Startpost-Retter
Irgendwie war mir langweilig und irgendwie hatte ich den Drang, mal wieder was zu schreiben.
Na ja, lasst euch darüber aus.
______________
ME & MYSELF
Ich verzichte an dieser Stelle auf einen Prolog oder einer genaueren Beschreibung meiner Person. Dieser Auszug aus meinem Leben soll allgemein gedeutet und verstanden werden.
In einer Gesellschaft, die vom Medien suggerierten Schönheitsideal geprägt ist, ist es nicht einfach, klarzukommen erst Recht nicht, wenn man diesem nicht entspricht. Es gibt zwei Möglichkeiten: Sich dennoch akzeptieren, ja sogar lieben zu lernen, und mit seiner Ausstrahlung eventuelle Defizite zu kaschieren oder sich zurückzuziehen, jeglicher Konfrontation mit besser aussehenden Menschen aus dem Weg zu gehen und sich solange zu akzeptieren, bis man auf Andere trifft, die dies bei genauerem Hinsehen möglicherweise nicht tun werden.
Ich entschied mich für die zweite Variante, nicht zuletzt weil es mir nie möglich war, ein entsprechendes Selbstbewusstsein zu entwickeln, wie es für die erste Möglichkeit von Nöten wäre. Zu einem großen Teil da bin ich mir sicher liegt das an meinen Eltern, die mir nie vermittelten, dass ich ihnen genüge, dass sie zufrieden mit mir sind, oder dass sie mich so akzeptieren, wie ich bin dass sie mich lieben.
Im Gegenteil: Sie gaben mir ständig das Gefühl, ihren Ansprüchen nie genügen zu können, zu Unrecht ein Mitglied ihrer Familie zu sein. Machte ich etwas falsch, wiesen sie mich kühl und verständnislos darauf hin, machte ich hingegen etwas (meiner Meinung nach) gut, erhielt ich nie das Gefühl ehrlicher Anerkennung oder gar Stolzes. Mit der Zeit begann ich, mir selbst nicht mehr zu genügen ich freute mich beispielsweise immer seltener über gute Noten, dachte mir: Das hätte besser sein können. und irgendwann verringerte sich mein Ehrgeiz, für den mein Grundschullehrer mich früher immer so gelobt hatte, bis er schließlich irgendwann ganz verebbte.
In meiner Familie gibt es eine immerwährende Prozedur: Meine Mutter konfrontiert mich mit Dingen, die ich falsch gemacht habe, Tag für Tag wirft sie mir meine Fehler vor sie schreibt sich sogar Zettel, um sie nicht zu vergessen. Reagiere ich nicht einsichtig genug, oder werde gar frech, unterhält sie abends meinen Vater davon, welcher wiederum erneut an mich appelliert und mir die Dinge aufzählt, die über die Woche anfielen, an denen er seiner und der Meinung meiner Mutter nach gerechtfertigt - Kritik üben kann. Es gab eine Zeit, in der er mich jeden Samstag nach dem Mittagessen dazu aufgefordert hat, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen und mir anzuhören, was ich unter der Woche wieder alles verbockt hatte. Es ging meistens ursprünglich um Kleinigkeiten, die durch deren Addition und die geschickten Übertreibungen meiner Mutter schnell zu schwerwiegenden Konflikten heranwuchsen.
Nicht selten hatte mein Vater bereits getrunken und geriet aus der Fassung, reagierte ich nicht seiner Vorstellung entsprechend. Er warf mir alles mögliche vor ich werde an dieser Stelle den genauen Wortlaut nicht kundtun, aber eines sei gesagt: Seine damaligen Worte verletzen mich noch heute.
Diese Gespräche bereiteten mir eine solche Angst, dass ich vor Wochenenden kaum noch zu schlafen vermochte, jedes Mal mit Magenschmerzen und gespielt guter Laune zum Mittagessen erschien, in der Hoffnung, den Unterredungen mit meinem Vater wenigstens für diesen Tag entgehen zu können vergebens.
Genug jedoch mit der Aufarbeitung meiner Vergangenheit. Das Verhältnis mit meinen Eltern hat sich über all die Jahre hinweg nicht verbessert und auch deren Verhalten blieb gleich bis auf dass sie (so hoffe ich) endlich erkannt haben, dass ich nicht vorhabe, mich ihretwegen zu ändern und bereits mit ihnen abgeschlossen habe (ihrer Meinung nach, weil mir ja sowieso alles gleichgültig ist).
