Schnegge
Meine Geschichte
Piep, piep. Piep, piep. Piep, piep.
Normalerweise würde ich jetzt die Augen aufschlagen, müde seufzen und darauf hoffen, dass ich mir nur einbilde, dass es mein Wecker ist, der mich da gerade aus meinen Träumen reißt. Heute ist das anders. Denn heute ist nicht irgendein Tag, heute ist der erste Schultag.
Nein, nicht MEIN erster Schultag, der war schon vor über einem Monat. Und es war auch gar nicht mein erster, sondern nur der erste in diesem Schuljahr. Heute ist SEIN erster Schultag – in diesem Schuljahr versteht sich.
Nachdem ich das kapiert habe, falle ich fast aus dem Bett, vor lauter Hektik aufzustehen. Erst als ich mitten in meinem Zimmer stehe und in meinem kurzen Nachthemd zittere fällt mir ein, dass es mir ja eigentlich egal ist. Es interessiert mich gar nicht mehr, ob er heute zur Schule kommt oder nicht. Ich bin über ihn hinweg.
Mich an diesen Gedanken klammernd gehe ich ins Bad. Doch obwohl ich mir die größte Mühe gebe, nicht daran zu denken, was mich später am Bahnhof erwarten wird, gelingt es mir auch nicht, sein Bild zu vergessen. Und ich kann auch nicht verhindern, dass ich vor Nervosität Magenschmerzen habe und deshalb keinen Bissen meines Frühstücks runterkriege. Meine Eltern glauben bestimmt, ich drehe schon durch. Aber ich bin nicht verrückt, nur verliebt.
Nein, moment, das stimmt nicht Ich WAR verliebt. In einen Jungen, der eine Klasse über mir ist. Ich kenne ihn schon über ein Jahr und er mich eigentlich auch, aber wir hatten anfangs nur wenig miteinander zu tun. Damals mochte ich ihn nicht. Und dann war ich plötzlich verliebt. So richtig kitschig verliebt, mit Schmetterlingen im Bauch und Herzklopfen und so. Und da wir ja in die selbe Schule gingen, war es mir ein leichtes, ihn mehrmals täglich zu sehen.
Angesprochen hab ich ihn allerdins nie. Dafür bin ich viel zu schüchtern. Alleine ihn zu sehen rettet mir den Tag.
Und dann kam jener Moment, indem er sein Zeugnis bekam. Einen Monat vor mir und dem Rest der Schule. Genauso wie er einen Monat später wieder anfangen würde. Er und sein Jahrgang mussten Praktikum machen und hatte viel länger Ferien als wir anderen.
Anfangs hätte ich niemals gedacht, dass ich das schaffen würde. Ihn vier Monate lang nicht zu sehen, meine ich. Aber dann war er plötzlich weg und alles was mir blieb waren sein Weblog und seine Profile auf diversen Internet-Seiten, die ich täglich nach Neuigkeiten durchstöberte.
Und obwohl ich anfangs dachte, ich würde diese vier Monate nicht ausstehen, sind sie jetzt um. Und wisst ihr was? Er ist mir egal geworden. Ich laufe nicht länger einem Jungen nach, der sich wahrscheinlich nicht mal mehr an meinen Namen erinnern kann. Ich bin nicht länger verrückt und nicht länger verliebt.
Zumindest ist es das, was ich mir einrede. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass ich Herzrasen kriege als ich aus dem Bus steige.
„Morgen“ Tanja ist schon da und wartete vor dem Bus auf mich.
„Morgen“, grüße ich zurück, kann mich dabei aber kaum konzentrieren. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt, aber das wäre aufgefallen.
Tanja und ich gehen auf den Bahnsteig. Da unsere Schule einen speziellen Ausbildungszweig hat ist unser Anfahrsweg ziemlich lang, aber wir nehmen es mit Humor. Bei geschätzten minus 100 Grad stellen wir uns auf den Bahnsteig. Auch meine andere Freundin Julia ist schon da und beginnt auch sogleich zu reden.
