Danke!
[Oh, werde ich gleich ausleeren]
Ich saß heute den ganzen Nachmittag an der Storyline.
Geschichte:
„Nur wenn ihr zusammen kämpft, werdet ihr Erfolg haben“
krächzte der alte Hengst mit dem strubbeligen Fell und den hervorstehenden Knochen nach einer langen Predigt und schaute die Zwillingsbrüder verschwörerisch an. Er hatte die zwei Jährlinge in den Wald auf einer verborgenen Lichtung geführt – Dort herrschte eine ganz eigenartige, verzaubernde Stimmung an diesem späten Nachmittag. Leise und ebenso mystisch wie die Atmosphäre um ihn herum hatte er seine Rede gehalten, während er die Brüder mit seinen milchigen Augen anstarrte. Einem ausgewachsenem Pferd wäre es dabei kalt den Rücken runtergelaufen – Schon bloß bei dem Anblick des knochigen und halbblinden Gesellen, der den Eindruck machte, als würde er von einer Minute auf die andere zusammen brechen.
Doch all das konnte nicht die Aufmerksamkeit der jungen Seelen von Ian und Kyle fesseln – Zu unreif und spielerisch waren sie, um die tiefe Bedeutung der Wörter des alten, weisen Hengstes zu begreifen, um die Warnung darin zu hören.
„Lass ihn doch!“ schrie Ian seinen Bruder an und schubste ihn zur Seite, als er gerade einen großen, bunten Schmetterling zertreten wollte, der sich eben auf eine Blüte niedergelassen hatte. „Du bist ein solches Weichei – Magst diese hässlichen Viecher genauso wie die Stuten! Du Milchbubi!“ attackierte Kyle grinsend zurück und biss Ian in die Fesseln. Ein typischer Zank für Ian und Kyle. Die beiden Brüder begannen spielerisch zu rangen und liefen davon. Der graue Hengst schaute ihnen nach und schüttelte den Kopf. „Ich wünschte die Welt wäre so rein, wie ihr es seid … Ich wünschte ihr würdet auf mich hören“ Dann verschwand er.
Kyle und Ian wuchsen schnell heran, doch sie blieben äußerlich einander identisch. Sie waren groß, stark und wunderschön, inzwischen von einem strahlenden Weiß - Machten einen engelhaften Eindruck mit ihren feinen Zügen und dem vollkommenen Aussehen. Die Pferde der Herde hätten sich schwer getan sie zu unterscheiden, wären ihre Charaktere nicht so gegensätzlich. Ian war von ruhiger und nachdenklicher Natur. Er hatte immer einen guten Ratschlag für jeden, konnte gut Konflikte lösen und verständnisvoll zuhören. Kyle aber war ein Hengst, der Probleme viel lieber mit Gewalt löste. Er sagte und tat, was er für richtig hielt, beschützte die Schwachen und half den anderen auf seine eigene Art.
Beide Brüder hatten ihre Stärken und Schwächen, doch gemeinsam waren sie unschlagbar. Sie ergänzten sich gegenseitig und bildeten das starke Wesen der Freiheit und Gerechtigkeit – Keiner war für die Führung der Herde besser geeignet als sie.
Jahre verstrichen und viele weitere Pferde schlossen sich der Herde der zwei weißen Hengste an, denn sie fühlten sich unter der Leitung von Ian und Kyle frei, doch trotzdem gut vor Gefahren geschützt. Die Brüder herrschten gerecht und nutzten ihre Rangordnung nicht aus. Sie leiteten die Herde perfekt - Durch das Auftreffen ihrer verschiedenen Meinungen, einigten sie sich oftmals auf ein Kompromiss, das meist die richtigste Entscheidung war.