Sie haben eines erreicht: ich habe meine Ansprüche an mich selbst heruntergeschraubt, aus Angst, ihnen nicht gerecht werden zu können. Meine schulischen Leistungen sind akzeptabel, nicht gut, aber akzeptabel doch selbst wenn ich schriftlich gut bin, so gilt jedes Halbjahr bei der Notenbekanntgabe: Furcht, die schlechte mündliche Note betreffend, die mir seit ich denken kann jegliche gute Zeugnisnote durchkreuzt.
Am Unterricht beteilige ich mich schon lange nicht mehr. Zu groß ist die Abscheu der Tatsache gegenüber, Aufmerksamkeit zu bekommen alleiniger Wortführer in einem Raum voller Augenpaare zu sein. Jeder Lehrer versucht mir Jahr um Jahr klarzumachen, dass ich mich mehr beteiligen, nicht so still sein soll als wüsste ich nicht selbst bestens um dieses Problem.
Meine Eltern werfen mir vor, ich würde mich zurückziehen und wäre ein Nichtsnutz doch sie wissen nicht um die Angst, die mich befällt, jedes Mal wenn ich meine Festung verlasse und einen Schritt aus der Haustür mache.
Es gibt kaum jemanden, in dessen Angesicht ich mein wahres Ich zeigen kann: Genau genommen drei Menschen. Drei Menschen von nahezu 6,8 Milliarden.
Wie ihr euch denken könnt, reicht diese geringe Menge an Personen nicht, mich die meiste Zeit meines Daseins frei entfalten zu können ich selbst sein zu können.
Verbringe ich jedoch Zeit mit einer von jenen Personen, so kommen mir Gedanken wie diese gar nicht erst auf. Die Zeit, in der ich die nötige geistige Höhe noch nicht besaß ich wünsche sie mir jeden Tag zurück.
Weißt du noch, wie es war, Kinderzeit, wunderbar - die Welt ist bunt und schön.
Höre ich Anderen beim Reden zu, so kommt es mir vor, als stünde ich vor einer glasigen Fensterscheibe, mit Sprüngen durchzogen - in einen Raum voller Menschen blickend so nah und für mich doch unerreichbar. Dann frage ich mich ständig, warum ich nicht auch so sein kann wie diese Menschen: Locker, selbstbewusst, wortgewandt, souverän.
Begegnet mir eine Person, die es nicht schaffte, durch meine Festung zu dringen, oder gar eine mir gänzlich unbekannte, mit einer Frage, auf die ich nicht vorbereitet bin, beginne ich regelmäßig Wortsilben zu verschlucken oder verzweifelt um die Antwort zu ringen, die jetzt optimalerweise über meine Lippen gehen sollte.
Meistens weiß ich nicht einmal, wovor ich eigentlich Angst habe. Die Augen, die mich während des Gesprächs möglichst unauffällig mustern (falls sich das nicht auch nur um Einbildung meinerseits handelt)? Die Befürchtung, mit einer meiner Aussagen einen negativen Reiz auszulösen? In eine Schublade gesteckt zu werden, die eine abwertende Aufschrift trägt? Nicht akzeptiert zu werden?
Jeder Blick abwertend, verurteilend. Jedes Kompliment geheuchelt, nicht ernst gemeint.
Mangelndes Selbstbewusstsein? Ja.
Es gibt Tage, an denen wage ich kaum, in den Spiegel zu blicken, wenn sich jemand in meiner Gesellschaft befindet. Ich möchte nicht sehen, was die Anderen sehen, meide den Blick in Fensterscheiben, Glastüren vor allem versuche ich höchst konzentriert, nicht ein einziges Mal in den Spiegel zu sehen, während ich mir auf der Schultoilette die Hände wasche. Ich fühle mich schuldig dabei, ertrage meinen eigenen Anblick kaum, bin froh, wenn ich den Ort der Wahrheit wieder verlassen, meine Illusion mein Aussehen betreffend aufrecht erhalten kann. Dieses merkwürdige Phänomen tritt wie bereits angedeutet meistens nur auf, wenn jemand in meiner Nähe befindlich ist. Auf offener Straße einen Spiegel herausholen und mein Aussehen überprüfen? Undenkbar.
