Blümchen
Schuldgefühle
[ Bitte nicht: Das ist ja gar kein korrektes Deutsch. Oder es ist Umgangssprache.
Es soll nämlich genau die Gedanken der Personen wiedergeben, welche eben nicht immer: Hach, so ein tolles Leben. Es ist meiner solch vollkommenen Würde ein Schmaus.
Okay, soweit dazu... Rechtschreibfehler gibt es bestimmt ein paar, weil mein Word gelöscht wurde.
Dann, viel Spaß ^___^ ]
Prolog
"Scheiße geh weg, ich will nicht mit dir labern." "Du bist so verdammt stur, Kleines." "Piss dich an, ich hab Gründe für." Ich drehe ab, weil ich es einfach nur verdammt selbstlos finde, was sie gebracht hat. Eigentlich ist sie immer die, die mich erzieht und als wiederlich abstempelt, aber heute ist es anders. Eigentlich hatte es ja schon gestern Abend begonnen. Es war ein dämlicher Zufall gewesen, dass ich es erfahren habe und trotzdem denke ich, hätte Anna es mir niemals so gesagt. Nun zeichnen Falten ihre Stirn, aber mir ist das egal, sie braucht jetzt gar nicht so zu tun, als ob es ihr Leid tun würde. Und auch wenn, hätte sie es gestern auch wissen können. Aber irgendwie kapiert sie das ja nicht. Die glaubt ja immernoch, ich hätte keine Gefühle. Nur liegt sie damit total falsch, weil sie es ja alles wusste. Ich erzähl ihr nie wieder was. Dann merkt sie es auch nicht, wenn ich traurig bin. Oder tröstet mich und weiß nicht wieso. Und vorallem hätte sie jetzt dann auch keine Schuldgefühle. Hat sie aber. Nun, ich weiß, dass sie ja eigentlich berechtigt sind. Ich genieße es vermutlich auch, aber irgendwo tut es mir weh. Sie ist ja schließlich meine Schwester.
Ich gehe jetzt lieber in mein Zimmer, sonst muss ich ihr noch verzeihen. Denn ich kann meiner Schwester nie wirklich lange böse sein. Aber momentan passt es mir gar nicht, dass ich ihr nach soetwas einfach so vergebe. Das hat die Anna nämlich gar nicht verdient. Sowas ist was größeres als mal die Schokolade der anderen aufzumampfen. Ja, ich würde es als vertrauensverletzend bezeichnen. Vermutlich gibt mir dabei auch jeder Recht. Scheiße, ich lass mich aufs Bett fallen und starr die Wand an. Aber den ganzen Abend halt ich das bestimmt eh nicht aus. Mist. Läuft ja sowieso wieder drauf raus, dass ich ihr verzeihe. Nein, diesmal nicht, ich lass mich doch nicht verarschen.
Es klopft an der Tür. Ist bestimmt Anna. Dumm, dass ich meinen Schlüssel verloren habe. Auch wenn ich jetzt sage, dass ich nicht will, dass sie reinkommt, kommt sie bestimmt sowieso rein. Ist ja klar, die Privatsphäre die ich gerne hätte, halten alle nur für Tarnung, dass ich etwas besonderes sein will. Scheiße man.
"Jana mach bitte auf." "Verpiss dich." "Du bist wiederwertig." Nein, wieso sagt sie das? Weiß Anna, dass ich es liebe, wenn sie mich so nennt? Ich glaube mir macht es Spaß, dass sie mich abscheulich findet. Da bilde ich dann irgendwie ein, ich sei eine Ausnahme. Außerdem klingt es irgendwie versöhnlich. Aber ich mache nicht auf, ich bin ja nicht dumm. Sie soll wenigstens Sekunden so leiden, wie ich bei Nadias Worten gelitten habe. Auch wenn es in meinen Augen quasi als unmöglich erscheint.
"Mach auf, Kleines." "Kapierst dus nicht? Ich will nicht mit dir labern." "Aber das müssen wir, wenn wir nicht ewig Streit haben wollen." Klar hat sie Recht. Anna hat immer Recht. Ich weiß nicht wie man so perfekt sein kann. Aber für mich zeichnet sie der Perfektionismus in Person. Es ist beinahe abartig und eigentlich nehme ich sie mir auch nicht als Vorbild, aber beeindruckend ist es ja schon.
"Will ich aber. Und ob dus willst oder nicht, geht mir am Arsch vorbei." Irgendwo würde ich annehmen, dass mich Schimpfwörter auszeichnen und ich weiß auch nicht, wieso meine Schwester es schon so lange mit mir aushält. Ist echt komisch. Manchmal kapier ich mich ja selbst nicht und ich will mich auch ständig ändern, aber wenn mir dann wieder jemand sagt, sei einfach doch selbst und dann passt alles, bin ich wieder so verunsichert, dass ich Monate lang hinterher bin, wer ich überhaupt bin. Schon scheiße, wenn man so im Unklaren mit sich ist. Aber total.
