Sidney
So ihr Lieben, das ist nun der Geburtstagspost für euch^^ Ja, ich hab heute Geburtstag und nachdem ich schön chinesisch essen war, einen nicht ganz ernstgemeinten Heiratsantrag von meinem Lieblingspubbesitzer bekommen habe, dachte ich mir, ich möchte euch teilhaben lassen und geb euch einen weiteren Happen zu lesen. Ich freu mich auf eure Kommentare
Erstes Buch
II - der Blick gen Himmel
Part V
Ich hielt unweigerlich die Luft an.
»Aber… Ich dachte… Nur Männer werden kastriert.«, stammelte ich und versuchte mich an das letzte Fünkchen Hoffnung zu klammern.
»In diesem Fall auch Frauen. Eine Kastration bedeutet lediglich, dass sämtliche Fortpflanzungsorgane operativ entfernt werden.«, erklärte mir die Ärztin geduldig.
Mir wurde schwarz vor Augen. Wann hörten die schlechten Nachrichten endlich auf?
»Kann ich… kann ich zu ihr?«, fragte ich mit heiserer Stimme.
Dr. Charles nickte und erhob sich. Müde griff sie sich an ihre Haube und zog sie sich vom Kopf. Ihre Haare standen ihr wirr vom Kopf und sie wirkte wie eine verrückte Professorin.
Sie bemerkte meinen Blick, lächelte entschuldigend und fuhr sich durch die Haare. Dann drehte sie sich um und lief auf die Tür zu, die für normale Krankenhausbesucher stets verschlossen blieb, außer sie waren in Begleitung eines Arztes.
Ich erhob mich ebenfalls und folgte ihr aus dem Wartebereich. Keinen Schritt hinter mir spürte ich John. Er war angespannt.
Die Ärztin führte uns durch endlos scheinende Gänge. Die Türen und ein Teil der Wände waren aus Glas, bei einigen Zimmer waren Vorhänge und Rollos angebracht, damit man nicht hineinsehen konnte, bei den anderen waren die Vorhänge offen und wir hatten freien Blick auf im Koma liegende Patienten, Menschen mit Verbänden um den Kopf, mit Beinen oder Armen im Gips, die meisten von ihnen schliefen, manche lagen apathisch auf ihren Betten. Eines hatten sie alle gemeinsam: Sie waren frisch operiert und standen noch unter strikter Beobachtung.
Dr. Charles strebte einen Gang an, der den anderen Gängen glich. Fast ausnahmslos alle Rollos waren offen. Sie erklärte uns, dass hier die Patienten lagen, die noch aufwachen mussten oder die noch nicht verlegt werden dürften. Ich bekam diese Information nur am Rande mit, wollte ich doch schnellstmöglich zu Emily.
Wir hielten vor einer Tür.
»Mister Vineyard, ich denke, es wäre das Beste, wenn sie allein reingehen würden. Wir sollten Miss Davids nicht unnötigem Stress aussetzen.«, meinte die Ärztin und öffnete die Tür.
Ich nickte ihr dankbar zu und trat in das Krankenzimmer. Hinter mir wurde die Tür wieder geschlossen. Durch die Scheibe konnte ich sehen, wie sich John mit der Ärztin unterhielt.
Es roch nach Desinfektionsmitteln und Latexhandschuhen. Emilys zierlicher Körper wirkte auf dem riesigen Krankenhausbett mit seinen makellos weißen Laken noch viel kleiner. In ihrem Handrücken steckte eine Kanüle, deren Schlauch zu einem Beutel über ihrem Kopf führte. Stetig tropfte eine klare Flüssigkeit in ihre Venen. Ich vermutete, dass sie ihr eine Kochsalzlösung mit einem Schmerzmittel verabreichten.
Auf einem Tisch an der Wand lag ein Beutel und ich erkannte darin Emilys Kleidung. Daneben lag ein weiterer, kleinerer Beutel. Auf ihm war eine Skizze von einem Beckenknochen, an dem ein Punkt eingezeichnet war, angebracht. Wahrscheinlich befand sich in dem Beutel die Kugel, die sie Emily aus de Bauch geholt hatten.