„Ja“, antworte ich, auf eine Frage, die ich kaum mitgekriegt habe. Obwohl ich so tue als würde ich den beiden zuhören suche ich in Wirklichkeit den ganzen Bahnsteig nach ihm ab. Und als ich ihn dann sehe bleibt mir erstmal das Herz stehen und ich muss tief durchatmen.
Er sieht genauso gut aus wie ich ihn in Erinnerung hatte. Mein Herz setzt wieder ein und rast erstmal und die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen gerade Tango. Ich bin für den Moment unfähig mich auf irgendetwas zu konzentrieren, bis mich Julias Stimme aus meinem Gedanken reißt.
„Morgen, Leute“ Ich drehe mich um und sehe, dass auch der Rest meiner Freundinnen aus dieser Gegend eingetrudelt ist. Sie kommen morgens mit einem anderen Bus und wir sehen uns immer erst am Bahnhof.
„Morgen“, sagen auch Theresa, Jacqueline und Sabine fast im Chor und lachen dann darüber. Ich grinse und grüße sie ebenfalls, versuche aber gleichzeitig zu verhindern, ihn nochmal anzusehen.
*Es ist mir egal! Es ist mir egal!*, wiederhole ich stillschweigend und atme mehrmals tief ein und aus. Dann geht es etwas besser und ich kann mich auf den ankommenden Zug konzentrieren.
Schnell steigen wir ein und sichern uns wie immer zwei Vierer-Plätze. Anders geht das auch nicht, wenn man zu sechst ist und jeder mit jedem reden will. Außerdem hat diese Sitzordnung den Vorteil, dass er nicht in meine Nähe kommt, was schon mal äußerst gut für meine Nerven ist.
Und obwohl die Zugfahrt ruhig verläuft und wir unseren üblichen Spaß haben, ist da doch etwas in meinem Hinterkopf. Ich weiß genau was es ist und dass sich dieses Gefühl nicht abstellen lässt regt mich wahnsinnig auf. Ich hasse es schwach zu sein und grade eben verliere ich sämtliche Kämpfe gegen mich selbst. Ich wusste ja nicht, dass meine Selbstbeherrschung SO schlecht ist.
Allerdings sind meine Schauspielkünste dafür umso besser. Niemand würde mir jemals anmerken, dass ich geistig völlig abwesend bin, so perfekt passe ich mich ins Gespräch ein. Ich weiß genau, wann ich wie reagieren muss ohne überhaupt zuzuhören. Jahrelange Perfektion.
Okay, das war übertrieben, genau genommen ist es nur ein Jahr. Ein Jahr voller verrückter Hoffnungen und Träume, von denen ich eigentlich gedacht hatte, sie erfolgreich verdrängt zu haben.
Aber wir müssen nur aus dem Zug steigen und schon verrenke ich mir wieder den Kopf nach ihm. Gut, dass ich so viel Übung habe, sonst würde ich wahrscheinlich gleich noch die Treppe runter oder rauf fallen, vor lauter schauen. Und dass er nur wenige Meter vor mir geht macht die Sache auch nicht besser.
*Reiß dich mal zusammen!*, denke ich mir und seufze dann leise. Zum Glück trennen sich unsere Wege hier, denn während er nach draußen geht und in der Kälte auf den Bus wartet mache ich es mir mit meinen Freundinnen lieber drinnen auf einigen Sitzen bequem.
Wahrscheinlich ist es auch gut, dass ich sitze. Meine Nerven sind jetzt schon zum Zerreißen gespannt und das nur, weil er wieder da ist. Und dabei ist es gerade mal halb acht. Das kann ja noch ein langer Tag werden.
Ich ärgere mich mal wieder über mich selbst und wende mich dann lieber dem Gespräch meiner Freundinnen zu. Meine Maskarade ist nämlich perfekt.
Geistert schon seit Wochen in meinem Kopf rum und wird jetzt aufgeschrieben. Ist irgendwie nicht so geworden wie ich wollte, aber es ist einmal ein Anfang.
