Nanni
Grandsätzlich ein Bericht, bei einer Länge von 7 1/2 Seiten kann man ihn wohl schon als Geschichte nehmen. Ich würde mich sehr freuen über
- Kritik im allgemeinen
- Synonyme für Sprung und Hindernis bzw. nächste und folgende, und ob diese Wortwiederholungen sehr nervig sind
- falls wer meine andere geschichte hier gelesen hat, würds mich interessieren, ob ich meinen Schreibstil in ich-Form oder 3. Person besser findet
Nach dem ich die gestrige Dressur ja mehr oder weniger verhauen hatte (Wild war nicht wirklich in der Stimmung auf Dressur und meine Hilfengebung dementsprechend nicht so leicht, wie sie hätte sein sollen), war ich nun umso aufgeregter, wie das Springen verlaufen würde. Geübt hatten wir ja genug und es war immer recht gut verlaufen. Doch es war mein erstes Springturnier mit Wild und ich wusste, wie schnell er ‚Feuer und Flamme’ war, wenn es ums Springen galt. Wenn er auf dem Parcours loszischen würde wie anfangs, würde er vermutlich versehentlich über die Platzbegrenzung springen, und genau darin lag meine Sorge. Natürlich machte ich mir auch etwas Gedanken über die anderen Starter, aber mir ging es nicht um den Sieg oder eine Platzierung. Ich wollte einfach oben bleiben, die Kontrolle über Wild behalten und mich nicht völlig blamieren. Gelang uns das, war der Rest Wilds Teil. Er konnte mit aller Kraft über Hindernisse springen, er wusste, wieviel Ausdauer und Energie er hatte, um den Parcours zu durchlaufen, er konnte einschätzen, wie eng er Kurven nahm und er wusste, wieviele Galoppsprünge er zwischen Kombinationen nehmen durfte. Nagut, letzteres wusste ich vielleicht auch, aber ob ich mich zwischen haushohen Hindernissen, frisch gestrichenen Stangen, bunten Blumentöpfen (oder gab es die nur im Sommer?), breiten Werbeplaketen und Lautsprechern, umgeben von einer Zuschauermenge, auf sowas konzentrieren konnte? Ich bezweifelte es. Der Weg auf die Koppel kam mir unendlich lange vor, kaum war ich bei Wild, legte ich die Arme um seinen Hals und drückte ihn, so fest ich konnte. Wild ließ es einige Minuten geschehen, bevor er mich regelrecht ‚abschüttelte’ und anstupste, als wolle er mich erinnern, das wir heute doch unser erstes großes Turnier vor uns hatten. „Danke der Erinnerung...“, murmelte ich und schaute in seine Augen. Er hatte keine Angst und ich fragte mich, ob er wusste, dass das Turnier weiterging. Kannte er als S-Springer Turniere nur als mehrtägige Veranstaltungen? Hatte er den geschmückten Platz bereits gesehen? Glitzerten seine Augen vor Vorfreude, oder hatte ich einfach schon Halluzinationen? Ich schüttelte mich um meine Gedanken loszuwerden und versuchte mich abzulenken, in dem ich ihn aufhalterte und von der Koppel führte. „Du musst brav sein. Bitte, einfach nur über die Hindernisse springen. Nicht zu schnell werden, ja? Es ist egal, wie schnell wir sind. Nur, dass du auf mich hörst. Tust du das?“ bat ich ihn ganz leise und er atmete tief ein, als wolle er stöhnen.
