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Original von rosa-socke
Hallo ihr Lieben,
ich habe WIRKLICH viele verschiedene Threads aus der Suche aufgemacht zum Thema Zäumung und Gebissen. Es gab jedoch nichts, was wirklich explizit auf das hingewiesen hat, was ich gern wissen würde. Falls ich etwas übersehen habe, bitte ich das zu entschuldigen!
Und zwar würde mich einfach mal die Meinung zu Kandarren interessieren. Beziehungsweise viel mehr, ab wann man wirklich mit Kandarre reiten sollte( (nicht laut FN, sondern vom eigenen Können) oder vielmehr darf. Was bringt das tatsächlich? Und kann ich meinem unerfahrenem Pferd einfach mal so ein "großes Teil" ins Maul schieben?
Ich hab beispielsweise des öfteren von "einem Ausprobieren" gehört, wobei man dann beispielsweise 1-2 mal im Monat mit einer Kandarre reitet...
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Mit Kandare reiten sollte/kann, muss man aber nicht,
wenn Pferd & Reiter soweit sind.
Kannst du mit zwei Zügelpaaren reiten, sie getrennt einsetzen und weißt du um die Wirkungsweise? (Also z.B. Trense stellt, Kandare zäumt bei et cetera).
Kannst du dein Pferd den Großteil der Zeit auf Gewichts-und Schenkelhilfen reiten? (Mach mal den Test, gib die Zügel hin und schau mal im Trab, ggfs. Galopp wie es aussieht mit Tempowechseln, Richtungsbestimmung, Übergängen etc. rein auf Sitz, Gewicht und Schenkel).
Tritt dein Pferd ganz reell an den Zügel und lässt es sich gut und leicht zu einem bestimmten Grad versammeln?
Solltest du eine dieser Fragen mit "Nein" beantworten, würde ich generell schonmal davon abraten.
(das mal ganz allgemein und unspezifiziert gesagt)
Ich bin durchaus der Meinung, dass ein Pferd grundsätzlich ein solides L-Niveau erreicht haben sollte, bevor man an die Kandare denkt (Ausnahmen gibt es immer).
Und nein, dem unerfahrenen Pferd kann man nicht einfach eine Kandare ins Maul schieben.
Zuerst mal musst du eine passende Kandare finden, was bei Ponymäulern weiß Gott nicht einfach ist.
Eine sehr dünne Unterlegtrense und eine möglichst feine Kandare- der Nachteil daran ist dann wieder, dass du dann noch mehr Vorsicht walten lassen musst, als eh schon auf Kandare.
Die Gewöhnung an die Kandare darf man auch nicht unterschätzen- es fängt damit an, die Kandare korrekt anzupassen, was man nicht ohne fachkräftige Unterstützung tun sollte, danach würde ich dem Pferd 2, 3 x die Kandare für ein paar Minuten im Maul lassen und sie dann wieder rausnehmen.
Die ersten paar Male reiten wird NUR am Trensenzügel geritten, das Pferd muss auf Kandare genau so wie wenn nur auf Trense geritten wird reell ans Gebiss treten, wenn man das versaut, dann hat man gleich eine ganze Menge versaut, und das Vertrauen ans Gebiss ist eine der wichtigsten Sachen die du erhalten musst,
Ich weiß ja nicht genau, ob ich dich da richtig verstanden habe, aber wenn man 2, 3x im Monat mit Kandare reitet, ist das doch für den Anfang eh bei weitem genug.
Wenn man nicht weiß, wofür man die Kandare einsetzen will, dann sollte man sie nicht benutzen.
Die Kandare ist nicht dazu da, schick auszusehen, professionell auszusehen, oder für die Leute, die sich einfach der Dressur verschrieben fühlen (denn auch das bedeutet nicht gleich gutes reiten).
Die Kandare hat einen Sinn & Zweck, nämlich die Verfeinerung der Hilfen bei einem Pferd das eh schon sehr fein abgestimmt ist.
Davor macht es selten Sinn, eine Kandare einzusetzen, schon gar nicht wenn der Reiter keine Erfahrung mit der Kandare hat und keine Ahnung hat, wozu sie überhaupt eingesetzt wird.
