Bin gerad in einer absolut kreativen Phase und schreibe wie eine Irre. Mein Kopf steckt voller Ideen, mal sehen, wie weit ich komme. Hier jetzt erst mal der versprochene längere Teil
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Sie saß immer noch auf dem Sessel und entgegen meiner Erwartung hatte sie nicht in meinen Sachen gewühlt sondern sah verträumt aus dem Fenster.
Anscheinend hatte sie mich nicht bemerkt. Ich räusperte mich kurz und sie schreckte zusammen. „Oh, ich hab dich gar nicht bemerkt.“ Ach nein, wirklich? Ich wartete auf irgendetwas, schließlich war sie zu mir gekommen. Doch nichts kam. Nach einem Moment des Schweigens wurde es mir zu dumm und ich rang mir ein „Warum bist du hier?“ ab.
Schuldbewusst blickte sie auf. „Ich... also ich... deine Mutter hat mich reingelassen...“ Warum war sie so unsicher, ich schüttelte den irritiert den Kopf, was sie wohl als Verärgerung verstand.
“Ich kann wieder gehen, wollte nicht stören...“, stammelte sie und stand auf um in Richtung Tür zu gehen. Ohne recht zu wissen was ich tat, hielt ich sie am Arm fest und sah sie fragend an. „Warum bist du denn gekommen?“ Sie war mindestens genauso verwundert über diese Geste wie ich, blieb aber stehen und fuhr schon etwas ruhiger fort. „Ich wollte dich fragen, ob du weißt, wo man hier am Wochenende hingehen kann. Ich kenn ja nur diese Partygirls und na ja, ich such eher nach Konzerten, gute Musik und so. Da dachte ich, du weißt sowas... vielleicht?“
Ich konnte nicht anders als sie anzulächeln, so zaghaft fragte sie. Sie hatte ja sogar Recht, ich kannte mich in der Szene aus. „Ich fahr heut Abend zu ’nem Konzert, da kannst du ja mitkommen, wenn du Lust hast.“
Sekunde! Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Ihrem erfreuten Gesichtsausdruck nach zu beurteilen ja. „Ähm, nur ein paar kleine Bands, nichts Besonderes”, versuchte ich die Situation zu retten, doch es war bereits zu spät. „Das wäre echt klasse, wann geht’s denn los?“, fragte sie begeistert.
Herzlichen Glückwunsch, Sam, was war das denn? Jetzt durfte ich also den Abend in Freiheit mit ihr verbringen. „Um 7“, brummte ich und sie sah mich forschend an. Um sie loszuwerden, fügte ich hinzu, „Komm einfach um kurz vor 7 zum Bahnhof, ok?“
“Ja, sicher“, erwiderte sie und ging in Richtung Tür. Super, sie hatte die Nachricht verstanden. „Bis später“, rief sie noch und dann hörte ich sie auch schon die Treppe runtereilen.
Ruhe. Frieden. Freiheit. Erleichtert drehte ich meine Musik wieder auf und schnappte mir ein Buch.
Ich hatte mich so in meine Lektüre vertieft, dass ich um 10 vor 7 beim zufälligen Blick auf die Uhr erschrak. Hastig schlüpfte ich in meine Schuhe, zog mir meinen Mantel über und griff gekonnt nach Schlüssel, Geld und Handy. Voller Vorfreude auf den Abend, rief ich meiner Mutter ein freundliches „Tschüß, ich komm heut Abend später“ zu und sie sah überrascht auf. Bevor sie allerdings etwas erwidern konnte, war ich schon zur Tür heraus und hetzte Richtung Bahnhof.
Gerade noch rechtzeitig sprang ich in den Zug, als mir plötzlich wieder einfiel, dass ich Keira versprochen hatte, sie mitzunehmen. Genau in diesem Moment hörte ich auch schon ihre Stimme, „Pünktlichkeit ist wohl wirklich nicht deine Stärke!“ Ich grinste sie nur ironisch an und ließ mich auf den Sitzplatz ihr gegenüber fallen.