"Jana, verdammte scheiße, ich mach jetzt einfach auf." "Fick dich und bleib draußen." Die Tür geht gerade einen Spalt auf und ich weiß jetzt gar nicht, wie ich reagieren soll. Ich werfe einfach mein Kissen gegen die Tür und ohne das ich es wirklich realisiere, gleitet mein Blick zum Fenster. Es sind verdammt hohe 4 Meter bis nach unten. Aber scheiß drauf, momentan habe ich eh keine Lust zu leben. Also stehe ich auf, bin noch immer nicht im Klaren darüber, was ich jetzt mache und starre schon hinunter auf die scheinbar endlos baumelnde Straße. Scheiße ist das hoch. Anna ist schon durch den Schlitz geschlüpft und hastet auf mich zu.
"Kleines, mach keine Scheiße." Schreit sie noch, ich höre es noch lange Zeit in meinen Ohren ringen. Aber es ist schon passiert. Ich habe mich mit beiden Händen abgestoßen, als meine beiden Beine in der Luft baumelten.
Kapitel I
Tränen
Ich spüre meine Beine nicht mehr. Was ist passiert? Bin ich wirklich gesprungen? Von meinen Handflächen trieft Blut und ich sehe oben, wie Anna hektisch am Fenster herumwuselt. Hoffentlicht springt sie nicht auch. Es reicht wenn mir etwas weh tut, aber wenn sie Schmerz hat, ist alles schlimmer. Lieber ich als die Anna. Die ist nämlich perfekt und zu ihrem Perfektionismus passt keine Schwäche. Ich weine und spüre gleichzeitig Blut auf der Unterlippe. Es schmeckt leicht salzig, aber der eiserne Anteil siegt am Ende doch. Vermutlich haben meine Tränen die rote Flüssigkeit auf meine Zunge getragen. Aua, es tut so weh.
Ich weiß, dass Anna jetzt alles gibt, um mich zu retten. Eben das, was es noch zu retten gibt. Sie ist nämlich eigentlich gar nicht so böse, wie ich mir immer einrede. Und bei diesen scheiß Gedanken, habe ich schon fast vergessen, wie dreckig es meiner Seele geht. Aber das ist jetzt auch egal. Annas Hand liegt nämlich schon auf meiner Schulter. Die tut auch weh, besonders wenn meine Schwester sie berührt. Aber ich will das sie es tut, dann merke ich wenigstens, dass sie nicht sauer ist. Denn sie ist ganz sanft. Vielleicht habe ich ja dadurch unsere Auseinandersetzung beseitigt. Ich glaube wirklich, dass ich es geschafft habe.
Anna weint. Wieso weint sie? Ich muss doch eigentlich weinen. Mir tut es doch weh und nicht ihr. Sie soll aufhören, bitte mach, dass sie aufhört. Ich will nicht, dass ihre Tränen mein Haar benetzen. Anna, bitte hör auf zu weinen. Ich will weinen, aber du nicht. Ich will das nicht. Bitte, hör mir doch zu.
Sie streicht über mein Gesicht und ihr Blick sinkt in den meinen. Ich glaube, sie ist sehr traurig, über das was ich getan habe. Mama kommt heute Abend aus der Klinik zurück. Aus der Klinik, in die ich bald noch muss, weil meine Verletzungen zu groß sind.
"Wie kannst du nur..." Bringt sie hervor, aber ich sehe sie nur unschuldig an, schweige. "Ich liebe dich doch, Kleines." Sie kann mir doch ruhig sagen, dass meine Tat wiederwertig war. Aber egal was Anna sagt, ich liebe ihre Worte und ihre Stimme. Sie klingt so sanft und beruhigend. Anna soll nicht mehr aufhören zu reden, dann ist der Schmerz zu ertragen, glaube ich.
"Ich hole den Arzt. Tut dir was weh? Jana, Kleines, ist dir was passiert? Hast du dir was gebrochen?" Es sind soviele Fragen, die ich gerne beantworten will. In diesem Augenblick möchte ich einfach nicht wiederwertig sein. Ich weiß nicht, wieso ich nicht kann. Es ist komisch.
