Vera packte sich in ihren dicken Mantel ein und rief ihren Eltern zu, sie komme um elf oder zwölf wieder nach Hause. Dann lief sie schnell zu Fuß die Straße hinunter zu Fairy.
Die heutige Reitstunde am Vormittag war eigentlich recht gut gelaufen, und Vera war ziemlich gut gelaunt. Als sie die Einfahrt des großen, gelben Hauses von Fairy’ s Eltern erreichte, musste sie an deren Scheidung denken. Wer bekam denn das Haus? Und vor allem – wo zieht der andere hin?
Vera verstand sich gut mit Fairy’ s Eltern, und mochte sie eigentlich auch recht gern, dass einer der beiden eventuell nicht mehr in ihrer Ortschaft wohnte, kam ihr komisch vor.
Sie stiefelte schnell die Einfahrt hoch und drückte den Klingelknopf. Die Stille im Haus wurde unterbrochen durch plötzliches Türenschlagen und polternde Schritte. Da wurde die Haustür aufgerissen, und Fairy stand lachend vor Vera. „Hy!“ „Hallo“ Fairy ließ ihre Freundin hereinkommen und nahm ihr den Mantel ab, um ihn in der Garderobe auf zu hängen. „Geh schon Mal vor ins Wohnzimmer, ich hol Popcorn aus der Küche…“, Fairy verschwand in der Küche und Vera ging in das Wohnzimmer. Die beiden Räume waren mit einer Schiebetür verbunden, Vera fragte sich, wieso Fairy nicht durch das Wohnzimmer mit ihr gehen konnte, oder umgekehrt. Verwirrt betrat sie also das Wohnzimmer. Sie schmiss sich auf die Couch, und suchte den Tisch vor ihr nach einem Video ab, als plötzlich die Schiebetür aufging, und eine Menschenmasse „Überraschung!“; rief. Vera sprang auf – sie hatten eine Geburtstagsparty geplant! „Waas – dankee!“, kreischend lief sie zu den Mädels und Burschen und umarmte sie alle. „Fairy, war das deine Idee?“ Fairy nickte und gab Vera einen Kuss auf die Backe. „Alles Gute zum Geburtstag – vorträglich!“ Vera strahlte über das ganze Gesicht – nun hatte sie doch noch eine Party, und offensichtlich eine megagroße! Die Leute breiteten sich aus und die Musik wurde aufgedreht. Dann wurden Schüsseln Popcorn und Chips herumereicht und Becher verteilt. „Auf Vera!“, riefen sie, und hoben die Getränke. „Auf mich!“, Vera kamen beinahe die Tränen, es war so lieb von ihren Freundinnen!
Sie kämpfte sich durch die Masse, und begrüßte überall altbekannte Gesichter. Es waren viele aus dem Reitstall und aus der Schule da, natürlich ihre fünf besten Freundinnen und ein paar aus der Stadt, mit denen sie sich hie und da in ihrer Bar trafen. Schließlich traf Vera auch auf Markus, Thomas und Julian. „Hey – alles Gute zum Geburtstag, Vera“ „Danke!“ Vera lächelte sie an, und ging schließlich weiter zu ihren Mädels, Anna, Fairy, Laura, Linda und Nastasja, die gemeinsam bei dem Bierfass standen, dass nun auch plötzlich hier war. „Ihr seid die besten!“, Vera umarmte alle noch einmal. „Na, dann feier Mal schön!“ Vera bedankte sich noch einmal und drängte sich dann in das Vorzimmer, wo auch die Leute standen und sich locker unterhielten, da dort die Musik nicht so laut war. Sie gesellte sich zu Leonie und Kathrin, zwei Mädchen aus dem Reitstall.
Julian suchte inzwischen Laura. Als er sie bei der Musikbox sehen sah lief er fröhlich zu ihr hin. „Willst du – tanzen?“ Lauras Gesicht erhellte sich. Grinsend nickte sie. „Gerne!“ Und sie tanzten zu dem Rhythmus von Will Smith mit ‚Switch’.
„Die Party ist ein Renner!“, rief Fairy ihrem Bruder Mario zu, der vor kurzem nach Hause gekommen war, und genau wie Vera ziemlich überrascht worden war, von der Feier. Nickend zapfte er sich ein Bier ab. „Sieht auch so aus!“ Er verschwand in der Menge und Fairy ließ ihren Blick über die Menschenmenge schweifen, bis sie Vera bei Helena aus dem Reitstall entdeckte. Sie wuselte zu ihr hin, und beteiligte sich an der Unterhaltung. „Ich finde nicht, dass Shetlandponys hässlich sind, ich finde sie voll süß! Schimmel sind wirklich grässlich!“ Vera stupste Fairy an. „Helenas Pferd ist ein Schimmel…“ Fairy erschrak, Helena hatte große Augen gemacht und sah etwas säuerlich drein. „Naja, aber es gibt auch hübsche Schimmel… ich muss jetzt weiter!“, Fairy drehte sich schnell um und ließ Vera und Helena hinter sich – puh, gerade noch einmal davongekommen!