Bin ich hingegen allein, ist der Drang nicht mehr so gering, in den Spiegel zu sehen und mit dem mehrmaligen Fazit abzuschließen, dass es ja gar nicht so schlimm ist. Ich schneide mir selbst Grimassen, lächle mich an und bin um die Gewissheit froh, irgendwo doch etwas ansehnliches an mir zu haben (abgesehen von meiner Nase, meinen Lippen, meiner Haut..). Sobald sich jemand in meiner Nähe befindet, kehrt das alte Verhaltensmuster zurück und ich vermag ihm nicht mehr zu entfliehen.
Auf der Straße ist der Kampf am größten: Die ständige Begegnung mit anderen Menschen, der Drang, möglichst unscheinbar zu sein, am liebsten gar unsichtbar. Überall Menschen, die einen mustern und im schlimmsten Fall sogar beginnen, über einen nachzudenken, die ständige Furcht, von jemandem beobachtet zu werden ein Gefühl von tausend unsichtbaren Augenpaaren, die auf einen geheftet sind und einen mit ihrer Wucht zu durchdringen drohen.
Jeder weitere Tag ist ein Kampf, jedes erneute Übertreten der Türschwelle eine Herausforderung. Dinge, über die Andere sich nicht einmal Gedanken machen, werden zum nervenzehrenden Akt.
Ich wage es nicht, an die Tatsache zu denken, die Zeit meiner Jugend eingebüßt zu haben, bis dato ein konfliktdurchzogenes Leben gelebt zu haben - Konflikte, die sich nicht nur auf meine Umwelt beschränkten, sondern vor allem die, die sich in meinem Inneren abspielen jeden Tag aufs Neue.
Dein Leben dreht sich nur im Kreis, so voll von weggeworf'ner Zeit, deine Träume schiebst du endlos vor dir her.
Du willst noch leben, irgendwann, doch wenn nicht heute, wann denn dann?
Diese Fragen befallen mich nahezu täglich. Habe ich wirklich meine bisherige Lebenszeit verschenkt? Hätte ich es irgendwie verhindern können? Werde ich jemals mehr aus meinem Leben machen können? Habe ich noch die Kraft dazu?
Man wird sehen.

Na ja, lasst euch darüber aus.
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ME & MYSELF
Ich verzichte an dieser Stelle auf einen Prolog oder einer genaueren Beschreibung meiner Person. Dieser Auszug aus meinem Leben soll allgemein gedeutet und verstanden werden.
In einer Gesellschaft, die vom Medien suggerierten Schönheitsideal geprägt ist, ist es nicht einfach, klarzukommen erst Recht nicht, wenn man diesem nicht entspricht. Es gibt zwei Möglichkeiten: Sich dennoch akzeptieren, ja sogar lieben zu lernen, und mit seiner Ausstrahlung eventuelle Defizite zu kaschieren oder sich zurückzuziehen, jeglicher Konfrontation mit besser aussehenden Menschen aus dem Weg zu gehen und sich solange zu akzeptieren, bis man auf Andere trifft, die dies bei genauerem Hinsehen möglicherweise nicht tun werden.
Ich entschied mich für die zweite Variante, nicht zuletzt weil es mir nie möglich war, ein entsprechendes Selbstbewusstsein zu entwickeln, wie es für die erste Möglichkeit von Nöten wäre. Zu einem großen Teil da bin ich mir sicher liegt das an meinen Eltern, die mir nie vermittelten, dass ich ihnen genüge, dass sie zufrieden mit mir sind, oder dass sie mich so akzeptieren, wie ich bin dass sie mich lieben.
Im Gegenteil: Sie gaben mir ständig das Gefühl, ihren Ansprüchen nie genügen zu können, zu Unrecht ein Mitglied ihrer Familie zu sein. Machte ich etwas falsch, wiesen sie mich kühl und verständnislos darauf hin, machte ich hingegen etwas (meiner Meinung nach) gut, erhielt ich nie das Gefühl ehrlicher Anerkennung oder gar Stolzes. Mit der Zeit begann ich, mir selbst nicht mehr zu genügen ich freute mich beispielsweise immer seltener über gute Noten, dachte mir: Das hätte besser sein können. und irgendwann verringerte sich mein Ehrgeiz, für den mein Grundschullehrer mich früher immer so gelobt hatte, bis er schließlich irgendwann ganz verebbte.
