Sabrina
Für einen wunderbaren Menschen,
der nie ein falsches Spiel spielt...
und all meine Freunde!
der nie ein falsches Spiel spielt...
und all meine Freunde!
Ja, mein erstes fertiges "Buch" (oder Geschichte). Es werden insgesamt 45 Din A4 Seiten, die ich für euch online stelle. Natürlich würde ich gern so viele Meinungen wie möglich dazu hören. Allerdings ist diese Story in nicht einmal 14 Tagen entstanden... ich bitte Flüchtigkeitsfehler zu entschuldigen. Nur aus Spaß an der Freude geschrieben!
Enjoy it!
Wrong Rabbit
1.
Das gleißende Frühjahrslicht durchflutete das Blattwerk. Samantha arbeitete im Garten und wischte sich ab und an den Schweiß von der Stirn. Die Sonne stand hoch am Himmel. Die junge Frau schnitt ein paar der frühen Rosen ab und band einen kleinen Strauß daraus. Über ihrem Haar hatte sie ein rotes Tuch geknotet und sie trug rosa Gummihandschuhe, die sie vor den widerspenstigen Dornen schützten. Trotz der abgeschnittenen Jeans, des grün-weiß geringeltem T-Shirt und der Blümchenschürze sah sie bezaubernd aus. Tief durchatmend genoss sie die ersten warmen Sonnenstrahlen, bekam Sommersprossen, dass es die wahre Freude war und fand, dass das Leben nicht schöner sein konnte. Gedankenverloren wischte sie eine der roten, langen Haarsträhnen aus ihrer Stirn und verteilte dabei die trockene Blumenerde in ihrem Gesicht. Sie hatte den ganzen Vormittag gearbeitet um die Beete mit Stiefmütterchen und Löwenmäulchen zu bepflanzen, den Rasen zu mähen, die Hecken zurechtzuschneiden und sowieso den ganzen, kleinen Vorstadtgarten auf Vordermann zu bringen. Nun fand sie es an der Zeit, das Essen zu kochen. Eigentlich hatte Samantha nie darauf hingearbeitet eine richtige Hausfrau zu werden. Sie hatte Hotelfachfrau gelernt und in ihrem Beruf tagein und tagaus ihr Bestes gegeben. Wenn ihre Freunde am Wochenende frei hatten, begann für sie erst die richtige Arbeit und wenn ihre Familie an Weihnachten beisammen saß, dann stets ohne die junge Frau. Samantha arbeitete fleißig und reiste um die ganze Welt um schließlich hier in Deutschland zu arbeiten. Als sie genug Geld verdient hatte, erfüllte sich ein Lebenstraum und sie eröffnete ihre eigene, kleine Bar. Die Arbeitszeiten waren natürlich nicht viel angenehmer als im Hotel, jedoch hatte sie ihre Freunde und Familie sowieso schon seit geraumer Zeit aus den Augen verloren. Ihre Familie lebte in den Vereinigten Staaten und ihre Freunde waren auf der Welt verteilt. Niemand stand ihr wirklich nahe, bis sie vor vier Monaten einen Bürokaufmann in der Bar kennen lernte. Es war die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Er war Single und dazu noch äußerst nett, erfolgreich und gut aussehend. So kam es, dass sie nach nur einem Monat zusammenzogen. Samanthas Bar hatte seit zwei Monaten geschlossen. Sie brauchte nicht mehr zu arbeiten und genoss ihre Freizeit. Endlich hatte sie genug Zeit ihr Talent als Gärtnerin zu bewiesen, obwohl ihr die Arbeit doch etwas fehlte. Es war ungewohnt für sie. Nichts als ungewohnt. Wenn Henry nachmittags nach Hause kam, war es natürlich äußerst entspannend nicht schon wieder auf dem Sprung zu sein, aber am Morgen gab es oft genug viel zu wenig zu tun. Sie fürchtete sich bereits vor dem Winter, in dem ihre Bar nun nicht mehr existierte. Die Tage würden ihr noch grauer und einsamer vorkommen, als sie es sowieso schon taten. Geräuschvoll ausatmend legte Samantha die Gartenschere weg. Sie betrachtete voller Stolz die schönen Mairosen und richtete sich