Sichtwechsel
Ich renne ganz schnell zum Arzt. Ich wollte nicht, dass es soweit kommt. Jana ist wirklich komisch. Sie tut immer so unüberlegte Dinge, bringt nie etwas zuende. Aber vorhin hatte ich Angst, dass sie es zum ersten Mal tut. Und zwar mit ihrem Leben. Es sind 4 verdammte Meter, die sie gesprungen ist. Ich musste sie eben auf der Straße zurück lassen, aber es geht eben nicht anders. Wenn sie immer so eine Scheiße baut. Aber momentan ist mir nicht danach, Jana Vorwürfe zu machen. Sie ist meine Schwester, ich liebe sie doch. Es wäre schrecklich,. würde ein harmloser Streit ihr das Leben nehmen. Schließlich weiß ich jetzt, dass ich kräftigen Mist gebaut habe. Eigentlich bin ich die vernünftigere von uns beiden. Aber gestern Abend, ist einfach der Stier in mir losgegangen. Ich wusste, dass Jana Sam toll findet. Er ist schokoladen braun und ein wirklich hübscher. So alt wie ich und ist früher mal in meine Parallelklasse gegangen. Von Mittags war ich noch total sauer auf meine Kleine. Sie hat wiedermal total den Aufstand geschoben und mir dämliche Dinge vorgeworfen. Ich habe sie fein getadelt, immerhin will ich einmal, dass sie es zu etwas bringt. Und die Hoffnung habe ich auch noch nicht aufgegeben. Aber Jana scheint das nicht zu verstehen. Sie nörgelt von morgens bis abends, versteht einfach nicht, dass das Leben kein Klacks ist.
Ich biege gerade in die Straße ein, in welcher der Arzt wohnt. Wir haben nämlich kein Telefon. Meine Mutter ist schon wieder in die Klinik gekommen und unser Vater, von dem haben wir nie was gehört. Mama sagt, er wäre direkt nach ihrer Schwangerschaft abgehauen. Beschissener Feigling. Er wusste genau, dass sie krank ist. Ich weiß nicht genau was sie hat und es ist auch schwer für mich, das zu verstehen. Keine Ahnung, wieso sie es uns nicht sagen will. Aber Jana fragt ständig, will alles genau wissen. Nur kann ich ihr nicht mehr sagen, als, dass Mama in einer Klinik ist, weil sie schlimm krank ist und Jana bloß nett sein soll, wenn sie heute Abend wiederkommt. Sie zieht es ganz schön runter. Obwohl sie mehr fixiert auf Jungs ist, braucht sie meine Mutter als Stütze und weil diese ihr das nicht bieten kann, muss ich jedesmal dafür sorgen, dass es ihr gut geht. Ich bin quasi ihre Ersatzmutter.
Nun ist die Tür erreicht, die rettende Klingel. Ich hoffe, Jana geht es noch gut. Ich klingele sturm. Gleich steht der Doktor auf der Matte und sieht mich mit seinem schielen Blick an.
"Was gibts denn? Gehts Mama nicht gut." Doktor Britt ist voll okay. Er ist auch schwarz und behandelt uns nicht so herablassend wie die anderen. Immer wenn Mama wieder eine ihrer Schwächeanfällen hat, kommt er und versorgt sie. Er ist gut, glaube ich.
"Nein, Jana ist gesprungen." Meine Worte bringen es nicht gleich auf den Punkt und teoretisch verschwende ich kostbare Lebenzeit von Jana, aber irgendwie bringe ich es nicht fertig, ihm gleich alles zu schildern. Deshalb habe ich auch eben abgebrochen.
"Gesprungen? Wie meinst du das?" Ich glaube Kay merkt, dass es um etwas wichtiges geht und fragt mich nichtmal, wie es Mama geht oder wieso sie gesprungen ist.
"Aus dem Fenster. 4 Meter tief. Wir haben uns gestritten. Jetzt liegt sie da und spricht nicht." Ein Notfall, verdammt, vorher dachte ich noch, dass es nicht so schlimm sei, doch der Dok rafft gleich seinen Koffer zusammen und hastet mir hinterher.
Mama kommt heute Abend. Bestimmt ist sie voll sauer, wenn Jana im Krankenhaus liegt. Und auch noch wegen mir. Weil ich ja eigentlich immer auf sie aufpassen sollte. Scheiße, ich hab total Angst.
Jana hat die Augen zu, das sehe ich schon aus der Ferne. Sie liegt da zusammengekauert. Kein Schwein interessiert sich für sie. Eben ist eine Weiße vorbei gekommen, das habe ich gesehen und sie hat scheinbar nicht einmal zu ihr geguckt. Bestimmt weil Jana schwarz ist. Nicht richtig kohlschwarz, aber schwarzer als ich. Mama sagt, ich komme mehr vom Äußeren nach Papa. Der wäre beinahe weiß gewesen, genauso wie ich. Ich ähnelte von meiner Farbe her einem Karamellbonbon. Jana eher einem Kakao, genau wie Mama.