In meiner Familie gibt es eine immerwährende Prozedur: Meine Mutter konfrontiert mich mit Dingen, die ich falsch gemacht habe, Tag für Tag wirft sie mir meine Fehler vor sie schreibt sich sogar Zettel, um sie nicht zu vergessen. Reagiere ich nicht einsichtig genug, oder werde gar frech, unterhält sie abends meinen Vater davon, welcher wiederum erneut an mich appelliert und mir die Dinge aufzählt, die über die Woche anfielen, an denen er seiner und der Meinung meiner Mutter nach gerechtfertigt - Kritik üben kann. Es gab eine Zeit, in der er mich jeden Samstag nach dem Mittagessen dazu aufgefordert hat, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen und mir anzuhören, was ich unter der Woche wieder alles verbockt hatte. Es ging meistens ursprünglich um Kleinigkeiten, die durch deren Addition und die geschickten Übertreibungen meiner Mutter schnell zu schwerwiegenden Konflikten heranwuchsen.
Nicht selten hatte mein Vater bereits getrunken und geriet aus der Fassung, reagierte ich nicht seiner Vorstellung entsprechend. Er warf mir alles mögliche vor ich werde an dieser Stelle den genauen Wortlaut nicht kundtun, aber eines sei gesagt: Seine damaligen Worte verletzen mich noch heute.
Diese Gespräche bereiteten mir eine solche Angst, dass ich vor Wochenenden kaum noch zu schlafen vermochte, jedes Mal mit Magenschmerzen und gespielt guter Laune zum Mittagessen erschien, in der Hoffnung, den Unterredungen mit meinem Vater wenigstens für diesen Tag entgehen zu können vergebens.
Genug jedoch mit der Aufarbeitung meiner Vergangenheit. Das Verhältnis mit meinen Eltern hat sich über all die Jahre hinweg nicht verbessert und auch deren Verhalten blieb gleich bis auf dass sie (so hoffe ich) endlich erkannt haben, dass ich nicht vorhabe, mich ihretwegen zu ändern und bereits mit ihnen abgeschlossen habe (ihrer Meinung nach, weil mir ja sowieso alles gleichgültig ist).
Sie haben eines erreicht: ich habe meine Ansprüche an mich selbst heruntergeschraubt, aus Angst, ihnen nicht gerecht werden zu können. Meine schulischen Leistungen sind akzeptabel, nicht gut, aber akzeptabel doch selbst wenn ich schriftlich gut bin, so gilt jedes Halbjahr bei der Notenbekanntgabe: Furcht, die schlechte mündliche Note betreffend, die mir seit ich denken kann jegliche gute Zeugnisnote durchkreuzt.
Am Unterricht beteilige ich mich schon lange nicht mehr. Zu groß ist die Abscheu der Tatsache gegenüber, Aufmerksamkeit zu bekommen alleiniger Wortführer in einem Raum voller Augenpaare zu sein. Jeder Lehrer versucht mir Jahr um Jahr klarzumachen, dass ich mich mehr beteiligen, nicht so still sein soll als wüsste ich nicht selbst bestens um dieses Problem.
Meine Eltern werfen mir vor, ich würde mich zurückziehen und wäre ein Nichtsnutz doch sie wissen nicht um die Angst, die mich befällt, jedes Mal wenn ich meine Festung verlasse und einen Schritt aus der Haustür mache.
Es gibt kaum jemanden, in dessen Angesicht ich mein wahres Ich zeigen kann: Genau genommen drei Menschen. Drei Menschen von nahezu 6,8 Milliarden.
Wie ihr euch denken könnt, reicht diese geringe Menge an Personen nicht, mich die meiste Zeit meines Daseins frei entfalten zu können ich selbst sein zu können.
Verbringe ich jedoch Zeit mit einer von jenen Personen, so kommen mir Gedanken wie diese gar nicht erst auf. Die Zeit, in der ich die nötige geistige Höhe noch nicht besaß ich wünsche sie mir jeden Tag zurück.
Weißt du noch, wie es war, Kinderzeit, wunderbar - die Welt ist bunt und schön.
