Soa, hab noch einen Teil gefunden, den ich letztens mal geschrieben hab
„Was soll das?“ fragte ich, verstand nicht, warum er plötzlich so komisch war. Vielleicht hatte er die Trennung ja doch nicht so einfach weggesteckt. Manche zeigten das schließlich nicht sofort. „Was soll was? Ich lasse mir von dir keine Vorschriften machen, wie ich zu reagieren habe – und jetzt raus!“ war seine Reaktion, doch ich weigerte mich. „Ich will wissen, was hier für ein Spiel gespielt wird. Warum bist du plötzlich so abweisend? Hab’ ich dir was getan?“ „Allerdings – du nervst, und nun geh!“ Ich gab es auf, er wurde nur noch wütender. Enttäuscht verließ ich das Zimmer, schlug die Tür hinter mir zu, was Linda gleich kritisierte, indem sie von unten schimpfte. Ich verzog mich in mein Zimmer und beschloss, mal wieder Mirja anzurufen. Ein langes „Tuuuuuut.“ kam nach dem anderen und es schien kein Ende zu nehmen. Niemand nahm ab, nur der Anrufbeantworter ging an. „Kein Anschluss unter dieser Nummer. Sollten sie trotzdem eine Nachricht für Mirja hinterlassen wollen, sprechen sie bitte nach dem Piepton. Piep.“ „Hi Mirja, ich bin’s – Kimi. Meld’ dich doch bitte mal, wenn du das hier hörst. Ich muss mal mit dir reden. Dankeschön.“
Ich wollte aber nicht allein auf diesem großen Bett sitzen, alles war so leise. Ich konnte die Ruhe einfach nicht ertragen. Ich suchte mein Zimmer nach dem CD-Player ab, fand ihn im Schrank wieder, wo ich ihn zunächst abgestellt hatte, und wählte eine CD von Linkin Park aus, die ich der Reaktion Mike’s wohl etwas zu laut anstellte. „Mach die scheiß Mukke aus!“ war sein Kommentar, als er die Tür öffnete und sie gleich danach wieder krachend ins Schloss fallen ließ. Ich machte die Musik etwas leiser, dachte allerdings nicht daran, sie aus zu machen. Der Typ musste ja echte Probleme haben, so wie er sich mir gegenüber verhielt. So schlimm hatte ich mich schließlich nicht verhalten. Ich saß noch einige Zeit auf dem Bett rum, wollte dann doch endlich etwas machen. Ich stellte die Musik ab und lief die Treppe hinunter. Glücklicherweise traf ich Andy, der mich gleich ausfragte, ob ich denn schon Pferde gefunden hätte, die mir gefielen. Ich begann von Pina zu schwärmen, von Lukes Gängen und berichtete auch, dass ich Mexican und Aliandro noch nicht geritten war. Ein bisschen verärgert über Mike beschloss Andy, das gleich nachzuholen. Er meinte, ich könnte sie auch allein testen. Immerhin wäre ich mit Pina klar gekommen, der Rest dürfte kein Problem mehr sein.
So machte ich mich allein auf den Weg, zunächst zu Mexican. Ich hatte viel Respekt vor dem muskulösen Hengst, doch zwang ich mich dazu, ihm nicht einfach alles durchgehen zu lassen. Ich nahm Halfter und Strick mit und schlüpfte in die Box. Wenn auch ein wenig widerwillig ließ Mexican sich aufhalftern und herausführen. Ich band ihn an und machte mich auf die Suche nach Putzzeug, was allerdings nicht schwer zu finden war. Sein Putzkasten stand, wie auch die der anderen Pferde, in der Sattelkammer, dick und fett mit dem Namen des Pferdes gekennzeichnet. Ich nahm den mit der Aufschrift „Mexican“ mit und begann den Dreck aus dem Fell des Pferdes zu entfernen. Der Braune schaute mir interessiert zu, untersuchte mich vergeblich nach Leckerlis. Beim Hufegeben versuchte er immer wieder nach meinem Hintern zu schnappen, doch ich wich geschickt aus. Ich kannte eine gewisse Stute, die ganz zufälligerweise Syrena hieß und dieses Spiel beim Hufeauskratzen geradezu liebte… Doch ansonsten war der Hengst verhältnismäßig brav.
