nochmal vielen vielen dank für den ganzen support
story existiert übrigens schon im ganzen, poste sie hier eben nur stückchenweise *hrhr*
viel spaß mit dem nächsten teil
Ich wollte mir nicht eingestehen, dass mich der Streit mit Christian doch mehr belastete, als mir lieb war. Es war Donnerstag Abend und ich war bis eben mit der Truppe von „Freestyle“ im Gelände gewesen. Wir hatten viel Spaß gehabt und ich hatte noch viel über die einzelnen Leute erfahren, die hinter „Freestyle“ steckten.
Als ich jetzt allerdings alleine die Pferde von der Koppel in den Stall brachte, kam mir der Streit wieder in den Sinn und der Kloß im Hals lies sich nicht einfach herunterschlucken.
Morgen wollten wir gemeinsam den Abend verbringen und die Vorstellung, neben einem beleidigten Christian zu sitzen, gefiel mir nicht sonderlich. Mir bleib quasi nichts anderes übrig, als mich mit ihm zu versöhnen, zumal sich auch in den nächsten drei Wochen keine Möglichkeit mehr bieten würde. Am Abend sprang ich also über meinen Schatten und ging zur Fütterungszeit in den Stall. „Christian, es tut mir leid wegen gestern“ begann ich ohne Umschweife. „Ich hab überreagiert und hätte auch nicht weglaufen dürfen. Bitte entschuldige“ rasselte ich herunter und beobachtete ihn, wie er sich auf die Heugabel stützte und mich ansah. Sein Blick verschaffte mir eine Gänsehaut und ich fragte mich unwillkürlich in genau dem gleichen Moment, ob ich Christian noch liebte. Ich versuchte, ihn unauffällig zu mustern. Seine athletische Figur, die kurzen blonden Haare und die gebräunte Haut ließen ihn zweifellos verdammt gut aussehen. Aber war das wirklich alles? Ganz offensichtlich schienen wir nicht die gleiche Wellenlänge zu haben, machte unsere Beziehung dann noch Sinn? Diese Frage beschäftigte mich noch eine ganze Weile und selbst als wir zur Aufführung von „Freestyle“ gingen, konnte ich nicht verhindern, dass sich die Frage nach dem Sinn unserer Beziehung immer weiter aufdrängte.
Dennoch sah ich Christians dreiwöchige Abwesenheit als Chance – eine Chance, unsere Beziehung wieder ins Lot zu bringen und genau das sagte ich ihm auch, als wir uns verabschiedeten. Ich konnte aus seinem Gesicht nur ablesen, dass er wusste, dass ihm im Prinzip keine andere Wahl blieb – ob er meine Entscheidung für gut befand oder nicht, erfuhr ich nie von ihm.
Durch Christians Abwesenheit war es nun meine Aufgabe, alle Jungpferde zu trainieren bzw. zu bewegen. Ich behalf mir mit unserer Führmaschine und dem Mitnehmen von Handpferden auf Ausritte. Dennoch fühlte ich mich in der zweiten Woche wie ein Wrack, abgekämpft saß ich auf einem der Koppelzäune und beobachtete die untergehende Sonne. „Na, dich sieht man auch kaum mehr“ meinte plötzlich jemand neben mir. Mirko blinzelte zu mir hoch, neben ihm standen Rene und seine Frau am Zaun. „Ja, jetzt wo unser Bereiter auf Lehrgang ist, muss ich täglich fast doppelt so viele Pferde bewegen, wie sonst“ erklärte ich müde.
„Wenn wir dir was helfen können, lass es uns wissen“ lächelte mich Rene an. Dankend machte ich direkt von seinem Angebot Gebrauch: „Ihr wollt ja bestimmt eure Pferde reinholen, oder? Auf der Nachbarweide steht unser Junghengst, der muss auch rein.“
„Kein Problem“ meinte Rene und nahm seine Frau bei der Hand. Als sie zum Stall gingen, sah ich ihnen nach. „Sie sehen so glücklich aus“ sagte ich leise und lies den Kopf hängen. Ich bemerkte, wie sich Mirko neben mich auf den Zaun setzte und mich von der Seite ansah.
„Um glücklich zu sein, brauchst du einen Menschen, den du liebst, eine Aufgabe und viel Hoffnung“ zitierte er wohl irgendeinen Philosophen. Ich verglich diese Weisheit mit meinem derzeitigen Zustand. Einen Menschen, den ich liebte – gab es den noch? Eine Aufgabe hatte ich zweifellos aber an der Hoffnung scheiterte es bereits wieder. Ich hatte es aufgegeben, auf ein eigenes Pferd zu hoffen oder daran zu glauben, dass mich mein Vater studieren lassen würde. Ich wusste, dass er fest damit rechnete, dass ich in ein paar Jahren das Gestüt übernahm. Dabei konnte ich mir gut vorstellen, einen Beruf zu ergreifen, der nichts mit Pferden zu tun hatte und Reiten als mein Hobby zu belassen. „Und, bist du glücklich?“ unterbrach Mirko meine Gedanken. Ich schüttelte den Kopf und gab dem Drang nach, ihm von meinen Gedanken zu erzählen.
