Ich will nur jedem die Gelegenheit geben, einen Kommentar zu hinterlassen, ohne dass er sich durch tausend Seiten wühl muss xD
Abgesehen davon muss ich ja auch schnell genug vorschreiben ^^"
aber na gut
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"Du hast mir während unserer Beziehung immer wieder gesagt, dass der Tag kommen wird, an dem du mich vergessen wirst - und dass ich es dir nicht übel nehmen soll. Ich habe es dir alles nie geglaubt; warum auch? Weißt du, ich dachte, du wolltest mir ein Bisschen Angst einjagen. Ich hasse es, wenn du das tust, aber darüber kann man hinwegsehen. Schließlich liebe ich dich", beendet er mit einem so zärtlichen Lächeln, dass mein Herz einen Schlag höher schlägt. Ich habe es niemals in Erwägung gezogen, dass er solche Gefühle für mich hegen könnte - und natürlich ehrt es mich, doch ich bin nunmal nicht schwul. Keine Ahnung, was mich geritten hat; ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Allerdings tut es verdammt nochmal weh.
"Ginny, es tut mir wirklich leid. Ich weiß nicht, wie viel ich dir erzählt habe, doch es stimmt offensichtlich. Das habe ich schon seit meiner Kindheit. Manchmal vergesse ich eben bestimmte Dinge einfach. Bisher ist es nie mehr als eine Woche gewesen, doch offensichtlich-", ich lasse den Satz unbeendet. So oder so hätte meine Stimme mir nicht gestattet, weiterzusprechen, da sie mit den letzten Worten in meinem Hals gestorben ist. Mir tut wirklich leid, was zwischen Ginny und mir passiert ist - und es war niemals meine Intention, ihn mit irgendetwas so zu verletzen, wie ich es gerade eben getan habe. Ich habe ihm bestätigt, dass ich all das vergessen habe, das ihm offensichtlich so wichtig ist. Seine wässrigen Augen verraten es mir und rufen ein beklemmendes Gefühl in meinem Brustkorb hervor.
"Julian, du sagst mir jetzt bitte, dass du mich nur verarschen willst", entgegnet er plötzlich. Überrascht sehe ich auf, auch wenn ich ihn nur all zu gut verstehen kann. Ich habe genau wie er auf eine Wahrheit bestanden, die offensichtlich nicht existiert - wobei es sich hierbei sowieso um eine Traumrealität handelt.
"Gott verdammte Scheiße, Ginny! Ich lüge dich nicht an", erwider ich mit genervtem Tonfall, der seinen Ursprung in purer Hilflosigkeit hat. Ich bin mit dieser Situation überfordert und habe niemanden, der mir helfen kann. Ich bin auf mich allein gestellt.
"Weißt du, ich versuche noch immer, mir einzureden, es würde sich hierbei nur um einen lächerlichen Traum handeln - dabei bin ich es, der hier lächerlich ist! Alter, ich habe ein verficktes Jahr vergessen, kannst du dir das vorstellen?", haue ich ihm eine Frage ins Gesicht, die ihn wie unter einem Hieb zusammenzucken lässt. Anstatt ihm nach Möglichkeit Komfort zu geben, konzentriere ich mich auf meinen Egoismus und meine eigenen Probleme, die mir einfach über den Kopf wachsen. Ich habe nicht einmal die Kraft, ihm die ersehnte Geborgenheit zu geben, während ich mich auf die Ellenbogen stützte, um etwas aufrechte zu liegen.
"Glaubst du, für mich ist das einfach?", gibt er nach einer Weile kopfschüttelnd zurück.
"Nein, aber ich kann daran nichts ändern. Diese ganze Scheiße ist einfach zu-", die Worte verstummen, als sich ein Schluchzen über meine Lippen schiebt, die plötzlich zu zittern beginnen.
"Verdammte Scheiße!", fluche ich mich nun entgültig aufsetzend und vergrabe das Gesicht erneut in den Händen. Diesmal sind es meine Schultern, die gefährlich zu beben beginnen, während heiße Tränen in mir aufsteigen. Schluckend versuche ich, sie zu unterdrücken; erfolglos. Die unaufhörlichen Schluchzer tragen sie mit jedem Mal ein Stück weiter an die Oberfläche, bis ich die feuchten Striemen auf meinen Wangen spüre. Ginnys Hand auf meiner Schulter ertrage ich wortlos.
Seinen Worten zufolge sollte diese Berührung für mich mehr sein, als nur eine freundschaftliche Geste - doch in meinen Augen ist sie nichts anderes. Obwohl er gesagt hat, wir wären zusammen, kann ich in mir keine Gefühle finden, die es mir irgendwie bestätigen würde. Genauso ist diese Idee viel zu unrealistisch, um sie für voll nehmen zu können. Ich kann selbst jetzt in ihm nichts anderes sehen, als meinen besten Freund.
