So

heute noch eins und dann Sa oder So, danach weiß ich erstmal nicht, wie es für 4 Wochen mit Updates aussieht, weil ich dann Praktikum habe und ich auf jeden Fall 2 Wochen davon nichtmal Zuhause sein werde xD
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Kapitel 10
Wir sind nicht zum weiteren Unterricht gegangen, haben uns auch nicht auf dem Pausenhof blicken lassen. Stattdessen sitzen wir nun auf einer morschen Holzbank im Park und starren sinnlos gradeaus, da niemand sich traut, irgendetwas zu sagen. Hin und wieder werfe ich ihm einen flüchtigen Blick zu oder sehe aus den Augenwinkeln, wie er es bei mir tut.
'Du solltest mit ihm reden.'
Ich glaube nicht, dass er das grade will. Das mit Kevin scheint ihn ganz schön zu stressen.
'Ja, und er hat ihn abblitzen lasen, um mit uns zusammen zu sein. Fällt dir da was auf?'
Seufzend lehne ich mich zurück, um den Kopf in den Nacken zu legen.
Gott, ja, das ist mir auch schon vorher aufgefallen, aber es ist noch lange kein Grund, ihm nicht seine Ruhe zu gönnen. Ich will nichts überstürzen.
'Ihr wart kurz davor, in der Schule Sex zu haben.'
Plötzlich schießt mir die Röte ins Gesicht und ich gucke hastig zur Seite, damit Ginny es nicht sieht. Mein Herz fängt wieder an zu rasen, während ein erregender Schauer mich bei der Erinnerung durchfährt.
Das war...
'Ja?'
Das, naja, ich wollte das gar nicht. Keine Ahnung.
Er grinst mich bloß an.
Ach, lass mich doch in Ruhe, schnaufe ich beleidigt. Als ich Druck an meiner Schulter spüre, drehe ich den Kopf zur Seite - und fahre erschrocken zusammen. Ginny hat sein Kinn auf mir abgelegt, um mit für mich leider Gottes undeutbarem Blick zu mir aufzusehen. Was würde ich dafür geben, zu wissen, was jetzt in ihm vorgeht.
"Du hast gesagt, du hast zwei Persönlichkeiten, oder?", kommt die Frage, die ich wohl am wenigstens erwartet habe, weshalb ich mit einem schlichten "Ja." antworte.
"Und welche biste du grade?", will er wissen - und als ich ihn nur ratlos ansehe, fügt er hinzu: "Der, der mit mir zusammen war, oder der andere?"
"Der... andere", gebe ich langsam von mir, wobei mein Hals sich wie ausgetrocknet anfühlt. Schwer schluckend versuche ich, das unangenehme Kratzen loszuwerden.
"Aha", macht er nichtssagend. Den Blick von meinem Gesicht abwendend lässt er ihn an mir vorbei in die Landschaft schweifen, bevor er sich nach einigen Sekunden wieder von mir weg setzt.
"Tut mir leid. Das war wohl nicht, was du hören wolltest?"
"Weiß ich nicht", gibt er schulterzuckend zurück, "Das ist seltsam."
"Wem sagst du das", seufze ich meine Ellenbogen auf den Knien aufstützend und mein Gesicht in den Händen verbergend. Wir schweigen uns an; minutenlanges Nebeinandersitzen, während jeder - ganz für sich - über den anderen nachdenkt.
"Wer von euch hat mich vorhin geküsst?"
"Huh?", mache ich überrascht, bevor mein Gesicht wieder rot anläuft. Langsam drehe ich es ein Stück, um ihn von meinen Händen aus ansehen zu können und zu wispern: "Ich?"
"Wow."
"Wow?"
"Wow", wiederholt er fassungslos zu mir sehend, "Warum? Ich meine, ich habe das damals schon nicht geglaubt, aber wollte mich auch nicht beschweren - und jetzt lieferst du mir die Erklärung, und dann sowas."
Er schüttelt den Kopf; es scheint ihn wirklich zu verwirren.
"Ich weiß es auch nicht. Damals hätte ich mir das auch nie vorstellen können; ich meine, ich dachte immer, ich wäre hetero. Aber seit letzter Woche weiß ich einfach gar nichts mehr", versuche ich es, mache eine kleine Pause, "außer, dass mich der Gedanke wahnsinnig macht, du könntest mich hassen."
"Ich hasse dich doch nicht", sagt er leise, "Ich habe dich nie gehasst, aber weißt du, irgendwann ist bei mir auch mal Schluss. Ich habe das das ganze Jahr mitgemacht und dachte, es wäre mir egal, aber das war einfach zu viel."
'Sag ihm, es tut mir leid.'
Was?
'Bitte'
"Uh, ich soll dir sagen, dass es ihm leid tut", übermittel ich die Botschaft, woraufhin Ginny mich verwirrt anguckt und ich schief lächelnd mit dem Zeigefinger gegen meinen Kopf tippe.
