Weihnachtsupdate
- ausgeführt -
Ursprünglich sollte dieses Update des vollständigen nächsten Kapitels pünktlich zum 24.Dezember erfolgen, doch leidet mein Computer seit Mittwoch unter Konzentrationsschwierigkeiten und stürzt in unregelmäßigen Abständen von teils gerademal 10-20min ab.
Doch
jetzt habe ich mir den Laptop meiner Schwester geklaut und traue mich endlich daran, weiterzuschreiben. Bis zum Ende des heutigen Tages wird das Update in diesen und den vorigen Post von mir editiert
Frohe Weihnachten, meine Lieben
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Wir haben das Angebot nicht angenommen – und obwohl ich mich gestern noch gut rausreden konnte, dass wir erst die Hausaufgaben erledigen sollten, fällt mir im Moment nichts ein, womit ich ihn davon abhalten könnte, heute auszugehen. Gestern haben wir sogar meiner Mutter beim Haushalt geholfen, da ich auf diese Weise Zeit schinden konnte. Doch nun sind mir wirklich alle Ideen ausgegangen. Unser Zimmer glänzt inzwischen, weshalb er selbstsicher zum Schrank herübergeht und diese grausamen, hautengen Klamotten rausholt.
Also, ich finde, wir könnten hier nochmal durchsaugen.
„Ich habe schon eine halbe Ewigkeit mit Saugen verbracht. Dieses Zimmer ist so sauber, sauberer geht es gar nicht“, erklärt er grinsend, ehe er in aller Ruhe beginnt, sich umzuziehen.
„Fällt dir noch etwas ein oder haben wir die Diskussionen jetzt hinter uns?“
Du lädst dir gerade Musik herunter. Das ist illegal.
Mit diesem Kommentar habe ich ihn wohl endgültig geschockt, da er mitten in der Bewegung innehält. Offensichtlich braucht es einige Sekunden, bis sein Gehirn diese Antwort verarbeitet hat – dann schüttelt er mit einem Grinsen auf den Lippen den Kopf und ignoriert mich. Wenn er denkt, damit hat er mich, muss er definitiv umdenken.
Wenn du den Computer unbeaufsichtigt lässt, kann es einen Kabelbrand geben.
„Julian, den kann es auch so geben.“
Aber dann bekommt es niemand mit und unser Haus fackelt ab! Stell dir nur mal vor; Mama, Papa und Jimmy liegen in nichtsahnend in ihren Betten, dann gibt es einen Kabelbrand und weil sie es nicht mitbekommen, sind sie in ihren Zimmer gefangen und einem qualvollen Tod in den Flammen-
„Schon gut“, stöhnt er genervt, geht zum Computer rüber und schaltet ihn einfach aus, „Zufrieden?“
Davon geht der Computer kaputt.
„Was?“
Davon geht der Computer kaputt. Wenn du ihn einfach so ausschaltest. Am Knopf.
„Julian, das ist ein Mythos. Eine Lüge. Willst du wirklich so wenig mit mir weggehen?“
Schweigen. Was soll ich darauf auch antworten? Ein klares, eindeutiges Ja, wenn ich ehrlich bin. Ich möchte nicht in irgendeine Schwulenbar gehen, nur um mich abzufüllen und bei einem komischen Typen im Haus zu landen, bei dem dann eine Massenorgie veranstaltet wird. Okay, ich übertreibe maßlos.
Aber wir werden keinen Sex haben, richtig? – Meine Frage entlockt ihm ein on Herzen amüsiertes Lachen.
‚Keine Panik. Wenn das deine größte Sorge ist, dann kann ich dich beruhigen. Ich werde mich zurückhalten.‘
Zurückhalten?
‚Ich will meinen Spaß, okay? Du weißt schon; ich helfe dir, dafür lässt du mich auch mal ein Bisschen machen‘, erinnert er mich, woraufhin ich resigniert den Kopf hängen lasse. Damit hat er mich. Wir haben eine Abmachung – und zumindest verzichtet er mir zuliebe auf den Sex.
‚Hey, das habe ich gehört. So ein Monster bin ich nun auch wieder nicht, dass ich gleich mit jedem Typen schlafe. Ich habe auch Gefühle.‘
Klar, das hat man ja in der Vergangenheit gesehen.
Schnaufen verschränke ich die Arme vorm Brustkorb.
„Okay, lass mich ein klarstellen“, seufzte er, bevor er eine kurze Pause einlegt, um seine Gedanken zu ordnen. Aufmerksam höre ich zu; es ist selten, dass er mal darüber nachdenkt, was aus seinem Mund kommt.
