Huch *freuz*
Danke für die lieben Kommentare <3
Dann will ich euch gleich einmal den 5 Teil präsentieren. Der ist wieder etwas länger und ich hoffe er gefällt euch auch.
5. Teil
„Nun ja, viel zu erzählen gibt es vielleicht nicht mehr. Es waren Experimente, die sie mit uns machten, damit die Forschung besser voran ging und sie mehr Geld gewinnen konnten. Alle paar Tage war man dazu gezwungen eines dieser Experimente zu durchstehen und es kam nicht selten vor, dass ich oder andere Patienten dem Tod unheimlich nahe kamen. Ja, einmal hatte er mich schon fest in der Hand, aber im rechten Augenblick verabreichte mir ein Arzt noch das richtige Gegenmittel. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn der Arzt noch einige Sekunden gezögert hätte. Das habe ich damals jedenfalls gedacht und heute? Nun ich weiß es nicht genau… Aber lassen wir das. Es war qualvoll und schmerzhaft, jedes einzelne Mal. Aber wissen Sie, nicht diese Experimente waren das Schlimmste. Nein, schlimmer war es den Tod selbst zu sehen, wenn irgendeiner der Patienten eine Überdosis der Medikamente bekommen hatte oder ihre Körper einfach nicht stark genug waren, um die Schmerzen zu durchstehen. Ich hatte die anderen Patienten nie richtig kennen gelernt, aber immerhin etwas und somit war der Schmerz jedes Mal groß, denn mit jedem weiteren Blick auf den Tod, wurde mir doch selber stets bewusster, dass auch ich jederzeit den Tod darstellen könnte.
Patrick wurde bald einer meiner Freunde, wir redeten nicht unbedingt viel, das tat keiner, aber das einfache Beisammensein und die Gewissheit, dass man sich eigentlich auf den anderen verlassen konnte, schweißte uns zusammen. Ich wünschte die Anstalt wäre schon eher entdeckt worden, schon viel eher. Denn sie hat es auch geschafft mit den einzigen Freund zu nehmen, den ich je in mein Leben hatte. Patrick starb ebenfalls an einem der Experimente und von da an, hatte ich kein Wort mehr in der Klink von mir gegeben. Denn was brachte es groß zu reden, wenn man dem Tod jeden einzelnen, qualvollen Tag näher kam? Eben nichts. Und dennoch warf ich immer wieder einen Blick aus dem Fenster, in der Hoffnung etwas Trost zu finden, aber das einzige was ich immer sah, war die reinste Trostlosigkeit und die Natur schien sogar in der Lage zu sein, das Leid der Patienten widerzuspiegeln. Und dann war da noch die Mauer, aus reinem grauen, toten Beton, welche nur durch ein Tor passiert werden konnte. Jeden Tag sah ich diese Trostlosigkeit, welche mir die Hoffnung aus den Adern zog, genau wie es die Medikamente taten.
Auch sollte mir nach einigen Monaten in der Anstalt klar werden, dass mich die Welt da draußen vergessen hatte. Meine Familie informierte sich nicht mehr nach meinem Wohlbefinden oder nahm mit mir persönlich Kontakt auf. Sie vergasen mich, genau wie es alle Menschen taten und löschten mich aus ihren Köpfen. Ja, und irgendwann habe auch ich diese Welt, in der ich nun wieder durch einen glücklichen Zufall lebe, vergessen. Nachdem mir all diese Dinge klar geworden sind und ich mich schon fast völlig damit angefunden habe, dass auch ich in der Anstalt sterben würde, tauchte Jake erneut auf. Er tauchte immer zwischendurch auf, in unregelmäßigen Abständen, aber meistens war er nur da, um zuzusehen und mir vielleicht mit seinem Erscheinen weiter etwas Hoffnung zu geben. Ich weiß es bis heute nicht genau und ich habe ihn auch nie danach gefragt. Als er jedoch damals aufgetaucht war, entschloss ich mich doch noch einmal zu reden… „Du hast gesagt, es würde alles gut werden“, warf ich dem 19-Jährigen vor, der nicht mit mir gealtert war, vor. „Stimmt, das habe ich, mein Freund“, erwiderte er und ein sanftes Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Aber es wird nicht besser, ich habe alles verloren, sie haben mir alles genommen, was ich einmal hatte“, meinte ich und Tränen waren mir plötzlich über die Wangen gelaufen. „Das mag sein, George. Aber es wird alles gut.“ Dann war er wieder verschwunden.