Mir fiel auf, dass Emily nicht mehr an einem Beatmungsgerät hing. Das war ein gutes Zeichen. Sie konnte zumindest selbstständig atmen.
Ich drehte mich zum Fenster. Schuldgefühle überrannten mich.
»Chris…«, hörte ich eine leise, kratzige Stimme.
Ich wirbelte herum und blickte direkt in Emilys Augen.
»Oh Em, Baby!«, flüsterte ich und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
Doch es war mir egal. Ich begann wie ein Schlosshund zu heulen, als ich meine Arme um ihren Hals schlang und mein Gesicht im Kissen neben ihrem Kopf vergrub.
Ihre Hand legte sich leicht wie eine Feder auf meine Schulter.
»Emily, es tut mir so leid.«, schluchzte ich.
Ich fuhr ihr mit einer Hand immer wieder durch die Haare. Dann richtete ich mich auf und sah sie an.
»Das muss es nicht.«, murmelte sie.
Ihre Augen wirkten trüb und unstet wanderten sie von meinem Gesicht zum Fenster und dann zur Tür nur um danach wieder mein Gesicht zu fixieren.
Die Ärzte mussten ihr einen gehörigen Drogencocktail verabreicht haben.
»Chris, ich werde keine Kinder bekommen können.«, sagte sie mit plötzlich klarem Blick.
Sie starrte mich an, unsagbar traurig.
»Baby, ich weiß. Es… tut mir so unbeschreiblich leid.«, erwiderte ich und spürte, wie mir wieder die Tränen über mein Gesicht liefen.
Im nächsten Moment ertrug ich den verzweifelten Ausdruck in ihren Augen nicht mehr. Ich sah kurz zur Tür und bemerkte, wie John draußen heftig gestikulierte und die Ärztin immer wieder nickte. Was hatten die beiden nur zu besprechen?
Plötzlich spürte ich Emilys Hand auf meiner ruhen. Abermals sah ich sie an. Die Verzweiflung in ihren Augen war grimmiger Entschlossenheit gewichen.
»Ich weiß, wer das getan hat.«, flüsterte sie.
Verwirrt sah ich sie an. Ich setzte mich auf die Bettkante um auch ja keine Regung ihres Körpers, ihres Gesichts zu verpassen.
»Du meinst, du weiß, wie er ausgesehen hatte?«, wollte ich wissen.
Ich brannte darauf, alles zu erfahren, an das sich Emily noch erinnern konnte. Aber gleichzeitig wollte ich sie nicht überanstrengend. Außerdem war die Polizei noch nicht da gewesen. Jetzt waren die Erinnerungen noch frisch. In ein paar Stunden würden viele Details bereits verblasst sein.
»Nein, Chris, das nicht.«, nuschelte sie.
Meine Verwirrung wuchs. Wenn sie ihn nicht beschreiben konnte, woher wusste sie dann, wer er war?
»Aber was dann? Wurdest du bedroht?«, hakte ich nach.
Sie schüttelte abermals den Kopf.
Ich fühlte mich an Kat, einige Tage vor ihrem Tod, erinnert.
»Nein. Es waren aber die selben wie damals.«, flüsterte sie und drehte ihr Gesicht zur Seite.
Ihr Blick blieb an der Wand haften und sie wich mir aus.
»Wer, Emily?«, wollte ich wissen.
Warum rückte sie nicht endlich mit der Sprache raus?
»Die selben, die Kat auf dem Gewissen haben.«, ließ sie die Bombe platzen.
Zum zweiten Mal in dieser Nacht wurde mir schwarz vor Augen. Ich vernahm einen dumpfen Schlag, dann hörte ich Johns Stimme wie aus weiter Ferne. Auch Emily und ihre Ärztin redeten auf mich ein, aber ich war nicht in der Lage zu reagieren. Viel zu verlockend war die Dunkelheit, viel zu verheißend die Wärme, die von ihr ausging.