Höre ich Anderen beim Reden zu, so kommt es mir vor, als stünde ich vor einer glasigen Fensterscheibe, mit Sprüngen durchzogen - in einen Raum voller Menschen blickend so nah und für mich doch unerreichbar. Dann frage ich mich ständig, warum ich nicht auch so sein kann wie diese Menschen: Locker, selbstbewusst, wortgewandt, souverän.
Begegnet mir eine Person, die es nicht schaffte, durch meine Festung zu dringen, oder gar eine mir gänzlich unbekannte, mit einer Frage, auf die ich nicht vorbereitet bin, beginne ich regelmäßig Wortsilben zu verschlucken oder verzweifelt um die Antwort zu ringen, die jetzt optimalerweise über meine Lippen gehen sollte.
Meistens weiß ich nicht einmal, wovor ich eigentlich Angst habe. Die Augen, die mich während des Gesprächs möglichst unauffällig mustern (falls sich das nicht auch nur um Einbildung meinerseits handelt)? Die Befürchtung, mit einer meiner Aussagen einen negativen Reiz auszulösen? In eine Schublade gesteckt zu werden, die eine abwertende Aufschrift trägt? Nicht akzeptiert zu werden?
Jeder Blick abwertend, verurteilend. Jedes Kompliment geheuchelt, nicht ernst gemeint.
Mangelndes Selbstbewusstsein? Ja.
Es gibt Tage, an denen wage ich kaum, in den Spiegel zu blicken, wenn sich jemand in meiner Gesellschaft befindet. Ich möchte nicht sehen, was die Anderen sehen, meide den Blick in Fensterscheiben, Glastüren vor allem versuche ich höchst konzentriert, nicht ein einziges Mal in den Spiegel zu sehen, während ich mir auf der Schultoilette die Hände wasche. Ich fühle mich schuldig dabei, ertrage meinen eigenen Anblick kaum, bin froh, wenn ich den Ort der Wahrheit wieder verlassen, meine Illusion mein Aussehen betreffend aufrecht erhalten kann. Dieses merkwürdige Phänomen tritt wie bereits angedeutet meistens nur auf, wenn jemand in meiner Nähe befindlich ist. Auf offener Straße einen Spiegel herausholen und mein Aussehen überprüfen? Undenkbar.
Bin ich hingegen allein, ist der Drang nicht mehr so gering, in den Spiegel zu sehen und mit dem mehrmaligen Fazit abzuschließen, dass es ja gar nicht so schlimm ist. Ich schneide mir selbst Grimassen, lächle mich an und bin um die Gewissheit froh, irgendwo doch etwas ansehnliches an mir zu haben (abgesehen von meiner Nase, meinen Lippen, meiner Haut..). Sobald sich jemand in meiner Nähe befindet, kehrt das alte Verhaltensmuster zurück und ich vermag ihm nicht mehr zu entfliehen.
Auf der Straße ist der Kampf am größten: Die ständige Begegnung mit anderen Menschen, der Drang, möglichst unscheinbar zu sein, am liebsten gar unsichtbar. Überall Menschen, die einen mustern und im schlimmsten Fall sogar beginnen, über einen nachzudenken, die ständige Furcht, von jemandem beobachtet zu werden ein Gefühl von tausend unsichtbaren Augenpaaren, die auf einen geheftet sind und einen mit ihrer Wucht zu durchdringen drohen.
Jeder weitere Tag ist ein Kampf, jedes erneute Übertreten der Türschwelle eine Herausforderung. Dinge, über die Andere sich nicht einmal Gedanken machen, werden zum nervenzehrenden Akt.
Ich wage es nicht, an die Tatsache zu denken, die Zeit meiner Jugend eingebüßt zu haben, bis dato ein konfliktdurchzogenes Leben gelebt zu haben - Konflikte, die sich nicht nur auf meine Umwelt beschränkten, sondern vor allem die, die sich in meinem Inneren abspielen jeden Tag aufs Neue.
Dein Leben dreht sich nur im Kreis, so voll von weggeworf'ner Zeit, deine Träume schiebst du endlos vor dir her.
Du willst noch leben, irgendwann, doch wenn nicht heute, wann denn dann?
Diese Fragen befallen mich nahezu täglich. Habe ich wirklich meine bisherige Lebenszeit verschenkt? Hätte ich es irgendwie verhindern können? Werde ich jemals mehr aus meinem Leben machen können? Habe ich noch die Kraft dazu?
Man wird sehen.