Am Putzplatz war noch niemand zu sehen. Wild war bis auf wenige Stellen sauber, wieso war ich nur schon so früh da? Ich ging in die Sattelkammer und holte die Putzbox. Da ich ohnehin viel zu viel Zeit hatte, nahm ich den sonst so verhassen Gummistriegel und rieb mit kreisförmigen Bewegungen hektisch und ohne darauf zu achten, welche Stellen ich schon geputzt hatte, über Wilds dichtes Fell. Der Fuchs stand einstweilen still und ließ den Kopf hängen. Für ihn war das Striegeln eine Massage. Nach einiger Zeit übertrug sich seine Ruhe auf mich und das Bewegen beim Striegeln hatte mir gut getan. Ich konnte wieder richtig atmen und an etwas anderes denken wie an – egal. Ich kreiste mit dem Striegel so gut es ging über Wilds dicken Bauch und die Unterarme. Dann nahm ich die Bürste und strich mit energischen Bewegungen den nicht (oder nur sehr wenig) vorhandenen Staub aus dem rötlichen Fell. Nach jedem zweiten Strich klopfte ich die Bürste an meiner Hose aus. Inzwischen wurde es lauter um mich herum und meine Gedanken begannen wieder um den Parcours zu schwirren. Trotzdem flippte ich nicht wieder aus, Wild war so gemütlich, dass sie Vorstellung, er würde gleich über 2 Meter hohe Hindernisse fliegen, nahezu absurd war. Wie sollte dieses gemütlich dösende Pferd nicht mehr zu kontrollieren sein? Die Idee verblasste, ich dachte an die Dressurstunden, in denen er nicht mal richtig untertrat, an seinen versammelten Galopp, an den bequemen Schritt im Gelände. Nein, es würde schon gut gehen. Ich war schon bei seinen Beinen angelangt, als auch Cithiel kurz Zeit fand, mit mir zu reden. Nur wenige Minuten später begann das A-Springen und Cithiel musste wieder zu ihrem Pferd. Mit gegenseitigen Glückwünschen verabschiedeten wir uns und ich hatte es nun ebenfalls wieder eilig. Nachdem ich Wilds Hufe ausgekratzt hatte, holte ich den Springsattel und sein Zaumzeug und sattelte ihn auf. Ich überprüfte mehrmals die richtige Lage, ehe ich zugurtete und nochmal an der Satteldecke herumzog. Schließlich öffnete ich den Gurt frustriert und sattelte Wild neu. Diesmal schob ich den Sattel wie immer zurück, gurtete zu und prüfte, ob der Sattelgurt eine handbreit hinter dem Ellenbogen von Wild lag. Tat er, also brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, redete ich mir ein. „Brav sein!“ ermahnte ich Wild, ehe ich ins Stüberl eilte und mich umzog. Weiße Reithose, weiße Bluse und das Turnierjacket. Ich kramte nach einem Taschentuch, das meine Mutter fürsorglich in meine Tasche geschmuggelt hatte, hielt es für eine Sekunde unter den Wasserhahn und wischte damit über die Stiefeln, die ich gestern Abend schon geputzt hatte. Ich schmiss das Tuch in den Mistkübel und mein Blick streifte den Spiegel. Meine Übelkeit setzte augenblicklich wieder ein, als ich das ganze saubere Zeug an mir sah. Schnell wandte ich mich ab, richtete die Haare und setzte meinen Helm auf. Ich war froh, endlich wieder zu Wild zu kommen. Ich zäumte ihn auf, schloss die Schnallen und griff nach der Springgerte neben meinem Putzkoffer. Ich wollte Wild schon losführen, da fielen mir meine Stiefel ein. Nein, lieber sofort aufsteigen, da konnte weniger schief gehen. Nicht, dass ich in eine Lacke stieg und die Schuhe undicht waren. Oder Wild mich anspritzte. Eiligst gurtete ich nach und zog die Steigbügel herunter. Ich stieg auf und amtete tief aus.
Von oben sah alles viel besser aus. Ich ritt zur Halle und kündigte mit einem lauten „Tor frei, bitte!!“ meine Ankunft an. „Ist frei!“ antwortete eine Frau auf der Tribüne und ich ritt hinein. Ein paar Kreuze und Steilsprünge standen bereits zum Aufwärmen bereit. Wild streckte sich, schnaubte ab und sein Schritt wurde eine Spur schneller. „Er weiß es!“ schoss es mir durch den Kopf, als wäre das so schlecht. Immerhin waren wir nicht auf meinen Ehrgeiz angewiesen, der war momentan im Keller verschwunden. Nach einigen Runden Schritt am zweiten Hufschlag trabte ich an und wechselte die Hand. Ich parierte wieder durch und ritt ihn nun auf der anderen Hand warm. Anschließend trabte ich ihn an und plötzlich war sein flottes Tempo nicht mehr gefährlich, sondern schön. Ich spürte wieder diese Kraft in seinen Muskeln, und ich wusste, ich konnte diese Kraft beherrschen. Ich spürte es einfach. Wild trat gleich schön unter, machte den Hals rund (Warum war er gestern nicht so gegangen??) und schnaubte leise. Nach einigen Runden und Touren auf beiden Händen gab ich ihm schließlich die Galopphilfe und galoppierte ihn ab.