Und endlich gab ich mich ihr hin.
Ich erwachte einige Zeit später zusammengerollt auf einer Ledercouch. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee stieg mir in die Nase und ich hörte meinen Magen knurren. Nagender Hunger machte sich in mir breit und noch bevor ich die Augen richtig geöffnet hatte, versuchte ich mich schlaftrunken aufzurichten.
Was war geschehen? Benommen versuchte ich die Lider zu heben und mich umzusehen. Die Couch auf der ich saß, war eindeutig meine. Auch der Couchtisch und der Sessel gehörten mir. Das Phonoregal, die Stereoanlage und der Flachbildfernseher waren auch meine. Noch immer nicht vollständig wach registrierte ich, dass ich scheinbar in meinem Haus war. Aber etwas stimmte nicht. Etwas war anders.
Und dann fiel es mir auf. Der Geruch von Kaffee. Seit Kats Tod hatte ich beim Wachwerden nie wieder Kaffee gerochen.
Ich erhob mich nun vollends von der Couch und wankte verschlafen auf die Wohnzimmertür zu. In der Küche hörte ich jemandem rumoren. Ein Einbrecher? Nein, der würde keinen Kaffee kochen.
Auf alle Eventualitäten vorbereitet öffnete ich die Tür und trat in den Flur. Der Kaffeeduft wurde intensiver und nun mischte sich auch die Note von gebratenem Speck und Rührei unter. Auf dem Weg zur Küche warf ich einen Blick auf die Uhr. Es war halb zwei am Mittag. Welchen Tag hatten wir? Und wie lange hatte ich geschlafen? Ich wusste es nicht.
Meine Gedanken glitten wie durch Klebstoff und ich hatte das Gefühl noch nie so langsam durch mein Haus gelaufen zu sein. Ich fasste mir mit einer Hand an den Kopf. Ein leichtes Ziehen hinter meinen Augen kündigte eine bevorstehende Migräne an.
An der Küchentür angekommen hielt ich inne. Die Tür war offen und in meiner Küche stand er. John.
Er stand mit dem Rücken zu mir und bemerkte mich nicht. Seine Haare hingen ihm in nassen Strähnen in den Nacken. Er hatte sich scheinbar eine meiner Jogginghosen ausgeliehen. Auch das Shirt war meins. Barfuß stand er auf den Fließen und hantierte am Herd. Mir fiel erst jetzt auf, dass er kaum nennenswert größer war als ich und die Hose stand ihm deutlich besser als mir.
Leise schlich ich auf ihn zu und legte meine Arme um seine Taille. Kurz schrak er zusammen.
»Ausgeschlafen?«, fragte er, als sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte.
Ich nickte und küsste seinen Hals.
»Wie geht’s dir?«, wollte er wissen, legte den Pfannenwender zur Seite und drehte sich zu mir um.
»Von den Kopfschmerzen und der Tatsache, dass ich mich fühle, als wäre ich unter eine Dampfwalze geraten, mal abgesehen… beschissen.«, erwiderte ich und kuschelte mich an ihn.
John nahm mich in die Arme und streichelte meinen Rücken.
»Wie lang war ich weg?«, wollte ich nun meinerseits wissen.
»Nur ein paar Stunden.«, kam die vage Antwort.
»John, sag mir, wie lang ich weg war.«, verlangte ich.
Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, was passiert war.
»Ungefähr zehn Stunden.«, murmelte er.
Er hob eine Hand und streichelte meinen Hals.
Zehn Stunden. Ich rechnete im Kopf nach. Vor zehn Stunden war ich wo gewesen?
John musste meine Unsicherheit bemerkt haben.
»Wir waren im Krankenhaus. Und du bist ohnmächtig geworden. Emilys Ärztin wollte dich dort behalten. Aber ich dachte mir, dass du lieber in deiner gewohnten Umgebung aufwachen wolltest.«, erklärte er mir.
