Emma_Sheltie
ja, des is die wettbewerb-version von meiner 1.geschichte:
Ist das alles was du kannst?!
Er könnte mich angrinsen. Ich hatte keine Vorstellung, wie der Junge aussah, nur den Namen. Hawaii-boy. Wie er wohl aussieht? Vielleicht ein blondhaariger Junge mit großen blauen Augen, die in meine Augen sehen könnten. Vielleicht werde ich ihn ansehen, er einen Arm um mich legen und ich ein Kribbeln im Bauch fühlen. Da werde ich seine Hand nehmen und ihn auf eine kleine Bühne führen. Seine große Hand wird sich so warm anfühlen in meiner kleinen zittrigen.
Werden wir uns je kennen- und lieben lernen?
Die leise Musik erfüllte den kalten fensterlosen Raum, langsam schwebten wir über den Boden, und ich lag in Dennis’ Armen während er mich durch den Raum führte. Die Musik wurde lauter und geräuschvoller, ich lebte in diesem Song und tanzte rhytmusvoll mit.
Da hörte ich Stöckelschuhe und abrupt brach die Musik ab.
„Lass die Arme nicht so hängen! Mehr Körperspannung! Nancy, was ist denn los mit dir? Du bist doch sonst nie so unkonzentriert wie in letzter Zeit…“ Das war Violetta, eine hochgewachsene, sportliche Dame, die meine Tanzlehrerin ist und mich damit aus meinen Gedanken riss. Ich rannte in die Umkleidekabine um einen Schluck Wasser zu trinken. Mein Kopf war heiß und doch war mir kalt, ich griff nach meiner Jacke und legte sie um meine Schultern. Ein Blick auf die Uhr und sofort wusste ich, dass wir jetzt schon über 3 Stunden tanzen mussten. Nun hatte ich einfach keine Power mehr. Ich wollte nur noch nach Hause. Die Tür ging auf, und Violetta kam hereinspaziert. „Nancy? Geht es dir nicht gut?“ Mein Hals war trocken und ich hatte keine Lust zu antworten. Ich starrte weiterhin den Boden an und beachtete sie nicht weiter. „Ok, macht Schluss für heute. Ich sehe ja, dass es dir nicht gut geht. Sag’ mir morgen einfach Bescheid, wenn du nicht mehr kannst, dann melde ich euch einfach beim Tanzwettbewerb ab.“ Ihre ruhige Art brachte sie nicht mehr wirklich rüber, ich hörte nur ein Fragezeichen in ihrer Stimme. Unsicher stand ich auf und packte meine Sachen zusammen. Langsam schlich ich raus, doch ich hörte Schritte hinter mir.
Ich beschleunigte meine Schritte, um möglichst schnell nach Hause zu kommen. Wie die letzten Tage schon wollte ich auch heute wieder an meinen Computer, um mit diesem Hawaii-boy zu chatten. Doch ich hatte das Gefühl, dass ich heute erst noch einmal Frage und Antwort stehen musste… „Nancy?“ Mein Bauch kribbelte, als ich Dennis’ Stimme erkannte. Er war so gutmütig und aufmerksam, er merkte immer, wenn es einem schlecht ging. „Willst du reden?“ Ich wollte reden, aber nicht mit ihm. Nicht heute. Nicht jetzt. Ich schloss meine Augen und drehte mich auf dem Absatz um. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich Dennis direkt in die Augen. Er sah besorgt aus. Sollte ich ihm doch die Wahrheit sagen? Sollte ich ihm sagen, dass ich mich in einen Typen aus dem Internet verliebt habe? „Dennis… Ich hab keine Zeit, ich muss lernen, du weißt doch selber, wie anstrengend des Gymnasium ist…“, log ich. Anstrengend war es zwar, doch ich lernte nicht viel. Schule war für mich eigentlich nie wirklich wichtig gewesen. Gute Noten waren toll, aber die schrieb ich auch ohne großartiges Lernen. „Ok, dann begleite ich dich wenigstens ein Stück“ Will der etwa so was aus mir rausbekommen?? Doch er merkte anscheinend meine Unsicherheit und fügte erklärend noch hinzu: „Ich muss noch kurz in die Stadt.“ Ich nickte, wenn auch nicht wirklich sehr erfreut… Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung und Dennis folgte mir. Hoffentlich wirkte ich entspannt!! Er durfte mir nichts anmerken. Als könnte er meine Gedanken lesen, sagte er: „Nancy, du kannst mir nichts vormachen. Was ist mit dir los?“ Ich schluckte. Oh nein!! Er kennt mich einfach zu gut!! „Ich hab einfach einen Durchhänger. Sowas hat doch jeder mal!“, verteidigte ich mich. Doch sehr überzeugend klang ich nicht. Das war kein normaler Durchhänger. War das denn mit 13 überhaupt normal? „Ach komm!! Du weißt, dass ich dir das nicht glaube. Hättest du dich gerade das sagen gehört, hättest du des auch nie und nimmer geglaubt!! Ich dachte, du tanzt so gerne… Davon sehe ich zur Zeit nichts… Rein gar nichts!!“ Darauf hatte ich keine Antwort… Das wusste ich selber, aber warum das so war, auch. „Man, ich weiß es doch auch nicht…“ Warum log ich ihn an? Man, er würde mir zuhören und mir fällt nichts besser ein, als ihn anzulügen!! „Süße, ich mach mir langsam echt Sorgen um dich!! Du kannst mit allem zu mir kommen, ok?? Das weißt du doch, oder?? Ich bin immer für dich da, wenn du mich mal brauchst, und so natürlich auch!!“ Ich nickte. Er bot mir Hilfe an. Wow! Er ist so nett und verständnisvoll und ich lüg ihn einfach an. Ich hätte mich ohrfeigen können. „Komm doch mit zu mir, dann können wir reden. Oder ist es wegen mir??“ Oh nein! Jetzt glaubte der schon, er sei Schuld!! „Nee! Ich muss noch kurz zu Antalia.“ Ich verabschiedete mich und wollte so schnell wie möglich weg. Man! Warum musste ich denn vor allem und jedem flüchten?? Ich bin so doof!! Dennis verfolgte mich. „Nancy? Ist es wirklicht nicht wegen mir? Der Teil dürfte doch nicht schwierig sein, für eine Tänzerin wie dich. Du bist doch so gut. Was ist los?“ Ich atmete tief durch: „Nein, es ist nichts mit dir. Das musst du mir einfach glauben!“ Den Tränen nahe, drehte ich mich um und bog in die Straße ein, in der Antalia wohnte. Wenn ich jetzt nämlich nicht gegangen wäre, dann hatte ich alles ausgeplaudert, denn mein schlechtes Gewissen plagte mich jetzt schon. Trotzdem musste ich mich noch einmal umsehen und sah ihm hinterher. Ich redete mir gut zu, dass ich einem Jungen doch nicht einfach sagen könne, dass ich mich verliebt habe… Nachdenklich schlürfte ich an Antalia’s Haus vorbei. Vielleicht könnte sie mir helfen?? Sie wusste doch immer alles. Doch ich verwarf den Gedanken und eilte nach Hause. Zu Hause angekommen, begrüßte ich meine Mutter kurz und stieg dann die Treppe zu meinem Zimmer hoch. Im Unterbewusstsein schaltete ich meinen PC an und vergaß dann auch meine Hausaufgaben. Seit Tagen schon hatte ich jetzt nie Hausaufgaben gemacht, aber das war nicht weiter schlimm, weil in zwei Wochen eh die Sommerferien begannen.