Die Landschaft rauschte wie meine Gedanken an mir vorbei. Wie Gedanken, die sich nicht fassen lassen, für einen Augenblick gegenwärtig, doch im nächsten bereits vorübergezogen. Mit ihnen geht jedes Mal ein Stück von mir, bis ich nur noch in die Leere blicke und sich ein angenehm dumpfes Gefühl in meinem Kopf ausbreitet. Einfach nichts denken, vor sich hinstarren und die Welt an sich vorbei ziehen sehen.
„Nächster Halt: Bremen Hauptbahnhof“ Die monotone Frauenstimme aus dem Lautsprecher holte mich zurück in die Welt, die eben noch an mir vorüberzog als gehörte sie nicht zu mir. Ich saß im Zug, mir gegenüber Keira, wir sind in Bremen angekommen. „Wir müssen hier raus“, brummte ich und stand auf. Ohne darauf zu achten ob sie mir folgte, schlurfte ich in Richtung Tür und als der Zug mit einem Ruck zum Stillstand kam, setzte ich einen Fuß hinaus in die angenehm kühle Luft eines Herbstabends. Das rege Treiben auf dem Bahnsteig nahm ich nur beiläufig wahr, ging bewusst meinen Weg hinaus aus dem Bahnhof in die Dämmerung, weg von den belebten Straßen in schmale Seitengassen; atmete die süßliche Luft, die immer wieder neue Gerüche vorbeitrug, fühlte Laub unter meinen Sohlen, konzentrierte mich völlig auf meine Wahrnehmung, hörte hastige Tritte hinter mir und wusste ohne mich umzusehen, dass Keira mir folgte. Ihre Schritte klangen gehetzt, meine dagegen ganz und gar entspannt, ich kannte meinen Weg, ging schließlich fast jeden Freitag meinen Weg in die Freiheit.
Eine Freiheit, die man daran erkennt, dass die Straßen immer enger und leerer werden, dunkel und verlassen wirken, bis man plötzlich vor einer alten Fabrikhalle steht, aus der Musik und Stimmen erklingen.
Vor dem großen Tor sah ich mich das erste Mal um, meine Vorfreude auf den Abend brachte mich dazu Keira mit einem glücklichen Grinsen das kleine Stück Paradies auf Erden vorzustellen. „Et voilà“, strahlte ich. „Wir sind da!”
Ihr Blick wanderte an dem rostigen, vollgesprayten Gebäude entlang, sie lauschte angestrengt der Musik und erwiderte dann ebenso lächelnd, “Genau hier wollte ich hin!“
Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich jemandem Einlass in mein wohlgehütetes Privatleben verschaffte, doch bevor ich näher darüber nachdenken konnte, hörte ich eine raue Stimme meinen Namen brüllen. „Saaaaaam, dass man dich hier mal wieder sieht“, die Stimme gehörte eindeutig zu Tom, dem wohl einzigen Menschen, den ich eventuell als Freund bezeichnen würde, zumindest was die Abende in dieser Halle betraf.
„Hey“, rief ich ihm entgegen. „Was dachtest du denn, dass ich das hier aufgebe, niemals!“ Sein Blick wurde ernst als er beinah flüsternd antwortete, „Nein, aber dass du das Leben aufgibst!“
Mit diesen Worten hatte er einen wunden Punkt getroffen und das wusste er auch. Ich sah ihn finster an, wollte nicht darüber nachdenken, einfach nur den Abend genießen. „Komm“, zischte ich in Richtung Keira, die in dieser Situation etwas untergegangen war und drängte mich an Tom vorbei ins Innere der Halle.
“Sam, hey“, „Yeah, Sam“, „Sam, was geht?“, tönte es mir aus allen Richtungen entgegen, doch ich bedachte keinen mit einem Blick, sondern ging zielstrebig zur Bar und bestellte zwei Bier. Ohne nachzudenken, drückte ich Keira eins in die Hand und kippte das Zweite mit einigen großen Schlucken runter. Jetzt konnte der Spaß ja losgehen!