"Jana, Jana, hörst du mich?" "Wieso bewegt sie sich nicht? Es ist doch nicht schlimm oder?" "Mach mal den Koffer auf, Anna." "Es ist nicht schlimm, nicht schlimm oder? Bis Mama heute Abend kommt, ist sie wieder gesund. Es ist auch nicht wegen mir. Sie wollte nicht springen. Sie ist bestimmt nur ausgerutscht. Ich bin nicht schuld oder?" Kay sieht mich nur an, streckt die Hand nach dem Koffer aus, aber ich bin nicht fähig ihn zu öffnen und zu reichen. Er muss es selbst machen. Bittet mich wieder rein zu gehen, aber ich mache das nicht. Ich kann mein Kleines doch jetzt nicht ohne weiteres hier liegen lassen. Obwohl sie ja sowieso bald wieder aufsteht und mit mir tobt. Dann hasse ich sie wieder und sie sagt mir gleiches, aber eigentlich liebe ich sie ja.
Der Doktor holt sein mobiles Telefon raus. Es ist ziemlich fett und schwer, aber damit kann er überall anrufen. Jana und ich hatten immer davon geträumt auch so eines wie Kay zu haben und meine Schwester meinte dann immer:'Damit würde ich Papa anrufen.' Ich war von ihrer Idee anfangs beeindruckt, aber mit der Zeit, als sich ihr Wille immer mehr versteifte, versuchte ich es ihr auszureden.
Sichtwechsel
Anna steht plötzlich schnaufend vor meiner Haustür. Sie ist ein bildhübsches Mädchen, ziemlich schlank und ihre Haut karamell farben. Annas Mutter ist eine herzensgute Frau, welche aus gesundheitlichen Gründen oft Monate in einer Klinik bleiben muss. Jana wird dann von Anna versorgt, welche beide aufgrund ihrer Hautfarbe schief angesehen werden. Ich selbst bin kakaoschwarz, doch als Arzt habe ich genug Arbeit und genug Geld, um mich und meinen Sohn am Leben zu erhalten.
Anna berichtet mir atemlos, was passiert ist und ich merke allein an der Stimme, mit welcher sie spricht, dass etwas nicht stimmt. Als das Mädchen mich zum Unfallsort geleitet, macht sich ihr Schock bemerkbar. Sie redet wirres Zeug und ist nicht in der Lage, mir beim Versorgen ihrer Schwester zu helfen. Um Jana steht es schlecht. Ich vermute, dass sie sich Knochen gebrochen hat und eine schwere Gehirnerschütterung. Sie ist in Ohnmacht gefallen und deshalb zählt von nun an jede Sekunde. Es ist zwecklos, Anna zu befehlen ins Haus zu gehen, denn in ihrer Lage ist sie nicht mehr Herr über sich selbst.
Ich krame nach dem mobilen Telefon und wähle die Nummer des Krankenhauses.
"Krey hier." Meldet sich der Assistenzarzt. Ich erkenne ihn sofort. "Ein Notfall, Mädchen ist 4 Meter gefallen, Ohnmacht und Knochenbrüche. Verdacht auf innere Blutungen. Schwere Gehirnerschütterung. Mailstreet 26." "Gleich da, Doktor Britt." Er hat mich auch erkannt. Meine Stimme bebt und als mein Blick Anna streicht, ist mir richtig Elend zumute. Ihre Familie hat soviele Sorgen und nun auch noch das. Ich will nicht fragen, was genau vorgefallen ist, denn ich weiß, dass Anna schweigen würde und überhaupt nicht in der Lage wäre, Bericht zu liefern. Also tue ich es ihr gleich und starre das schwarze Mädchen an. Habe sie schon in die stabile Seitenlage gelegt und ihr Spritzen verabreicht. Mehr kann ich nicht tun. Außerdem ist meine Ausrüstung schwach, schon deshalb, weil ich nicht genug Geld für mehr habe.
Es dauert nicht lange, bis Motorengeräusche die verletzende Stille durchbrechen und das Blaulicht am anderen Straßenende auftaucht. Erleichtert erhebe ich mich, Anna bleibt sitzen.
Männer in Schutzkleidung kommen angerast, mit Koffern bepackt und schieben mich weg, ehe ich Anna packen kann. Ein Mann zieht sie am Arm hoch, doch sie rührt sich nicht.
"Jaaana! Jaaana!" Wimmert sie leise und beginnt mit dem Oberkörper zu wippen.
"Anna." Meine Hand streckt sich zu dem jungen Mädchen aus, doch ich werde weggeschoben. Es ist zwecklos, ich muss sie ihrem Schicksal und den Männern in weis überlassen. Arme Anna, meine arme Anna...