Auf dem Bildschirm meldete mein PC mich in icq an. Mein Herz schlug höher, als ich den Namen von Hawaii-boy las. Aufgeregt schrieb ich ihn an. Auf die Frage: „wie geht’s?“, hat er geantwortet: „shit“. Ich dachte natürlich, dass er mich vermisst, aber ich lag falsch. Er antwortete mir, dass ich Vergangenheit sei und dass er mehr wollte, als nur reden und Eis essen. Traurig schloß ich das Nachrichten-fenster und verab-schiedete mich mit einem „NIEmehrwieder-sehen!“
Erst nach einer Weile realisierte ich, was er wirklich geschrieben hatte. Schon liefen Tränen über meine Wangen und ich vergrub mein Gesicht in meinen Hand. Ich empfing eine Nachricht in icq, doch ich ignorierte es. Hatte es einen Sinn, jetzt mit jemanden zu schreiben? Mehrmals wurde ich angeschrieben, bis ich endlich die Nachrichten las. Es war Dennis, der mich fragte, wie es mir geht. Schlecht geht es mir, dachte ich genervt. Aber ich schrieb genau das Gegenteil. Beruhigt darüber, nervte mich Dennis jetzt nicht weiter. Mit schnellen Handbewegungen setzte ich meinen Status auf beschäftigt und schmiss mich aufs Bett. Meine Gedanken erinnerten mich wieder daran, dass Hawaii-boy nichts mehr von mir wissen wollte und ich fing an, zu weinen. Was sollte ich denn jetzt tun? Sollte ich Antalia anrufen, oder lieber Dennis? Ich wählte schon Dennis’ Nummer, doch mutlos ließ ich mein Handy wieder sinken. Was sollte ich ihm denn bitte erzählen? Es hätte keinen Sinn gehabt! Wie sollte ein Junge so was denn verstehen können? Nur Mädchen sind doch so dumm und verlieben sich in einen Nicknamen, oder? Aus Verzweiflung schluckte ich die Schlaftablette, die meine Mutter mir gestern Abend gegeben hatte, weil ich nicht einschlafen konnte, aber ich hatte sie dann doch nicht gebraucht. Selig schlief ich ein und träumte davon, dass Hawaii-boy und ich uns küssen und wie wir zusammen glücklich sind.
Plötzlich hörte ich entfernte Stimmen. Doch ich war zu schwach, um meine Augen zu öffnen. „Nancy, seit wann schläfst du denn am Nachmittag?“ Als ich meine Mutter erkannte, öffnete ich langsam meine Augen und erklärte kurz: „Ich bin anscheinend eingeschlafen, weil die Schule so stressig war… Und ich hab’ gestern ja nicht wirklich gut geschlafen und so…“ Dann war ich zu müde um weiter zu sprechen. Sie streichelte meinen Kopf und meinte: „Schon okay, aber es ist schon halb 4 und du hast noch keine Hausaufgaben wie’s aussieht, oder?“ Sie betrachtete mich näher und fügte dann hinzu: „Hast du geweint?“ Aufmerksam rieb ich über meine Augen und überlegte, ob ich es ihr sagen sollte, aber ich entschied mich dagegen. Möglichst lässig antwortete ich: „Ähm, eigentlich nicht… Vielleicht hatte ich einen Alptraum oder so… Ach und die Hausaufgaben habe ich schon angefangen, aber ich check’s halt nicht! Denkst du, ich könnte zu Dennis gehen und ihn fragen, ob er mir hilft?“ Erstaunt über meinen Eifer, den ich nicht nur spielte, an den Hausaufgaben, nickte sie freundlich und schickte mich los.