Die beizäumende Wirkung einer Kandare sollte man nicht unterschätzen, und wenn man damit nicht umgehen kann, hat man ruckizucki innerh. kürzester Zeit ein Pferd, das sich nur noch hinter dem Zügel verkriecht.
Oft genug gesehen, man braucht sich nur mal ein paar Abreiteplätze anzuschauen.
Dass das Reiten mit einer Kandare (im Idealfall) leicht aussieht, liegt daran, dass die Pferde und Reiter (im Idealfall, wie gesagt- gibt genug Beispiele wie es nicht aussehen sollte) bereits weiter fortgeschritten in ihrer Ausbildung sind und fein abgestimmt sind.
Es sind die Reiter & die entsprechend ausgebildeten Pferde, die die Kandarenreife erlangt haben, die das ganze einfach aussehen lassen, nicht die Kandare.
Im Idealfall lernt ein Reiter der weit genug ist auf einem erfahrenen Pferd das Reiten auf Kandare und die Zügelführung auf Kandare und kann dann anfangen, das auf dem eigenen Pferd ggfs. umzusetzen.
Unter Anleitung eines fachkundigen Reitlehrers!
(Dass das lernen auf einem erfahrenen Pferd selten möglich ist, wissen wir alle).
Das habe ich jetzt extra fett markiert, denn das ist dabei mit Abstand das allerwichtigste - Anleitung.
Ohne die würde ich gar nicht erst daran denken, das auszuprobieren.
Du brauchst jemanden, der dir die Kandare anpassen kann (was nicht so easy ist, wie alle immer denken), dir die Zügelführung (von denen es verschiedene Varianten mit verschiedenen Zwecken gibt) erklärt, die Hilfengebung erklärt, die Wirkungsweise, et cetera et cetera.
Kurzum, und bitte versteh mich da nicht falsch, du weißt, dass ich dich und Peggy sehr gerne mag

, in meinen Augen ist es absolut sinnlos und zu früh, auch nur an die Kandare zu denken, (mal davon abgesehen, dass es schwierig werden könnte, für das kleine Maul überhaupt eine Kandare zu finden).
Das Reiten auf Kandare hat seinen Sinn und Zweck - tut mir Leid, das so zu sagen- meiner Meinung nach seid ihr (noch) nicht so weit.
Um nochmal auf die Wirkungsweise der Kandare einzugehen, Smart Angel, die Kandare hat durchaus ihren Sinn.
Die Kandare hat zum einen mal eine beizäumende Wirkung, die sehr fein eingesetzt werden kann (und dass man wenn man damit umgehen kann damit eine feinere Hilfengebung erzielen kann, sollte jedem klar sein - ebenso, wie es ja wohl unbestritten ist, dass der Sporn zur Hilfenverfeinerung da ist, unabhängig davon ob man feine Reaktionen auch ohne ihn hervorrufen kann.
Letztendlich sollte sich der Sporn selbst überflüssig machen, dann hat man es richtig gemacht).
Die Trense hat hierbei eher die stellende Wirkung und sollte immer vorherrschend sein, die Anlehnung entsteht vorrangig an der Trense, der Kandarenzügel federt.
Das Aussehen als Grund für die Nutzung einer Kandare zu sehen ist ja schon für sich ein Armutszeugnis, da gibts gar nichts dran zu reden, Kopfschütteln ist da schon zu viel getan.
Die Kandare als solche hilft - da sie unbestreitbar schärfer ist, als eine reine Trense, selbst die Unterlegtrense ist dünner als ein normales Gebiss, die Hilfengebung zu minimieren.
Daraus folgt, dass die Kandare in dem Sinne zum Einsatz kommt, wenn man die Hilfengebung auf Trense nicht weiter minimieren kann.
Das ist jetzt drastisch gesagt, natürlich kann man immer weiter minimieren, aber mal zu illustrativen Zwecken so dahergesagt ist es so.
Immerhin ist selbst das Gewicht des durchhängenden Zügels für ein Pferd zu spüren.