Da wurde das M-Springen auch schon aufgerufen und Zimtgrün begann. Auch ich begann mit dem Springen. Es war die beste Zeit, außer mir waren nur Sopse, Cithiel und eine fremde Reiterin, die erst aufwärmte, in der Halle. Da war es wenigstens nicht so peinlich, würde ich fast mit einem von ihnen zusammenstoßen. „Denk nicht so negativ!“, ermahnte ich mich und versuchte, meine Konzentration auf die Sprünge zu lenken. Auch Wild war nicht ganz bei der Sache, er riss beim ersten Mal, dann wurde es besser. Er sprang zeitweise seltsam ab, kam aber immer über die Probesprünge. Ich lobte ihn und ließ ihn kurz am langen Zügel traben, bevor ich Schritt ging und nochmal nachgurtete. Bestimmt war er auch schon aufgeregt, dachte ich und gleich darauf erinnerte ich mich, das Wild kein Mensch war. Selbst wenn, würde er völlig anders fühlen als ich. Er mochte Nervenkitzel, ganz im Gegensatz zu mir.
„Bella? Vielleicht kommst du gleich mit mir rüber zum Parcours“, holte mich Sopses Stimme in die Realität zurück, und fast schuldbewusst fügte sie hinzu: „Du wirkst heute so abwesend.“ Ich wusste, was sie damit sagen wollte und nickte ihr dankbar zu. Bevor mich irgendwelche Turnierreiter erinnern mussten, das mit ‚Bella auf Wild Boy’ ich gemeint war. Während wir im Schritt zum Parcours gingen, ließ ich Wild die Zügel lang. Er hatte die Ohren aufmerksam gespitzt und während Sopse einritt, klopfte Chitiel gerade Harmonie. „Sie war spitze!“, strahlte sie mir zu. Mehr wie ein leises „schön“ kam mir nicht über die Lippen. Ich gönnte es ihr wirklich, doch mein Gehirn war momentan beinahe gelähmt. Ich verfolgte Sopse mit meinem Blick, doch die Nervenbahnen leiteten das Gesehen nicht bis ins Gehirn. Ich konnte mich beim Oxer schon nicht mehr daran erinnern, wie es Sopse beim Sprung davor gegangen war. Hatte Avignon gerissen? Schließlich kam Sopse zum letzten Hindernis und meine Nervosität stieg. Ich krallte mich in Wild Mähne und zwang mich dann, mich zu entspannen. Tief atmete ich ein und aus. Es gab einen dumpfen Schlag, als die Stange fiel. Kurz darauf war Sopse erlöst, auch wenn sie das wahrscheinlich anders sah. Ich nahm die Zügel an und obwohl ich wusste, dass es nur eine Frage der Sekunden war, wann mein Name genannt wurde, erschrak ich doch, als die Lautsprecher über mir meinen Namen riefen.
Fortsetzung folgt bei Kommentaren.
- Kritik im allgemeinen
- Synonyme für Sprung und Hindernis bzw. nächste und folgende, und ob diese Wortwiederholungen sehr nervig sind
- falls wer meine andere geschichte hier gelesen hat, würds mich interessieren, ob ich meinen Schreibstil in ich-Form oder 3. Person besser findet
Nach dem ich die gestrige Dressur ja mehr oder weniger verhauen hatte (Wild war nicht wirklich in der Stimmung auf Dressur und meine Hilfengebung dementsprechend nicht so leicht, wie sie hätte sein sollen), war ich nun umso aufgeregter, wie das Springen verlaufen würde. Geübt hatten wir ja genug und es war immer recht gut verlaufen. Doch es war mein erstes Springturnier mit Wild und ich wusste, wie schnell er ‚Feuer und Flamme’ war, wenn es ums Springen galt. Wenn er auf dem Parcours loszischen würde wie anfangs, würde er vermutlich versehentlich über die Platzbegrenzung springen, und genau darin lag meine Sorge. Natürlich machte ich mir auch etwas Gedanken über die anderen Starter, aber mir ging es nicht um den Sieg oder eine Platzierung. Ich wollte einfach oben bleiben, die Kontrolle über Wild behalten und mich nicht völlig blamieren. Gelang uns das, war der Rest Wilds Teil. Er konnte mit aller Kraft über Hindernisse springen, er wusste, wieviel Ausdauer und Energie er hatte, um den Parcours zu durchlaufen, er konnte einschätzen, wie eng er Kurven nahm und er wusste, wieviele Galoppsprünge er zwischen Kombinationen nehmen durfte. Nagut, letzteres wusste ich vielleicht auch, aber ob ich mich zwischen haushohen Hindernissen, frisch gestrichenen Stangen, bunten Blumentöpfen (oder gab es die nur im Sommer?), breiten Werbeplaketen und Lautsprechern, umgeben von einer Zuschauermenge, auf sowas konzentrieren konnte? Ich bezweifelte es. Der Weg auf die Koppel kam mir unendlich lange vor, kaum war ich bei Wild, legte ich die Arme um seinen Hals und drückte ihn, so fest ich konnte. Wild ließ es einige Minuten geschehen, bevor er mich regelrecht ‚abschüttelte’ und anstupste, als wolle er mich erinnern, das wir heute doch unser erstes großes Turnier vor uns hatten. „Danke der Erinnerung...“, murmelte ich und schaute in seine Augen. Er hatte keine Angst und ich fragte mich, ob er wusste, dass das Turnier weiterging. Kannte er als S-Springer Turniere nur als mehrtägige Veranstaltungen? Hatte er den geschmückten Platz bereits gesehen? Glitzerten seine Augen vor Vorfreude, oder hatte ich einfach schon Halluzinationen? Ich schüttelte mich um meine Gedanken loszuwerden und versuchte mich abzulenken, in dem ich ihn aufhalterte und von der Koppel führte. „Du musst brav sein. Bitte, einfach nur über die Hindernisse springen. Nicht zu schnell werden, ja? Es ist egal, wie schnell wir sind. Nur, dass du auf mich hörst. Tust du das?“ bat ich ihn ganz leise und er atmete tief ein, als wolle er stöhnen.