Dann fiel es mir wieder ein. Der Streit, das Auto, der Schuss. Und Emily, wie sie mir sagte, dass sie von denselben Leuten angeschossen worden war, die meine Kat umgebracht hatten.

Erstes Buch
II - der Blick gen Himmel
Part V
Ich hielt unweigerlich die Luft an.
»Aber… Ich dachte… Nur Männer werden kastriert.«, stammelte ich und versuchte mich an das letzte Fünkchen Hoffnung zu klammern.
»In diesem Fall auch Frauen. Eine Kastration bedeutet lediglich, dass sämtliche Fortpflanzungsorgane operativ entfernt werden.«, erklärte mir die Ärztin geduldig.
Mir wurde schwarz vor Augen. Wann hörten die schlechten Nachrichten endlich auf?
»Kann ich… kann ich zu ihr?«, fragte ich mit heiserer Stimme.
Dr. Charles nickte und erhob sich. Müde griff sie sich an ihre Haube und zog sie sich vom Kopf. Ihre Haare standen ihr wirr vom Kopf und sie wirkte wie eine verrückte Professorin.
Sie bemerkte meinen Blick, lächelte entschuldigend und fuhr sich durch die Haare. Dann drehte sie sich um und lief auf die Tür zu, die für normale Krankenhausbesucher stets verschlossen blieb, außer sie waren in Begleitung eines Arztes.
Ich erhob mich ebenfalls und folgte ihr aus dem Wartebereich. Keinen Schritt hinter mir spürte ich John. Er war angespannt.
Die Ärztin führte uns durch endlos scheinende Gänge. Die Türen und ein Teil der Wände waren aus Glas, bei einigen Zimmer waren Vorhänge und Rollos angebracht, damit man nicht hineinsehen konnte, bei den anderen waren die Vorhänge offen und wir hatten freien Blick auf im Koma liegende Patienten, Menschen mit Verbänden um den Kopf, mit Beinen oder Armen im Gips, die meisten von ihnen schliefen, manche lagen apathisch auf ihren Betten. Eines hatten sie alle gemeinsam: Sie waren frisch operiert und standen noch unter strikter Beobachtung.
Dr. Charles strebte einen Gang an, der den anderen Gängen glich. Fast ausnahmslos alle Rollos waren offen. Sie erklärte uns, dass hier die Patienten lagen, die noch aufwachen mussten oder die noch nicht verlegt werden dürften. Ich bekam diese Information nur am Rande mit, wollte ich doch schnellstmöglich zu Emily.
Wir hielten vor einer Tür.
»Mister Vineyard, ich denke, es wäre das Beste, wenn sie allein reingehen würden. Wir sollten Miss Davids nicht unnötigem Stress aussetzen.«, meinte die Ärztin und öffnete die Tür.
Ich nickte ihr dankbar zu und trat in das Krankenzimmer. Hinter mir wurde die Tür wieder geschlossen. Durch die Scheibe konnte ich sehen, wie sich John mit der Ärztin unterhielt.
Es roch nach Desinfektionsmitteln und Latexhandschuhen. Emilys zierlicher Körper wirkte auf dem riesigen Krankenhausbett mit seinen makellos weißen Laken noch viel kleiner. In ihrem Handrücken steckte eine Kanüle, deren Schlauch zu einem Beutel über ihrem Kopf führte. Stetig tropfte eine klare Flüssigkeit in ihre Venen. Ich vermutete, dass sie ihr eine Kochsalzlösung mit einem Schmerzmittel verabreichten.
Auf einem Tisch an der Wand lag ein Beutel und ich erkannte darin Emilys Kleidung. Daneben lag ein weiterer, kleinerer Beutel. Auf ihm war eine Skizze von einem Beckenknochen, an dem ein Punkt eingezeichnet war, angebracht. Wahrscheinlich befand sich in dem Beutel die Kugel, die sie Emily aus de Bauch geholt hatten.