Als er endlich sauber war, holte ich auch noch Sattel und Trense. Es war wirklich gut gemacht, dass sich überall Namensschildchen befanden. Ich bekam den Sattel kaum auf den Rücken des Pferdes, doch mit ein wenig Mühe schaffte ich es, fest entschlossen, mich das nächste Mal mit einem Hocker zu bewaffnen. Das Auftrensen lief noch weniger harmonisch ab. Sobald ich Mexican das Halfter abgenommen hatte, schoss der Kopf des Hengstes in die Höhe und machte auch keine Anstalten, sich wieder auf normale Höhe zu begeben. Ein Pferdepfleger, der gerade vorbeikam, musste mir helfen, was mir doch recht peinlich war.
Als er fertig war und ich genauso marschierten wir in die Reithalle. Es herrschte reger Betrieb, denn draußen zogen dunkle Wolken auf und kündigten Regen an. Das hatte nicht nur ich bemerkt. Ich führte den Hengst einige Runden in der Mitte der Halle, gurtete nach und stieg auf. Die Halle war riesig, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Gut so, dachte ich nur, denn sonst wären ich den anderen sicherlich in die Quere gekommen.
Ich ließ Mexican im Schritt antreten, welcher die langen Zügel und meine Unaufmerksamkeit gleich ausnutzte. Er ging nicht ab, buckelte nicht, er galoppierte einfach in relativ ruhigem Tempo an, was mich umso mehr verwirrte. Ich versuchte ihn zurückzunehmen und durchzuparieren, doch der Hengst kämpfte gegen meine Hilfen an, legte an Tempo zu. Von wegen ‚Wenn du Pina geschafft hast, schaffst du auch die anderen.’. Das sah ich ganz anders.
„Richte dich noch mehr auf und setz dich tiefer in den Sattel. Der testet am Anfang immer, also setz dich durch.“ rief mir ein anderer Reiter zu. Ich versuchte die Tipps umzusetzen, doch es gelang mir nicht so, wie ich wollte. Es dauerte einige Zeit, bis ich den Hengst wieder im Schritt hatte. Irgendwie war das nichts für mich.
Ich entdeckte Andy in der Ecke an der Bande. Ich rief kurz „Ecke frei, bitte.“ und ritt hin. „Ich glaube nicht, dass ich mit ihm klar komme, das ist einfach nichts für mich.“ murmelte ich. „Du reitest ihn gerade das erste Mal, und das ist nun mal einer, der austestet, was er darf, und was nicht. Du scheinst unsicher zu sein, vor allem, wenn dir jemand zuschaut und das merkt er auch. Ich würde sagen, wir vergessen ihn für heute und wenn ich Zeit habe, gebe ich dir eine Stunde auf ihm. Dann kommst du bestimmt besser mit ihm klar. Ich denke schon, dass ihr eigentlich ganz gut zusammenpasst und einen Versuch ist es wert.“ antwortete er mir und lächelte mich aufmunternd an. „Marcel, bewegst du gleich bitte noch ein wenig Mexican? Bine soll André gleich bitte fertig machen, dann kannst du gleich wechseln.“ rief Andy einem der Reiter zu.
Ich nahm Mexican zunächst mit auf den Hof. Ich sollte ich noch nicht abtrensen, er würde ja gleich geritten werden. So drückte ich Bine die Zügel in die Hand und ging weiter zu Aliandro. Langsam aber sicher gewöhnte ich mich schon daran, das Pferd nachher gar nicht fertig zu machen, obwohl das komplett untypisch war. Es gehörte für mich einfach dazu und ich mochte nicht nur das Reiten, sondern auch den Umgang mit den Pferden.
Doch ich sagte nichts dazu und begrüßte den Rappen mit wunderschönem Stern. Seine Fessel am linken Vorderbein war weiß, ansonsten war er pechschwarz. Freundlich stupste er mich an, schaute mit seinen wunderschönen Augen aufmerksam zu mir hinüber. Ich strich ihm den langen Schopf zur Seite, ließ meine Finger über den muskulösen Hals des Tieres gleiten.