Okay, nächster Teil:
In der 4. Stunde haben wir Biologie.
Im Biologieraum sitze ich am Fenster. Der Unterricht ist so langweilig wie immer und so blicke ich die ganze Zeit missgelaunt hinaus auf den Schulhof, der durch den Regen, der vor wenigen Minuten eingesetzt hatte, schon leicht nass ist. Ich blicke an der Außenwand des kleinen Kiosks, den ich von hier aus nur von hinten sehe, nach oben. Der weiße Putz ist schon leicht dreckig von den vielen Tennisbällen die, als Fußbälle genutzt, immer gegen die Wand gedonnert werden. Ich gähne. Der Unterricht, das Wetter, alles war zum Einschlafen. Und ich war müde, so müde.....
Lena stupst mich mit dem Ellbogen in die Seite. Verstört blicke ich sie an. „Was?“, nuschele ich. Dann fällt mir auf, dass es vor mir dunkel geworden ist. Langsam hebe ich den Blick. Mein Biolehrer steht vor mir, mit hochrotem Kopf. Könnte er es, würde er jetzt wahrscheinlich Dampf aus seinen Nasenlöchern blasen, im nächsten Moment seinen Mund öffnen und Feuer spucken wie ein zorniger Drache.
Da dies aber zum Glück nicht möglich ist, bleibt es bei seinem hochrotem Kopf, der allein schon schlimm genug aussieht. „So“, presst er zwischen den zusammengekniffenen Lippen hervor, „schlafen wir im Unterricht, ja?“
„Ich – ich hab nicht geschlafen“, entgegne ich wahrheitsgetreu und versuch dabei, meine Stimme ruhig zu halten.
„Ach ja? Und was war das dann eben? Falls du es nicht gemerkt hast, ich habe dich etwas gefragt“ Der Kopf meines Biolehrers schien einen noch grelleren Rot-Ton angenommen zu haben.
„Ich....ähm“, stottere ich herum. So ein Mist, schießt es mir durch den Kopf. Ich spüre die Blicke all meiner Mitschüler auf mir ruhen. Es macht mich total nervös, so angestarrt zu werden.
Was sollte ich nun tun? Irgendetwas sagen? Zu peinlich, wenn es falsch wäre. Etwa lügen? Nun ja, es gab doch so gewisse Tricks.....
„Also..“, fange ich wieder an und setze eine unschuldige Miene auf, „ich habe es akustisch nicht so ganz verstanden, könnten sie die Frage noch einmal wiederholen?“ Ich lächele gezwungen und blicke meinen Lehrer an. Ich kann erkennen, wie es hinter seiner Stirn arbeitet. Dann rümpft er die Nase und meint hämisch: „Natürlich. Der altbekannte Trick. Nein, Fräulein, ich kann meine Frage nicht wiederholen, die du sie nicht verstanden hast, weil du nicht zugehört hast! Aber das ist jetzt dein Problem. Wie lautet die Antwort?“ Ein gemeines Lächeln spielt um seine Lippen und ich versuche weiterhin, ruhig zu bleiben, was mir immer schwieriger fällt.
„Ich weiß die Antwort nicht“, meine ich gepresst und versuche dabei, gelassen zu klingen. Es funktioniert nicht ganz.
Eine kleine Bewegung draußen auf dem Schulhof lenkt meine Sinne von dem vor Wut schnaubenden Biolehrer.
Ich rucke mit dem Kopf herum und spähe durch die dunkle Regenwand aus dem Fenster. Man erkennt nichts Besonderes mehr, aber ich bin mir sicher, etwas gesehen zu haben. Einen Schatten, geht es mir durch den Kopf, einen ungefähr mannshohen Schatten....wie der von heute Nacht.
Meine Eingeweide krampfen sich allein bei der Erinnerung daran zusammen, meine Gedanken überschlagen sich und mein verletztes Handgelenk beginnt wieder zu pochen.
War das heute Nacht echt gewesen?
Umso länger es her war, umso unrealistischer kam mir das Geschehene – oder doch nicht Geschehene? – vor.
„Würdest du deine Aufmerksamkeit bitte wieder dem Unterricht zuwenden?“, dringt die genervte Stimme meines Lehrers an mein Ohr.
Übrigens: Die ausrede benutzen wir alle immer, jeder meiner Lehrer fällt irgendwie drauf rein!
Comments erwünscht, wie immer!
Aleu