Nächster Teil
Größtenteils war ich zu faul, Absätze zu machen - Sorry *duck*
Ich nahm das bestickte Halfter vom Harken, ein rotes mit den Buchstaben „A, L, I, A, N, D, R“ und dem „O“ in gold. Es passte einfach zu dem Rapphengst, genauso wie der Strick. Ich betrat die Box und wollte aufhalftern. Für Aliandro schien das totale Routine zu sein – ich brauchte so gut wie nur das Halfter hinhalten und er schlüpfte hinein. Überrascht und erfreut schloss ich es und harkte den Strick ein. Der Hengst ging lammfromm neben mir her, was mich doch ein wenig misstrauisch machte. Es gab einige Tiere, die sich erst ganz lieb gaben, es aber faustdick hinter den Ohren hatten…
Doch Aliandro schien nicht dazuzugehören.
Ich führte ihn aus dem Stallgebäude heraus, denn ich wollte ihn draußen putzen. Eine Pflegerin, die sich als Shirley vorstellte drückte mir ein anderes Pferd in die Hand – gesattelt und getrenst. Was sollte das denn schon wieder?! Warum denn nicht noch mehr Pferde, mit denen ich klar kommen sollte?! „Ann sagte mir, dass Mike gesagt hat, ich soll mit dir tauschen. Mit Aliandro wäre das eh kein Problem und er hätte dich eben auf Mexican gesehen, also sollst du Mambo ausprobieren. Frag mich nicht, weshalb und warum – ich weiß es selbst nicht.“ plapperte sie herunter, als wäre sie in einem Schnell-sprech-Wettbewerb. Mike? Warum Mike? Ich hatte ihn gar nicht gesehen…
Doch danach würde ich ihn nachher fragen, falls er wieder normal war. „Achja, Außenplatz! Der verträgt sich nicht so mit den anderen. Da ist im Moment keiner drauf.“ rief Shirley noch, bevor sie mit Aliandro verschwand. Verdutzt stand ich da, schaute erst zum Pferd, dann zum Außenplatz. Doch dass ich so lange stand, schien der Hengst nicht zu verstehen und er hatte auch gar keine Lust darauf. Er begann auf der Stelle zu tänzeln und sich aufzuregen. Ich führte ihn in Richtung Außenplatz und begegnete Bine. „Ouh, du reitest Mambo? Viel Spaß …“ Sie grinste mich an, doch ich konnte ihre Reaktion nicht deuten. „Der ist ganz toll.“ antwortete sie mit einem kecken Lächeln. Sie wusste genau, worum es ging, da war ich mir sicher, doch sie sagte nichts weiter und verschwand. Nun war ich also wieder allein … allein mit einem Pferd, das jetzt schon total durch den Wind zu sein schien. Ich ging mit ihm auf den Platz, der etwas abseits gelegen war. Ringsherum wuchsen schattenspendende Bäume, außer dort, wo nun mal der Weg war. Der Platz schien ziemlich neu, oder zumindest frisch gestrichen. Ich hielt Mambo in der Mitte an und wollte nachgurten. Seitwärts-tänzelnd entfernte er sich immer mehr, doch dann hatte ich es endlich geschafft. Ich stellte schnell noch die Steigbügel ein und schwang mich in den Sattel. Gleich schoss der Kopf in die Höhe, er drückte den Rücken weg und begann zu traben, wenn man das so nennen konnte. Ich nahm die Zügel auf und versuchte ihn vernünftig durchzuparrieren, doch entweder gab ich eine vollkommen falsche Hilfe oder das Pferd hatte ganz einfach keine Lust darauf. Stattdessen buckelte er. Gerade noch blieb ich auf dem Sattel, hielt mich krampfhaft fest, vergas meine ganze Ausbildung und begann an den Zügeln zu zerren. Das Pferd schien keinesfalls darauf zu reagieren. Stattdessen machte er einfach weiter. Als ich zu fest im Maul zog, ließ er das buckeln und ich konnte mich in der kurzen Zeit wieder aufrichten. Doch nach einigen Schritten rückwärts stieg der Hengst, nicht kerzengerade, nein, aber für mich schien es in dieser Situation so. Ich saß hilflos, geradezu ängstlich auf dem Pferd, hatte so etwas noch nie erlebt. Was war das für ein Pferd?! Wie konnte mich Mike auf so ein Pferd setzen? Wollte er mich umbringen?
Doch dann packte mich der Ehrgeiz. Nein, so leicht würde ich mich nicht unterkriegen lassen. Als Mambos Vorderhufe den Boden wieder berührten, trieb ich ihn vorwärts, nahm die Zügel vernünftig auf. Warm war er nun endgültig und obwohl ich normalerweise trotzdem erstmal mit Schritt am langen Zügel begonnen hätte, trabte ich an. Ich konzentrierte mich darauf, den Hengst an den Zügel zu treiben, so wie ich es gelernt hatte. Er ging ganz eindeutig besser, aber auch jetzt schlug er immer wieder aus. Doch ich ließ mich nicht beirren. Ich begann Bahnfiguren zu reiten, wollte auf den Zirkel gehen, doch Mambo nahm nur den Kopf rum und ging weiter geradeaus. Ich erinnerte mich daran, dass meine Reitlehrerin mir immer vorgeworfen hatte, ich hätte den äußeren Schenkel und den äußeren Zügel nicht dran. Ich korrigierte mich selbst und in der nächsten Runde klappte es – mehr oder weniger. Nach einigen Versuchen erinnerte der Zirkel sogar schon ein wenig an einen Kreis und ich war richtig stolz darauf. So arbeitete ich mich immer weiter vor, zumindest im Trab.