Würde mich über Bewertungen freuen
lg
Piep, piep. Piep, piep. Piep, piep.
Normalerweise würde ich jetzt die Augen aufschlagen, müde seufzen und darauf hoffen, dass ich mir nur einbilde, dass es mein Wecker ist, der mich da gerade aus meinen Träumen reißt. Heute ist das anders. Denn heute ist nicht irgendein Tag, heute ist der erste Schultag.
Nein, nicht MEIN erster Schultag, der war schon vor über einem Monat. Und es war auch gar nicht mein erster, sondern nur der erste in diesem Schuljahr. Heute ist SEIN erster Schultag – in diesem Schuljahr versteht sich.
Nachdem ich das kapiert habe, falle ich fast aus dem Bett, vor lauter Hektik aufzustehen. Erst als ich mitten in meinem Zimmer stehe und in meinem kurzen Nachthemd zittere fällt mir ein, dass es mir ja eigentlich egal ist. Es interessiert mich gar nicht mehr, ob er heute zur Schule kommt oder nicht. Ich bin über ihn hinweg.
Mich an diesen Gedanken klammernd gehe ich ins Bad. Doch obwohl ich mir die größte Mühe gebe, nicht daran zu denken, was mich später am Bahnhof erwarten wird, gelingt es mir auch nicht, sein Bild zu vergessen. Und ich kann auch nicht verhindern, dass ich vor Nervosität Magenschmerzen habe und deshalb keinen Bissen meines Frühstücks runterkriege. Meine Eltern glauben bestimmt, ich drehe schon durch. Aber ich bin nicht verrückt, nur verliebt.
Nein, moment, das stimmt nicht Ich WAR verliebt. In einen Jungen, der eine Klasse über mir ist. Ich kenne ihn schon über ein Jahr und er mich eigentlich auch, aber wir hatten anfangs nur wenig miteinander zu tun. Damals mochte ich ihn nicht. Und dann war ich plötzlich verliebt. So richtig kitschig verliebt, mit Schmetterlingen im Bauch und Herzklopfen und so. Und da wir ja in die selbe Schule gingen, war es mir ein leichtes, ihn mehrmals täglich zu sehen.
Angesprochen hab ich ihn allerdins nie. Dafür bin ich viel zu schüchtern. Alleine ihn zu sehen rettet mir den Tag.
Und dann kam jener Moment, indem er sein Zeugnis bekam. Einen Monat vor mir und dem Rest der Schule. Genauso wie er einen Monat später wieder anfangen würde. Er und sein Jahrgang mussten Praktikum machen und hatte viel länger Ferien als wir anderen.
Anfangs hätte ich niemals gedacht, dass ich das schaffen würde. Ihn vier Monate lang nicht zu sehen, meine ich. Aber dann war er plötzlich weg und alles was mir blieb waren sein Weblog und seine Profile auf diversen Internet-Seiten, die ich täglich nach Neuigkeiten durchstöberte.
Und obwohl ich anfangs dachte, ich würde diese vier Monate nicht ausstehen, sind sie jetzt um. Und wisst ihr was? Er ist mir egal geworden. Ich laufe nicht länger einem Jungen nach, der sich wahrscheinlich nicht mal mehr an meinen Namen erinnern kann. Ich bin nicht länger verrückt und nicht länger verliebt.
Zumindest ist es das, was ich mir einrede. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass ich Herzrasen kriege als ich aus dem Bus steige.
„Morgen“ Tanja ist schon da und wartete vor dem Bus auf mich.
„Morgen“, grüße ich zurück, kann mich dabei aber kaum konzentrieren. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt, aber das wäre aufgefallen.
Tanja und ich gehen auf den Bahnsteig. Da unsere Schule einen speziellen Ausbildungszweig hat ist unser Anfahrsweg ziemlich lang, aber wir nehmen es mit Humor. Bei geschätzten minus 100 Grad stellen wir uns auf den Bahnsteig. Auch meine andere Freundin Julia ist schon da und beginnt auch sogleich zu reden.