Zur Wirkungsweise einer Kandare, mal etwas interessantes:
(und bitte immer daran denken, nicht ausnahmslos alles in Veröffentlichungen für bare Münze zu nehmen, kritisch darf man immer sein)
http://www.hsh-fritz-stahlecker.de/filea...ndare_Teil1.pdf
Ich kenne tatsächlich einige Pferde, die lieber auf Kandare als auf Trense gehen, denn ein Marterinstrument ist die Kandare richtig eingesetzt sicher nicht.
Sie muss sich nur in den richtigen Händen auf dem entsprechend gerittenen Pferd befinden.
Gibt natürlich auch Pferd, die ungern auf Kandare gehen.
Das ist auch kein Problem, immerhin kann man ein Pferd problemlos mit leichtester Hilfengebung bis Piaffe/Passage et cetera fördern (das auch nochmal als kleine Notiz an dich, rosa-socke

).
Die Kandare hat einen zusätzlichen Nutzen, ist aber eigentlich nicht als notwendig anzusehen um bis zu den hohen Lektionen zu kommen.
Als Beispiel mal z.B. zwei Pferde bei Anja Beran, lt. Bildbeschreibung beim Erlernen der ersten Passage/Piaff-Tritte:
http://www.anjaberan.de/typo3temp/pics/0a161bb9b0.jpg
http://www.anjaberan.de/typo3temp/pics/10b32d3aa3.jpg
http://www.anjaberan.de/typo3temp/pics/4be47e35d5.jpg
Um nochmal zu demonstrieren, wie es aussieht, wenn ein Pferd sich an die Hand dehnt:
http://www.anjaberan.de/typo3temp/pics/cd9dbf93b2.jpg
Letztendlich ist es doch so: Die Kandare gibt es, weil sie einen Nutzen hat. Keinen Nutzen, den es unbedingt braucht, um ein Pferd bis in die hohen Lektionen zu fördern, aber doch einen so signifikanten Nutzen, dass sie nach wie vor im Gebrauch ist, und das bei allen renommierten und guten Ausbildern, die mir bekannt sind.
Ich bin der Meinung, man sollte nicht über Nutzen oder Wirkungsweise einer Kandare urteilen, wenn man noch nie mit einer geritten ist und noch nicht erlebt hat, was auf Kandare passiert.
Das ganze ist ein sehr kontroverses Thema, mMn und in sehr erfahrenen Händen kann die Kandare zu verschiedenen Zwecken eingesetzt werden, aber als mit Kandare komplett unerfahrene Person mit einem Pferd, das die Kandare nicht kennt, und auch nicht entsprechend weit ausgebildet ist, würde ich doch dringend davon abraten, da einfach rumzuprobieren.
Das Maul ist heilig, mir wäre da die Gefahr zu groß, aus Unerfahrenheit irgendwelchen Murks zu verzapfen und hinterher wieder beim Vertrauen zum Gebiss anfangen zu dürfen.
Und ohne das geht bekanntlich nichts.
Letztendlich ist es deine Entscheidung, aber ich weiß nicht...mal rein aus Beobachterperspektive würde ich es lassen, an deiner Stelle - mein Text klingt jetzt zwar vielleicht ein bisschen hart, aber wie gesagt, es ist ein kontroverses Thema und letztendlich variieren die Meinung dazu sehr.
Was sagt denn deine Reitlehrerin dazu? Hast du sie schonmal dazu befragt?
Oh, und zum Thema Kandare in der Dressurprüfung: Die ist da auch nicht vorgeschrieben, damit das ganze hübsch aussieht.
http://www.reiterrevue.de/r30/vc_content...ie_kandarre.pdf
Man könnte jetzt natürlich auch wieder über den Nutzen der Kandare im modernen Turniersport philosophieren und argumentieren, aber das würde hier zu weit führen.
Fakt ist, die Kandare hat irgendwo schon ihre Daseinsberechtigung, ist aber eben ein Mittel zur Verfeinerung der Hilfen, und das macht erst Sinn, wenn man ein gewisses Niveau erreicht hat.
http://www.anjaberan.de/typo3temp/pics/7c3b7ac6e0.jpg
Und da hängt dann auch am Ende mal der Zügel durch