„Ich habe Fehler gemacht – und du bist nicht der einzige, dem es leid tut.“
Wow, damit hätte ich nicht gerechnet. Das bedeutet, dass er so etwas wie Reue Ginny gegenüber empfindet – und wenn das kein Fortschritt ist, weiß ich auch nicht weiter.
Er ist damit fertig, uns in die enge Hose, das enge Top und die engen Stiefel zu zwängen – abgesehen von den engen Armbändern, dem engen Band am Hals und der engen Boxer -, betrachtet unser Antlitz kurz zufrieden im Spiegel und macht sich dann auf den Weg nach unten, um sich den engen Mantel und die engen Handschuhe überzustreifen.
Warum muss das alles so eng sein?
‚Weil wir darin absolut zum Anbeißen aussehen‘, grinst er selbstgefällig, bevor er durchs Haus ruft: „Mom, wir sind dann weg!“
„Okay, aber passt gut auf euch auf! Und macht nicht zu lange!“, kommt es besorgt zurück, woraufhin er nur ein „Ja!“ schreit, ehe die Haustür auch schon ins Schloss fällt.
Gut, wo gehen wir jetzt hin?, frage ich neugierig und ernte ein enttäuschtes Seufzen.
„Du hörst mir auch gar nicht zu, oder?“, murmelt er kopfschüttelnd.
Ich gestehe, dass ich etwas damit beschäftigt war, das Ganze aufzuschieben.
Verlegen grinsend kratze ich mich am Hinterkopf, wobei ich merke, dass er es mir nicht übel nimmt. Stattdessen bekomme ich dieses ‚Jeder ist lernfähig‘-Gefühl, das mich unzufrieden murren lässt. Ich bin kein Vollidiot.
„Aber ein Idiötchen“, grinst er, „sonst hättest du dir nämlich gemerkt, dass wir in den Bus steigen, zur Hilberstraße fahren, keine fünf Minuten laufen und uns dann mit ein paar netten, schwulen Typen beschäftigen.
- Und wie wir so busfahren und laufen habe ich genügend Zeit, mich darauf vorzubereiten, wie diese Beschäftigung wohl aussehen könnte. Folglich bin ich auf das Schlimmste eingestellt, als wir schließlich vor der Wohnungstür stehen und mein anderes Ich ungeduldig mit einem Fuß gegen die Tür tritt, damit uns endlich einer aufmacht. Wir klingeln bereits seit fünf Minuten sturm und haben bestimmt den Hass sämtlicher Nachbarn auf uns gezogen.
Plötzlich geht die Tür auf und ein roter Lockenschopf erscheint im Spalt. Der Junge sieht uns mit großen, überraschten Augen an, bevor ein lauter Schrei die Stille durchdringt.
„Julian! Schön, dich wiederzusehen!“, kreischt er euphorisch und hängt uns am Hals, bevor ich bis drei zählen kann. Mein anderes Ich schenkt dem Kleinen ein ausgelassenes Lächeln und wuschelt ihm durchs widerspenstige Haar.
„Tut mir leid, dass wir nicht gleich aufgemacht haben. Du bist der erste hier und, nunja-„
„Da habt ihr euch noch etwas beschäftigt?“
„Richtig“, grinst der Junge, während er die Tür weiter öffnet und in den schmalen Flur hineinspaziert, „Pete! Julian ist da!“
‚Übrigens, inwiefern bestehen bei dir Vorurteile Schwulen gegenüber?‘
Warum?, frage ich skeptisch die Augenbrauen hochziehend. Keine Sekunde später weiß ich es; er hätte mich früher warnen sollen, denn mein Entsetzen steht mir mitten ins Gesicht geschrieben, weshalb ich froh bin, dass er gerade die Kontrolle hat. Dank seiner Frage kann es nur eins bedeuten.
Der Kerl, der gerade seine Hose zuknöpfend und mit einem Hemd über der Schulter in den Flur tritt, sieht genauso aus wie der, der uns gerade eben die Tür geöffnet hat – bloß ungefähr fünf Jahre älter. Bitte, lieber Gott, lass es nicht das bedeuten, was ich denke.
‚Julian, das sind Peter und Max. Brüder.‘
Oh. Mein. Gott. Ich habe in der Schule und bei meinen Eltern gelernt, tolerant anderen gegenüber zu sein. Abgesehen davon weiß ich, dass die Liebe nun mal dorthin fällt, wo sie eben hinfällt. Und Äpfel fallen nie weit vom Stamm, also fallen sie generell sehr nah beieinander. Aber direkt auf dieselbe Stelle?
