Ich seh das Problem weniger darin eine Ausbildungsstelle zu bekomme. Es gibt nen Haufen kleiner Ställe, die günstige Arbeitskräfte gebrauchen können und froh sind, wenn die Pferde irgendwie bewegt werden.
Auch die Prüfung ist nun nicht so ein Drama.
Mit dem richtigen Pferd dürfte jeder halbwegs talentierte Reiter in wenigen Monaten durch L kommen.
Steht ja nirgendwo, dass man das Pferd selbst ausgebildet haben muss oder es seit Monaten alleine reitet.
Das echt nicht so das Problem, wenn ich dran denke, dass ich vor Jahren - ich ritt um Welten schlechter als jetzt - recht erfolgreich mit guten Noten durchs silberne Abzeichen gekommen bin.
Das Problem sehe ich eher danach.
Was wollt ihr denn dann beruflich machen?
Ein "Bereiter" der selbst grade mal durch L kommt ist denke ich nicht sonderlich gefragt.
Ich würde sagen ich bin ein recht durschnittlicher Kunde eines RL/Bereiters bin bis L platziert, habe normale Pferde und nehme durchschnittlich 1-2x im Monat Reitunterricht.
Ich bin niemand der besonders viel Wert auf Platzierungen legt aber reiterlich sollte für Beritt schon solides S Niveau da sein.
Auch im Unterricht erwarte ich schon, dass der RL mehr drauf hat als ich, sonst bräuchte ich ihn ja nicht.
Somit wäre für mich jemand, der auf L Niveau reitet und kaum Erfahrung in der Unterrichtserteilung hat völlig nutzlos.
Dann bleibt nur noch die Gruppe der Freizeitreiter und Kinder. Also Unterricht vom Anfänger bis zum E/A Niveau.
Das ist ein ziemlich hartes Brot. Ein Großteil der Reiter ist weder besonders motiviert noch stimmen die Rahmenbedingungen um voran zu kommen.
Und die Konkurrenz ist auch hoch. Womit wollt ihr rechtfertigen, dass ihr teurer seid als XY die erfolgreich M reitet und nen Trainer C hat?
Und warum sollte die Kindergruppe die seit Ewigkeiten mit den Mäddels ausm Nachbort glücklich sind - auch wenn diese vll. noch nie eine Reitlehre gesehen haben geschweige denn ihre Pferd gymnastizieren können - zu euch wechseln?
Eine Sparte bleibt in der Tat noch - Problempferde. Wer eine gehörige Portion Schmerzfreiheit mitbringt kann sich in dem Bereich sicher eine Zeit sein Brot verdienen.
Leute mit völlig vermurksten Pferden gibt es zu Hauf und eine ganze Reihe davon ist bereit Geld allein für den Versuch oben zu bleiben zu zahlen
Tja aber was ist, wenn man böse fällt? Ein größeres Risiko für Berufsunfähigkeit gibt es wohl kaum. Und was macht man, wenn man Familie und Kinder hat?
Irgendwie sind die Aussichten NACH der Ausbildung ziemlich düster. Was anderes ist es natürlich, wenn zuhause ein eigener Hof wartet oder man sich einfach ein paar Kracher incl. bestem Beritt hinstellt und sich in den Hohen Klassen etabliert.
Wenn die Möglichkeiten aber da wären, wäre das reiterliche Niveau wahrscheinlich vorher schon höher gewesen.
Fazit: Ich würde es niemals machen. Der Beruf ist körperlich unfassbar hart und er ist psychisch hart. Es ist sau schwer sich zu etablieren und sicheres Einkommen mit angenehmen Arbeitsbedingungen zu verknüpfen. Dazu kommen die hohen Risiken, die schlechte Bezahlung und ich glaube der Spaß geht irgendwann verloren.
Denn mal im Ernst, was bekommt man denn zum reiten? Im Normalfall sind das die Pferde die keinen Spaß machen.
Und wenn man Erfolge sieht freut sich der Besitzer und nimmt das Pferd aus dem Beritt.
Idioten gibts im Reitsport auch zu Hauf... Leute, denen man gar kein Unterricht geben will weil es am Ende eh nur Ärger gibt - aber man muss wenn man was verdienen will!
Und jetzt sagt der ein oder andere: Ich WILL doch aber unbedingt mein Geld mit reiten / Unterrichten verdienen.
Mein ganz persönlicher Rat wäre eine kaufmännische Ausbildung zu machen und nebenbei reiten zu lernen.
Ein Praktikum (am besten mindestens 6 Monate) im Reitbetrieb würde ich nach der Schule unbedingt empfehlen. Dann weiß man, ob mans wirklich will und selbst wenn man noch immer überzeugt ist - man freut sich bei Schneesturm und Eis ganz sicher im Büro zu sitzen.
3 Jahre kaufmännische Ausbildung sind schnell rum und man hat zum einen eine ganze Menge Rüstzeug für die geplante Selbstständigkeit und zum anderen immer die Möglichkeit in einen Bürojob zu Wechseln, wenns Reiten nicht klappt.
Gleichzeitig LERNEN und zwar Reiten, Theorie, Unterrichten, Reiten... Wenn man will und sich ehrlich bemüht gibts immer Möglichkeiten richtig reiten zu lernen. Und vom Azubigehalt kann mans auch finanzieren.
Und dann Trainerschein
Puuuuh Roman geworden. Aber ich kenne einige Mäddels die mit dem großen Traum vom Leben im Stall gestartet sind und nun zwischen Boxen misten und Harz IV stehen.