Mit meinem Schulranzen auf dem Rücken ging ich zu Dennis’ Haus, von dem Dennis auch gerade herauskam. „Willst du zu mir?“ Nickend gestand ich: „Ich versteh’ die Hausis doch nicht… Kannst du mir vielleicht helfen?“ Dennis grinste schelmisch und ich wusste, dass er mir das nicht wirklich abnahm. „Also eigentlich wollte ich ja jetzt zu Daniel, aber ich helfe dir gerne. Ich ruf’ ihn kurz an, wenn wir oben sind, okay?“ Wir gingen nach oben und ich wartete, bis Dennis Daniel erreichte und mit ihm redete. Anscheinend dachte Daniel, dass wir zusammen sind, denn Dennis widersprach ihm lachend. Dann legte Dennis auf und kam zu mir. „Also, du willst Hausaufgaben machen? Oder willst auch reden?“ Ich antwortete nicht, sondern holte nur mein Schulzeug raus. Ich zeigte Dennis meine Mathehausi und er begann, mir die Aufgabe zu erklären. Ich verstand auch alles und nachdem die Aufgaben gelöst waren, flüsterte ich, dass ich jetzt gehen müsste. Nach diesen Worten ließ ich ihn stehen und er verabschiedete sich von mir. Als ich mir sicher war, dass niemand mich sah, wechselte ich in ein schnelleres Tempo. Meine Gedanken wanderten zum bevorstehenden Tanzwettbewerb. Oh nein, den hatte ich ja ganz vergessen! Wie sollten wir den denn gewinnen, wenn ich so schlecht tanzte? Ich dachte, es wäre besser, aufzuhören zu tanzen, doch das hätte ich nicht über mein Herz gebracht. Ich müsste täglich üben, wenn ich wieder besser sein wollte. Ich dachte daran, wie wir beim Wettbewerb abloosen würden und sah mich schon auf der Bühne miserabel tanzen. Und da tanzte ich dann einfach los. Einfach so, auf der Straße! Es machte mir Spaß und ich brachte meine ganzen Gedanken in den Tanz. Meine Beine trugen mich mit Leichtigkeit, ich vergaß alle meine Probleme dabei!! Es klappte richtig gut, doch als meine Gedanken wieder Herr über mein Gehirn wurden, hörte ich auf zu tanzen und musste einsehen, dass wir den Wettbewerb wohl verlieren würden.
Ich lag in meinem Bett und konnte wieder nicht einschlafen. Schließlich entschloss ich mich doch dazu, ein paar Schlaftabletten zu nehmen und schlief kurz darauf auch ein.
Als ich aufwachte schien die Sonne schon in mein Zimmer. Ich zog mich an und fragte meine Mutter, ob heute keine Schule ist. „Ich habe dich für heute abgemeldet, weil du ja morgen den Tanzwettbewerb hast und heute üben und dich entspannen musst. Das ist doch bestimmt nicht schlimm, oder?“ Erleichtert schüttelte ich den Kopf und frühstückte genüsslich. Dann übte ich und um 13 Uhr rief ich sofort Dennis an und fragte wegen dem Üben. Wir trafen uns um 14 Uhr vor seinem Haus und gingen gemeinsam zur Turnhalle.
In der Tanzstunde klappte an diesem Tag nichts, überhaupt nichts. Ich hatte richtigen Liebeskummer wegen Hawaii-boy und konnte nur an ihn denken. Jede Berührung von Dennis ließ mich zittern und ich konnte mich einfach nicht zusammenraufen. Wir mussten wieder vorzeitig aufhören und Violetta meinte, wir sollten uns jetzt einfach entspannen und wir würden das morgen schon schaffen. Ich war zwar dagegen, aber gegen sie wollte ich nicht widersprechen. Ich war ziemlich enttäuscht über mich und hoffte darauf, dass Dennis mich heute in Ruhe ließ. Doch er fragte wieder nach und da erzählte ich ihm alles von gestern, was passiert war und weswegen ich so schlecht tanzte und so unkonzentriert war. „Na dann vergiss diesen Typen doch einfach!! Das ist doch ein Arsch, wenn der dich nicht mag! Du bist so nett und hübsch, so einer hätte dich doch nicht verdient! Ich verstehe dich, wirklich. Komm doch mit zu mir, dann können wir ein bisschen reden und vielleicht auch üben…“ Gerne nahm ich diese Einladung an und begleitete ihn zu ihm nach Hause. Zusammen übten wir den Tanz erneut und ich fühlte seine Berührungen, doch ich unterdrückte mein zittern. Es klappte sogar ganz okay, wenn auch nicht gut. Dennis hörte mir aufmerksam zu, während ich ihm beim Tanzen von meinen Problemen und Gedanken erzählte. Ich erzählte ihm alles, vom Treffen, vom Kuss, einfach alles. Es tat gut, dass mir endlich mal jemand zuhörte und mir versuchte zu helfen. Ich hörte nicht auf zu reden, weil es schon eine Ewigkeit her war, seit mir jemand so zuhörte. In meinen Augen bildeten sich Tränen. Sanft nahm er mich in den Arm und versuchte, mich zu trösten. Was war mit mir los? Ich verstand mich selbst nicht, ich weinte, ohne Grund. Aber bei Dennis fühlte ich mich geborgen, und er war der einzige, der mich wirklich verstand und nicht nur so tat.
Ich zeigte Violetta, dass ich es doch konnte und sie war einverstanden mit der Anmeldung. Ich hatte mich angestrengt, um ihr zu beweisen, dass ich es konnte.
Zu Hause legte ich mich richtig nervös auf mein Bett und dachte nach. Sollte ich Violetta anrufen, und ihr sagen, dass sie uns doch nicht anmelden durfte?? Was sollte ich nur tun, um mich zu beruhigen und wieder mit Konzentration bei der Sache zu sein?? Mit weichen Knien schlich ich zum Medikamenten-Schränkchen und nahm mit zittrigen Händen ein paar Tabletten aus deren Packungen. Zur Beruhigung nahm ich zwei oder drei Beruhigungstabletten und ein paar andere, die die Konzentration fördern sollten. Dann legte ich mich schlafen.
