Alessa
Dies ist meine erste Geschichte und ich weiß, dass sie nicht gerade herausragend ist. Es ist eine einfach Sprache ohne bewusste Stilmittel, ich habe mich erstmal darauf konzentriert, flüssig zu schreiben und den Kern rüberzubringen. Vielleicht ist es mir ja gelungen
Kritik & so erwünscht.

Kritik & so erwünscht.
40,0
„Ich bin hier, um gesund zu werden, fühle mich aber erst krank, seitdem ich hier bin.“
Die großen dunkelbraunen Augen starrten mich an, warteten auf eine Reaktion von mir. Eine Zustimmung. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
Du warst schon krank und bist es immer noch. Auch wenn du dich vorher nicht krank gefühlt hast, dachtest, du wärst gesund. Aber du warst es nicht. Man konnte es sehen, ich konnte es sehen. Wir mussten zusehen, wie du immer schwächer wurdest, kraftloser und zerbrechlicher. Aber du hast es nicht eingesehen, wolltest es dir nicht eingestehen. Du dachtest, alles wäre in Ordnung, du seist auf dem richtigen Weg. Dabei warst du längst von ihm abgekommen. Wir haben es zu spät gesehen. Jetzt versuchen wir dir zu helfen, aber du willst dir nicht helfen lassen. Weil es dir gut geht, du keine Hilfe brauchst. Das sagst du immer. Aber wir wissen es besser. Die Entscheidung wurde getroffen, und nun bist du hier. Gegen deinen Willen. Aber manchmal ist der eigene Wille nicht alles was zählt. Zum Beispiel wenn der Wille falsch ist und in falsche Richtungen denkt.
„Nur wegen ihnen bin ich hier drinnen. Sie sind an allem Schuld.“
Verzweiflung ist in deinen großen dunkelbraunen Augen zu erkennen, Augen die zu groß sind. Und wieder weiß ich nicht, was ich antworten soll. Manchmal ist es besser zu schweigen. Diese Momente erkenne ich für gewöhnlich leicht, ich weiß immer, wann es besser ist zu schweigen. Dieser Moment ist keiner.
Ich könnte dir sagen, dass deine Eltern Recht haben, obwohl du es nicht einsehen willst. Dass du tot sein könntest, hätten deine Eltern nicht gehandelt. Aber tief in deinem Inneren denkst du es dir, versucht nur, dich dagegen zu wehren. Trotzdem sage ich es dir, in der Hoffnung, dass du es verstehst.
Vielleicht wirst du irgendwann einmal erkennen, dass sie für dich den Weg eingeschlagen haben, der dir helfen kann, als du nicht mehr in der Lage warst, ihn zu erkennen. Und dann wirst du ihnen vergeben.
Wir saßen da und unterhielten uns. Das Gespräch war angespannt, und obwohl du nicht angeschlossen warst wusste ich, dass dein Puls hoch ist, zu hoch. Du warst nervös.
Dann kam die Schwester mit dem Tablett. Darauf ein Brötchen, Butter, eine Scheibe Wurst, eine Scheibe Käse. Eine Tasse Tee, daneben extra noch Zucker. Etwas Salat war auch darauf. Die Suppe ließen sie weg, es hatte keinen Sinn, sie hinzustellen.
Ich versuchte dich abzulenken, rede über irgendwelche Dinge, und musste zusehen, wie du dich quältest. Wie du dich zu deinem Besten quältest. Ich musste dich kontrollieren.
Du schafftest das Brötchen mit der Hälfte des Belags, den Salat. Dann hast du dich überwunden, hast pur den Rest des Belags gegessen, obwohl es dich ekelte. Als die Schwester zurückkam, um die Reste zu holen, konnte sie dich sogar zu einer Fresubine überreden.
Wieder kämpftest du. Du kämpftest, weil du wusstest, dass du morgen früh gewogen wirst.
Als ich das Zimmer betrat, und dich sah, konnte ich mir vorstellen, was passiert war. Du hingst wieder am Tropf, hingst an den Überwachungsgeräten. Neben deinem Bett hinter einem Vorhang stand ein Toilettenstuhl. Es hatte nicht gereicht, du warst wieder auf Stufe eins.
Minutenlang saßen wir da, mein Arm um deine Schulter, dein Kopf an meiner Schulter. Die Tränen flossen über dein Gesicht, dein Körper zuckte. Ich versuchte dich zu trösten.
Als du dich einigermaßen beruhigt hattest, sahst du mich an, die großen dunkelbraunen Augen vom Weinen gerötet.
„Kannst du meine Eltern überreden, dass sie mich hier rausholen? Ich schaffe es nicht mehr.“
Obwohl ich kein Wort sagte, kanntest du meine Antwort und der kleine Hoffnungsschimmer schwand dahin.
Aber was hätte ich sonst antworten sollen? Ich wollte nicht mit deinen Eltern reden, ich wollte, dass du hier bleibst. Abgesehen davon hätten sie dich ohnehin nicht rausgeholt. Was hätte ich tun sollen? Was kann ich schon tun? Abgesehen davon, für dich da zu sein? Nichts, denn ich bin nur eine Freundin.