„Ja“, antworte ich, auf eine Frage, die ich kaum mitgekriegt habe. Obwohl ich so tue als würde ich den beiden zuhören suche ich in Wirklichkeit den ganzen Bahnsteig nach ihm ab. Und als ich ihn dann sehe bleibt mir erstmal das Herz stehen und ich muss tief durchatmen.
Er sieht genauso gut aus wie ich ihn in Erinnerung hatte. Mein Herz setzt wieder ein und rast erstmal und die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen gerade Tango. Ich bin für den Moment unfähig mich auf irgendetwas zu konzentrieren, bis mich Julias Stimme aus meinem Gedanken reißt.
„Morgen, Leute“ Ich drehe mich um und sehe, dass auch der Rest meiner Freundinnen aus dieser Gegend eingetrudelt ist. Sie kommen morgens mit einem anderen Bus und wir sehen uns immer erst am Bahnhof.
„Morgen“, sagen auch Theresa, Jacqueline und Sabine fast im Chor und lachen dann darüber. Ich grinse und grüße sie ebenfalls, versuche aber gleichzeitig zu verhindern, ihn nochmal anzusehen.
*Es ist mir egal! Es ist mir egal!*, wiederhole ich stillschweigend und atme mehrmals tief ein und aus. Dann geht es etwas besser und ich kann mich auf den ankommenden Zug konzentrieren.
Schnell steigen wir ein und sichern uns wie immer zwei Vierer-Plätze. Anders geht das auch nicht, wenn man zu sechst ist und jeder mit jedem reden will. Außerdem hat diese Sitzordnung den Vorteil, dass er nicht in meine Nähe kommt, was schon mal äußerst gut für meine Nerven ist.
Und obwohl die Zugfahrt ruhig verläuft und wir unseren üblichen Spaß haben, ist da doch etwas in meinem Hinterkopf. Ich weiß genau was es ist und dass sich dieses Gefühl nicht abstellen lässt regt mich wahnsinnig auf. Ich hasse es schwach zu sein und grade eben verliere ich sämtliche Kämpfe gegen mich selbst. Ich wusste ja nicht, dass meine Selbstbeherrschung SO schlecht ist.
Allerdings sind meine Schauspielkünste dafür umso besser. Niemand würde mir jemals anmerken, dass ich geistig völlig abwesend bin, so perfekt passe ich mich ins Gespräch ein. Ich weiß genau, wann ich wie reagieren muss ohne überhaupt zuzuhören. Jahrelange Perfektion.
Okay, das war übertrieben, genau genommen ist es nur ein Jahr. Ein Jahr voller verrückter Hoffnungen und Träume, von denen ich eigentlich gedacht hatte, sie erfolgreich verdrängt zu haben.
Aber wir müssen nur aus dem Zug steigen und schon verrenke ich mir wieder den Kopf nach ihm. Gut, dass ich so viel Übung habe, sonst würde ich wahrscheinlich gleich noch die Treppe runter oder rauf fallen, vor lauter schauen. Und dass er nur wenige Meter vor mir geht macht die Sache auch nicht besser.
*Reiß dich mal zusammen!*, denke ich mir und seufze dann leise. Zum Glück trennen sich unsere Wege hier, denn während er nach draußen geht und in der Kälte auf den Bus wartet mache ich es mir mit meinen Freundinnen lieber drinnen auf einigen Sitzen bequem.
Wahrscheinlich ist es auch gut, dass ich sitze. Meine Nerven sind jetzt schon zum Zerreißen gespannt und das nur, weil er wieder da ist. Und dabei ist es gerade mal halb acht. Das kann ja noch ein langer Tag werden.
Ich ärgere mich mal wieder über mich selbst und wende mich dann lieber dem Gespräch meiner Freundinnen zu. Meine Maskarade ist nämlich perfekt.
Geistert schon seit Wochen in meinem Kopf rum und wird jetzt aufgeschrieben. Ist irgendwie nicht so geworden wie ich wollte, aber es ist einmal ein Anfang.
Würde mich über Bewertungen freuen

lg