Doch nicht alle Pferde hatten das Glück auf eine solche Herrschaft, denn nicht weit weg breitete sich die Eiserne Division immer weiter aus. Unerklärlich schien es, wie Zorn es geschafft hatte so viele Pferde zu unterwerfen und zu kleinen Soldaten, die nur ihm gehorchten, umzuprogrammieren. Denn weder Gerechtigkeit, noch Freiheit war dort wichtig – Nur Gehorsam. „Solange ihr mir gehorsam seid, wird euch nichts passieren“ hatte Zorn auf eine seiner Versammlungen laut verkündet – Dann hatte er zufrieden und gespielt freundlich gelächelt. Die ganze Mimik war nichts weiter als das Resultat langer Übung, denn das konnte Zorn – Vor anderen Sprechen und sie seiner Meinung zu überzeugen. Er war nicht der Stärkste und nicht der Schlauste, doch er konnte gut reden – Er wusste, was die Pferde hören wollten. Er kannte ihre Schwächen und nutzte sie schamlos aus.
„Wir werden an die Macht kommen, denn wir, die Eiserne Division, sind die einzig würdigen! Folgt mir, meine Anhänger und ich werde euch zum Erfolg leiten!“ Zorn stand auf einem Hügel und sprach voller Stolz zu den Pferden, die in Reihen ordentlich nebeneinander standen und seiner Rede horchten. Sie mochten es, wenn er ihr das Gefühl gab, sie wären verbündet und würden gemeinsam ein Ziel anstreben. Wie erbärmlich – Sahen sie denn nicht, wie er ihren Willen brach und sie zu seinen Sklaven machte? Doch einmal im Wirbel der Eisernen Division gefangen, gab es kein zurück mehr.
„Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft! Macht durch Handeln!“ verkündete der Graue. Das war das Stichwort – Seine Untertanen streckten alle gleichzeitig das rechte Bein in die Höhe … Zufrieden warf der Hengst einen letzten Blick auf seine Roboter, dann wandte er sich um und ging.
Die zwei Herden, die von Kyle und Ian und Zorns Eiserne Division, wussten voneinander, doch zwischen ihnen war Frieden. Das Gebiet war wie durch eine unsichtbare Linie getrennt und keiner traute die Grenzen des anderen zu überschreiten, denn beide waren gleich stark und fürchteten einander. Doch zwischen ihnen waren unmerkliche Anspannungen, denn keiner wusste, ob man dem anderen trauen konnte. Und so entschied sich Ian eines Tages auf Erkundungsmission zu gehen. Der Plan war die anderen auszuspionieren und so herauszufinden, was sie vor hatten.
Obwohl Ian sehr darauf bedacht war nicht entdeckt zu werden und den Besuch so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, entdeckte ihn eine Stute, als er hinter Bäume versteckt konzentriert einem Rappen zu lauschen versuchte. „Wer bist du?“ hatte sie mit ihrer samten Stimme gefragt und den Kopf leicht schief gelegt. Ian wirbelte herum und wollte vor Schreck aufschreien, biss sich dann aber auf die Lippen. Ein Grund, weshalb er hier war und nicht Kyle. „Ian“ hatte er dann wahrheitsgetreu und ruhig gesagt. Doch sein Blick war besorgt und so sagte die Stute: „Ich bin Jane. Aber nun gehe, bevor sie dich erwischen!“ Das lies sich Ian nicht zweimal sagen. Er warf noch einmal einen verwirrten Blick auf Jane, dann trottete er davon.
„Also, was hast du gehört? Was hast du gehört?“ fragte ihn Kyle bestimmt schon das zehnte Mal seit seiner Rückkehr. Doch sein Bruder stand nur abwesend da und antworte mit einem Schulterzucken. „Nichts besonderes in Planung“ Dann ging Ian - Er wollte allein sein. Seine Gedanken waren immer noch bei der schokoladenfarbenen Stute, die ihn so warm und freundlich angeschaut hatte. Jane, was für ein wundervoller, passender Name.
