Marina
Da ich mich schon seit längerem mit einer ziemlichen Schreibblockade rumquäle dachte ich heute, ich fange mal klein an und versuche mich erst mal an einer Kurzgeschichte.
Kleiner Hinweis: Die Hauptperson ist frei von mir erfunden, es geht dabei weder um mich noch um jemanden, den ich kenne.
Ich hätte sie gern nach den Kriterien einer Kurzgeschichte bewertet, wenn das möglich wär
Ansonsten würd mich einfach interessieren, wie sie auf euch wirkt und ob was rüberkommt.
Bitte keine Schwarzleser
Viel Spaß.
Hannah
Das dunkle Holz der Schulbank war mit einem klaren Lack bestrichen worden.
Verträumt ließ Hannah ihre Fingerspitzen über die glatte Fläche gleiten.
Es war laut im Klassenzimmer. Die letzte Unterrichtsstunde am Freitag hatte begonnen. Alle wollten nach Hause, freuten sich auf das Wochenende, auf lustige Ausflüge mit ihren Eltern oder darauf, ihr Spiel mit den Freunden fortzusetzen.
Hannah freute sich nicht.
Sie hatte keine Freunde.
Ihre Mama hatte keine Zeit, um Ausflüge mit Hannah zu machen. Sie musste arbeiten, damit sie für sich und ihre Tochter etwas zu essen kaufen konnte.
Hannah’s Papa war am Wochenende immer sehr traurig. Dann trank er viel zu viel von einer stinkenden Limo, die Hannah nicht kannte und wurde ganz komisch. Laut und reizbar. Wenn er so war mochte Hannah nicht mit ihm zusammen sein.
Dabei hatte sie ihren Papa doch lieb.
Plötzlich knallte etwas gegen Hannah’s Stirn.
Erschrocken riss das Mädchen den Kopf zurück.
Zu weit. Sie verlor das Gleichgewicht und kippte mitsamt ihrem Stuhl nach hinten um. Es polterte laut und Hannah schlug unsanft mit dem Hinterkopf am Boden auf.
Fast im selben Moment ging in dem engen Klassenraum das Gelächter los.
Die anderen Schüler sprangen von ihren Plätzen auf und heulten vor lachen.
Sie zeigten mit dem Finger auf Hannah und hielten sich den Bauch.
Am liebsten hätte die Achtjährige sich die Ohren zugehalten, die Augen auch, hätte sich so gern unter dem Tisch verkrochen oder noch besser, wäre einfach weggerannt, raus aus dieser Klasse, aus dieser Schule, aus diesem Leben, das sie hasste.
Ja. Das Leben hasste Hannah und Hannah hasste das Leben zurück.
Doch sie rannte nicht weg.
Sie stand wieder auf und zog den Stuhl mit sich in die Höhe, stellte ihn vor ihr Pult und setzte sich wieder. Stumm.
Auf Hannah’s Tisch lag ein Papierknäul. Sie wusste, wer es gegen ihre Stirn geworfen hatte, wer hatte sehen wollen, wie sie am Boden lag.
Doch sie sagte nichts.
Die Lehrerin schimpfte mit Hannah.
Mit der Klasse schimpfte sie nicht.
Sie ließ die anderen lachen.
Hannah hörte nicht hin.
Schließlich drehte die Lehrerin sich wieder um und begann, Rechenaufgaben an die Tafel zu schreiben.
Die restlichen dreißig Minuten der Stunde starrte Hannah ihr Heft an.
Endlich ertönte das helle Klingeln der Schulglocke.
Als erste sprang Hannah auf.
Als erste warf Hannah sich ihren Ranzen über die Schulter.
Als erste stürmte Hannah aus dem Klassenraum.
Mit Ellbogeneinsatz kämpfte sie sich durch das Getümmel anderer Kinder in den Gängen. Dann rannte sie über den Schulhof. Rannte die Straße entlang. Bog um die Kurve und rannte immer noch.
Bald begann das Mädchen zu keuchen. Schmerzhaft hämmerte Hannah’s Herz gegen ihre Rippen.
Erst, als die Stimmen der anderen nicht mehr zu hören waren, wurde sie langsamer.
Hannah war nicht auf dem Weg nach Hause.
Bestimmt hatte ihr Papa schon wieder die stinkende Limo getrunken und Hannah wollte nicht mit ihm alleine sein. Auch, wenn er ihr nie etwas böses tun würde.