Plötzlich klingelte mein Telefon und ich wachte auf. Alles war vor meinem Augen verschwommen und ich fühlte mich schwummrig. Ich nahm ab und musste mich sofort setzen, um nicht umzukippen. Doch irgendwie fühlte ich mich besser als gestern. „Huhu, ist da jemand?“, fragte eine Stimme. Erst nach längerem Überlegen wurde mir bewusst, dass diese Stimme aus dem Telefon kam. Ich machte ein leises „mhm“ und dann hörte ich wieder diese Stimme. „Hey, was ist los mit dir? Hast du schlechte Verbindung?“ Ich wusste nicht, wer mein Gegenüber war, doch ich sagte die Wahrheit: „Nee, mir geht’s nicht gut.“ – „Achso, was hast du denn, Kleine??“ Erst an dem „Kleine“ erkannte ich, dass es Dennis’ Stimme war. „Tabletten…“ Das Wort musste für diesen Moment genug sein. Mein Mund war zu ausgetrockent und fühlte sich an wie zusammengeklebt.
Ich hätte diese Tabletten nie nehmen dürfen, schoss es mir durch den Kopf. Mein ganzer Körper zitterte und ich nahm Dennis’ Stimme nicht mehr wahr. „Nancy! Hörst du mich nicht??“ Upps, ich sollte vielleicht besser zuhören, wenn ich telefonierte… „Äh, doch. Ich kann nur kaum reden, ich fühle mich wie gelähmt.“ Ich legte meinen Kopf auf mein Kopfkissen, denn ich konnte mich kaum mehr aufrecht halten. „Was hast du denn gemacht??“ Mir war klar, dass ich jetzt nicht lügen durfte. „Irgendwelche Tabletten genommen…“ Geschockt realisierte ich, dass ich gar nicht wusste, was ich genommen hatte!! „Was?? Welche denn??“ Ich wusste selbst keine Antwort auf diese Frage, nur ungefähr wie viele es waren. „Keine Ahnung, vier oder fünf… Beruhigungstabletten und was anderes…“ Ich legte auf. Ich konnte nicht reden, musste einfach nur schlafen… Mir war schlecht und mein Kopf brummte.
„Nancy, wach doch auf! Heute ist doch der Tanzwettbewerb!“ Das war meine Mutter. Ich öffnete meine Augen und fühlte mich elend. „Wie viel Uhr ist es denn?“, wollte ich wissen. „Es ist jetzt halb acht… Also solltest du langsam aufstehen. Ich dachte, du bist schon auf, deswegen bin ich jetzt erst gekommen. Naja, also steh’ lieber mal auf!“ Ich schluckte. Halb acht Uhr schon. Ich schwang mich aus meinem Bett, putzte meine Zähne so sauber wie es nur ging, zog meinen Trainingsanzug an und packte mein schwarzes Glitzerkleid ein. Meine schwarzen Tanz-Stöckelschuhe packte ich auch noch ein und dann aß ich noch kurz ein Müsli und dann fuhr mich meine Mutter zur Halle, in der der Wettbewerb stattfinden sollte. Dennis wartete bereits in einem schicken schwarzen Anzug und schwarzen Schuhen. Seine Haare hatte er zu einer Igelfrisur gegelt. Er half mir in mein Kleid und in meine Schuhe und während ich mich schminkte, kämmte er meine Haare. Dann kam er auf seinen Anruf zurück. „Du hast wirklich Tabletten geschluckt?“ Ich nickte betreten und schluckte Tränen herunter, damit meine Schminke nicht verschmierte. „Okay, ich will ja nicht, dass du jetzt weinst, wegen deiner Schminke und so, aber: warum hast du das gemacht??“ Ich wusste es nicht wirklich… Das sagte ich ihm auch und er verschob das Thema auf nach dem Wettbewerb. Ich ging den Tanz noch mal in Gedanken durch und plötzlich hatte ich ein völliges Blackout. Was kommt denn als erstes? Und was kommt danach? Scheiße, ich kann das einfach nicht!
Doch da wurden wir schon aufgerufen. „So, und jetzt kommt ein ganz süßes Pärchen: Dennis mit seiner reizenden Partnerin Nancy!!“ Dennis umfasste meine Hand und ich versuchte, das Publikum zu ignorieren. Er führte mich auf die Bühne und ich zitterte. Auch er zitterte ein bisschen, aber nicht stark. Die Musik setzte ein und wir fingen an zu tanzen. Ich zitterte immer mehr und tanzte total falsch. Du kannst das, Nancy!! Du kannst das… nicht!!!! Die Tabletten machten mich schlapp, ich tanzte wie eine alte Omi. Dennis stieg voll darauf ein und wir tanzten total verrückt und ohne jenen Plan. So verlieren wir hochhaus, aber wenigstens hatten wir Spaß dabei!! Dennis ließ sich nichts anmerken, dass er wirklich verwundert war. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie war dann endlich die Musik aus.
Wir haben den Wettbewerb natürlich nicht gewonnen. Nach diesem Wettbewerb hat Violetta nur gesagt: „Das war alles was du kannst?! Dann brauchst du nicht mehr zu mir zu kommen, wenn du dich nicht mal bei einem Wettbewerb anstrengst!“ Auch meine Eltern meinten: „Wenn das alles ist, was du kannst, dann zahlen wir dir kein Geld mehr für etwas, was du nicht mal ernst nimmst!“ Niedergeschmettert war ich nach Hause gegangen. Ich konnte natürlich nicht schlafen, ich dachte immer nur an den Wettbewerb. Ich saß die ganze Zeit vor meinem PC und chattete mit meiner besten Freundin und erzählte ihr von dem miserablen Auftritt und bemitleidete mich. Irgendwann so um zwei Uhr schrieb mich Dennis kurz an: „Darf ich vorbeikommen?“ Ich antwortete mit „ja“ und er versprach, sofort vorbeizukommen. Er hatte nichts zu unserem Auftritt gesagt.
Um zehn nach zwei landete ein Stein an meinem Fenster. Ich schlich nach unten und öffnete Dennis die Tür. Wir schlichen wieder zu mir nach oben, wo niemand außer mir wohnte. Erst dann begrüßte er mich. „Hey, hast du dich wieder mit deinen Eltern vertragen?“ Das hatte ich nicht und ich verneinte seine Frage und fügte noch hinzu: „Die waren ja nie jung!“
weiter auf seite 3
Ist das alles was du kannst?!
