ah, das waren ja schon wieder ein paar Tage ^^ die Zeit verfliegt...
schön, das es euch noch immer gefällt
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Ah, Krankenhaus. Faszinierend, dass das das erste ist, woran man denkt, wenn man die Augen öffnet und feststellt, man befindet sich in einem Bett mit schneeweißen Laken. Als nächstes erscheint die übliche zweite Frage in meinem Kopf: Was zum Teufel mache ich hier?
Ah, die Treppe. Warum bin ich nochmal hingefallen? Ah, die Kopfschmerzen. Dieser Idiot. Ist er eigentlich immer noch da?
'Nein, weißt du.'
Ah, scheiße. Immer noch da.
Stöhnend rolle ich mich auf die rechte Seite, als könne ich ihm damit tatsächlich den Rücken zudrehen. Natürlich funktioniert es nicht, weshalb ich als Reaktion nur ein amüsiertes Kichern höre, das mich beinahe in den Wahnsinn treibt. Ich will meine Privatsphäre zurück, ernsthaft.
'Du hattest noch nie Privatsphäre.'
Ja, schön, du hast mich mein ganzes Leben lang beobachtet. Interessiert mich nicht; damals habe ich es nicht mitbekommen und ich würde gern, dass das auch wieder so wird. Ich habe nämlich was zu erledigen - und dabei störst du mich.
'Willst du nochmal die Treppe runterfallen?'
Genau das meine ich, seufze ich innerlich genervt, während ich mit den Augen das Zimmer begutachte. Nichts Besonderes; der übliche Tisch, das große Fenster, ein Tropf, an dem ich angeschlossen bin. Leider Gottes befindet sich außer mir und dem Ding in mir niemand im Raum, was mich dazu zwingt, zu warten. Natürlich könnte ich aufstehen, doch als ich es versuche, schießt ein stechender Schmerz durch meinen Schädel, der mich stöhnend zurücksinken lässt.
'Das war ich nicht.'
"Ich weiß", murre ich mir die Stirn haltend, "Aber du hast es hoffentlich auch gespürt."
'Ja. Gibt dir das jetzt Genugtuung?', erwidert er etwas eingeschnappt, woraufhin ich leicht nicke.
'Arschloch.'
Gern geschehen, lache ich innerlich. Es fühlt sich gut an; ein kleiner Triumph auf meiner Seite, den ich gerade in vollen Zügen auskoste, auch wenn es vielleicht etwas erbärmlich ist, sich darüber zu freuen. Abgesehen von dem ethischen Aspekt, über den ich gar nicht nachdenken möchte.
'Richtig. Wo ist nur deine Moral?'
Bei dir lasse ich davon gern mal ab. Glaub mir, könnte ich dich umbringen, würde ich es ohne zu zögern tun.
'Hah! Das meinst du doch nicht ernst', erwidert er mit augetragener Dramatik und bringt mich mal wieder dazu, die Augen zu rollen. Er hätte lieber Schauspieler werden sollen, statt sich in meinem Körper einzunisten.
'Ich wäre auch lieber Schauspieler, als meinen Körper mit einem depressiven Etwas wie dir zu teilen.'
Es ist mein Körper, grummel ich, stocke dann und verziehe das Gesicht.
"Ich bin nicht depressiv", murmel ich ins Kissen, während ich ihn fixiere. Für den Bruchteil einer Sekunde öffnen sich seine Lippen und lassen mich auf eine Antwort warten, ehe sie sich zu einem hämischen Grinsen verziehen. Er sieht auf mich herab - ich habe mit meiner letzten Antwort ein Eigentor geschossen.
"Ach, lass mich doch in Ruhe", keife ich.
"Schatz, wer soll dich in Ruhe lassen?", höre ich auf einmal die Stimme meiner Mutter und sehe erschrocken auf. Was zum Teufel? Sie steht direkt vor meinem Bett und sieht besorgt auf mich herab. Dad ist direkt hinter ihr; er hat eine Hand beschwichtigend auf ihre Schulter gelegt.
"Uh, niemand. Nur ein Selbstgespräch. Das ist bestimmt, weil ich auf den Kopf gefallen bin", erkläre ich hastig, woraufhin meine Eltern sich einen vielsagenden Blick schenken, das Thema allerdings fallen lassen.
"Geht es dir inzwischen besser?", fragt Dad. Ich nicke als Antwort.
"Der Doktor meinte, dir könnte noch etwas schwindlig sein und du hast dir den Fuß angestaucht, aber wenn alles in Ordnung ist, können wir dich heute schon mitnehmen. Er möchte nur vorher nochmal nach dir sehen. Also, falls du dich dementsprechend besser fühlst, sag einfach nur bescheid."
"Mach ich."
"Und wenn es dir schlechter geht, musst du auch sofort bescheid geben, ja?", fügt meine Mutter hinzu. Ich kann das kleine Lächeln nicht verkneifen, das sich auf meine Lippen schleicht und meine Mundwinkel zum Kribbeln bringt. Ja, das ist halt Mom.