Fast eine halbe Stunde war sie gelaufen, bis sie den Stadtrand erreichte.
Hier war Hannah’s Lieblingsplatz.
Die Brücke aus Beton erhob sich groß und mächtig über den breiten Fluss.
Auf der linken Seite war hinter dem Geländer noch ein Betonstreifen, fast zwei Schritte breit, wie Hannah immer sagte.
Gekonnt kletterte das Mädchen über die Brüstung, ließ ihren Ranzen von den schmalen Schultern gleiten und setzte sich hin.
Dann rutschte sie an den Rand der Brücke und ließ die Beine nach unten baumeln.
Hier fühlte Hannah sich wohl.
Hier fühlte Hannah sich frei.
Hier gab es keine anderen Kinder, die sie auslachten, weil sie alte Kleider trug.
Die sie mieden, weil ihre Eltern Hannah’s Eltern nicht mochten.
Hier gab es keinen Vermieter, der Geld von Hannah’s Mama wollte und sie zum Weinen brachte.
Hannah stellte sich oft vor, dass sie sich in einen Fisch verwandeln und in den Fluss fallen würde.
Dann würde sie zum Meer schwimmen.
Ein Mal war Hannah schon am Meer gewesen.
Für sie war es der wunderschönste Ort der Welt.
Hannah schloss die Augen.
‚Verwandle dich.’, dachte sie angestrengt.
Sie stellte sich vor, wie sie durch die Luft fliegen und dann als kleiner, schuppiger Fisch im kühlen Wasser landen würde.
Sie würde lachen und so schnell sie könnte zum Meer schwimmen.
Dort würde sie dann für immer leben und mit den anderen Fischen spielen.
Denn als Fisch trug man keine Kleider und niemand würde sie ärgern.
Plötzlich knallte etwas gegen Hannah’s Hinterkopf.
Erschrocken riss das Mädchen den Oberkörper nach vorn.
Zu weit.
Hannah schrie.
Die drei Kinder waren für einen Moment wie erstarrt.
Dann stürzten sie nach vorn zur Brüstung.
Hannah war weg.
Nur ihr Ranzen lag noch da.
Und das Papierknäul, das sie nach ihrer Mitschülerin geworfen hatten.
Entsetzt schauten die Kinder einander an.
Dann liefen sie davon.
Kleiner Hinweis: Die Hauptperson ist frei von mir erfunden, es geht dabei weder um mich noch um jemanden, den ich kenne.
Ich hätte sie gern nach den Kriterien einer Kurzgeschichte bewertet, wenn das möglich wär

Ansonsten würd mich einfach interessieren, wie sie auf euch wirkt und ob was rüberkommt.
Bitte keine Schwarzleser

Viel Spaß.
Hannah
Das dunkle Holz der Schulbank war mit einem klaren Lack bestrichen worden.
Verträumt ließ Hannah ihre Fingerspitzen über die glatte Fläche gleiten.
Es war laut im Klassenzimmer. Die letzte Unterrichtsstunde am Freitag hatte begonnen. Alle wollten nach Hause, freuten sich auf das Wochenende, auf lustige Ausflüge mit ihren Eltern oder darauf, ihr Spiel mit den Freunden fortzusetzen.
Hannah freute sich nicht.
Sie hatte keine Freunde.
Ihre Mama hatte keine Zeit, um Ausflüge mit Hannah zu machen. Sie musste arbeiten, damit sie für sich und ihre Tochter etwas zu essen kaufen konnte.
Hannah’s Papa war am Wochenende immer sehr traurig. Dann trank er viel zu viel von einer stinkenden Limo, die Hannah nicht kannte und wurde ganz komisch. Laut und reizbar. Wenn er so war mochte Hannah nicht mit ihm zusammen sein.
Dabei hatte sie ihren Papa doch lieb.
Plötzlich knallte etwas gegen Hannah’s Stirn.
Erschrocken riss das Mädchen den Kopf zurück.
Zu weit. Sie verlor das Gleichgewicht und kippte mitsamt ihrem Stuhl nach hinten um. Es polterte laut und Hannah schlug unsanft mit dem Hinterkopf am Boden auf.
Fast im selben Moment ging in dem engen Klassenraum das Gelächter los.
Die anderen Schüler sprangen von ihren Plätzen auf und heulten vor lachen.
Sie zeigten mit dem Finger auf Hannah und hielten sich den Bauch.
