Hey, das ist echt süß von dir

Ganz frei erfunden ist die Geschichte nicht ... zumindest einige der wiedergegebenen Emotionen wurden von mir so empfunden ... nicht alle, aber ein paar - daher wahrscheinlich auch deine Selbstwiederfindung
NEUER TEIL
Es vergingen Wochen, in denen wir uns fast täglich wieder sahen. Er besuchte mich nicht zu Hause und ich wusste wieso. Er mied es, Orte aufzusuchen, wo es möglich war auf Leute zu treffen, die von der Lüge, die über sein Leben zu richten schien, wussten. Meistens trafen wir uns vor der Hütte am Waldrand, es wurde so etwas wie ein Symbol für unsere Beziehung. Was genau zwischen uns war, konnte ich nicht beurteilen. Seine Gegenwart tat mir ebenso gut wie meine ihm, wir sprachen viel miteinander, unterhielten uns anfangs über sehr ernste Themen, mit der Zeit kehrte jedoch auch Lachen in unsere Gespräche ein. Er brachte mich sehr oft zum Lachen. Hin und wieder auch zum Weinen … aber er ließ nicht eine meiner Tränen ungetrocknet. War immer da, um sie aufzufangen, seinen Arm um meine Schulter zu legen und mich mit seinem Lächeln aufzuheitern. Es bedurfte nicht vieler Worte, wenn wir miteinander waren. Vielleicht war es das, was mir so viel Kraft spendete. Er verlangte keine Erklärungen von mir, ich glaube, dass er manchmal gerne nachgefragt hätte, aber er spürte, dass ich ihm nicht Rede und Antwort stehen wollte – und schwieg. Derek lehrte mich, wie angenehm es sein kann, zu schweigen.
Bis zu jenem Tag. Jener Tag, der alles verändern sollte. Er kam zu früh, doch trotzdem zu spät. Ich saß in der Küche, las Zeitung. Früher wäre ich nie auf die Idee gekommen, im Tagesblatt zu wühlen, doch durch Derek hatte ich Gefallen daran gefunden. Er hatte mir gezeigt, dass dort hin und wieder zwischen den Zeilen wirklich etwas interessantes steckte.
Es klingelte an der Tür. Meine Mutter war verreist, nur für drei Tage, Morgen würde sie wieder kommen. Ob sie den Urlaub verfrüht abgebrochen hatte? Wenn nicht, dann musste der Besuch mir gelten, denn alle Bekannten meiner Mutter wussten, dass sie nicht zu Hause war. Vielleicht Derek? Ich hatte ihm erzählt, dass er die nächsten Tage vorbei kommen könne, wenn er Lust hätte. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen, ich freute mich darauf, den Dunkelhaarigen in meine Arme schließen zu können. Die Nähe zu Derek gab mir ein sehnlich vermisstes Gefühl von Geborgenheit. Er war so etwas wie bester Freund und Vaterersatz in einem. Unersetzbar. Kaum zu glauben, dass sich das Blatt auf solch überraschende Weise geändert hatte.
Ich erhob mich von meinem Stuhl, legte die Zeitung zusammen und steckte sie mir unter den Arm. Derek sollte ruhig sehen, dass ich die berichtete Manier beibehielt. Ich sah sein schiefes Grinsen förmlich vor mir … und ich konnte ehrlich behaupten, dass ich es kaum erwarten konnte, es nicht nur gedanklich wahrzunehmen.
Meine Schritte beschleunigten sich, gut gelaunt riss ich die Tür auf. Und erstarrte. Vor mir ein breites, strahlendes Grinsen und himmelblaue Augen, die nur einem Wesen angehören konnten, das Gott persönlich auf die Erde entsandt hatte. Das Gesicht war braun gebrannt und brachte die schmalen, blassen Lippen zur Geltung. Die Haare hatten sich durch die afrikanische Sonne aufgehellt, waren aber immer noch in ein saftiges Braun gehüllt. Mein Herz begann zu rasen. Hatte ich vergessen, täglich die Tage abzustreichen, bis das rot eingekringelte Feld endlich erreicht war? Die Wahrheit war: Nein. Ich wusste ganz genau, dass er fünf Monate und vier Tage zu früh war. Fünf Monate und vier Tage.
Er sagte nichts, schien mit meiner Reaktion gerechnet zu haben. Doch er wusste nicht, dass meine Reaktion von anderen Gründen herrührte als die, die er vermutete …. Er breitete die Arme und schloss meinen schmalen Körper darin ein. Meine Haut brannte wie Feuer, Tränen starteten Löschungsversuche, schienen zumindest meine Wangen vor Verbrennungen bewahren zu wollen. Wurden von dem Stoff des Shirts, das seine kräftigen Schultern säumte, aufgesogen. Oh Nate, wieso bist du jetzt schon zurück? Oh Nate, wieso umarmst du mich so liebevoll? Oh Nate, ich muss dir so viel erzählen.
All die Emails, die sich einen Weg von ihm zu mir und wieder zurück gesucht hatten, hatten zwar optische Distanzen überbrückt, aber in Wirklichkeit geistige geschaffen. Eine Mauer hatte sich ohne zu fragen zwischen uns errichtet, doch sie schien unsichtbar. Zumindest für ihn.
„Ich liebe dich“, seufzte er in meine Haare und strich mir von Tränen durchnässte Strähnen hinter die Ohren. Meine Augen blickten zu ihm auf, aber mein Herz sah auf Derek herab und fragte sich, was er mir bedeutete. Was er mir im Vergleich zu Nathaniel bedeutete. Ich konnte unmöglich behaupten, dass es 'Nichts' war, nein.
„Wie … du … wieso bist du schon zurück?“, brachte ich über die Lippen und biss mir auf die untere der beiden.
„Larissa, ich muss dir einiges sagen. In Afrika ist mir vieles klar geworden … vor allem, was mir wirklich wichtig ist.“
Bitte, bitte, sag nicht, dass ich es bin.
„Das bist du.“
Ich schluchzte laut auf. Es tat so furchtbar, furchtbar weh. Innerlich war ich zerrissen wie noch nie, Gefühle flatterten ungebändigt auf und ab. Ich hasste es die Kontrolle zu verlieren – Aber wer konnte es mir vorwerfen? Außer ich mir selbst?