auf. Eigentlich hatte sie keine Lust stundenlang in der Küche zu stehen um zu kochen. Vielleicht wäre es eine angenehme Idee etwas vom Italiener zu bestellen oder in der Stadt Essen zu gehen. Henry war immer sehr kaputt, wenn er von der Arbeit kam. Er arbeitete mal Früh- und mal Spätschicht. Aber in keinem regelmäßigen Rhythmus. Meist arbeitete er Frühschicht. Samantha wusste nicht was von beidem sie bevorzugen sollte. Sie nahm das Kopftuch ab und schüttelte ihre Mähne aus. In diesem Moment stieß der Postbote das hölzerne Gartentor auf: „Ah! Frau Bentley, ich habe jede Menge Post für Sie. Meine Güte, was haben sie aus diesem Garten gemacht! Herrlich!“ Er strahlte über das ganze Gesicht und Samantha genoss das Lob. Sie streifte die Gummihandschuhe ab: „Haben Sie noch ein wenig Zeit? Ich könnte einen Kaffee kochen…“
„Eigentlich nicht…“, er sah auf die Uhr, „…aber wie könnte ich bei einer Frau wie Ihnen nein sagen.“
Samantha lächelte, dann trat sie durch die gläserne Verandatür ins Wohnzimmer und von dort aus in die offene Küche. Das Haus war wirklich zauberhaft, in einem offenen, Licht durchfluteten Stil gebaut. Schnell stellte Sam die Kaffeemaschine an, holte zwei Tassen, Zucker und Milch und eine Dose mit Gebäck. Sie stellte alles auf ein Tablett und eilte hinaus. Der großzügige, weiße Terrassentisch bot sich dazu an, draußen an der frischen Luft zu essen. Doch Henry bevorzugte den Essplatz im Wohnzimmer. Von daher liebte es Samantha draußen Gäste zu bewirten und der Postbote war ein sehr angenehmer Gast, der immer den neusten Tratsch und Klatsch wusste.
„So!“, sie stellte alles ab und strahlte den Mann an.
„So viel Mühe hätten Sie sich aber nicht machen brauchen, Madame!“
„Oh, doch. Ich habe ja sonst wenig zu tun, seit die Bar geschlossen hat.“
Samantha goss den heißen Kaffee ein und setzte sich.
„Und Sie wollen sie nicht mehr eröffnen?“
Der Postbote rührte in seinem Kaffee, goss reichlich Milch dazu und schaute sie mit seinen wässerigen Augen fragen an. Samantha zögerte. Sie hatte noch nie soweit in die Zukunft gedacht. Erst einmal zählte ihr Leben mit Henry und dann würde sie vielleicht auch heiraten und Kinder bekommen. Eine Familie und eine Bar ließen sich schlecht vereinbaren.
„Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?“ Der Postbote lehnte sich in seinem Korbsessel zurück und schaute Samantha weiterhin an.
„Neunundzwanzig. Aber ich werde nächsten Monat dreißig.“
„Ich verstehe. Die Familie geht vor, nicht wahr?“
Samantha nickte und spürte trotz des zarten Lächelns einen Druck auf der Brust. Sollte sie ihre Karriere für immer aufgeben? Ihren Job, ihr früheres Leben zurück lassen? Für einen Mann? Sie war immer dazu überzeugt gewesen, das richtige getan zu haben. Schließlich liebte sie Henry und trotzdem… es kam ihr alles so endgültig vor. Sie bekam kalte Füße. Samantha seufzte. Und als ob der Postbote ihre Gedanken gelesen hätte, sagte er: „Das ist eine schwierige Entscheidung, nicht wahr? Früher empfand man das passende Outfit für den Abschlussball oder die Berufswahl als schwierige Entscheidungen. Aber umso älter man wird, umso schwieriger und endgültiger wird es. Es wird nicht leichter, glauben sie mir. Ich bin fünfundfünfzig.“
Samantha nahm einen Schluck ihres Kaffees. Warum war heute nur alles anders als sonst? Wo war ihr Selbstvertrauen, das ihr sagte, dass es schon alles werden würde?
„Wann kommt Henry nach Hause, der alte Knabe? Sollte ich nicht langsam abrücken?“, fragte der Mann mit einem Mal beschwingt.