[ Bitte nicht: Das ist ja gar kein korrektes Deutsch. Oder es ist Umgangssprache.
Es soll nämlich genau die Gedanken der Personen wiedergeben, welche eben nicht immer: Hach, so ein tolles Leben. Es ist meiner solch vollkommenen Würde ein Schmaus.
Okay, soweit dazu... Rechtschreibfehler gibt es bestimmt ein paar, weil mein Word gelöscht wurde.
Dann, viel Spaß ^___^ ]
Prolog
"Scheiße geh weg, ich will nicht mit dir labern." "Du bist so verdammt stur, Kleines." "Piss dich an, ich hab Gründe für." Ich drehe ab, weil ich es einfach nur verdammt selbstlos finde, was sie gebracht hat. Eigentlich ist sie immer die, die mich erzieht und als wiederlich abstempelt, aber heute ist es anders. Eigentlich hatte es ja schon gestern Abend begonnen. Es war ein dämlicher Zufall gewesen, dass ich es erfahren habe und trotzdem denke ich, hätte Anna es mir niemals so gesagt. Nun zeichnen Falten ihre Stirn, aber mir ist das egal, sie braucht jetzt gar nicht so zu tun, als ob es ihr Leid tun würde. Und auch wenn, hätte sie es gestern auch wissen können. Aber irgendwie kapiert sie das ja nicht. Die glaubt ja immernoch, ich hätte keine Gefühle. Nur liegt sie damit total falsch, weil sie es ja alles wusste. Ich erzähl ihr nie wieder was. Dann merkt sie es auch nicht, wenn ich traurig bin. Oder tröstet mich und weiß nicht wieso. Und vorallem hätte sie jetzt dann auch keine Schuldgefühle. Hat sie aber. Nun, ich weiß, dass sie ja eigentlich berechtigt sind. Ich genieße es vermutlich auch, aber irgendwo tut es mir weh. Sie ist ja schließlich meine Schwester.
Ich gehe jetzt lieber in mein Zimmer, sonst muss ich ihr noch verzeihen. Denn ich kann meiner Schwester nie wirklich lange böse sein. Aber momentan passt es mir gar nicht, dass ich ihr nach soetwas einfach so vergebe. Das hat die Anna nämlich gar nicht verdient. Sowas ist was größeres als mal die Schokolade der anderen aufzumampfen. Ja, ich würde es als vertrauensverletzend bezeichnen. Vermutlich gibt mir dabei auch jeder Recht. Scheiße, ich lass mich aufs Bett fallen und starr die Wand an. Aber den ganzen Abend halt ich das bestimmt eh nicht aus. Mist. Läuft ja sowieso wieder drauf raus, dass ich ihr verzeihe. Nein, diesmal nicht, ich lass mich doch nicht verarschen.
Es klopft an der Tür. Ist bestimmt Anna. Dumm, dass ich meinen Schlüssel verloren habe. Auch wenn ich jetzt sage, dass ich nicht will, dass sie reinkommt, kommt sie bestimmt sowieso rein. Ist ja klar, die Privatsphäre die ich gerne hätte, halten alle nur für Tarnung, dass ich etwas besonderes sein will. Scheiße man.
"Jana mach bitte auf." "Verpiss dich." "Du bist wiederwertig." Nein, wieso sagt sie das? Weiß Anna, dass ich es liebe, wenn sie mich so nennt? Ich glaube mir macht es Spaß, dass sie mich abscheulich findet. Da bilde ich dann irgendwie ein, ich sei eine Ausnahme. Außerdem klingt es irgendwie versöhnlich. Aber ich mache nicht auf, ich bin ja nicht dumm. Sie soll wenigstens Sekunden so leiden, wie ich bei Nadias Worten gelitten habe. Auch wenn es in meinen Augen quasi als unmöglich erscheint.
"Mach auf, Kleines." "Kapierst dus nicht? Ich will nicht mit dir labern." "Aber das müssen wir, wenn wir nicht ewig Streit haben wollen." Klar hat sie Recht. Anna hat immer Recht. Ich weiß nicht wie man so perfekt sein kann. Aber für mich zeichnet sie der Perfektionismus in Person. Es ist beinahe abartig und eigentlich nehme ich sie mir auch nicht als Vorbild, aber beeindruckend ist es ja schon.
"Will ich aber. Und ob dus willst oder nicht, geht mir am Arsch vorbei." Irgendwo würde ich annehmen, dass mich Schimpfwörter auszeichnen und ich weiß auch nicht, wieso meine Schwester es schon so lange mit mir aushält. Ist echt komisch. Manchmal kapier ich mich ja selbst nicht und ich will mich auch ständig ändern, aber wenn mir dann wieder jemand sagt, sei einfach doch selbst und dann passt alles, bin ich wieder so verunsichert, dass ich Monate lang hinterher bin, wer ich überhaupt bin. Schon scheiße, wenn man so im Unklaren mit sich ist. Aber total.