Mir fiel auf, dass Emily nicht mehr an einem Beatmungsgerät hing. Das war ein gutes Zeichen. Sie konnte zumindest selbstständig atmen.
Ich drehte mich zum Fenster. Schuldgefühle überrannten mich.
»Chris…«, hörte ich eine leise, kratzige Stimme.
Ich wirbelte herum und blickte direkt in Emilys Augen.
»Oh Em, Baby!«, flüsterte ich und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
Doch es war mir egal. Ich begann wie ein Schlosshund zu heulen, als ich meine Arme um ihren Hals schlang und mein Gesicht im Kissen neben ihrem Kopf vergrub.
Ihre Hand legte sich leicht wie eine Feder auf meine Schulter.
»Emily, es tut mir so leid.«, schluchzte ich.
Ich fuhr ihr mit einer Hand immer wieder durch die Haare. Dann richtete ich mich auf und sah sie an.
»Das muss es nicht.«, murmelte sie.
Ihre Augen wirkten trüb und unstet wanderten sie von meinem Gesicht zum Fenster und dann zur Tür nur um danach wieder mein Gesicht zu fixieren.
Die Ärzte mussten ihr einen gehörigen Drogencocktail verabreicht haben.
»Chris, ich werde keine Kinder bekommen können.«, sagte sie mit plötzlich klarem Blick.
Sie starrte mich an, unsagbar traurig.
»Baby, ich weiß. Es… tut mir so unbeschreiblich leid.«, erwiderte ich und spürte, wie mir wieder die Tränen über mein Gesicht liefen.
Im nächsten Moment ertrug ich den verzweifelten Ausdruck in ihren Augen nicht mehr. Ich sah kurz zur Tür und bemerkte, wie John draußen heftig gestikulierte und die Ärztin immer wieder nickte. Was hatten die beiden nur zu besprechen?
Plötzlich spürte ich Emilys Hand auf meiner ruhen. Abermals sah ich sie an. Die Verzweiflung in ihren Augen war grimmiger Entschlossenheit gewichen.
»Ich weiß, wer das getan hat.«, flüsterte sie.
Verwirrt sah ich sie an. Ich setzte mich auf die Bettkante um auch ja keine Regung ihres Körpers, ihres Gesichts zu verpassen.
»Du meinst, du weiß, wie er ausgesehen hatte?«, wollte ich wissen.
Ich brannte darauf, alles zu erfahren, an das sich Emily noch erinnern konnte. Aber gleichzeitig wollte ich sie nicht überanstrengend. Außerdem war die Polizei noch nicht da gewesen. Jetzt waren die Erinnerungen noch frisch. In ein paar Stunden würden viele Details bereits verblasst sein.
»Nein, Chris, das nicht.«, nuschelte sie.
Meine Verwirrung wuchs. Wenn sie ihn nicht beschreiben konnte, woher wusste sie dann, wer er war?
»Aber was dann? Wurdest du bedroht?«, hakte ich nach.
Sie schüttelte abermals den Kopf.
Ich fühlte mich an Kat, einige Tage vor ihrem Tod, erinnert.
»Nein. Es waren aber die selben wie damals.«, flüsterte sie und drehte ihr Gesicht zur Seite.
Ihr Blick blieb an der Wand haften und sie wich mir aus.
»Wer, Emily?«, wollte ich wissen.
Warum rückte sie nicht endlich mit der Sprache raus?
»Die selben, die Kat auf dem Gewissen haben.«, ließ sie die Bombe platzen.
Zum zweiten Mal in dieser Nacht wurde mir schwarz vor Augen. Ich vernahm einen dumpfen Schlag, dann hörte ich Johns Stimme wie aus weiter Ferne. Auch Emily und ihre Ärztin redeten auf mich ein, aber ich war nicht in der Lage zu reagieren. Viel zu verlockend war die Dunkelheit, viel zu verheißend die Wärme, die von ihr ausging.
Und endlich gab ich mich ihr hin.