„Nein, nein. Bei uns bleibt heute die Küche kalt. Wir gehen essen.“
„Gibt es etwas zu feiern?“
Samantha zuckte die Achseln: „Eigentlich nicht.“
*
Als der Postbote gegangen war, ging Samantha ins Haus um zu Duschen und sich für das Essen fertig zu machen. Das Gespräch ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie würde sich ihre perfekte Welt schon aufbauen. Ob mit Familie oder ohne. Da es immer noch sehr heiß war, schlüpfte sie in ein luftiges, hellgrünes Sommerkleid mit bunten Blumen. Dazu steckte sie ihre Haare hoch. In diesem Moment wurde die Haustür aufgeschlossen. Es war Henry.
„Hey, mein Schatz! Wie geht es dir?“
Samantha befestigte ihre letzte Haarklemme und gab ihm einen Kuss: „Oh, ausgezeichnet und dir?“ Sie strahlte, obwohl ihr nicht wirklich danach war.
„Nun ja. Der Tag war anstrengend. Was gibt es zu essen?“
„Ich dachte wir fahren heute mal in die Stadt um etwas zu essen. Ich hatte soviel im Garten zu tun und…“
Sie sah in Henrys müde Augen. Er würde bestimmt keine Lust mehr haben zurück in die Stadt zu fahren. Doch sie täuschte sich.
„Okay. Ich springe nur noch schnell unter die Dusche.“
Samantha war mehr als überrascht von der Antwort ihres Freundes.
„Und das ist wirklich okay für dich?“
„Ja. Klar. Alles, was mein Schatz möchte!“
Er küsste sie noch einmal, dann ging er schnellen Schrittes in das Obergeschoss und schon wenige Minuten später hörte sie das Wasser rauschen. Sie hatte doch das richtige Leben gewählt und sollte die Bar vergessen. Es war perfekt, so wie es eben war. Was machte sie sich Gedanken darüber? Lässt sich von einem Postboten ein Floh ins Ohr setzen! Entschlossen straffte Sam ihre Schultern und grinste in den Spiegel. So könnte es immer sein. Henry kam gut gelaunt die Treppe wieder hinunter. Er krempelte seine Hemdsärmel hoch und strich sich durch die noch nassen, kurzen, dunklen Haare. Sie hatte so ein unverschämtes Glück gehabt, dass sie ihn gefunden hatte.
„Wo möchtest du denn hin?“, fragte er und riss sie damit aus ihren Gedanken.
„Ich weiß nicht. Nichts Großartiges. Vielleicht zum Italiener, wenn es dir recht ist? Ich denke der Australier ist nichts für diesen warmen Tag.“
„Ja, das ist eine gute Idee. Ich fahre schon mal das Auto raus.“ Henry spurtete durch die Tür, während Sam noch ihre Schuhe anzog. Sie lächelte nun auch wieder. Er war so herrlich spontan und unkompliziert.
Wenige Minuten später bogen sie in die Torstraße ein, Henry suchte einen Parkplatz und sie stiegen aus. Es war schon reichlich spät für ein Mittagessen, aber der Italiener kannte sie gut. Er stand gerade auf dem Hausstein des Fachwerkhauses, als Henry und Sam ankamen.
„Ciao! Henry!“, rief er und breitete seine Arme aus.
„Alberto. Wie geht es dir?“
Alberto nahm seinen Freund in den Arm. Er war dein dicklicher, relativ kleiner Mann mit einem schönen, dunklen Schnurrbart. Dann erblickte er Sam.
„Und die Senora ist auch dabei! Samantha!“
Er umarmte auch Sam, dann traten sie ein. Das Restaurant war kühl. Es war angenehm und freundlich, wenn es auch durch die kleinen Fenster und die holzgetäfelten Wände recht dunkel wirkte. Kleine Deckenventilatoren hingen in gleichmäßigen Abständen herab und die Holzsäulen in der Mitte des Raumes waren mit Plastikpflanzen geschmückt.
Alberto brachte die Speisekarten: „Ach, Sam! Wie machst du das nur mit deinem Garten? Er sieht aus wie ein Paradies und hier… Es geht alles ein!“
Er zeigte mit einer großen Geste in den Raum. Samantha lächelte: „Das war in meiner Bar genauso. Da kann man nichts machen, Alberto. Das wenige Licht und der Rauch…“
„Hm.“, grummelte der Koch und nahm dann die Bestellungen auf. Er verschwand in der Küche und da die Bedienungen um die Zeit frei hatten, hatten Henry und Sam Zeit genug den Tag zu bereden.
„Es war… nahezu furchtbar.“, sagte Henry. Er blickte Samantha tief in die Augen.
