Bourrin
1967
Ungeduldig trommelte der Regen gegen das schmutzige Fenster, glänzte im Licht der Straßenlaterne. Der schummrige Schein zeichnete tiefe Schatten auf ihr schlafendes Gesicht und ließ die Konturen unsrer Körper verschmelzen. Zärtlich strich ich über ihren nackten Arm, prägte mir jedes Detail dieser Sekunden ein.
Sie fühlte sich unglaublich schön an.
Richtig an.
Langsam glitt das Laken über meine nackten Beine, als ich aufstand und nach meinen Kleidern griff. Ihr ruhiger Atem endete abrupt und sie schlug die Augen auf. Sah mir zu, ihre warmen, braunen Augen unverwandt auf mein Gesicht gerichtet. Knopf um Knopf schloss sich. Ich striff die Hosenträger über meine Schultern und verbarg mein dunkelblondes Haar unter einem grauen Filzhut. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in meiner Brust breit, schien mich erdrücken zu wollen. Dann, für einen Moment, hielt ich inne und fing ihren Blick auf. Die Furcht in mir wich ein wenig. „Pass auf dich auf“, flüsterte sie leise.
„Ich liebe dich“, erwiderte mein Herz stumm.
Meine Finger zitterten, als ich nach der Türklinke griff und mich in den schlecht beleuchteten Flur hinausstahl. Braune Tapeten. Dunkelgrüner Teppich. Staub. Meine Schritte schienen laut in die Stille zu dröhnen, zu laut. Ich hielt mir die Ohren zu, schloss die Augen. Doch ich spürte die Blicke der wenigen Bilder an den Wänden, hörte ihre Stimmen. Wir wissen, was du getan hast. Wir wissen, was du bist. Mit einem leisen Aufschrei flüchtete ich in den regnerischen Novemberabend.
Kalte Luft schlug mir entgegen. Die Hosenträger schienen sich immer straffer auf meinen Schultern zu spannen, der raue Stoff des Hemdes kratzte unangenehm auf meinen nackten Brüsten. Ich wollte mir die Kleider vom Leib reißen, ihr Geruch bereitete mir plötzlich Übelkeit. Sie rochen nach Rasierwasser, nach seinem Rasierwasser. Ich blieb stehen, lehnte mich an eine Wand. Mein Atem beruhigte sich langsam, mein Kopf leerte sich. Regentropfen setzten sich wie Tränen auf meine Wangen, Tränen, die ich nicht bereit war zu weinen. Auch wenn es das letzte Mal gewesen war, dass ich mir erlaubt hatte, glücklich zu sein. Auch wenn zu Hause Menschen auf mich warteten, die an mich glaubten und nicht wussten, dass ich sie betrog.
Ich nahm mir vor, die Kleider zu waschen und in die Kirche zu gehen. Irgendwann. Ich wollte um Verzeihung bitten, mich dafür entschuldigen, dass ich so sehr gegen Gottes Gesetze verstieß, dass ich nicht einfach sein konnte, wie jede andere Frau. Und doch, innerlich wussten wir beide, Gott und ich, dass es mir nicht Leid tat.
Ich stieß mich von der Wand ab und straffte die Schultern. Und während ich die Straße in den viel zu großen, viel zu flachen Schuhen hinunterschlenderte, drang aus einem geöffneten Fenster Frank Sinatras „That´s life.“ Ich lächelte.
I said that's life, and as funny as it may seem
Some people get their kicks,
Stompin' on a dream
But I don't let it, let it get me down,
'Cause this fine ol' world it keeps spinning around...
Ungeduldig trommelte der Regen gegen das schmutzige Fenster, glänzte im Licht der Straßenlaterne. Der schummrige Schein zeichnete tiefe Schatten auf ihr schlafendes Gesicht und ließ die Konturen unsrer Körper verschmelzen. Zärtlich strich ich über ihren nackten Arm, prägte mir jedes Detail dieser Sekunden ein.
Sie fühlte sich unglaublich schön an.
Richtig an.
Langsam glitt das Laken über meine nackten Beine, als ich aufstand und nach meinen Kleidern griff. Ihr ruhiger Atem endete abrupt und sie schlug die Augen auf. Sah mir zu, ihre warmen, braunen Augen unverwandt auf mein Gesicht gerichtet. Knopf um Knopf schloss sich. Ich striff die Hosenträger über meine Schultern und verbarg mein dunkelblondes Haar unter einem grauen Filzhut. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in meiner Brust breit, schien mich erdrücken zu wollen. Dann, für einen Moment, hielt ich inne und fing ihren Blick auf. Die Furcht in mir wich ein wenig. „Pass auf dich auf“, flüsterte sie leise.
„Ich liebe dich“, erwiderte mein Herz stumm.
Meine Finger zitterten, als ich nach der Türklinke griff und mich in den schlecht beleuchteten Flur hinausstahl. Braune Tapeten. Dunkelgrüner Teppich. Staub. Meine Schritte schienen laut in die Stille zu dröhnen, zu laut. Ich hielt mir die Ohren zu, schloss die Augen. Doch ich spürte die Blicke der wenigen Bilder an den Wänden, hörte ihre Stimmen. Wir wissen, was du getan hast. Wir wissen, was du bist. Mit einem leisen Aufschrei flüchtete ich in den regnerischen Novemberabend.
Kalte Luft schlug mir entgegen. Die Hosenträger schienen sich immer straffer auf meinen Schultern zu spannen, der raue Stoff des Hemdes kratzte unangenehm auf meinen nackten Brüsten. Ich wollte mir die Kleider vom Leib reißen, ihr Geruch bereitete mir plötzlich Übelkeit. Sie rochen nach Rasierwasser, nach seinem Rasierwasser. Ich blieb stehen, lehnte mich an eine Wand. Mein Atem beruhigte sich langsam, mein Kopf leerte sich. Regentropfen setzten sich wie Tränen auf meine Wangen, Tränen, die ich nicht bereit war zu weinen. Auch wenn es das letzte Mal gewesen war, dass ich mir erlaubt hatte, glücklich zu sein. Auch wenn zu Hause Menschen auf mich warteten, die an mich glaubten und nicht wussten, dass ich sie betrog.
Ich nahm mir vor, die Kleider zu waschen und in die Kirche zu gehen. Irgendwann. Ich wollte um Verzeihung bitten, mich dafür entschuldigen, dass ich so sehr gegen Gottes Gesetze verstieß, dass ich nicht einfach sein konnte, wie jede andere Frau. Und doch, innerlich wussten wir beide, Gott und ich, dass es mir nicht Leid tat.
Ich stieß mich von der Wand ab und straffte die Schultern. Und während ich die Straße in den viel zu großen, viel zu flachen Schuhen hinunterschlenderte, drang aus einem geöffneten Fenster Frank Sinatras „That´s life.“ Ich lächelte.
I said that's life, and as funny as it may seem
Some people get their kicks,
Stompin' on a dream
But I don't let it, let it get me down,
'Cause this fine ol' world it keeps spinning around...