Ich erwachte einige Zeit später zusammengerollt auf einer Ledercouch. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee stieg mir in die Nase und ich hörte meinen Magen knurren. Nagender Hunger machte sich in mir breit und noch bevor ich die Augen richtig geöffnet hatte, versuchte ich mich schlaftrunken aufzurichten.
Was war geschehen? Benommen versuchte ich die Lider zu heben und mich umzusehen. Die Couch auf der ich saß, war eindeutig meine. Auch der Couchtisch und der Sessel gehörten mir. Das Phonoregal, die Stereoanlage und der Flachbildfernseher waren auch meine. Noch immer nicht vollständig wach registrierte ich, dass ich scheinbar in meinem Haus war. Aber etwas stimmte nicht. Etwas war anders.
Und dann fiel es mir auf. Der Geruch von Kaffee. Seit Kats Tod hatte ich beim Wachwerden nie wieder Kaffee gerochen.
Ich erhob mich nun vollends von der Couch und wankte verschlafen auf die Wohnzimmertür zu. In der Küche hörte ich jemandem rumoren. Ein Einbrecher? Nein, der würde keinen Kaffee kochen.
Auf alle Eventualitäten vorbereitet öffnete ich die Tür und trat in den Flur. Der Kaffeeduft wurde intensiver und nun mischte sich auch die Note von gebratenem Speck und Rührei unter. Auf dem Weg zur Küche warf ich einen Blick auf die Uhr. Es war halb zwei am Mittag. Welchen Tag hatten wir? Und wie lange hatte ich geschlafen? Ich wusste es nicht.
Meine Gedanken glitten wie durch Klebstoff und ich hatte das Gefühl noch nie so langsam durch mein Haus gelaufen zu sein. Ich fasste mir mit einer Hand an den Kopf. Ein leichtes Ziehen hinter meinen Augen kündigte eine bevorstehende Migräne an.
An der Küchentür angekommen hielt ich inne. Die Tür war offen und in meiner Küche stand er. John.
Er stand mit dem Rücken zu mir und bemerkte mich nicht. Seine Haare hingen ihm in nassen Strähnen in den Nacken. Er hatte sich scheinbar eine meiner Jogginghosen ausgeliehen. Auch das Shirt war meins. Barfuß stand er auf den Fließen und hantierte am Herd. Mir fiel erst jetzt auf, dass er kaum nennenswert größer war als ich und die Hose stand ihm deutlich besser als mir.
Leise schlich ich auf ihn zu und legte meine Arme um seine Taille. Kurz schrak er zusammen.
»Ausgeschlafen?«, fragte er, als sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte.
Ich nickte und küsste seinen Hals.
»Wie geht’s dir?«, wollte er wissen, legte den Pfannenwender zur Seite und drehte sich zu mir um.
»Von den Kopfschmerzen und der Tatsache, dass ich mich fühle, als wäre ich unter eine Dampfwalze geraten, mal abgesehen… beschissen.«, erwiderte ich und kuschelte mich an ihn.
John nahm mich in die Arme und streichelte meinen Rücken.
»Wie lang war ich weg?«, wollte ich nun meinerseits wissen.
»Nur ein paar Stunden.«, kam die vage Antwort.
»John, sag mir, wie lang ich weg war.«, verlangte ich.
Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, was passiert war.
»Ungefähr zehn Stunden.«, murmelte er.
Er hob eine Hand und streichelte meinen Hals.
Zehn Stunden. Ich rechnete im Kopf nach. Vor zehn Stunden war ich wo gewesen?
John musste meine Unsicherheit bemerkt haben.
»Wir waren im Krankenhaus. Und du bist ohnmächtig geworden. Emilys Ärztin wollte dich dort behalten. Aber ich dachte mir, dass du lieber in deiner gewohnten Umgebung aufwachen wolltest.«, erklärte er mir.
Dann fiel es mir wieder ein. Der Streit, das Auto, der Schuss. Und Emily, wie sie mir sagte, dass sie von denselben Leuten angeschossen worden war, die meine Kat umgebracht hatten.