Er könnte mich angrinsen. Ich hatte keine Vorstellung, wie der Junge aussah, nur den Namen. Hawaii-boy. Wie er wohl aussieht? Vielleicht ein blondhaariger Junge mit großen blauen Augen, die in meine Augen sehen könnten. Vielleicht werde ich ihn ansehen, er einen Arm um mich legen und ich ein Kribbeln im Bauch fühlen. Da werde ich seine Hand nehmen und ihn auf eine kleine Bühne führen. Seine große Hand wird sich so warm anfühlen in meiner kleinen zittrigen.
Werden wir uns je kennen- und lieben lernen?
Die leise Musik erfüllte den kalten fensterlosen Raum, langsam schwebten wir über den Boden, und ich lag in Dennis’ Armen während er mich durch den Raum führte. Die Musik wurde lauter und geräuschvoller, ich lebte in diesem Song und tanzte rhytmusvoll mit.
Da hörte ich Stöckelschuhe und abrupt brach die Musik ab.
„Lass die Arme nicht so hängen! Mehr Körperspannung! Nancy, was ist denn los mit dir? Du bist doch sonst nie so unkonzentriert wie in letzter Zeit…“ Das war Violetta, eine hochgewachsene, sportliche Dame, die meine Tanzlehrerin ist und mich damit aus meinen Gedanken riss. Ich rannte in die Umkleidekabine um einen Schluck Wasser zu trinken. Mein Kopf war heiß und doch war mir kalt, ich griff nach meiner Jacke und legte sie um meine Schultern. Ein Blick auf die Uhr und sofort wusste ich, dass wir jetzt schon über 3 Stunden tanzen mussten. Nun hatte ich einfach keine Power mehr. Ich wollte nur noch nach Hause. Die Tür ging auf, und Violetta kam hereinspaziert. „Nancy? Geht es dir nicht gut?“ Mein Hals war trocken und ich hatte keine Lust zu antworten. Ich starrte weiterhin den Boden an und beachtete sie nicht weiter. „Ok, macht Schluss für heute. Ich sehe ja, dass es dir nicht gut geht. Sag’ mir morgen einfach Bescheid, wenn du nicht mehr kannst, dann melde ich euch einfach beim Tanzwettbewerb ab.“ Ihre ruhige Art brachte sie nicht mehr wirklich rüber, ich hörte nur ein Fragezeichen in ihrer Stimme. Unsicher stand ich auf und packte meine Sachen zusammen. Langsam schlich ich raus, doch ich hörte Schritte hinter mir.
Ich beschleunigte meine Schritte, um möglichst schnell nach Hause zu kommen. Wie die letzten Tage schon wollte ich auch heute wieder an meinen Computer, um mit diesem Hawaii-boy zu chatten. Doch ich hatte das Gefühl, dass ich heute erst noch einmal Frage und Antwort stehen musste… „Nancy?“ Mein Bauch kribbelte, als ich Dennis’ Stimme erkannte. Er war so gutmütig und aufmerksam, er merkte immer, wenn es einem schlecht ging. „Willst du reden?“ Ich wollte reden, aber nicht mit ihm. Nicht heute. Nicht jetzt. Ich schloss meine Augen und drehte mich auf dem Absatz um. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich Dennis direkt in die Augen. Er sah besorgt aus. Sollte ich ihm doch die Wahrheit sagen? Sollte ich ihm sagen, dass ich mich in einen Typen aus dem Internet verliebt habe? „Dennis… Ich hab keine Zeit, ich muss lernen, du weißt doch selber, wie anstrengend des Gymnasium ist…“, log ich. Anstrengend war es zwar, doch ich lernte nicht viel. Schule war für mich eigentlich nie wirklich wichtig gewesen. Gute Noten waren toll, aber die schrieb ich auch ohne großartiges Lernen. „Ok, dann begleite ich dich wenigstens ein Stück“ Will der etwa so was aus mir rausbekommen?? Doch er merkte anscheinend meine Unsicherheit und fügte erklärend noch hinzu: „Ich muss noch kurz in die Stadt.“ Ich nickte, wenn auch nicht wirklich sehr erfreut… Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung und Dennis folgte mir. Hoffentlich wirkte ich entspannt!! Er durfte mir nichts anmerken. Als könnte er meine Gedanken lesen, sagte er: „Nancy, du kannst mir nichts vormachen. Was ist mit dir los?“ Ich schluckte. Oh nein!! Er kennt mich einfach zu gut!! „Ich hab einfach einen Durchhänger. Sowas hat doch jeder mal!“, verteidigte ich mich. Doch sehr überzeugend klang ich nicht. Das war kein normaler Durchhänger. War das denn mit 13 überhaupt normal? „Ach komm!! Du weißt, dass ich dir das nicht glaube. Hättest du dich gerade das sagen gehört, hättest du des auch nie und nimmer geglaubt!! Ich dachte, du tanzt so gerne… Davon sehe ich zur Zeit nichts… Rein gar nichts!!“ Darauf hatte ich keine Antwort… Das wusste ich selber, aber warum das so war, auch. „Man, ich weiß es doch auch nicht…“ Warum log ich ihn an? Man, er würde mir zuhören und mir fällt nichts besser ein, als ihn anzulügen!! „Süße, ich mach mir langsam echt Sorgen um dich!! Du kannst mit allem zu mir kommen, ok?? Das weißt du doch, oder?? Ich bin immer für dich da, wenn du mich mal brauchst, und so natürlich auch!!“ Ich nickte. Er bot mir Hilfe an. Wow! Er ist so nett und verständnisvoll und ich lüg ihn einfach an. Ich hätte mich ohrfeigen können. „Komm doch mit zu mir, dann können wir reden. Oder ist es wegen mir??“ Oh nein! Jetzt glaubte der schon, er sei Schuld!! „Nee! Ich muss noch kurz zu Antalia.“ Ich verabschiedete mich und wollte so schnell wie möglich weg. Man! Warum musste ich denn vor allem und jedem flüchten?? Ich bin so doof!! Dennis verfolgte mich. „Nancy? Ist es wirklicht nicht wegen mir? Der Teil dürfte doch nicht schwierig sein, für eine Tänzerin wie dich. Du bist doch so gut. Was ist los?“ Ich atmete tief durch: „Nein, es ist nichts mit dir. Das musst du mir einfach glauben!“ Den Tränen nahe, drehte ich mich um und bog in die Straße ein, in der Antalia wohnte. Wenn ich jetzt nämlich nicht gegangen wäre, dann hatte ich alles ausgeplaudert, denn mein schlechtes Gewissen plagte mich jetzt schon. Trotzdem musste ich mich noch einmal umsehen und sah ihm hinterher. Ich redete mir gut zu, dass ich einem Jungen doch nicht einfach sagen könne, dass ich mich verliebt habe… Nachdenklich schlürfte ich an Antalia’s Haus vorbei. Vielleicht könnte sie mir helfen?? Sie wusste doch immer alles. Doch ich verwarf den Gedanken und eilte nach Hause. Zu Hause angekommen, begrüßte ich meine Mutter kurz und stieg dann die Treppe zu meinem Zimmer hoch. Im Unterbewusstsein schaltete ich meinen PC an und vergaß dann auch meine Hausaufgaben. Seit Tagen schon hatte ich jetzt nie Hausaufgaben gemacht, aber das war nicht weiter schlimm, weil in zwei Wochen eh die Sommerferien begannen.
