Um ehrlich zu sein musste ich so lachen, als ich gleich am Anfang des Threads die giftsprühende "Glitzer-und-trotzdem-guter-Reiter"-Fraktion gesehen habe
Das Problem ist ja nicht das glitzernde Zubehör an sich, sondern dass einfach in letzter Zeit vermehrt Wert auf Äusserlichkeiten gelegt wird.
Dazu gehört dann, dass Leute, die seit 12 Jahren keinen Reitlehrer mehr gesehen haben ihre Pferde zusammenknallen, sich ganz toll vorkommen und nach Möglichkeit noch allen anderen auf den Nerv gehen, wenn sie im Schritt auf dem ersten Hufschlag rumdümpeln oder zu zweit/dritt durch die Halle schlendern und ein korrektes Arbeiten unmöglich machen (und dann auch noch tolle Tipps geben).
Und erschreckenderweise sind es gerade sehr oft diese Leute, die ihre Pferde mit Babytuch und wasweisich aufpolieren und sich selbst und Pferd in die teueresten Sachen einwickeln.
Was im nicht im Umkehrschluss heißt, dass alle, die ihr Pferd rausputzen und sich mit dazu, schlecht reiten/böse Menschen sind/in der Gosse enden werden.
Meine Erfahrung ist, dass man einen schlechten Reitunterricht sowohl am Turnierstall als auch am Freizeitstall kriegen kann (hab beides lang genug ausprobiert) - hauptsache das Pferd lässt die Birne unten und der Reitlehrer kann sich profilieren.
An beiden Ställen war schickes Zubehör für die meisten enorm wichtig. Aber irgendwie kam das erst mit der Zeit. Als ich an den Stall, an dem ich jetzt einige Jahre lang war, kam, war es ein ganz gemütlicher Freizeitstall, mit ganz normalen Pferden, paar Turnierleute, alles bestens. Als ich den Stall Anfang diesen Jahres erlassen habe, war es immer noch der selbe Freizeitstall (ohne richtigen Platz, kleine Halle, aber dafür Weiden ohne Ende und nettes Gelände), aber die Pferde hatten plötzlich alle ihr (mehr oder weniger glanzvolles) Pedigree an der Boxentür hängen, das Zubehör war irgedwie mehr und die Kleidung der Reiter sah ganz anders aus. Also ich hab definitiv eine Änderung in den letzten Jahren wahrgenommen.
Es ist allerdings auch Ansichtssache. An meinem Stall war ich die einzige, die nur einen Sattel und eine Trense hatte und nicht sehr viele Schabracken (wie konnte ich bloß?) XD Und alles ohne Glitzer, den hat mir meine Mum verboten XD
Mittlerweile steht mein Pferd im Osten, genauer in Erfurt, und bei meinem ersten Besuch dort wurde ich liebevoll damit aufgezogen, dass mein Pferd soviel "Zubehör" hat. Bie uns wurde das als wenig eingestuft.
Was allerdings schon vor Jahren da war, ist der - meiner Meinung nach allgegenwärtige - Neid an den Reitställen. Wenn man nicht den Reiter an sich madig machen kann (oder das langsam langweilig wird), dann wird eben das Pferd als hysterisch, zu teuer/zu billig/sein Geld nicht wert eingestuft. Aber das war meiner Meinung nach schon immer so.
Was aber immer krasser wird, ist dass die Anerkennung eines Reiters unweigerlich an sein Turnierleben gebunden ist. "Was, du gehst keine Turniere? Warum denn nicht, ich dachte du reitest Dressur?!" Turniererfolg = Können = Anerkennung ist die Devise
Dass man sein Pferd auch optimal fördern möchte, auch wenn man keine Turniere geht, das kommt irgendwie nicht an.
Dass man vielleicht sehr gut mit problematischen Pferde klarkommt, dass man evtl. ein relativ altes Pferd nochmal von der Vorhand auf die Hinterhand geholt hat und ihm somit mehr Gesundheit und Lebensqulität beschert interessiert wirklich keinen. Wenns dafür keine Schleife gibt ist es irgendwe wertlos.
Von daher freu ich mich dann eben an einem Pferd, das Fortschritte macht und versuche, das Gelaber zu überhören - aber nervig ist es schon.