Bourrin
Der Aufsatz war ursprünglich für den Deutschunterricht (Schilderung) gedacht. Ich wollt mal fragen, wie ihr ihn findet.
Sonnenlicht war durch die offen stehende Balkontür geflutet und hatte helle Lichtflecken auf den golden schimmernden Parkettboden geworfen. Der fein gewebte Stoff des Vorhanges hatte sich sacht im Wind gebauscht und ihre Hand gestreift. Sie war da gestanden, in ihrem Sommerkleid, welches so blau wie der Himmel an diesem Tag gewesen war. Der alte, aus dunklem Eichenholz gefertigte Spiegel zeigte ihr kleines Zimmer verkehrt und setzte das Grübchen an ihrer Wange auf die falsche Seite. Die Frau, die sie anblickte, war ihr fremd.
So fremd, wie jenes Lachen, dass sie an diesem schicksalhaften Tag in eine andere Welt befördert hatte. Leise war sie auf ihren schmalen Balkon getreten. Das gusseiserne Geländer fühlte sich trotz der gleißenden Sonne kühl an. Das Lied der Stadt drang an ihr Ohr. Stimmengewirr, das Klappern von Pferdehufen und den Kutschen auf dem Kopfsteinpflaster, die anpreisenden Schreie vom nahem Markt, eine Melodie, zart und fein auf einer Flöte gespielt. Und inmitten von all diesem Trubel stand das fremde Lachen und sah in jenem Moment zu ihr auf, in dem sie zu ihm hinab sah. Ihre Blicke trafen sich und von nun an würde nichts mehr so sein, wie es gewesen war.
Zwei Tage danach erhielt sie den ersten Brief. Er war auf cremefarbenen Büttenpapier verfasst und fühlte sich warm und einschmeichelnd in ihrer Hand an. Sie wagte kaum, die erste Zeile mit der schönen, geschwungenen Handschrift zu lesen, doch schließlich hielt sie es nicht mehr aus.
Sie wusste, dass das fremde Lachen ihr diesen Brief geschrieben hatte. Sie wusste es mit der Sicherheit, mit der sich die Blätter an den Bäumen im Herbst gelb färbten. Es folgten weitere Briefe. Und mit jedem Brief stieg ihre Verzweiflung und ihre Sehnsucht nach dem fremden Lachen. Sie wusste, dass sie verlobt war. Sie wusste, dass sie nie und nimmer gehen könnte. Doch sie wollte sich nicht mit dem Gedanken abgeben, dass das fremde Lachen nur ein schöner Traum bleiben würde. „Warum?“ fragte sie sich immer wieder, immer wieder…
Ihre Verlobung wurde drei Tage nach dem nächsten Brief bekannt gegeben. Und es folgte eine letzte Botschaft:
Sie las nicht weiter. Konnte nicht weiter lesen. Ein schwerer, schwarzer Mantel umschloss ihr Herz und ließ sie nicht mehr atmen. Das Licht des Mondes ließ das kleine, gestreifte Sofa leuchten auf dem sie saß und verspiegelte das düstere Bild über ihrem Kopf. Es verfing sich in ihrem weißen Kleid und blieb dort hängen, als sie aufsprang und auf den Balkon hinauslief. Die Tränen auf ihren blassen Wangen fielen wie zerbrechliche Perlen auf das Kopfsteinpflaster unter ihr. Es war still in der schlafenden Stadt. Nur das flackernde Gaslicht der Straßenlaternen malte bedrohliche Schatten auf ihr steiniges Grab. Sie wankte, als sie auf dem eisigen Geländer stand, dem Tod so nah. „So also soll mein Leben enden?“, fragte sie leise den Wind, der den Geruch des fernen Meeres zu ihr trug. So also soll meine Geschichte aufhören? fragte sie in Gedanken die Nacht, die schon ihre dunklen, flüsternden Arme um sie schlang. Sie schloss die Augen und breitete die Arme aus, als könnte sie wie ein Vogel davon fliegen, fort von der dunklen Verzweiflung, die dort in ihrem kleinen Balkonzimmer und in all den erhaltenen Briefen auf sie lauerte. Sie hielt den Atem an. Ihre Tränen versiegten. Ihre Lippen öffneten sich zu einem stummen Schrei, der Wind bauschte ihr langes Kleid. Ihr Herz raste. Und plötzlich schlossen sich Arme um ihre Taille, starke Arme, die sie von dort oben fort zogen. Weinend sank sie in sich zusammen. Es war nicht das fremde Lachen, dass sie gerettet hatte. Es war ihr Verlobter, Josh. Er setzte sie sanft auf einen der beiden Teakholzstühle, mit den seidenen Bezügen. Er lehnte sich an die Wand, sein Gesicht lag im Schatten. „Warum?“ „Ich liebe ihn.“ „Wen?“ Seine Stimme war ausdruckslos. Zitternd hob Regina den letzten Brief auf und gab ihn Josh. Er stutzte. Sah sie an. Zweifelnd. Dann las er vor:
„Meines Herzens süße Trauer,
voll Leid, voll Kummer mir,
schon von allzu langer Dauer,
bin ich getrennt von dir.
So nehm´ ich meine Maske ab,
und zeig mich dir.
Dein Josh“
Und in diesem Moment verstand Regina. Die Blätter an dem Bäumen färbten sich im Herbst nicht nur gelb. Sondern auch rot.