„He, Julian, `tschuldige“, gähnt Peter sich den roten Schopf zurückstreichend, wobei die Locken sofort wieder in sein Gesicht fallen, als er die Hand entfernt. Murrend nimmt er es hin und streift sich das Hemd über.
„Kein Problem. Wie ich sehe, wart ihr beschäftigt“, grinst mein anderes Ich abwinkend und geht in die Wohnung hinein, „Schuhe ausziehen?“
„Ach Quatsch. Zur Not macht Mäxchen wieder sauber. Nicht wahr, Mäxchen?“
„Natürlicher,
Peter“, erwidert Max augenrollend. Der abwertende Ton lässt darauf deuten, wie wenig er es mögen muss, so genannt zu werden.
„Ach komm. Du weißt, dass du mich nicht Peter nennen sollst“, gibt dieser mit einer so mitleidserregenden Stimme zurück, dass er den Schmollmund gar nicht mehr bräuchte, um gewünschte Wirkung zu erzielen. Schwul und inzestuös hin oder her, aber das sieht wirklich niedlich aus.
‚Ja, die beiden sind eine Marke für sich‘, wird mir lächelnd zugestimmt, während er die Schuhe von unseren Füßen streift.
„Und ich mag es nicht, Mäxchen genannt zu werden“, gibt der Kleine zeternd zurück.
„Ach, aber Mäxchen passt doch so gut zu dir.“
„Mäxchen klingt nach einem Saufspiel.“
„Ja, ach, ich krieg halt nicht genug von dir – da könnt ich dich halt saufen, wenn du wieder in diesem süßen Hausmädchendress sauber machst“, flötet er zuckersüß, wobei der letzte Teil definitiv nicht an seinen kleinen Bruder gerichtet ist. Der mordlüsterne Blick, den er uns zuwirft, sagt alles.
Moment, Hausmädchendress?
„Soll das heißen, ich soll meine Schuhe lieber anbehalten?“
Schwul. Inzest. Cross-Dressing.
Okay; sie sind total niedlich, aber irgendwo muss es eine Grenze geben. Egal, wie aufrichtig sie auch wirken, so muss ich bei ihrem Anblick doch immer wieder daran denken, wie es wäre, etwas mit meinem Bruder zu haben. Ich habe mich noch nicht einmal damit abgefunden, dass ein Teil von mir schwul ist – und nun muss ich mich mit dieser Brüderliebe auseinander setzen. Natürlich habe ich nichts gegen Schwule; Ginny ist schul und mein bester Freund. Trotzdem ist etwas anderes, wenn der beste Freund einem davon erzählt, als wenn man zwei Brüder beobachtet, die sich ständig Küsschen auf die Lippen drücken. Wenn es denn bei einem
Küsschen bleibt. Von den perversen Bemerkungen will ich gar nicht erst anfangen.
‚Julian, krieg dich ein. Vielleicht sind die beiden wirklich etwas zu viel für dich, aber so schlimm kann es nun auch nicht sein.‘
Doch. Ich hege gegen meinen Willen und trotz gutem Zureden ungeheure Abneigung gegen das da. Das ist einfach nicht natürlich. Ich kann nichts dafür; irgendetwas in mir sträubt sich dagegen.
‚Wenn ich die ganze Zeit daran denken würde, wie es wäre, wenn wir mit Jimmy rummachen würden, dann hätte ich damit bestimmt auch ein Problem‘, kommentiert er augenrollend. Murrend verziehe ich das Gesicht.
„Hey, Julian, Telefon für dich“, ruft Pete – er hat sich inzwischen zu oft darüber beschwert, dass irgendwer ihn Peter genannt hat, als dass ich ihn noch so nennen würde – zu uns herüber. Seufzend erhebt mein anderes Ich sich, um den Hörer entgegen zu nehmen.
„Für mich? Wer ist dran?“
„Adrian. Er meinte, es sei wichtig“, erwidert er schulterzuckend, bevor er zu den anderen herüber geht und sich neben Max aufs Sofa fallen lässt. Sofort nimmt er ihn wieder in den Arm und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.
Sag mal, ist das nicht Kevins Freund?
‚Jap.‘
Der Tonfall verrät, wie wenig er sich auf dieses Gespräch freut. Dann nimmt er den Hörer an Ohr und meldet sich mit einem schlichten „Ja?“.
„Hey, Julian. Hier ist Adrian. Kevins Freund.“
„Ich weiß. Was ist los? Ich habe momentan keine Lust, mich mit irgendetwas zu beschäftigen, das mit Kevin zu tun hat“, erklärt er genervt, wobei mir der Junge glatt etwas leid tut. An unserem Geburtstag hatte er einen netten Eindruck gemacht – und dass sein Freund so ein Arschloch ist, sollte man ihm nicht vorwerfen.