'Ja, sie ist schon übervorsichtig. Und ein Sensibelchen. Die Sache mit der Urne', bemerkt er amüsiert, während die Erinnerung in meinem Kopf erscheint. Ich kann sie nicht greifen, so schnell verschwindet sie schon wieder, doch ein seltsames Unwohlsein macht sich in meinem Körper breit - und plötzlich fühlen sich meine Wangen unglaublich heiß an.
'War ja klar, dass du es nicht lustig finden würdest. Spielverderber.'
"Schatz, alles okay? Du bist auf einmal so rot", stellt meine Mutter besorgt fest und streicht mir zärtlich über die Wange. Irgendwie habe ich das ungute Gefühl, dass sie an jenem Tag etwas viel Schrecklicheres mit meiner Wange angestellt hat. Das ist wesentlich mehr mit einer bösen Vorahnung zu vergleichen, als mit Dingen wie einer Erinnerung oder Ähnlichem, doch etwas in mir scheint sich sicher zu sein, dass es die Wahrheit ist.
'Ja, ich.'
"Ja, ich", äffe ich genervt nach; der Blick meiner Eltern ist unbeschreiblich. Als würden sie gerade auf den Fernseher starren, weil irgendeine dämliche Soap sich mal wieder selbst an Blödheit übertroffen hat.
"Junge, ist wirklich alles in Ordnung?", fragt mich nun mein Vater, woraufhin ich genervt durchatme.
"Ja, tut mir leid. Ich bin noch etwas durcheinander, entschuldige."
"Kein Problem, mein Sohn. Was ist eigentlich passiert? Ich meine, du hast deiner Mutter und mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, als du einfach so regungslos am Treppenende lagst."
"Ach, mir war einfach etwas schwindlig - und dann ist mir die Stufe unterm Fuß weggerutscht und ich Idiot habe es dann nicht mehr geschafft, mich am Geländer festzuhalten. Muss wohl mit dem Kopf aufgeschlagen sein und das hat mich dann ausgenockt", erkläre ich schulterzuckend, während ich mich in eine etwas aufrechtere Position bringe. Mein Schädel dröhnt noch immer etwas, doch wird es mir auch nicht helfen, den gesamten Tag nur rumzuliegen und Scheintod zu spielen. Abgesehen davon muss ich mit Ginny reden.
'Schlag dir die Idee mal ganz schnell aus dem Kopf, mein Lieber.'
Ein dunkles Knurren entweicht meiner Kehle, das mich selbst etwas überrascht. Seit wann bin ich zu solch blutrünstigen Geräuschen in der Lage? - Allerdings spielt das keine Rolle, da ich spüre, wie er sich ein Stück entfernt. Als wäre es nun ausnahmsweise an ihm, mir erfolglos den Rücken zuzudrehen.
"Vielleicht sollten wir dich noch einmal untersuchen lassen, wenn dir wirklich so schwindlig gewesen ist", überlegte meine Mutter laut, woraufhin ich bestimmt den Kopf schüttel. Dabei würde sowieso nichts herauskommen.
'Richtig, mir würden sie nie auf die Spur kommen!', kommt es arrogant aus einer Ecke meines Kopfes, in die er sich zurückgezogen hatte - und aus der er nun wieder herausgekrochen kommt. Kann er nicht mal eine Sekunde wegbleiben?
"Mama, ganz ehrlich; dir würde bestimmt auch etwas schlecht werden, wenn du gerade erfahren hast, dass du nich allein in deinem Schädel bist. Das ist einfach... belastend", seufze ich. Es entspricht nicht der Wahrheit, doch zumindest den letzten Teil kann ich ohne schlechtem Gewissen über die Lippen bringen. Es ist wirklich belastend, wenn auch aus einem anderen Grund.
"Ja, ich verstehe", murmelt sie. Nein, sie versteht es nicht.
'Woher auch? Wobei... vielleicht hat sie auch noch jemanden in sich drinnen?'
Ich hoffe für sie, dass es nicht der Fall ist.
'Hah! Und schon wirst du wieder beleidigend.'
Spar dir deine Dramatik und verzieht dich, koche ich innerlich, als er sich auf die Knie wirft und in einer verzweifelten Geste die Hände ausstreckt, nur um sich im nächsten Moment ans Herz zu greifen und tot umzufallen. Zumindest will er tot wirken, wenn ich das richtig mitbekomme. Er hätte wirklich Schauspieler werden sollen.
Meine Mutter beschäftigt uns noch eine Weile mit ihrem Sorgen und Bedenken, ehe nach bestimmt zwanzig Minuten endlich der Arzt kommt, um das ganze Theater zu unterbrechen. Am erleichterten Durchatmen meines Dads erkenne ich, dass ich nicht der einzige bin, dem dieses ewige Gefrage auf die Nerven gegangen ist. Natürlich nehme ich es meiner Mutter nicht übel, dass sie sich um mich sorgt, - schließlich ist das auch ganz normal -, doch sollte irgendwann einmal Schluss damit sein. Im Übrigen muss ich feststellen, dass mein zweites Ich vor Schadenfreude nur so sprüht, was mich nicht gerade aufheitert.