Am liebsten hätte die Achtjährige sich die Ohren zugehalten, die Augen auch, hätte sich so gern unter dem Tisch verkrochen oder noch besser, wäre einfach weggerannt, raus aus dieser Klasse, aus dieser Schule, aus diesem Leben, das sie hasste.
Ja. Das Leben hasste Hannah und Hannah hasste das Leben zurück.
Doch sie rannte nicht weg.
Sie stand wieder auf und zog den Stuhl mit sich in die Höhe, stellte ihn vor ihr Pult und setzte sich wieder. Stumm.
Auf Hannah’s Tisch lag ein Papierknäul. Sie wusste, wer es gegen ihre Stirn geworfen hatte, wer hatte sehen wollen, wie sie am Boden lag.
Doch sie sagte nichts.
Die Lehrerin schimpfte mit Hannah.
Mit der Klasse schimpfte sie nicht.
Sie ließ die anderen lachen.
Hannah hörte nicht hin.
Schließlich drehte die Lehrerin sich wieder um und begann, Rechenaufgaben an die Tafel zu schreiben.
Die restlichen dreißig Minuten der Stunde starrte Hannah ihr Heft an.
Endlich ertönte das helle Klingeln der Schulglocke.
Als erste sprang Hannah auf.
Als erste warf Hannah sich ihren Ranzen über die Schulter.
Als erste stürmte Hannah aus dem Klassenraum.
Mit Ellbogeneinsatz kämpfte sie sich durch das Getümmel anderer Kinder in den Gängen. Dann rannte sie über den Schulhof. Rannte die Straße entlang. Bog um die Kurve und rannte immer noch.
Bald begann das Mädchen zu keuchen. Schmerzhaft hämmerte Hannah’s Herz gegen ihre Rippen.
Erst, als die Stimmen der anderen nicht mehr zu hören waren, wurde sie langsamer.
Hannah war nicht auf dem Weg nach Hause.
Bestimmt hatte ihr Papa schon wieder die stinkende Limo getrunken und Hannah wollte nicht mit ihm alleine sein. Auch, wenn er ihr nie etwas böses tun würde.
Fast eine halbe Stunde war sie gelaufen, bis sie den Stadtrand erreichte.
Hier war Hannah’s Lieblingsplatz.
Die Brücke aus Beton erhob sich groß und mächtig über den breiten Fluss.
Auf der linken Seite war hinter dem Geländer noch ein Betonstreifen, fast zwei Schritte breit, wie Hannah immer sagte.
Gekonnt kletterte das Mädchen über die Brüstung, ließ ihren Ranzen von den schmalen Schultern gleiten und setzte sich hin.
Dann rutschte sie an den Rand der Brücke und ließ die Beine nach unten baumeln.
Hier fühlte Hannah sich wohl.
Hier fühlte Hannah sich frei.
Hier gab es keine anderen Kinder, die sie auslachten, weil sie alte Kleider trug.
Die sie mieden, weil ihre Eltern Hannah’s Eltern nicht mochten.
Hier gab es keinen Vermieter, der Geld von Hannah’s Mama wollte und sie zum Weinen brachte.
Hannah stellte sich oft vor, dass sie sich in einen Fisch verwandeln und in den Fluss fallen würde.
Dann würde sie zum Meer schwimmen.
Ein Mal war Hannah schon am Meer gewesen.
Für sie war es der wunderschönste Ort der Welt.
Hannah schloss die Augen.
‚Verwandle dich.’, dachte sie angestrengt.
Sie stellte sich vor, wie sie durch die Luft fliegen und dann als kleiner, schuppiger Fisch im kühlen Wasser landen würde.
Sie würde lachen und so schnell sie könnte zum Meer schwimmen.
Dort würde sie dann für immer leben und mit den anderen Fischen spielen.
Denn als Fisch trug man keine Kleider und niemand würde sie ärgern.
Plötzlich knallte etwas gegen Hannah’s Hinterkopf.
Erschrocken riss das Mädchen den Oberkörper nach vorn.
Zu weit.
Hannah schrie.
Die drei Kinder waren für einen Moment wie erstarrt.
Dann stürzten sie nach vorn zur Brüstung.
Hannah war weg.
Nur ihr Ranzen lag noch da.
Und das Papierknäul, das sie nach ihrer Mitschülerin geworfen hatten.
Entsetzt schauten die Kinder einander an.
Dann liefen sie davon.