²Vanilla: Das war eine theoretische Führerscheinprüfung (Klasse M).
²Namarie: Wenn du über die Story reden willst, musst du schon auch was zur Story sagen
Tätärätää, Kapitel 2
Übrigens ... die Situation in der Kirche geht danach nicht mehr weiter, die ist da zu Ende. Nur so als Info (;
Hoffe, euch gefällts.
Kapitel 2
„Vergebt mir, Heiliger Vater, denn ich habe gesündigt.“
Die hohe Kathedrale der Altstadt strahlte etwas erhabenes und majestätisches aus, dennoch wirkte sie auf Anna nicht etwa kalt und abweisend, im Gegenteil. Die bunten Glasfenster dämpften das Licht der Abendsonne und verliehen den Sitzbänken aus dunklem Holz einen matten Glanz. Ein schwerer Weihrauchduft lag in der Luft.
„Sprich weiter, mein Kind.“, ermutigte sie die warme Stimme des Priesters auf der anderen Seite der Trennwand. Nervös strich Anna über den grauen Stoff ihres Kostüms und räusperte sich.
„Es mag unglaublich klingen.“, setzte sie an und war überrascht, wie dünn und leise ihre Stimme sich anhörte. Über diesen Moment der Überraschung vergaß Anna alle Worte, die sie sich bereits Stunden zuvor sorgsam in ihrem Kopf zurecht gelegt hatte.
Nach einem längeren Moment des Schweigens bemerkte der Priester freundlich: „Wer zur Beichte geht, der tut das gewöhnlich nicht für andere, sondern für sich selbst. Darum sind Lügen nicht nötig. Was immer dir auf dem Herzen liegt, ich vertraue auf Deine Aufrichtigkeit.“
Anna nickte leicht, weniger zur Bestätigung für den Priester, eher für sich selbst.
„Pater ... Sie glauben an den Himmel und an die Hölle, richtig?“
„Ja, das tue ich.“
„Glauben Sie auch an Engel?“
Der Priester zögerte nur eine Sekunde. „Ja, ich glaube auch an die Existenz von Engeln.“
Anna machte eine kurze Pause, dann fuhr sie fort: „Und wenn die Hölle das Gegenstück zum Himmel ist ... dann muss es auch ein Gegenstück der Engel geben, richtig?“
Die Stimme hinter der engmaschigen Holzvergitterung klang nun leicht irritiert, dennoch kam die Antwort fast ohne Zögern. „Die Welt muss ihr Gleichgewicht bewahren. Alles hält sich gegenseitig die Waage. Insofern hast Du sicher recht ... Aber ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinaus willst.“
„Und dieses Gegenstück der Engel“, setzte Anna hastig nach, „das wären dann ... Dämonen. Richtig, Pater?“
Diesmal ließ die Antwort einen Moment auf sich warten. „Sprich weiter, mein Kind ...“
„Ich habe selbst nie darüber nachgedacht.“, versicherte die junge Frau nun. „Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass solche Wesen tatsächlich existieren. Ich hätte mich genauso für psychisch instabil erklärt, wie Sie es gerade sicher tun. Wäre ich nicht vor fast einem Monat am eigenen Leib ... eines besseren belehrt worden.“ Ihre Stimme versagte.
„Bitte erkläre mir, was Du damit meinst.“, entgegnete der Priester sanft und Anna war sicher, er hätte beruhigend seine Hand auf die ihre gelegt, wäre nicht die Trennwand zwischen ihnen gewesen.
Sie schluckte, schloss die Augen und atmete drei mal tief ein und aus. Ihr Blick ruhte auf ihren Händen und sie registrierte ein kaum erkennbares Zittern, während sie stockend wieder zu sprechen begann.
„Er kam in der Nacht. Er überfiel mich im Schlaf. Und er ... er v-verging sich an mir.“
Eine Ewigkeit, so kam es Anna vor, blieb dieser Satz zwischen ihr und dem Priester in der Luft stehen, zog wie giftiger schwarzer Rauch in ihre Lungen und hallte in ihren Gedanken wider.
„Mein Kind ...“, unterbrach der fremde Mann schließlich die Stille, „bist Du denn auch sicher, dass dies –“
„Kein Traum war?“, führte Anna den Satz zu Ende und schüttelte leicht den Kopf.
„Vor drei Monaten, zwei Wochen und vier Tagen erlitt mein Ehemann einen schweren Schlaganfall. Er verstarb wenige Stunden später im Krankenhaus. Seit diesem Tag lebe ich im Zölibat.“ Für einen Moment huschte ihr Blick zu der Person hinter dem hölzernen Gitter, doch bis auf eine schmale Silhouette und etwas schütteres, schwarzes Haar konnte sie nichts erkennen. „Ich habe vier verschiedene Schwangerschaftstests gemacht. Alle waren positiv.“
Der Priester schien nun ehrlich betroffen, wenn nicht sogar erschüttert zu sein.
„Pater.“, sagte Anna vorsichtig, um den Mann wieder aus seiner Erstarrung zu reißen. „Ich habe darüber gelesen. Im Mittelalter ... galt eine Vereinigung mit einem Dämon als schlimme Sünde, egal ob sie freiwillig geschah oder nicht und es stand eine hohe Bestrafung darauf. Pater, ich lebe seit vierunddreißig Jahren nach dem Wort Gottes. Wie soll ich nun mit dieser Sünde leben?“
Obwohl sie es nicht sehen konnte erkannte Anna das milde Lächeln des Priesters in seiner Stimme. „Mein Kind, im Mittelalter wurden auch zwölfjährige Mädchen öffentlich hingerichtet. Wir leben im zwanzigsten Jahrhundert. Sei unbesorgt. Was Dir widerfahren ist, daran trägst Du keine Schuld und niemand wird Dich je dafür belangen, weder die Kirche noch der Allmächtige Vater selbst, da bin ich sicher.“
„Ich danke Ihnen, Pater.“, murmelte Anna leise und bekreuzigte sich aus einem jähen Impuls heraus flüchtig. „Aber sagen Sie mir noch eines ... Wie, im Namen des Herren, wie soll ich denn das Kind eines Dämons großziehen?“
Der Priester atmete hörbar aus und Anna nahm eine flüchtige Bewegung hinter der Trennwand wahr. „Gott lehrte uns: Du sollst nicht töten.“, begann er schließlich ruhig. „Ich spreche sowohl für die Kirche als auch für mich, wenn ich sage: Trage das Kind aus und versuche, mit Liebe und Verständnis das Gute in ihm zu Tage zu bringen und das Schlechte auszumerzen.“ Eine kurze Pause ließ Anna schlucken. „Verliere nicht den Mut. Gib dem Kind eine Chance, denn es ist nicht nur das Kind des Dämons, der Dich heimsuchte. Es ist auch Deins.“