"Jana, verdammte scheiße, ich mach jetzt einfach auf." "Fick dich und bleib draußen." Die Tür geht gerade einen Spalt auf und ich weiß jetzt gar nicht, wie ich reagieren soll. Ich werfe einfach mein Kissen gegen die Tür und ohne das ich es wirklich realisiere, gleitet mein Blick zum Fenster. Es sind verdammt hohe 4 Meter bis nach unten. Aber scheiß drauf, momentan habe ich eh keine Lust zu leben. Also stehe ich auf, bin noch immer nicht im Klaren darüber, was ich jetzt mache und starre schon hinunter auf die scheinbar endlos baumelnde Straße. Scheiße ist das hoch. Anna ist schon durch den Schlitz geschlüpft und hastet auf mich zu.
"Kleines, mach keine Scheiße." Schreit sie noch, ich höre es noch lange Zeit in meinen Ohren ringen. Aber es ist schon passiert. Ich habe mich mit beiden Händen abgestoßen, als meine beiden Beine in der Luft baumelten.
Kapitel I
Tränen
Ich spüre meine Beine nicht mehr. Was ist passiert? Bin ich wirklich gesprungen? Von meinen Handflächen trieft Blut und ich sehe oben, wie Anna hektisch am Fenster herumwuselt. Hoffentlicht springt sie nicht auch. Es reicht wenn mir etwas weh tut, aber wenn sie Schmerz hat, ist alles schlimmer. Lieber ich als die Anna. Die ist nämlich perfekt und zu ihrem Perfektionismus passt keine Schwäche. Ich weine und spüre gleichzeitig Blut auf der Unterlippe. Es schmeckt leicht salzig, aber der eiserne Anteil siegt am Ende doch. Vermutlich haben meine Tränen die rote Flüssigkeit auf meine Zunge getragen. Aua, es tut so weh.
Ich weiß, dass Anna jetzt alles gibt, um mich zu retten. Eben das, was es noch zu retten gibt. Sie ist nämlich eigentlich gar nicht so böse, wie ich mir immer einrede. Und bei diesen scheiß Gedanken, habe ich schon fast vergessen, wie dreckig es meiner Seele geht. Aber das ist jetzt auch egal. Annas Hand liegt nämlich schon auf meiner Schulter. Die tut auch weh, besonders wenn meine Schwester sie berührt. Aber ich will das sie es tut, dann merke ich wenigstens, dass sie nicht sauer ist. Denn sie ist ganz sanft. Vielleicht habe ich ja dadurch unsere Auseinandersetzung beseitigt. Ich glaube wirklich, dass ich es geschafft habe.
Anna weint. Wieso weint sie? Ich muss doch eigentlich weinen. Mir tut es doch weh und nicht ihr. Sie soll aufhören, bitte mach, dass sie aufhört. Ich will nicht, dass ihre Tränen mein Haar benetzen. Anna, bitte hör auf zu weinen. Ich will weinen, aber du nicht. Ich will das nicht. Bitte, hör mir doch zu.
Sie streicht über mein Gesicht und ihr Blick sinkt in den meinen. Ich glaube, sie ist sehr traurig, über das was ich getan habe. Mama kommt heute Abend aus der Klinik zurück. Aus der Klinik, in die ich bald noch muss, weil meine Verletzungen zu groß sind.
"Wie kannst du nur..." Bringt sie hervor, aber ich sehe sie nur unschuldig an, schweige. "Ich liebe dich doch, Kleines." Sie kann mir doch ruhig sagen, dass meine Tat wiederwertig war. Aber egal was Anna sagt, ich liebe ihre Worte und ihre Stimme. Sie klingt so sanft und beruhigend. Anna soll nicht mehr aufhören zu reden, dann ist der Schmerz zu ertragen, glaube ich.
"Ich hole den Arzt. Tut dir was weh? Jana, Kleines, ist dir was passiert? Hast du dir was gebrochen?" Es sind soviele Fragen, die ich gerne beantworten will. In diesem Augenblick möchte ich einfach nicht wiederwertig sein. Ich weiß nicht, wieso ich nicht kann. Es ist komisch.