Auf dem Bildschirm meldete mein PC mich in icq an. Mein Herz schlug höher, als ich den Namen von Hawaii-boy las. Aufgeregt schrieb ich ihn an. Auf die Frage: „wie geht’s?“, hat er geantwortet: „shit“. Ich dachte natürlich, dass er mich vermisst, aber ich lag falsch. Er antwortete mir, dass ich Vergangenheit sei und dass er mehr wollte, als nur reden und Eis essen. Traurig schloß ich das Nachrichten-fenster und verab-schiedete mich mit einem „NIEmehrwieder-sehen!“
Erst nach einer Weile realisierte ich, was er wirklich geschrieben hatte. Schon liefen Tränen über meine Wangen und ich vergrub mein Gesicht in meinen Hand. Ich empfing eine Nachricht in icq, doch ich ignorierte es. Hatte es einen Sinn, jetzt mit jemanden zu schreiben? Mehrmals wurde ich angeschrieben, bis ich endlich die Nachrichten las. Es war Dennis, der mich fragte, wie es mir geht. Schlecht geht es mir, dachte ich genervt. Aber ich schrieb genau das Gegenteil. Beruhigt darüber, nervte mich Dennis jetzt nicht weiter. Mit schnellen Handbewegungen setzte ich meinen Status auf beschäftigt und schmiss mich aufs Bett. Meine Gedanken erinnerten mich wieder daran, dass Hawaii-boy nichts mehr von mir wissen wollte und ich fing an, zu weinen. Was sollte ich denn jetzt tun? Sollte ich Antalia anrufen, oder lieber Dennis? Ich wählte schon Dennis’ Nummer, doch mutlos ließ ich mein Handy wieder sinken. Was sollte ich ihm denn bitte erzählen? Es hätte keinen Sinn gehabt! Wie sollte ein Junge so was denn verstehen können? Nur Mädchen sind doch so dumm und verlieben sich in einen Nicknamen, oder? Aus Verzweiflung schluckte ich die Schlaftablette, die meine Mutter mir gestern Abend gegeben hatte, weil ich nicht einschlafen konnte, aber ich hatte sie dann doch nicht gebraucht. Selig schlief ich ein und träumte davon, dass Hawaii-boy und ich uns küssen und wie wir zusammen glücklich sind.
Plötzlich hörte ich entfernte Stimmen. Doch ich war zu schwach, um meine Augen zu öffnen. „Nancy, seit wann schläfst du denn am Nachmittag?“ Als ich meine Mutter erkannte, öffnete ich langsam meine Augen und erklärte kurz: „Ich bin anscheinend eingeschlafen, weil die Schule so stressig war… Und ich hab’ gestern ja nicht wirklich gut geschlafen und so…“ Dann war ich zu müde um weiter zu sprechen. Sie streichelte meinen Kopf und meinte: „Schon okay, aber es ist schon halb 4 und du hast noch keine Hausaufgaben wie’s aussieht, oder?“ Sie betrachtete mich näher und fügte dann hinzu: „Hast du geweint?“ Aufmerksam rieb ich über meine Augen und überlegte, ob ich es ihr sagen sollte, aber ich entschied mich dagegen. Möglichst lässig antwortete ich: „Ähm, eigentlich nicht… Vielleicht hatte ich einen Alptraum oder so… Ach und die Hausaufgaben habe ich schon angefangen, aber ich check’s halt nicht! Denkst du, ich könnte zu Dennis gehen und ihn fragen, ob er mir hilft?“ Erstaunt über meinen Eifer, den ich nicht nur spielte, an den Hausaufgaben, nickte sie freundlich und schickte mich los.
