu-knapp-dran-bin-ode
r-lieber-noch-etwas-trödeln-sollte-damit-ich-ja-herzinfarktfördernden-Stres
s-habe. Die ach so von der Hitze geplagten Minirockschimpansen fächerten sich derweilen hektisch Luft zu, verteilten Küsschen, kicherten und tuschelten, wie es eben ihre Angewohnheit war.
Als ich mir, leise vor mich hingrinsend, vorstellte, wie ich einen Tiger in dieses Affenhaus einschleuste, bemerkte ich, dass mich einer dieser heruntergekommenen Penner-Orang-Utans mitleidig musterte und wahrscheinlich dachte, dass ich psychisch gestört wäre und wünschte mir augenblicklich wenigstens eine Peitsche, um ihn mir vom Hals zu schaffen.
Kurzgeschichte von mir, wens interessiert, ich stells in zwei Teilen rein.
Höllenzoo der Menschlichkeit
Ich hasste dieses Piepsen, das von Sekunde zu Sekunde lauter und fordernder wurde, langsam die Tonleiter erklomm. Ein Knecht des Bösen, eine Ausgeburt der Hölle. Erschaffen, um den Menschen den letzten Nerv zu rauben, sie in den Wahnsinn zu treiben. Welch Foltermeister hatte sich das nur einfallen lassen?
Stöhnend und noch völlig verschlafen grabschte ich nach dem verhassten Wecker und brachte ihn endlich zum Schweigen. Diese Ruhe – herrlich! Mit einem zufriedenen Lächeln drehte ich mich auf die andere Seite und versank erneut in den Tiefen meiner Kissen und Decken. Meine Gedanken drifteten ab in weite Ferne, wo es kein störendes Piepsen, keine langweiligen und völlig eintönigen Tage gab, wo jede Sekunde mit einem neuen Abenteuer zu rechnen war. Da liess es sich aushalten.
Doch selbst dort, im hintersten Winkel einer verlassenen Insel irgendwo mitten im Ozean, erreichte mich dieser fürchterliche Laut. Nein, diesmal war es nicht das Werkzeug des Teufels, das mich zum Aufstehen zwingen wollte. Ich hatte es ja abgestellt, sodass es nun hilflos und völlig unnütz neben meinem Bett am Boden lag. Nein, es war der Meister persönlich und übertraf seinen Handlanger bei weitem an Grausamkeit. Zudem man ihn noch nicht einmal mit einem einfachen Knopfdruck zum Schweigen bringen konnte.
Krächzend und hysterisch dröhnte die Stimme der Hölle zu mir hoch, riss mich unsanft in die Wirklichkeit meines Bettes. Der Teufel schien einer Kreuzung aus Strassenköter und Martinshorn zu entspringen.
„Michaela! Aufstehen! Sofort! Ich fahr dich heute nicht zur Schule, wenn du den Bus verpasst!“
Genervt brüllte ich meine Antwort hinunter. Dabei spielte es absolut keine Rolle, was ich von mir gab. Es hätte keinen Unterschied gemacht, wäre meine Antwort anstelle des üblichen unfreundlichen „Ist ja gut, komme schon! Reg dich bloss nicht auf“ ein ironisches „Ja, Mutter, ich hab dich auch lieb und wünsche dir ebenfalls einen schönen Morgen“ oder auch ein patziges „Schnauze oder ich stürz mich aus dem Fenster“ gewesen. Im Grunde war es ihr egal, Hauptsache sie konnte sicher sein, dass sie mich aus meiner geschützten Schlafstätte gejagt hatte.
Murrend hievte ich mich aus dem Bett, war mir dabei bewusst, dass ich soeben den ersten Schritt zu einem entsetzlichen Tag getan hatte.
Wie ich mir da so sicher sein konnte? Ganz einfach: alle Tage in meinem Leben waren einfach nur entsetzlich und langweilig. Am besten wäre es natürlich, ich würde einfach liegen bleiben. Ja, nicht nur einmal hatte ich mir das überlegt. Aber was würde mir das nützen? Selbst wenn ich krank war, machte mir mein hauseigener Folterknecht das Leben zur Hölle.
Mit diesem Gedanken fischte ich nach meinen Kleidern. Erst als ich im Badezimmer vor dem Spiegel angelangte, bemerkte ich, was ich eigentlich angezogen hatte, widmete meine Aufmerksamkeit aber schnell meiner Zahn- und Haarbürste. Äusserlichkeiten waren jedenfalls an mir nebensächlich. Zehn Minuten und ich sass am Tisch.
Mit einem dumpfen Geräusch landete eine Tasse Kaffe vor mir, die ich ohne aufzuschauen entgegen nahm. Ich wusste ja, wie meine Mutter am Morgen aussah, das war wirklich nichts, was ich mir jeden Tag antun musste. Mein eigenes Spiegelbild von vorhin würde mir für die nächsten paar Stunden eindeutig reichen.
Auf der Treppe war plötzlich lautes Poltern zu hören und gleich darauf durchzog ein lautes Bellen die trügerische Stille des Morgens. Na toll, mein kleiner Bruder hatte sich endlich aus dem Bett gehievt und war nun auf dem Weg nach unten. Sachen packen und verschwinden hiess meine Devise in dem Fall.
Doch es war bereits zu spät, der engelsgesichtige Satansbraten war bereits in der Küchentür erschienen. Missmutig wünschte er mir einen guten Morgen. Etwas wie „Schnauze sonst Beule“ wäre irgendwie glaubwürdiger gewesen.
Als ich die Strasse zur Bushaltestelle entlangging, regte ich mich einmal mehr darüber auf, wieso das Wetter sich nicht meiner Stimmung anpassen konnte, selbst wenn das die erneute Sinnflut bedeutet hätte. Dieser lästige Sonnenschein machte es einem direkt mühsam, einfach grundsätzlich alles daneben zu finden. Zum Glück war ich bereits ziemlich gut darin.
Wie immer war der Bus gerammelt voll und ich erhaschte gerade eben mal noch einen Stehplatz am Fenster, gegen das ich mich nun drückte. Herrlich. Ein ganzer – wohlgemerkt geschlossener – Raum voller langweiliger Bürogorillas, die so taten, als würde es sie wirklich interessieren, was in der Zeitung stand. Wobei im Grunde ja doch allen klar war, taten sie es nur, weil es zu ihrem Image gehörte. Genau wie das ich-schaue-minütlich-auf-die-Uhr-ob-ich-auch-wirklich-zu-knapp-dran-bin-ode
r-lieber-noch-etwas-trödeln-sollte-damit-ich-ja-herzinfarktfördernden-Stres
s-habe. Die ach so von der Hitze geplagten Minirockschimpansen fächerten sich derweilen hektisch Luft zu, verteilten Küsschen, kicherten und tuschelten, wie es eben ihre Angewohnheit war.
Als ich mir, leise vor mich hingrinsend, vorstellte, wie ich einen Tiger in dieses Affenhaus einschleuste, bemerkte ich, dass mich einer dieser heruntergekommenen Penner-Orang-Utans mitleidig musterte und wahrscheinlich dachte, dass ich psychisch gestört wäre und wünschte mir augenblicklich wenigstens eine Peitsche, um ihn mir vom Hals zu schaffen.