"Nun gut, Herr Meier, wie geht es Uns denn so?", fragt mich der Arzt mit einem freundlichen Lächeln, dass ich automatisch erwider - bevor mich ein nerviges Ding in meinem Kopf daran erinnert, dass ich ja schlechte Laune zu haben habe.
'Oh Gott, der ist doch viel zu alt. Den kannst du ruhig etwas weniger charmant anlächeln.'
Das ist nicht charmant, das ist nett. Abgesehen davon ist nicht die gesamte Welt schwul, denke ich genervt mit den Augen rollend, bevor ich dem Arzt - Doktor Weimar - in Kurzform erzähle, was passiert ist und wie ich mich momentan fühle.
'Wetten, dass er schwul ist?'
Ich will es gar nicht wissen.
"Na gut, dann lassen wir sie noch eine Stunde angeschlossen und dann kommt eine Schwester vorbei, die das alles mit ihnen regeln wird", erklärt er und ist schon aus dem Zimmer verschwunden, bevor meine Mutter überhaupt zu einer ihrer Fragen ansetzen kann.
"Also wirklich! Und sowas nennt sich Arzt. Keine Zeit für die Patienten", beschwert sie sich kopfschüttelnd, während Dad mir einen vielsagenden Blick schenkt, den ich mit wissendem Grinsen erwider. Anschließend folgen eine Stunde Krankenhausaufenthalt und eine halbe Stunde Autofaht, die ich damit verbringe, meine Mutter davon zu überzeugen, dass es mir - abgesehen von den Kopfschmerzen - wirklich gut geht und ich die nächsten Male vorsichtiger sein werde, wenn ich einer Treppe begegnen sollte. Mein Vater beobachtet mich derweil besorgt, wobei ich den Grund dafür erst beim Abendessen erfahre.
"Julian, wie hast du dir das dann eigentlich mit der Schule gemacht?", fragt er mich, woraufhin ich mich erstmal an meinem Stück Fleisch verschlucke und in einen röchelnd-würgenden Hustenanfall ausbreche, um meine Atemwege frei zu bekommen.
"Nicht wirklich", erwider ich mich räuspernd. Ursprünglich hatte ich ja geplant, mir von Ginny unter die Arme greifen zu lassen, doch würde ich nun mit Sicherheit darauf verzichten müssen. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass er noch Lust darauf hat, mir in irgendeiner Art und Weise zu helfen - dafür habe ich viel zu viel wieder gut zu machen.
"Das habe ich mir gedacht", seufzte er und lehnt sich im Stuhl zurück, ehe er sich an meine Mutter wendet: "Schatz, was hältst du davon, ihn eine Klasse zurückstufen zu lassen? Der Direktor wird sicherlich Verständnis dafür haben."
"Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, ihn mitten im Schuljahr versetzen zu lassen", entgegnet meine Mutter, während sie einen besorgten Blick auf mich wirft, den ich nur all zu gut verstehe. Sie sorgt sich nicht nur darum; sie macht sich Gedanken, ob ich in einer neuen Klasse Anschluss finden würde, zumal ich allen erklären müsste, aus welchem Grund ich wiederholen muss.
"Unsinn. Das Schuljahr hat doch gerade erst angefangen. So lange wir uns schnell genug darum kümmern, wird es schon nicht schiefgehen. Nicht wahr, Julian?"
"Ah, ja. Mir gefällt der Gedanken zwar nicht wirklich, aber ich nehme nicht an, dass ich irgendwie Anschluss finden würde", murmel ich bestätigend, während ich lustlos in meinem Essen herumstocher, bevor ich mich dazu durchringe, einen Bissen zu nehmen. Mein Appetit hat sich mal wieder verflüchtigt. In der Schule würde ich Ginny zwangsläufig über den Weg laufen - wobei, die Wahrscheinlichkeit könnte ich sehr gering halten, wenn ich wirklich in eine andere Klassenstufe komme.
"Lieblings, ich denke, wir sollten darüber nachdenken."
"Nein, Mama, das ist schon okay", werfe ich schnell ein, bevor sie meinen Vater doch noch herumreißen kann.
"Bist du dir sicher?"
"Ja, ziemlich. Ich kenne ein paar aus den anderen Klassenstufen und wenn ich sie um Hilfe bitte, werden sie bestimmt aufpassen, dass ich Anschluss finde. Da braucht ihr euch also keine Sorgen machen. Abgesehen davon ist es wirklich das beste, was ich im Moment tun kann", erkläre ich - und bin verwundert, wie schnell sich der Direktor bei einem Telefongespräch mit meiner Mutter davon überzeugen lässt, mich zu versetzen.
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so, erstmal ne Weile vorgesorgt xD ansonsten hab ich auch nur noch 2 Szenen, muss mal wieder schreiben ^^"