Das fremde Lachen
Sonnenlicht war durch die offen stehende Balkontür geflutet und hatte helle Lichtflecken auf den golden schimmernden Parkettboden geworfen. Der fein gewebte Stoff des Vorhanges hatte sich sacht im Wind gebauscht und ihre Hand gestreift. Sie war da gestanden, in ihrem Sommerkleid, welches so blau wie der Himmel an diesem Tag gewesen war. Der alte, aus dunklem Eichenholz gefertigte Spiegel zeigte ihr kleines Zimmer verkehrt und setzte das Grübchen an ihrer Wange auf die falsche Seite. Die Frau, die sie anblickte, war ihr fremd.
So fremd, wie jenes Lachen, dass sie an diesem schicksalhaften Tag in eine andere Welt befördert hatte. Leise war sie auf ihren schmalen Balkon getreten. Das gusseiserne Geländer fühlte sich trotz der gleißenden Sonne kühl an. Das Lied der Stadt drang an ihr Ohr. Stimmengewirr, das Klappern von Pferdehufen und den Kutschen auf dem Kopfsteinpflaster, die anpreisenden Schreie vom nahem Markt, eine Melodie, zart und fein auf einer Flöte gespielt. Und inmitten von all diesem Trubel stand das fremde Lachen und sah in jenem Moment zu ihr auf, in dem sie zu ihm hinab sah. Ihre Blicke trafen sich und von nun an würde nichts mehr so sein, wie es gewesen war.
Zwei Tage danach erhielt sie den ersten Brief. Er war auf cremefarbenen Büttenpapier verfasst und fühlte sich warm und einschmeichelnd in ihrer Hand an. Sie wagte kaum, die erste Zeile mit der schönen, geschwungenen Handschrift zu lesen, doch schließlich hielt sie es nicht mehr aus.
„Oh weh, mein Herz, es ward verloren,
in jenem Augenblick,
als mich das Schicksal auserkoren,
und ich dich zum ersten Mal erblickt.“
in jenem Augenblick,
als mich das Schicksal auserkoren,
und ich dich zum ersten Mal erblickt.“
Sie wusste, dass das fremde Lachen ihr diesen Brief geschrieben hatte. Sie wusste es mit der Sicherheit, mit der sich die Blätter an den Bäumen im Herbst gelb färbten. Es folgten weitere Briefe. Und mit jedem Brief stieg ihre Verzweiflung und ihre Sehnsucht nach dem fremden Lachen. Sie wusste, dass sie verlobt war. Sie wusste, dass sie nie und nimmer gehen könnte. Doch sie wollte sich nicht mit dem Gedanken abgeben, dass das fremde Lachen nur ein schöner Traum bleiben würde. „Warum?“ fragte sie sich immer wieder, immer wieder…
Ihre Verlobung wurde drei Tage nach dem nächsten Brief bekannt gegeben. Und es folgte eine letzte Botschaft:
„Meines Herzens süße Trauer,
voll Leid, voll Kummer mir,
und schon von allzu langer Dauer,
bin ich getrennt von dir…“
voll Leid, voll Kummer mir,
und schon von allzu langer Dauer,
bin ich getrennt von dir…“
Sie las nicht weiter. Konnte nicht weiter lesen. Ein schwerer, schwarzer Mantel umschloss ihr Herz und ließ sie nicht mehr atmen. Das Licht des Mondes ließ das kleine, gestreifte Sofa leuchten auf dem sie saß und verspiegelte das düstere Bild über ihrem Kopf. Es verfing sich in ihrem weißen Kleid und blieb dort hängen, als sie aufsprang und auf den Balkon hinauslief. Die Tränen auf ihren blassen Wangen fielen wie zerbrechliche Perlen auf das Kopfsteinpflaster unter ihr. Es war still in der schlafenden Stadt. Nur das flackernde Gaslicht der Straßenlaternen malte bedrohliche Schatten auf ihr steiniges Grab. Sie wankte, als sie auf dem eisigen Geländer stand, dem Tod so nah. „So also soll mein Leben enden?“, fragte sie leise den Wind, der den Geruch des fernen Meeres zu ihr trug. So also soll meine Geschichte aufhören? fragte sie in Gedanken die Nacht, die schon ihre dunklen, flüsternden Arme um sie schlang. Sie schloss die Augen und breitete die Arme aus, als könnte sie wie ein Vogel davon fliegen, fort von der dunklen Verzweiflung, die dort in ihrem kleinen Balkonzimmer und in all den erhaltenen Briefen auf sie lauerte. Sie hielt den Atem an. Ihre Tränen versiegten. Ihre Lippen öffneten sich zu einem stummen Schrei, der Wind bauschte ihr langes Kleid. Ihr Herz raste. Und plötzlich schlossen sich Arme um ihre Taille, starke Arme, die sie von dort oben fort zogen. Weinend sank sie in sich zusammen. Es war nicht das fremde Lachen, dass sie gerettet hatte. Es war ihr Verlobter, Josh. Er setzte sie sanft auf einen der beiden Teakholzstühle, mit den seidenen Bezügen. Er lehnte sich an die Wand, sein Gesicht lag im Schatten. „Warum?“ „Ich liebe ihn.“ „Wen?“ Seine Stimme war ausdruckslos. Zitternd hob Regina den letzten Brief auf und gab ihn Josh. Er stutzte. Sah sie an. Zweifelnd. Dann las er vor:
„Meines Herzens süße Trauer,
voll Leid, voll Kummer mir,
schon von allzu langer Dauer,
bin ich getrennt von dir.
So nehm´ ich meine Maske ab,
und zeig mich dir.
Dein Josh“
Und in diesem Moment verstand Regina. Die Blätter an dem Bäumen färbten sich im Herbst nicht nur gelb. Sondern auch rot.