Sichtwechsel
Ich renne ganz schnell zum Arzt. Ich wollte nicht, dass es soweit kommt. Jana ist wirklich komisch. Sie tut immer so unüberlegte Dinge, bringt nie etwas zuende. Aber vorhin hatte ich Angst, dass sie es zum ersten Mal tut. Und zwar mit ihrem Leben. Es sind 4 verdammte Meter, die sie gesprungen ist. Ich musste sie eben auf der Straße zurück lassen, aber es geht eben nicht anders. Wenn sie immer so eine Scheiße baut. Aber momentan ist mir nicht danach, Jana Vorwürfe zu machen. Sie ist meine Schwester, ich liebe sie doch. Es wäre schrecklich,. würde ein harmloser Streit ihr das Leben nehmen. Schließlich weiß ich jetzt, dass ich kräftigen Mist gebaut habe. Eigentlich bin ich die vernünftigere von uns beiden. Aber gestern Abend, ist einfach der Stier in mir losgegangen. Ich wusste, dass Jana Sam toll findet. Er ist schokoladen braun und ein wirklich hübscher. So alt wie ich und ist früher mal in meine Parallelklasse gegangen. Von Mittags war ich noch total sauer auf meine Kleine. Sie hat wiedermal total den Aufstand geschoben und mir dämliche Dinge vorgeworfen. Ich habe sie fein getadelt, immerhin will ich einmal, dass sie es zu etwas bringt. Und die Hoffnung habe ich auch noch nicht aufgegeben. Aber Jana scheint das nicht zu verstehen. Sie nörgelt von morgens bis abends, versteht einfach nicht, dass das Leben kein Klacks ist.
Ich biege gerade in die Straße ein, in welcher der Arzt wohnt. Wir haben nämlich kein Telefon. Meine Mutter ist schon wieder in die Klinik gekommen und unser Vater, von dem haben wir nie was gehört. Mama sagt, er wäre direkt nach ihrer Schwangerschaft abgehauen. Beschissener Feigling. Er wusste genau, dass sie krank ist. Ich weiß nicht genau was sie hat und es ist auch schwer für mich, das zu verstehen. Keine Ahnung, wieso sie es uns nicht sagen will. Aber Jana fragt ständig, will alles genau wissen. Nur kann ich ihr nicht mehr sagen, als, dass Mama in einer Klinik ist, weil sie schlimm krank ist und Jana bloß nett sein soll, wenn sie heute Abend wiederkommt. Sie zieht es ganz schön runter. Obwohl sie mehr fixiert auf Jungs ist, braucht sie meine Mutter als Stütze und weil diese ihr das nicht bieten kann, muss ich jedesmal dafür sorgen, dass es ihr gut geht. Ich bin quasi ihre Ersatzmutter.
Nun ist die Tür erreicht, die rettende Klingel. Ich hoffe, Jana geht es noch gut. Ich klingele sturm. Gleich steht der Doktor auf der Matte und sieht mich mit seinem schielen Blick an.
"Was gibts denn? Gehts Mama nicht gut." Doktor Britt ist voll okay. Er ist auch schwarz und behandelt uns nicht so herablassend wie die anderen. Immer wenn Mama wieder eine ihrer Schwächeanfällen hat, kommt er und versorgt sie. Er ist gut, glaube ich.
"Nein, Jana ist gesprungen." Meine Worte bringen es nicht gleich auf den Punkt und teoretisch verschwende ich kostbare Lebenzeit von Jana, aber irgendwie bringe ich es nicht fertig, ihm gleich alles zu schildern. Deshalb habe ich auch eben abgebrochen.
"Gesprungen? Wie meinst du das?" Ich glaube Kay merkt, dass es um etwas wichtiges geht und fragt mich nichtmal, wie es Mama geht oder wieso sie gesprungen ist.
"Aus dem Fenster. 4 Meter tief. Wir haben uns gestritten. Jetzt liegt sie da und spricht nicht." Ein Notfall, verdammt, vorher dachte ich noch, dass es nicht so schlimm sei, doch der Dok rafft gleich seinen Koffer zusammen und hastet mir hinterher.
Mama kommt heute Abend. Bestimmt ist sie voll sauer, wenn Jana im Krankenhaus liegt. Und auch noch wegen mir. Weil ich ja eigentlich immer auf sie aufpassen sollte. Scheiße, ich hab total Angst.
Jana hat die Augen zu, das sehe ich schon aus der Ferne. Sie liegt da zusammengekauert. Kein Schwein interessiert sich für sie. Eben ist eine Weiße vorbei gekommen, das habe ich gesehen und sie hat scheinbar nicht einmal zu ihr geguckt. Bestimmt weil Jana schwarz ist. Nicht richtig kohlschwarz, aber schwarzer als ich. Mama sagt, ich komme mehr vom Äußeren nach Papa. Der wäre beinahe weiß gewesen, genauso wie ich. Ich ähnelte von meiner Farbe her einem Karamellbonbon. Jana eher einem Kakao, genau wie Mama.