Mit meinem Schulranzen auf dem Rücken ging ich zu Dennis’ Haus, von dem Dennis auch gerade herauskam. „Willst du zu mir?“ Nickend gestand ich: „Ich versteh’ die Hausis doch nicht… Kannst du mir vielleicht helfen?“ Dennis grinste schelmisch und ich wusste, dass er mir das nicht wirklich abnahm. „Also eigentlich wollte ich ja jetzt zu Daniel, aber ich helfe dir gerne. Ich ruf’ ihn kurz an, wenn wir oben sind, okay?“ Wir gingen nach oben und ich wartete, bis Dennis Daniel erreichte und mit ihm redete. Anscheinend dachte Daniel, dass wir zusammen sind, denn Dennis widersprach ihm lachend. Dann legte Dennis auf und kam zu mir. „Also, du willst Hausaufgaben machen? Oder willst auch reden?“ Ich antwortete nicht, sondern holte nur mein Schulzeug raus. Ich zeigte Dennis meine Mathehausi und er begann, mir die Aufgabe zu erklären. Ich verstand auch alles und nachdem die Aufgaben gelöst waren, flüsterte ich, dass ich jetzt gehen müsste. Nach diesen Worten ließ ich ihn stehen und er verabschiedete sich von mir. Als ich mir sicher war, dass niemand mich sah, wechselte ich in ein schnelleres Tempo. Meine Gedanken wanderten zum bevorstehenden Tanzwettbewerb. Oh nein, den hatte ich ja ganz vergessen! Wie sollten wir den denn gewinnen, wenn ich so schlecht tanzte? Ich dachte, es wäre besser, aufzuhören zu tanzen, doch das hätte ich nicht über mein Herz gebracht. Ich müsste täglich üben, wenn ich wieder besser sein wollte. Ich dachte daran, wie wir beim Wettbewerb abloosen würden und sah mich schon auf der Bühne miserabel tanzen. Und da tanzte ich dann einfach los. Einfach so, auf der Straße! Es machte mir Spaß und ich brachte meine ganzen Gedanken in den Tanz. Meine Beine trugen mich mit Leichtigkeit, ich vergaß alle meine Probleme dabei!! Es klappte richtig gut, doch als meine Gedanken wieder Herr über mein Gehirn wurden, hörte ich auf zu tanzen und musste einsehen, dass wir den Wettbewerb wohl verlieren würden.
Ich lag in meinem Bett und konnte wieder nicht einschlafen. Schließlich entschloss ich mich doch dazu, ein paar Schlaftabletten zu nehmen und schlief kurz darauf auch ein.
Als ich aufwachte schien die Sonne schon in mein Zimmer. Ich zog mich an und fragte meine Mutter, ob heute keine Schule ist. „Ich habe dich für heute abgemeldet, weil du ja morgen den Tanzwettbewerb hast und heute üben und dich entspannen musst. Das ist doch bestimmt nicht schlimm, oder?“ Erleichtert schüttelte ich den Kopf und frühstückte genüsslich. Dann übte ich und um 13 Uhr rief ich sofort Dennis an und fragte wegen dem Üben. Wir trafen uns um 14 Uhr vor seinem Haus und gingen gemeinsam zur Turnhalle.
In der Tanzstunde klappte an diesem Tag nichts, überhaupt nichts. Ich hatte richtigen Liebeskummer wegen Hawaii-boy und konnte nur an ihn denken. Jede Berührung von Dennis ließ mich zittern und ich konnte mich einfach nicht zusammenraufen. Wir mussten wieder vorzeitig aufhören und Violetta meinte, wir sollten uns jetzt einfach entspannen und wir würden das morgen schon schaffen. Ich war zwar dagegen, aber gegen sie wollte ich nicht widersprechen. Ich war ziemlich enttäuscht über mich und hoffte darauf, dass Dennis mich heute in Ruhe ließ. Doch er fragte wieder nach und da erzählte ich ihm alles von gestern, was passiert war und weswegen ich so schlecht tanzte und so unkonzentriert war. „Na dann vergiss diesen Typen doch einfach!! Das ist doch ein Arsch, wenn der dich nicht mag! Du bist so nett und hübsch, so einer hätte dich doch nicht verdient! Ich verstehe dich, wirklich. Komm doch mit zu mir, dann können wir ein bisschen reden und vielleicht auch üben…“ Gerne nahm ich diese Einladung an und begleitete ihn zu ihm nach Hause. Zusammen übten wir den Tanz erneut und ich fühlte seine Berührungen, doch ich unterdrückte mein zittern. Es klappte sogar ganz okay, wenn auch nicht gut. Dennis hörte mir aufmerksam zu, während ich ihm beim Tanzen von meinen Problemen und Gedanken erzählte. Ich erzählte ihm alles, vom Treffen, vom Kuss, einfach alles. Es tat gut, dass mir endlich mal jemand zuhörte und mir versuchte zu helfen. Ich hörte nicht auf zu reden, weil es schon eine Ewigkeit her war, seit mir jemand so zuhörte. In meinen Augen bildeten sich Tränen. Sanft nahm er mich in den Arm und versuchte, mich zu trösten. Was war mit mir los? Ich verstand mich selbst nicht, ich weinte, ohne Grund. Aber bei Dennis fühlte ich mich geborgen, und er war der einzige, der mich wirklich verstand und nicht nur so tat.
Ich zeigte Violetta, dass ich es doch konnte und sie war einverstanden mit der Anmeldung. Ich hatte mich angestrengt, um ihr zu beweisen, dass ich es konnte.
Zu Hause legte ich mich richtig nervös auf mein Bett und dachte nach. Sollte ich Violetta anrufen, und ihr sagen, dass sie uns doch nicht anmelden durfte?? Was sollte ich nur tun, um mich zu beruhigen und wieder mit Konzentration bei der Sache zu sein?? Mit weichen Knien schlich ich zum Medikamenten-Schränkchen und nahm mit zittrigen Händen ein paar Tabletten aus deren Packungen. Zur Beruhigung nahm ich zwei oder drei Beruhigungstabletten und ein paar andere, die die Konzentration fördern sollten. Dann legte ich mich schlafen.