‚Spar dir das Mitleid.‘
Ist ja gut.
„Tut mir leid. Ich weiß, dass ihr Probleme habt. Irgendwie zumindest. Kevin hört gar nicht mehr auf von dir zu reden“, seufzt er leiser werdend, „Er erzählt ständig, wie schlecht es Sasha doch wegen dir geht und was du Sasha hiermit angetan hast und was du Sasha damit angetan hast und warum Sasha denn jetzt schon wieder weint.“
„Also geht es eigentlich nicht um mich, sondern um Ginny?“
„Ginny?“, fragt er verwundert, da ihm der Spitzname offensichtlich nicht sehr geläufig ist, „Ach so, ja. Stimmt ja, so nennst du ihn ja.“
„Also, wenn es um Ginny geht, warum rufst du dann mich an?“
„Naja, da er ansonsten am meisten von dir redet und ihr auf dieselbe Schule geht, dachte ich, du wüsstest vielleicht etwas.“
„Du willst von mir wissen, ob die beiden etwas miteinander haben?“, fragt er verblüfft. Stille am anderen Ende der Leitung. Ein eindeutiges Ja.
„Ich habe keine Ahnung, ehrlich. Ich weiß, dass Kevin mal etwas von Ginny wollte, aber das war, bevor ihr zusammengekommen seid.“
„Ah, okay, danke“, erwidert Adrian matt. Das war wie ein Schlag ins Gesicht.
Fällt dir denn gar nichts Aufmunterndes ein? Ich meine; ich glaube nicht, dass die beiden etwas miteinander haben.
‚Ja, du glaubst es – aber weißt du es?‘
Ich bin mir sicher. Das ist wenigstens besser, als deine Aussage. Also komm, bitte.
„Adrian, bist du noch dran?“
„Ja, klar.“
„Also, ich glaube nicht, dass Ginny etwas mit Kevin anfangen würde. Von daher läuft da mit Sicherheit auch nichts – und wahrscheinlich wird da auch nie etwas laufen. Allerdings solltest du mal mit Kevin reden. Natürlich kenne ich ihn nicht so gut und habe auch eine Menge Vorurteile ihm gegenüber, aber du solltest einfach sichergehen, dass er nichts mehr für Ginny empfindet.“
„Okay, danke. Mach ich.“
Und wenn etwas ist, soll er mich anrufen.
‚Dich?‘
Uns. Sag schon.
„Und wenn etwas ist, ruf mich einfach an, okay?“, seufzt er.
„Ja, danke. Das ist wirklich nett. Keine Ahnung, was Kevin so großartig gegen dich hat. Bis dann.“
- Und damit legt er auf.
Wir sind Zuhause; im Bett, mit der Decke bis unters Kinn gezogen, da mein anderes Ich darauf bestanden hat, etwas zu lüften. Tatsächlich steht die Luft in diesem Zimmer, auch wenn der frische Nachtwind bereits geholfen hat. Der Abend verlief wie ein normaler Abend unter Kumpels; es wurde gequatscht und man hat ein oder zwei Bierchen getrunken, nur um sich bei einer Runde Karten dumm und dämlich zu ärgern, wenn man verlor.
Abgesehen von dem schwulen Brüder-Pärchen war alles ganz normal.
‚Ich finde es schön, dass es für dich inzwischen normal ist, so unter Schwulen zu sein – zumal die Kerle es heute wirklich eilig hatten, ihr Sexleben auszubreiten -, aber trotzdem bist du Peter und Max gegenüber nicht fair.‘
„Fair?“, schnaufe ich zickig. Ja; zickig. Ich darf auch mal zickig sein, obwohl ich ein Mann bin. Schließlich wurde den gesamten Abend auf mir herumgehackt, weil ich mit den beiden ein Problem habe.
‚Ja, fair. Ich weiß, dass Inzest nicht so gern gesehen ist, aber trotzdem lieben die beiden sich. Sie sind nun mal schwul, aber dafür das süßeste Pärchen, das ich je gesehen habe. Selbst nach drei Jahren lächeln sie sich immer noch so dämlich verliebt an.‘
„Drei Jahre?“, wiederhole ich skeptisch, „Wie alt sind die beiden?“
‚Einundzwanzig und siebzehn‘, seufzt er. Ich spare mir das Zurückrechnen einfach; zu jung.
‚Julian, das Alter spielt keine Rolle. Die beiden sind wie für einander bestimmt.‘
„Klar; unzertrennlich bis in alle Ewigkeit. So wie wir beide.“
Weiß Gott, was mich zu diesem Kommentar getrieben hat.