„Ziemlich dumm, oder?“ fragte ich, als ich geendet hatte und schaute ihn an. Mirko schenkte mir ein Lächeln und widersprach dann. „Nein, es ist nicht dumm. Es ist dein Leben, du solltest es so gestalten, wie du es für richtig hältst.“ Er lächelte wieder und ich spürte, wie sich eine wohlige Wärme in meiner Bauchgegend ausbreitete. Mirko vermittelte mir immer ein Gefühl der Ruhe und Ausgeglichenheit, so als ob das Leben ein Klaks wäre und nur aus schönen und lebenswerten Momenten bestehen würde. Schweigend beobachteten wir die untergehende Sonne und ich musste feststellen, dass diese Minuten genau den gleichen Zauber hatten, wie der Morgen, an dem ich Furl und seinen Besitzer auf dem Platz beobachtet hatte. „Mirko?“
„Hm?“
„Bist du denn glücklich?“ Als er mich ansah, konnte ich seinen Blick nicht deuten und befürchtete schon, er würde mir nicht antworten. „Lass mich mal sehen... Hoffnungen habe ich viele – ganz besonders meine Zukunft betreffend. Eine Aufgabe habe ich mit den Pferden ebenso wie du; Aber einen Menschen, den ich liebe... den gibt es zur Zeit wohl nicht.“ Sein Blick traf den meinen und plötzlich fühlte ich mich nicht mehr in der Lage, diesem standzuhalten. Ich schaute weg und musste mir endlich eingestehen, dass Mirko genau der Typ Mensch war, der ich sein wollte und genau das Leben fühte, was ich mir so wünschte, führen zu dürfen. Er war eigentlich immer gut drauf, er genoss das Leben sichtlich und reiste mir „Freestyle“ viel herum. Nicht zuletzt besaß er ein eigenes Pferd, zu dem er Vertrauen aufgebaut hatte und natürlich auch beobachten konnte, wie es quasi „erwachsen“ wird. Ich sah meine Schützlinge zeitweise auf Turnieren wieder, lies mir von den Besitzern erzählen, wie sie sich gemacht hatten und ob es ihnen gut ging. Trotzdem – es war einfach nicht das Selbe! Mittlerweile begann es zu dämmern und ich schwang mich vom Zaun. „Ich muss dann mal füttern gehen“ erklärte ich kurz und verlies fluchtartig die Koppel. „Was war denn das jetzt?“ fragte ich mich selbst, als in der Futterkammer einen Hafersack ausleerte und nach dem Futterplan griff. Ich hatte meine Arbeit gerade begonnen, da tauchte Mirko auf und ich wurde prompt rot. Zum Glück stellte er keine unnötigen Fragen sondern griff nach der Heugabel und schob wortlos die Rationen über die Stallgasse. Unauffällig beobachtete ich ihn, als ich im hinteren Stallteil angekommen war und vor einer Box stand, von der ich wusste, dass er mich nicht sehen konnte. Seine kurzen dunklen Haare umrahmten sein Gesicht und das Tankshirt, dass er trug, lies ziemlich viel erahnen. „Cas?“ fragte er den Gang hinauf und ich entleerte hastig die letzte Haferschippe. Hoffentlich hatte er nicht doch bemerkt, dass ich ihn beobachtet hatte aber selbst wenn nicht, hätte man mein Herzklopfen sicherlich noch draußen auf den Koppeln gehört.
„Ja?“
„Ich wollte nur wissen, wo du bist“ antwortete er und lächelte mir zu. Ich zog den Futterwagen hinter mir her, wieder ans andere Ende des Stalls als Mirko plötzlich vor mir stand und mir den Weg versperrte. „Tutut“ grinste ich ihn an und versuchte, an ihm vorbeizukommen. Aber anstatt zur Seite zu gehen, legte er den Kopf schief und fragte: „Was ist los mit dir?“
„Nichts“ schwindelte ich und legte den Kopf in den Nacken. Seine dunklen Augen schienen wieder direkt in mich hineinzusehen und plötzlich wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich nicht nur auf Mirkos Leben neidisch war, sondern mir einfach wünschte, ein Teil dieses Lebens zu sein.