Als ich angaloppierte, stürmte er mir doch erst davon, doch ich fing ihn recht schnell wieder ein und brachte ihn in einen versammelteren Galopp. Nachdem ich ihn auch im Galopp gut unter Kontrolle hatte, wagte ich mich an einen einfachen Galoppwechsel. Aus dem Zirkel wechseln – doch Mambo verstand mich nicht. Ich war unsicher und das spürte er ganz genau. Ich versuchte es erneut – und es klappte. Ich lobte ihn ausgiebig und parierte zum Schritt durch. Das war genug – zumindest für mich. Ziemlich fertig ließ ich ihm die Zügel ein wenig länger. Doch zu früh gefreut. Ein Vogel flog von einem der Bäume auf, Mambo sprang zur Seite und ich flog, bzw. rutschte aus dem Sattel. Das konnte doch nicht wahr sein! Da blieb ich beim Buckeln und Steigen auf dem Pferd und bei so einem kleinen Hüpfer war ich unten? Ich fing den Hengst wieder ein, der seine Freiheit sofort genutzt hatte und stieg erneut auf. So ritt ich ihn noch ein wenig trocken und stieg dann ab. Ich zog die Steigbügel hoch, lockerte den Gurt ein wenig und führte den Hengst vom Außenplatz. Ganz „zufälligerweise“ begegnete mir Mike am Ausgang.
„Sorry wegen vorhin.“ murmelte er entschuldigend und grinste mich danach an.
„Was sollte das bitte? Wolltest du mich mit dem Pferd umbringen, oder was?“ schrie ich ihn geradezu an, doch dieser blieb ganz gelassen. „Ehrlich gesagt wollte ich dir helfen.“ antwortete er. „Mir helfen?! Verarschen kann ich mich selbst! Du warst sauer auf mich und hast mich deswegen auf dieses Pferd gesteckt – gib’s doch wenigstens zu!“ schnauzte ich ihn weiterhin an.
„Jetzt mach aber mal halblang. Das war wirklich nur gut gemeint. Weißt du, Mambo ist nicht bösartig oder was weiß ich, was wohl viele von ihm behaupten würden, wenn sie am Anfang drauf sitzen. Er testet – und das eben ganz schön heftig. Wenn du ihm zeigst dass du der Ranghöhere bist und dass er bei dir nicht durchkommt, dann kann er richtig geil gehen. Aber er macht nichts, was er nicht machen muss. Setzt man sich nicht durch, tanzt er einem auf der Nase rum – und wenn man Pech hat, im wahrsten Sinne des Wortes. Du bist mit Mexican nicht klar gekommen – du sagst sicherlich, dass er zu schwierig für dich wäre, doch das ist nicht wahr. Mexican testet nicht so offensichtlich wie Mambo. Er bockt nicht, er steigt nicht, er ist eigentlich ganz lieb, doch auch er schaut erstmal, wer da oben drauf sitzt. Ich wollte dir mit Mambo eigentlich nur zeigen, dass nicht alles so ist wie es aussieht, denn wenn du dich darauf einlässt und dich durchsetzt, dann sieht die Welt oft schon ganz anders aus.“ argumentierte er und schaute mich an. „Ich hätte dich nie auf ihn gelassen, wenn ich nicht der Meinung gewesen wäre, dass du ihm gewachsen bist. Ich weiß, wie gefährlich es sein kann, aber auch wenn du mir das Gegenteil erzählst – ich glaube, du hast Talent. Danach, dass du zu Haus eine liebe Stute im Watt reitest, sah das gerade nun wirklich nicht aus. Vertrau mir!“ fügte er noch hinzu, sah mir in die Augen. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Was wollte er denn nun von mir? Ich sah ausweichend zu Boden. „Wie soll ich dir vertrauen, wenn du mir nicht sagst, was los ist. Was war das eben? Ich wollte doch nur mit dir reden!“ antwortete ich, vergas die ganze Sache mit Mambo. Der letzte Satz irritierte mich. Vertrau mir?
„Sorry, ich muss jetzt los.“ verabschiedete er sich einfach und ging. „Mike, was soll das?!“ rief ich ihm hinterher, doch er reagierte nicht. Mambo tänzelte schon wieder herum, versuchte einige der Blätter zu erwischen, durch die der Wind fuhr. In Gedanken führte ich den Hengst zum Stall und begann ihn fertig zu machen …
Erstmal genug Lesestoff XDDD