Sie stellte sich zu Linda und Nastasja. „Na, was gibt’s zu tuscheln?“ „Schau Mal wie süß – Laura und Julian!“, sie deuteten zu den Tänzern. „Hm, lass uns mehr Schwung hinein bringen!“, entschloss Fairy, als sie die beiden mit einem halben Meter Abstand tanzen sah. Sie ging zur Stereoanlage, und schaltete auf ein langsames Lied. Kichernd beobachteten Tasja und Linda sie. „Man muss sie ja zu ihrem Glück zwingen!“, verteidigte Fairy sich, als sie ihr grinsend vorwurfsvolle Blicke zuwarfen. Als der Kuschelrock ertönte, reagierten die meisten Paare sofort darauf, rückten näher zusammen und tanzten langsam miteinander. Etwas unsicher ging Julian zu Laura hin. Er lächelte schuldbewusst, und legte seine Arme um sie. Laura lief rot an, tat es ihm aber gleich. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Sie war noch nicht bereit für eine weitere Beziehung, zumindest dachte sie dies. Aber Julians Nähe gefiel ihr, und er roch gut. Langsam rückte sie ihm noch näher, und ignorierte das flattern in ihrem Bauch – vielleicht war es ja auch nur die Aufregung. Rund um sie herum verschwommen die Gesichter der anderen, Laura sah nur mehr Julians Gesicht. Er lächelte sie wieder mit seinem schüchternen Lachen an, und Laura wurde ganz warm ums Herz. Vielleicht ist sie ja doch schon bereit, …
Die Party war voll im Gange, da klingelte es an der Haustür. Ohne Scheu lief Vera gleich hin und machte auf, was sie auch getan hätte, wenn keine Party am laufen war. Doch vor der Tür war niemand. Sie sah die Einfahrt hinunter, da lief ein Mann gerade um die Ecke. Vera sah auf den Boden, da lag ein Strauß Rosen! „Hey!“, sie lief aus dem Haus die Straße hinunter, „Warte!“ Doch der Unbekannte war bereits schon wieder in eine andere Straße umgebogen. Vera sah sich noch einmal um, ging dann wieder zurück zum Haus, da es draußen sehr kalt war.
Sie hob den Strauß Rosen auf, und nahm die Karte herunter, die an einer Rose angebunden war.
Alles gute zum Geburtstag, Vera
Der Blumenstrauß war offensichtlich an sie gerichtet! Doch darunter war keine Unterschrift. Sie überlegte, ob sie die Schrift nicht irgendwo her kannte, und obwohl in Blockschrift geschrieben wurde, tippte Vera auf Karl. Schnell suchte sie ihre Freundinnen, und fand Anna, Nastasja, Nico und Fairy zusammen auf der Couch sitzen. „Seht her!“ Sie hob den Strauß in die Luft, und ließ sich neben Anna auf das Sofa fallen. „Es hat geklingelt. Als ich raus gegangen war, lag nur der vor der Tür, und ein Mann lief davon. Ich konnte ihm nicht mehr erwischen…“ Die fünf sahen sich einen Moment lang an. „Karl?“, meinte Tasja schließlich zögernd. Vera zuckte die Schultern. „Auf der Karte hier steht kein Adressant,…“ Sie sagte ihren Freunden noch, dass die Schrift Karls sehr ähnlich sah, und alle, bis auf Nico, welcher noch nie viel mit dem Reitlehrer zu tun hatte, bestätigten dies. „Habt ihr ihm von der Party erzählt?“ „Nein, aber du weißt eh, so was spricht sich schnell herum…“ „Und wieso kann er dir den Strauß nicht selber geben, ich meine – sechzehn rote Rosen, das kostet schon was!“, Anna wendete die Karte ein paar Mal, als ob der Name dann vielleicht auftauchen würde. „Aber es ist verständlich, in diesen Umständen…“ „Und wie, bitteschön, soll ich mich jetzt ihm gegenüber verhalten? Soll ich mich bedanken? So tun als wäre nichts passiert? Fagen ob er mir die Blumen gekauft hat?“, Vera schnaubte wütend. Sie hatte schon genug Probleme mit Karl, sie brauchte nicht noch eines. „Ich würde nichts sagen. Wenn er nicht erkannt werden will, – was ja offensichtlich so ist, sonst hätte er auf der Karte unterschrieben – kann er nicht von dir verlangen, dass du ihm für den Blumenstrauß dankst. Außerdem, wer weiß, vielleicht hat Vera ja noch andere heimliche Verehrer?“, meinte Nico, und stand auf. Die Mädchen sahen sich an, kannten sie noch jemanden, der Vera so gerne mochte und nicht auf der Party war? „Tasja, gehen wir tanzen?“, fragte Nico und sah seiner Freundin liebevoll in die Augen. Der Südländer liebte das Tanzen, zu Nastasjas Freude. „Ja – gerne!“ Sie erhob sich, warf Vera noch ein Lächeln zu, und folgte Nico dann auf die Tanzfläche.
„So, und du grübelst jetzt nicht mehr weiter, sondern genießt deine Party – ja?“, Anna nahm Vera die Blumen ab, und zerrte sie von der Couch herunter. „Ich stell dir die Rosen in eine Vase, damit sie gut trocknen können – ja?“ Vera nickte dankend, und schlenderte in Richtung Buffet.
Es ging nicht alles rauf, weil man nur 10000 zeichen senden darf .. der rest kommt später