Am Putzplatz war noch niemand zu sehen. Wild war bis auf wenige Stellen sauber, wieso war ich nur schon so früh da? Ich ging in die Sattelkammer und holte die Putzbox. Da ich ohnehin viel zu viel Zeit hatte, nahm ich den sonst so verhassen Gummistriegel und rieb mit kreisförmigen Bewegungen hektisch und ohne darauf zu achten, welche Stellen ich schon geputzt hatte, über Wilds dichtes Fell. Der Fuchs stand einstweilen still und ließ den Kopf hängen. Für ihn war das Striegeln eine Massage. Nach einiger Zeit übertrug sich seine Ruhe auf mich und das Bewegen beim Striegeln hatte mir gut getan. Ich konnte wieder richtig atmen und an etwas anderes denken wie an – egal. Ich kreiste mit dem Striegel so gut es ging über Wilds dicken Bauch und die Unterarme. Dann nahm ich die Bürste und strich mit energischen Bewegungen den nicht (oder nur sehr wenig) vorhandenen Staub aus dem rötlichen Fell. Nach jedem zweiten Strich klopfte ich die Bürste an meiner Hose aus. Inzwischen wurde es lauter um mich herum und meine Gedanken begannen wieder um den Parcours zu schwirren. Trotzdem flippte ich nicht wieder aus, Wild war so gemütlich, dass sie Vorstellung, er würde gleich über 2 Meter hohe Hindernisse fliegen, nahezu absurd war. Wie sollte dieses gemütlich dösende Pferd nicht mehr zu kontrollieren sein? Die Idee verblasste, ich dachte an die Dressurstunden, in denen er nicht mal richtig untertrat, an seinen versammelten Galopp, an den bequemen Schritt im Gelände. Nein, es würde schon gut gehen. Ich war schon bei seinen Beinen angelangt, als auch Cithiel kurz Zeit fand, mit mir zu reden. Nur wenige Minuten später begann das A-Springen und Cithiel musste wieder zu ihrem Pferd. Mit gegenseitigen Glückwünschen verabschiedeten wir uns und ich hatte es nun ebenfalls wieder eilig. Nachdem ich Wilds Hufe ausgekratzt hatte, holte ich den Springsattel und sein Zaumzeug und sattelte ihn auf. Ich überprüfte mehrmals die richtige Lage, ehe ich zugurtete und nochmal an der Satteldecke herumzog. Schließlich öffnete ich den Gurt frustriert und sattelte Wild neu. Diesmal schob ich den Sattel wie immer zurück, gurtete zu und prüfte, ob der Sattelgurt eine handbreit hinter dem Ellenbogen von Wild lag. Tat er, also brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, redete ich mir ein. „Brav sein!“ ermahnte ich Wild, ehe ich ins Stüberl eilte und mich umzog. Weiße Reithose, weiße Bluse und das Turnierjacket. Ich kramte nach einem Taschentuch, das meine Mutter fürsorglich in meine Tasche geschmuggelt hatte, hielt es für eine Sekunde unter den Wasserhahn und wischte damit über die Stiefeln, die ich gestern Abend schon geputzt hatte. Ich schmiss das Tuch in den Mistkübel und mein Blick streifte den Spiegel. Meine Übelkeit setzte augenblicklich wieder ein, als ich das ganze saubere Zeug an mir sah. Schnell wandte ich mich ab, richtete die Haare und setzte meinen Helm auf. Ich war froh, endlich wieder zu Wild zu kommen. Ich zäumte ihn auf, schloss die Schnallen und griff nach der Springgerte neben meinem Putzkoffer. Ich wollte Wild schon losführen, da fielen mir meine Stiefel ein. Nein, lieber sofort aufsteigen, da konnte weniger schief gehen. Nicht, dass ich in eine Lacke stieg und die Schuhe undicht waren. Oder Wild mich anspritzte. Eiligst gurtete ich nach und zog die Steigbügel herunter. Ich stieg auf und amtete tief aus.