"Ginny, es tut mir leid", murmel ich nach einer Weile matt, als ich mich endlich eingekriegt habe. Wenn es etwas gibt, das ich mehr hasse als Clowns, dann ist es, zu weinen. Niemand gibt sich gern eine Blöße; zeigt Schwächen. Ich kann es auf den Tod nicht ausstehen.
"Schon okay", gibt er flüsternd zurück. Seine Finger streichen zärtlich meinen Rücken hinab; hat er das damals auch schon gemacht? Wohl eher nicht, denn diese Geste ist mehr als eindeutig. Das vorsichtige Schaben seiner Nägel auf meiner nackte Haut; der feuchte Atem an meiner Schulter; die rauen Lippen und die heiße Zunge.
Seufzend lehne ich mich ihm entgegen, um mehr von all dem zu spüren. Das Kribbeln auf meiner Haut hinterlässt eine Gänsehaut, während es direkt zu meiner Wirbelsäule wandert und an ihr hinabkriecht. Ein unterer Part meines Körpers reagiert binnen Sekunden auf diese Gefühle, auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann, dass er jemals so auf Ginny reagiert hat. Meine Augen weiten sich; es ist Ginny, der mich hier berührt, verdammt nochmal!
Weit komme ich allerdings nicht, denn als sich seine Zähne in das empfindliche Fleisch zwischen meiner Schulter und meinem Nacken graben, kann ich ein alles übertönendes Stöhnen nicht unterdrücken. Es drängt jegliche Gedanken in den Hintergrund, weshalb meine Finger sich wie von selbst ins Laken krallen, während mein Kopf sich zur Seite legt, um ihm mehr Platz zu geben. Mein Körper scheint sich an etwas zu erinnern, mit dem ich nichts zu tun haben möchte. Zumindest habe ich es damals nie gewollt.
"Ginny, bitte", bringe ich zischend hervor, als er zu fest zubeißt und das angenehme Kribbeln vertreibt. Es dauert keine Sekunde, bis er von meiner Haut ablässt, die geradezu danach schreit, weiter berührt zu werden. Vorsichtig bedecke ich die Stelle mit einer Hand; lasse meinen Blick idurch den dunklen Raum schweifen. In meiner Stimme hat nicht nur der Schmerz mitgeschwungen, den sein Biss verursacht hat. Es ist alles so unrealistisch und verworren, dass ich nicht weiß, wo ich mich selbst in dieser Welt noch finden kann. Hat sich so viel in diesem einen Jahr verändert? Oder bin ich es, der auf die Veränderungen einfach nur übertrieben reagiert?
"Ich muss hier raus", murmel ich eine halbherzige Erklärung, während ich von meinem Bett krabbel. Bei jeder Bewegung scheinen meine Gelenke mir einen Trick spielen zu wollen, der mich ziemlich mies auf der Fresse landen lassen würde, doch reiße ich mich ausreichend zusammen, um Herr meines Körpers zu bleiben. Es ist, als wolle etwas in mir um alles in der Welt an Ginnys Seite bleiben. Wahrscheinlich ist auch das der Grund, aus dem es mir so unglaublich schwer fällt, meinen Blick von ihm zu reißen, um aus meiner Kommode hastig ein Shirt und eine Jeans zu kramen und stürmisch das Zimmer zu verlassen.
Im Flur angekommen, schlüpfe ich in die Hose und stülpe mir den restlichen Stoff ungelenk über den Kopf, der für die kleine Öffnung viel zu groß erscheint. Mit etwas Kraftaufwand schaffe ich es allerdings, die Augen unter dem dunklen Vorhang hervor zu bekommen, ehe ich die Treppe herunterfalle. Irgendwann zwischendurch muss Mia nach unten gegangen sein, da sie direkt am Fußende der Treppe auf mich wartet. Ihre Rute wedelt leicht, auch wenn sie unsicher scheint, ob gerade der richtige Moment ist, Herrchen auf die Nerven zu gehen.
"Schon gut, Mäusschen. Wir gehen eine Runde", flüster ich unnötigerweise. Hier im Haus gibt es niemanden, den ich nicht wecken sollte. Niemand ist da, um sich von mir stören zu lassen oder mich zu stören. Keine Sau kommt zu mir an, um mit mir darüber zu reden - und mir hoffentlich zu erklären, dass es sich bloß um einen miesen Scherz handelt, auch wenn sich alles viel zu real dafür anfühlt.