Plötzlich klingelte mein Telefon und ich wachte auf. Alles war vor meinem Augen verschwommen und ich fühlte mich schwummrig. Ich nahm ab und musste mich sofort setzen, um nicht umzukippen. Doch irgendwie fühlte ich mich besser als gestern. „Huhu, ist da jemand?“, fragte eine Stimme. Erst nach längerem Überlegen wurde mir bewusst, dass diese Stimme aus dem Telefon kam. Ich machte ein leises „mhm“ und dann hörte ich wieder diese Stimme. „Hey, was ist los mit dir? Hast du schlechte Verbindung?“ Ich wusste nicht, wer mein Gegenüber war, doch ich sagte die Wahrheit: „Nee, mir geht’s nicht gut.“ – „Achso, was hast du denn, Kleine??“ Erst an dem „Kleine“ erkannte ich, dass es Dennis’ Stimme war. „Tabletten…“ Das Wort musste für diesen Moment genug sein. Mein Mund war zu ausgetrockent und fühlte sich an wie zusammengeklebt.
Ich hätte diese Tabletten nie nehmen dürfen, schoss es mir durch den Kopf. Mein ganzer Körper zitterte und ich nahm Dennis’ Stimme nicht mehr wahr. „Nancy! Hörst du mich nicht??“ Upps, ich sollte vielleicht besser zuhören, wenn ich telefonierte… „Äh, doch. Ich kann nur kaum reden, ich fühle mich wie gelähmt.“ Ich legte meinen Kopf auf mein Kopfkissen, denn ich konnte mich kaum mehr aufrecht halten. „Was hast du denn gemacht??“ Mir war klar, dass ich jetzt nicht lügen durfte. „Irgendwelche Tabletten genommen…“ Geschockt realisierte ich, dass ich gar nicht wusste, was ich genommen hatte!! „Was?? Welche denn??“ Ich wusste selbst keine Antwort auf diese Frage, nur ungefähr wie viele es waren. „Keine Ahnung, vier oder fünf… Beruhigungstabletten und was anderes…“ Ich legte auf. Ich konnte nicht reden, musste einfach nur schlafen… Mir war schlecht und mein Kopf brummte.
„Nancy, wach doch auf! Heute ist doch der Tanzwettbewerb!“ Das war meine Mutter. Ich öffnete meine Augen und fühlte mich elend. „Wie viel Uhr ist es denn?“, wollte ich wissen. „Es ist jetzt halb acht… Also solltest du langsam aufstehen. Ich dachte, du bist schon auf, deswegen bin ich jetzt erst gekommen. Naja, also steh’ lieber mal auf!“ Ich schluckte. Halb acht Uhr schon. Ich schwang mich aus meinem Bett, putzte meine Zähne so sauber wie es nur ging, zog meinen Trainingsanzug an und packte mein schwarzes Glitzerkleid ein. Meine schwarzen Tanz-Stöckelschuhe packte ich auch noch ein und dann aß ich noch kurz ein Müsli und dann fuhr mich meine Mutter zur Halle, in der der Wettbewerb stattfinden sollte. Dennis wartete bereits in einem schicken schwarzen Anzug und schwarzen Schuhen. Seine Haare hatte er zu einer Igelfrisur gegelt. Er half mir in mein Kleid und in meine Schuhe und während ich mich schminkte, kämmte er meine Haare. Dann kam er auf seinen Anruf zurück. „Du hast wirklich Tabletten geschluckt?“ Ich nickte betreten und schluckte Tränen herunter, damit meine Schminke nicht verschmierte. „Okay, ich will ja nicht, dass du jetzt weinst, wegen deiner Schminke und so, aber: warum hast du das gemacht??“ Ich wusste es nicht wirklich… Das sagte ich ihm auch und er verschob das Thema auf nach dem Wettbewerb. Ich ging den Tanz noch mal in Gedanken durch und plötzlich hatte ich ein völliges Blackout. Was kommt denn als erstes? Und was kommt danach? Scheiße, ich kann das einfach nicht!
Doch da wurden wir schon aufgerufen. „So, und jetzt kommt ein ganz süßes Pärchen: Dennis mit seiner reizenden Partnerin Nancy!!“ Dennis umfasste meine Hand und ich versuchte, das Publikum zu ignorieren. Er führte mich auf die Bühne und ich zitterte. Auch er zitterte ein bisschen, aber nicht stark. Die Musik setzte ein und wir fingen an zu tanzen. Ich zitterte immer mehr und tanzte total falsch. Du kannst das, Nancy!! Du kannst das… nicht!!!! Die Tabletten machten mich schlapp, ich tanzte wie eine alte Omi. Dennis stieg voll darauf ein und wir tanzten total verrückt und ohne jenen Plan. So verlieren wir hochhaus, aber wenigstens hatten wir Spaß dabei!! Dennis ließ sich nichts anmerken, dass er wirklich verwundert war. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie war dann endlich die Musik aus.
Wir haben den Wettbewerb natürlich nicht gewonnen. Nach diesem Wettbewerb hat Violetta nur gesagt: „Das war alles was du kannst?! Dann brauchst du nicht mehr zu mir zu kommen, wenn du dich nicht mal bei einem Wettbewerb anstrengst!“ Auch meine Eltern meinten: „Wenn das alles ist, was du kannst, dann zahlen wir dir kein Geld mehr für etwas, was du nicht mal ernst nimmst!“ Niedergeschmettert war ich nach Hause gegangen. Ich konnte natürlich nicht schlafen, ich dachte immer nur an den Wettbewerb. Ich saß die ganze Zeit vor meinem PC und chattete mit meiner besten Freundin und erzählte ihr von dem miserablen Auftritt und bemitleidete mich. Irgendwann so um zwei Uhr schrieb mich Dennis kurz an: „Darf ich vorbeikommen?“ Ich antwortete mit „ja“ und er versprach, sofort vorbeizukommen. Er hatte nichts zu unserem Auftritt gesagt.
Um zehn nach zwei landete ein Stein an meinem Fenster. Ich schlich nach unten und öffnete Dennis die Tür. Wir schlichen wieder zu mir nach oben, wo niemand außer mir wohnte. Erst dann begrüßte er mich. „Hey, hast du dich wieder mit deinen Eltern vertragen?“ Das hatte ich nicht und ich verneinte seine Frage und fügte noch hinzu: „Die waren ja nie jung!“
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