Viele Tage versuchte Ian die Braune aus seinem Kopf zu verdrängen, doch vergebens. Ihr schöner, freundlicher, aber irgendwie unglücklicher Gesichtsausdruck sah er immer wieder vor seinem inneren Auge – Fast so, als wäre es dort eingeprägt worden … Plötzlich wusste er, was zu tun war – Er musste erneut dorthin und er musste sie befreien. Ansonsten würde Ian keine Ruhe finden.
„Ich bin gekommen, um dich zu holen“ sagte Ian zu Jane – Sein Ton war entschlossen. Jeden Tag hatte er das Gebiet des Gegners besucht und nach ihr gesucht (Soweit es unbemerkt gehen konnte - das vor Kyle und Zorns Herde) und nun war es soweit – Alles war nach Plan gelaufen, nichts konnte schief gehen. Das zumindest dachte Ian, denn er hatte sich schon immer zu sehr von seinen Emotionen leiten lassen. Meistens hatte ihn Kyle gestoppt … Doch jetzt gab es keinen Kyle. Es gab nur ihn und eine Achterbahn der Gefühle, die er noch nie zuvor gespürt hatte – So intensiv, so benebelnd, so schön. Er wollte Jane, er brauchte sie. Ausgerechnet die Lieblingsstute, die wertvollste Perle des Feindes. „Nein, Ian. Das ist nicht gut. Er wird dich suchen und er wird dich töten“ sagte sie leise und senkte den Blick. Doch Ian überzeugte Jane. Sie ergriffen die Flucht.
„Du hast unser Vertrauen missbraucht. Du bringst die ganze Herde in Gefahr. In tödlicher Gefahr, Ian“ Kyle schüttelte den Kopf, während er das sagte, sein Gesichtsausdruck war hart. „Wie konntest du nur? Du hast nur dich und dein Glück gesehen und dabei das hunderter Pferde aufs Spiel gesetzt“ Mit bohrenden Blick schaute er seinen Bruder an, der schuldbewusst den Kopf gesenkt hatte. Gnade war nicht Kyle Stärke, doch Ian war sein Bruder. „Nun ist die Zeit gekommen. Wird werden die Eiserne Division angreifen, bevor sie es tun. Wir werden sie vernichten und die Unschuldigen befreien. Das ist unsere einzige Rettung“
Bei diesen Worten schaute Ian auf. Kyle wusste genau, dass er strikt dagegen war, die anderen Pferde anzugreifen. Er hasste Gewalt. Vielleicht hatte Kyle genau deswegen diesen Befehl gegeben, da ihm bewusst war, dass sich Ian diesem nicht entziehen konnte – Nicht jetzt nach seinem Vergehen. Oder vielleicht hatte er Recht, vielleicht war es wirklich das Richtige.
„Nein“ sagte Ian zu seinem Bruder mit fester Stimme. „Ich werde das nicht mitmachen! Ich werde keine Gewalt anwenden! Wenn wir das tun, dann sind wir nicht besser als die Eiserne Division!“ Ein Gemurmel ging durch die Zuschauer und man konnte deutlich sehen, wie sich einige hinter Ian, einige hinter Kyle stellten. „Wenn du meine Regeln nicht akzeptierst, dann gehe deine Wege, Ian“ sagte Kyle erbost über den Widerstand. „Wir werden keine Gewalt anwenden“ wiederholte Ian. „Wir kämpfen mit dem Wort!“
Und so spaltete sich die große Herde und zwei entstanden. Die Freiheitskämpfer unter Kyles Führung und Ians Weiße Rose … Nur noch halb so stark, nur noch halb so mutig. Hatte sie überhaupt noch eine Chance gegen die Eiserne Division? Sie hatten genau den Fehler begangen, wovor ihn der alte Hengst sie damals hätte bewahren wollen … „Nur wenn ihr zusammen kämpft, werdet ihr Erfolg haben“ hatte er geflüstert. Doch diese Worte hatten die Zwillingsbrüder schon lange vergessen.