"Der andere - der, der die Zeit mir dir zusammen war."
"Er redet mit dir?"
Ginny sieht mich skeptisch an und zieht eine Braue hoch, weshalb ich schwach nicke.
"Okay, das ist krank", gibt er lachend zurück, wobei seine Stimme den Worten ihre abwertende Art nimmt, da immer noch ein Haufen Unglaube in ihr mitschwingt.
"Ich weiß, meinen Eltern zu liebe muss ich sogar zum Psychologen - aber hey, es ist nunmal so. Weder ich noch er haben uns das ausgesucht und ich denke mal, es wäre uns beiden lieber, wenn jeder einfach seinen eigenen Körper hätte", erkläre ich mich schulterzuckend wieder aufsetzend. Ich spüre seine Zustimmung.
"Ah, so lange du nicht von mir erwartest, dass ich irgendwann aufhören werde, das krank zu finden, meinetwegen."
"Danke", erwider ich ehrlich lächelnd. Es tut unglaublich gut, wieder mit ihm reden zu können; irgendwie habe ich ihn vermisst - und am liebsten würde ich ihn berühren. Einfach irgendwie, egal was, hauptsache seine Nähe genießen können, doch es ist immer noch seltsam. Ich meine, er ist ein Kerl.
'Das hat dich vorhin auch nicht gestört.'
Du hörst schon wieder meiner Gedanken?
'Ja, teilweise. Du bist halt aufgewühlt - und ich höre hin.'
Ah, du lauschst also. Ich tu das bei dir auch nicht, also halte dich aus meinen Gedanken raus.
'Du kannst es bloß nicht', erwidert er mir die Zunge herausstreckend, bevor er sehnsüchtig zu Ginny herübersieht, 'Es tut mir wirklich so leid.'
Dann sag es ihm.
'Was?'
Ohne ankündigung gebe ich die Kontrolle an ihn ab, weshalb er verwirrt aufsieht.
"Seit wann?", murmelt er und ich grinse ihn nur selbstgefällig an.
"Was?"
"Huh?"
"Was hast du gesagt?", fragt Ginny nach.
"Äh, nichts", entgegnet er noch immer etwas perplex, "Ich, ähm... also, ich-"
Seufzend lässt er den Kopf hängen, als er keinen ordentlichen Satz zustande kriegt. Ginny beobachtet ihn mit fragendem Ausdruck, doch dauert es einige Momente, bis mein zweites Ich sich gefasst hat.
"Ich bin der andere Julian", rückt er für meinen Geschmack etwas zu direkt mit der Sprache heraus - und für Ginny wohl auch, denn dieser scheint nun gar nicht mehr hinterher zu kommen.
"Wie jetzt?"
"Ich bin der, der mit dir zusammen war", erklärt er, "Mit dem du das ganze Jahr verbracht hast. Wir haben grad mal getauscht."
"Getauscht?"
Ginnys Gesicht ist ein einziges Fragezeichen.
"Ja, ich- Wir könnten tauschen, wer gerade die Kontrolle über den Körper hat und wer nicht."
"Und ihr habt das grade gemacht?"
"Ja."
"Ah, okay", gibt er nachdenklich von sich. Er scheint zu überlegen, was genau er damit anfangen soll, "Das meinte Julian also vorhin, als er sagte, er sei noch Jungfrau. Als wir Sex hatten, warst das du?"
"Ja, genau. Sprich er ist zwar keine praktische Jungfrau, aber zumindest eine theoretische, da er das alles nicht mitgekriegt hat. Jetzt würde er es allerdings", erklärt er.
Und was ihr da redet, kriege ich auch mit, murre ich unzufrieden, während mir immer heiße wird. Wäre ich in Kontrolle, wäre ich wohl knallrot.
"Und es ist ihm ganz schön peinlich, dass wir so darüber reden", grinst er fröhlich.
Halt die Klappe! Gott, ich bringe dich um, das schwöre ich dir!, rege ich mich auf, während Ginny leise lacht.
"Kann ich mir vorstellen", entgegnet er, "Auch wenn das das alles hier irgendwie nur noch seltsamer macht."
"Passiert", seufzt er, "Aber eigentlich haben wir grade nur getauscht, weil ich dir etwas sagen wollte - und zwar, dass es mir leid tut. Das ganze mit Rob und so, das... war nicht so gemeint."
"Hm", macht Ginny nachdenklich, bevor er den Kopf zur Seite legt, "Das macht es nicht zwangsläufig besser, aber danke."
"Bitte - auch wenn ich mir das schon glatt gedacht habe."
"Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel", beginnt er aufstehend und sich streckend, "aber ich gehe jetzt besser nach Hause. Nachdenken. Wir sehen uns dann bestimmt in der Schule."
"Klar, bis dann."
Ich will ihn umarmen.
'Ich auch.'
Aber wir lassen ihn gehen.