„Aber erzähl besser erst wie dein Tag war.“
„Nicht sehr aufregend.“, Sam pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht, „Ich meine ich habe im Garten gearbeitet und der Postbote war da. Ansonsten nichts. Aber ich habe noch nicht einmal die Post durchgesehen, fällt mir ein…“
In diesem Moment kam Alberto, servierte Rotwein und Spaghetti und verschwand wieder in der Küche. Er wollte aufräumen und für die Abendschicht alles fertig machen. Der Italiener vertraute seinen Gästen. Sie waren in den letzten Monaten gute Freunde geworden.
Henry schwenkte sein Weinglas.
„Du wolltest mir von deinem Tag erzählen.“, ermunterte ihn Sam und drehte die Spaghetti auf.
„Ja.“ Er lehnte sich etwas vor und blickte Sam genau ins Gesicht.
„Wir kennen uns ja jetzt wirklich schon lange. Länger als ich es in jeder Beziehung bisher ausgehalten habe, auch wenn es im Endeffekt nur vier Monate sind. Ist für mich schon eine kleine Ewigkeit.“
Samantha hörte mitten in der Kaubewegung auf. Das klang nach etwas Ernstem.
„Und deshalb wollte ich dir sagen,…“
Wollte er ihr sagen, dass er sie liebt? Dass er ihre Eltern kennen lernen möchte? Dass er sich von ihr trennen will oder sie sogar heiraten?
„…dass ich dich angelogen habe!“
Mit einem klirren knallte Sams Gabel auf den Teller.
„Was?“, zischte sie und versprühte dabei Tomatensoße über das gesamte weiße Tischtuch. Sie tupfte sich den Mund ab.
„Ich meine: wobei?“
Henry rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. Er lehnte sich zurück und lächelte sie gequält an. Dann faltete er seine Hände und sprach langsam und sachlich weiter.
„Ich arbeite nicht als Bürokaufmann. Ich kam vor vielen Jahren aus Minnesota. M-I-N-N-E-S-O-T-A…“
„Ja, Henry ich bin nicht blöd!“
„Na, auf jeden Fall kam ich aus Minnesota rüber um hier in Deutschland für das CIA einige Fälle zu klären.“
Er sprach leise und bedächtig. Samantha hingegen hatte das Gefühl an seinen Worten zu ersticken.
„Du arbeitest für das CIA?“
„Ja. Ich konnte es dir nicht sagen. Aber nun muss ich es.“
„Aber warum?“ Samantha fühlte sich hilflos wie ein kleines Kind.
„Warum ich es dir sagen muss? Nun ich… seit wir uns kennen habe ich vier minderwertige Fälle geleitet. Drogenschmuggel, Waffenbesitz. Aber diesmal sind wir an einer großen Sache dran. Ich muss heute Abend wieder los. Es geht nicht anders.“
Schwarze Punkte wirbelten vor Samanthas Augen. Die Welt fühlte sich wie in Watte gepackt an und sie fürchtete ohnmächtig zu werden. Henry nahm ihre Hand.
„Samantha…“
Mit einem Ruck zog sie ihre Hand zu sich zurück. Auf einmal war sie ganz klar im Kopf. Sie sortierte ihre Gedanken.
„Aber… wer garantiert mir, dass du aus dieser ‚großen Sache’ heile raus kommst? Wer sagt mir, dass mein Freund immer für mich oder eine Familie da sein kann?“
„Es gibt nie eine Garantie…“
‚Nie’, das Wort schmeckte bitter in Sams Mund.
„Was ist das für eine Sache?“
„Ich kann es nicht sagen.“
„Henry! Dann hör’ damit auf. Ich hab mich immer gewundert wo das viele Geld herkommt. Aber ich brauche das verdammte Geld nicht. Ich brauche dich! Sieh’ zu, dass du da raus kommst.“
„Dafür ist es wohl zu spät. Es tut mir leid, Baby!“
Henry suchte ihren Blickkontakt, aber Samantha starrte auf den Boden. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und hastig sprang sie vom Tisch auf.
„Ich habe keinen Hunger mehr!“
Blind vor Wut und Angst, stolperte sie aus dem Restaurant und blinzelte in das grelle Tageslicht.
Ihre Welt war gerade zerbrochen und die Sonne schien und strahlte egoistisch vom Himmel, als ob nichts geschehen wäre. In diesem Moment hasste sie das Leben.