"Jana, Jana, hörst du mich?" "Wieso bewegt sie sich nicht? Es ist doch nicht schlimm oder?" "Mach mal den Koffer auf, Anna." "Es ist nicht schlimm, nicht schlimm oder? Bis Mama heute Abend kommt, ist sie wieder gesund. Es ist auch nicht wegen mir. Sie wollte nicht springen. Sie ist bestimmt nur ausgerutscht. Ich bin nicht schuld oder?" Kay sieht mich nur an, streckt die Hand nach dem Koffer aus, aber ich bin nicht fähig ihn zu öffnen und zu reichen. Er muss es selbst machen. Bittet mich wieder rein zu gehen, aber ich mache das nicht. Ich kann mein Kleines doch jetzt nicht ohne weiteres hier liegen lassen. Obwohl sie ja sowieso bald wieder aufsteht und mit mir tobt. Dann hasse ich sie wieder und sie sagt mir gleiches, aber eigentlich liebe ich sie ja.
Der Doktor holt sein mobiles Telefon raus. Es ist ziemlich fett und schwer, aber damit kann er überall anrufen. Jana und ich hatten immer davon geträumt auch so eines wie Kay zu haben und meine Schwester meinte dann immer:'Damit würde ich Papa anrufen.' Ich war von ihrer Idee anfangs beeindruckt, aber mit der Zeit, als sich ihr Wille immer mehr versteifte, versuchte ich es ihr auszureden.
Sichtwechsel
Anna steht plötzlich schnaufend vor meiner Haustür. Sie ist ein bildhübsches Mädchen, ziemlich schlank und ihre Haut karamell farben. Annas Mutter ist eine herzensgute Frau, welche aus gesundheitlichen Gründen oft Monate in einer Klinik bleiben muss. Jana wird dann von Anna versorgt, welche beide aufgrund ihrer Hautfarbe schief angesehen werden. Ich selbst bin kakaoschwarz, doch als Arzt habe ich genug Arbeit und genug Geld, um mich und meinen Sohn am Leben zu erhalten.
Anna berichtet mir atemlos, was passiert ist und ich merke allein an der Stimme, mit welcher sie spricht, dass etwas nicht stimmt. Als das Mädchen mich zum Unfallsort geleitet, macht sich ihr Schock bemerkbar. Sie redet wirres Zeug und ist nicht in der Lage, mir beim Versorgen ihrer Schwester zu helfen. Um Jana steht es schlecht. Ich vermute, dass sie sich Knochen gebrochen hat und eine schwere Gehirnerschütterung. Sie ist in Ohnmacht gefallen und deshalb zählt von nun an jede Sekunde. Es ist zwecklos, Anna zu befehlen ins Haus zu gehen, denn in ihrer Lage ist sie nicht mehr Herr über sich selbst.
Ich krame nach dem mobilen Telefon und wähle die Nummer des Krankenhauses.
"Krey hier." Meldet sich der Assistenzarzt. Ich erkenne ihn sofort. "Ein Notfall, Mädchen ist 4 Meter gefallen, Ohnmacht und Knochenbrüche. Verdacht auf innere Blutungen. Schwere Gehirnerschütterung. Mailstreet 26." "Gleich da, Doktor Britt." Er hat mich auch erkannt. Meine Stimme bebt und als mein Blick Anna streicht, ist mir richtig Elend zumute. Ihre Familie hat soviele Sorgen und nun auch noch das. Ich will nicht fragen, was genau vorgefallen ist, denn ich weiß, dass Anna schweigen würde und überhaupt nicht in der Lage wäre, Bericht zu liefern. Also tue ich es ihr gleich und starre das schwarze Mädchen an. Habe sie schon in die stabile Seitenlage gelegt und ihr Spritzen verabreicht. Mehr kann ich nicht tun. Außerdem ist meine Ausrüstung schwach, schon deshalb, weil ich nicht genug Geld für mehr habe.
Es dauert nicht lange, bis Motorengeräusche die verletzende Stille durchbrechen und das Blaulicht am anderen Straßenende auftaucht. Erleichtert erhebe ich mich, Anna bleibt sitzen.
Männer in Schutzkleidung kommen angerast, mit Koffern bepackt und schieben mich weg, ehe ich Anna packen kann. Ein Mann zieht sie am Arm hoch, doch sie rührt sich nicht.
"Jaaana! Jaaana!" Wimmert sie leise und beginnt mit dem Oberkörper zu wippen.
"Anna." Meine Hand streckt sich zu dem jungen Mädchen aus, doch ich werde weggeschoben. Es ist zwecklos, ich muss sie ihrem Schicksal und den Männern in weis überlassen. Arme Anna, meine arme Anna...