Von oben sah alles viel besser aus. Ich ritt zur Halle und kündigte mit einem lauten „Tor frei, bitte!!“ meine Ankunft an. „Ist frei!“ antwortete eine Frau auf der Tribüne und ich ritt hinein. Ein paar Kreuze und Steilsprünge standen bereits zum Aufwärmen bereit. Wild streckte sich, schnaubte ab und sein Schritt wurde eine Spur schneller. „Er weiß es!“ schoss es mir durch den Kopf, als wäre das so schlecht. Immerhin waren wir nicht auf meinen Ehrgeiz angewiesen, der war momentan im Keller verschwunden. Nach einigen Runden Schritt am zweiten Hufschlag trabte ich an und wechselte die Hand. Ich parierte wieder durch und ritt ihn nun auf der anderen Hand warm. Anschließend trabte ich ihn an und plötzlich war sein flottes Tempo nicht mehr gefährlich, sondern schön. Ich spürte wieder diese Kraft in seinen Muskeln, und ich wusste, ich konnte diese Kraft beherrschen. Ich spürte es einfach. Wild trat gleich schön unter, machte den Hals rund (Warum war er gestern nicht so gegangen??) und schnaubte leise. Nach einigen Runden und Touren auf beiden Händen gab ich ihm schließlich die Galopphilfe und galoppierte ihn ab.
Da wurde das M-Springen auch schon aufgerufen und Zimtgrün begann. Auch ich begann mit dem Springen. Es war die beste Zeit, außer mir waren nur Sopse, Cithiel und eine fremde Reiterin, die erst aufwärmte, in der Halle. Da war es wenigstens nicht so peinlich, würde ich fast mit einem von ihnen zusammenstoßen. „Denk nicht so negativ!“, ermahnte ich mich und versuchte, meine Konzentration auf die Sprünge zu lenken. Auch Wild war nicht ganz bei der Sache, er riss beim ersten Mal, dann wurde es besser. Er sprang zeitweise seltsam ab, kam aber immer über die Probesprünge. Ich lobte ihn und ließ ihn kurz am langen Zügel traben, bevor ich Schritt ging und nochmal nachgurtete. Bestimmt war er auch schon aufgeregt, dachte ich und gleich darauf erinnerte ich mich, das Wild kein Mensch war. Selbst wenn, würde er völlig anders fühlen als ich. Er mochte Nervenkitzel, ganz im Gegensatz zu mir.
„Bella? Vielleicht kommst du gleich mit mir rüber zum Parcours“, holte mich Sopses Stimme in die Realität zurück, und fast schuldbewusst fügte sie hinzu: „Du wirkst heute so abwesend.“ Ich wusste, was sie damit sagen wollte und nickte ihr dankbar zu. Bevor mich irgendwelche Turnierreiter erinnern mussten, das mit ‚Bella auf Wild Boy’ ich gemeint war. Während wir im Schritt zum Parcours gingen, ließ ich Wild die Zügel lang. Er hatte die Ohren aufmerksam gespitzt und während Sopse einritt, klopfte Chitiel gerade Harmonie. „Sie war spitze!“, strahlte sie mir zu. Mehr wie ein leises „schön“ kam mir nicht über die Lippen. Ich gönnte es ihr wirklich, doch mein Gehirn war momentan beinahe gelähmt. Ich verfolgte Sopse mit meinem Blick, doch die Nervenbahnen leiteten das Gesehen nicht bis ins Gehirn. Ich konnte mich beim Oxer schon nicht mehr daran erinnern, wie es Sopse beim Sprung davor gegangen war. Hatte Avignon gerissen? Schließlich kam Sopse zum letzten Hindernis und meine Nervosität stieg. Ich krallte mich in Wild Mähne und zwang mich dann, mich zu entspannen. Tief atmete ich ein und aus. Es gab einen dumpfen Schlag, als die Stange fiel. Kurz darauf war Sopse erlöst, auch wenn sie das wahrscheinlich anders sah. Ich nahm die Zügel an und obwohl ich wusste, dass es nur eine Frage der Sekunden war, wann mein Name genannt wurde, erschrak ich doch, als die Lautsprecher über mir meinen Namen riefen.
Fortsetzung folgt bei Kommentaren.