Zwei Tage später fiel ich in ein Koma und kam in ein Krankenhaus in New York. Als ich 19 Tage später erwachte, war mir sofort klar, dass ich fliehen musste und das tat ich, obwohl ich doch nichts besaß. Ich kam bei einem alten Bekannten unter, ich hatte ihn durch den Aufenthalt in der Anstalt 4 Jahre lang nicht gesehen und dennoch empfing er mich mit offenen Armen, vielleicht lag es einfach daran, dass er selber einsam war oder aber, weil er sehen konnte, welches Leid ich zu durchstehen hatte. Michael Stine hieß er, 78 Jahre alt war er bereits gewesen und er allein war bereit gewesen mir zu helfen, wir gaben mir eine neue Identität… Aber was hat mir das schon noch gebracht? Was bin ich denn noch? Nur ein Mann von 38 Jahren, der keine Seele mehr in seinem Innern trägt…“
George verstummte ein weiteres Mal. Er hatte nur noch mit leiser Stimme gesprochen, in dieser hatte man den Schmerz hören können und seinen Augen erkannte man die unendliche Trauer. Er wusste selber er hatte die Geschichte stark zusammengefasst und doch wusste er auch, dass es das richtige war. Er hatte die ganze Zeit über nicht die Reporterin angesehen, während sich Tränen in seinen Augen gesammelt hatten und ihm etliche Bilder aus der Anstalt durch den Kopf gegangen waren. Mit dieser Erzählung musste er feststellen, dass er nichts von alldem ansatzweise vergessen hatte. Die Erinnerungen hatten sich in seinem Kopf eingebrannt und es tat ihm weh an jene Zeit zurückzudenken. Es war das erste Mal, dass er diese Geschichte erzählt hatte, selbst dem alten Michael hatte er sie nie erzählt, obwohl er von ihm etliche Male danach gefragt worden war. Er löste sich von den schmerzenden Erinnerungen und blickte Julia an. Erstaunt musste er feststellen, dass sie ihm weinend gegenüber saß. Sie schwieg und wusste nicht, was sie sagen sollte, während sie sich nur ansatzweise vorstellen konnte, welch ein Leid der 38-Jährige Mann zu durchleben hatte. Einige Minuten lang herrschte eine unangenehme Stille zwischen den beiden.
„Entschuldigung“, murmelte die junge Frau plötzlich und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich meine, es muss grauenhaft gewesen sein“, setzte sie hinzu und konnte nicht richtig fassen, dass die ganze Geschichte wahr war. „Die Ärzte, vor allem der Leiter, Dr. Ocin, sie alle wurden nur angeklagt, weil sie sich nicht bemüht haben, die Menschen zu heilen und sie ihnen scheinbar zu wenig Essen gaben. Sie wurden nicht angeklagt, weil sie Sie gefoltert haben. George, Sie müssen mit dieser Geschichte an die Öffentlichkeit“, erklärte sie ihm im ernsten Ton. „Das weiß ich. Ich weiß, dass sie nur aus diesem einen Grund angeklagt werden, wenngleich ich der Meinung bin, dass nie einer von uns Patienten zu ‚heilen’ war. Wir mochten unsere Fehler haben, aber die hat doch jeder, nicht wahr?“, erwiderte er auf ihre Worte, aber ehe sie etwas sagen konnte, fuhr er fort. „Ich bin nur aus diesem einen Grund hierher gekommen, damit Sie dafür sorgen, dass die Geschichte an die Öffentlichkeit kommt.“