theroorback
N. betritt wie jeden Donnerstag den Supermarkt recht pünktlich um 10 Uhr. Auf der Einkaufsliste steht Milch. N. trinkt nur Milch.
Eine verstört wirkende Frau fragt N., ob er wisse, in welchem Regal die Windeln stehen. N. weiß es nicht, er hört die Frau auch gar nicht, er betrachtet leicht geistesabwesend die Fleischtheke: Ob legalisierter Kannibalismus volkswirtschaftliche Auswirkungen hätte? Bestimmt nur in Bremen und Sachsen. Als sein Blick weiter an den Regalen entlang schweift, erschreckt N. plötzlich. Er murmelt: „Die Milch ist alle..“. Einen Moment lang ist alles still. Ein alter Mann schüttelt den Kopf. „Die Milch ist alle“, wiederholt N. apathisch und ungläubig, dann läuft er zur Abteilung mit den Nahrungsmittelergänzungsprodukten und schnappt sich einen Beutel Laktosepulver. Jetzt rennt er los. Die Seekuh, die als Billigarbeitskraft eingestellt wurde, hat ihn im Auge. Er fühlt sich nicht gestört und läuft ohne zu bezahlen auf den menschenleeren Parkplatz. Unruhig blickt er um sich. Fast unverständliche Worte verlassen seinen Mund: „Muss Milch erzeugen, ich bin eine Kuh“, und dann steuert N. , die Pulvertüte aufreißend, auf einen wahllos erwählten Passanten zu. Er ergreift den Fremden am Hals und reißt den Mund gewaltsam auf, um das Laktosepulver einzufüllen. „Ich muss Milch machen…Milch ist leben…Kraft durch Freude und Milch ist Freude…“. Der Passant will sich wehren, aber es ist hoffungslos. Einige Menschen sind Zeugen, doch sie wollen keine sein. Alle laufen weiter. Der Beutel ist leer, jetzt soll der Fremdling schlucken, dazu lockert N. seinen Würgegriff: Das Opfer kann sich durch eine schnelle Bewegung befreien. Es verpasst N. einen kräftigen Hieb und rennt weg. Das Laktosepulver trocknet ausgespuckt auf dem Boden liegend durch die Sonne aus. N. hebt einen Arm und gibt ächzend von sich „Vater, ich will Menschenfischer sein, aber…warum…ich will gehen können“. Er versucht aufzustehen und fällt hin. „Ich bin ein Krüppel, ich bin dein Sohn!“.
Die wenigen Menschen in der nähe sehen ihn nicht. Sie betrachten ein viel alltäglicheres Schauspiel: Unserem Entflohenen werden die Augen von einem Raben ausgekratzt.
Jetzt ist es 10:10 Uhr. Wolken ziehen vor die Sonne. Es regnet Milch.
Eine verstört wirkende Frau fragt N., ob er wisse, in welchem Regal die Windeln stehen. N. weiß es nicht, er hört die Frau auch gar nicht, er betrachtet leicht geistesabwesend die Fleischtheke: Ob legalisierter Kannibalismus volkswirtschaftliche Auswirkungen hätte? Bestimmt nur in Bremen und Sachsen. Als sein Blick weiter an den Regalen entlang schweift, erschreckt N. plötzlich. Er murmelt: „Die Milch ist alle..“. Einen Moment lang ist alles still. Ein alter Mann schüttelt den Kopf. „Die Milch ist alle“, wiederholt N. apathisch und ungläubig, dann läuft er zur Abteilung mit den Nahrungsmittelergänzungsprodukten und schnappt sich einen Beutel Laktosepulver. Jetzt rennt er los. Die Seekuh, die als Billigarbeitskraft eingestellt wurde, hat ihn im Auge. Er fühlt sich nicht gestört und läuft ohne zu bezahlen auf den menschenleeren Parkplatz. Unruhig blickt er um sich. Fast unverständliche Worte verlassen seinen Mund: „Muss Milch erzeugen, ich bin eine Kuh“, und dann steuert N. , die Pulvertüte aufreißend, auf einen wahllos erwählten Passanten zu. Er ergreift den Fremden am Hals und reißt den Mund gewaltsam auf, um das Laktosepulver einzufüllen. „Ich muss Milch machen…Milch ist leben…Kraft durch Freude und Milch ist Freude…“. Der Passant will sich wehren, aber es ist hoffungslos. Einige Menschen sind Zeugen, doch sie wollen keine sein. Alle laufen weiter. Der Beutel ist leer, jetzt soll der Fremdling schlucken, dazu lockert N. seinen Würgegriff: Das Opfer kann sich durch eine schnelle Bewegung befreien. Es verpasst N. einen kräftigen Hieb und rennt weg. Das Laktosepulver trocknet ausgespuckt auf dem Boden liegend durch die Sonne aus. N. hebt einen Arm und gibt ächzend von sich „Vater, ich will Menschenfischer sein, aber…warum…ich will gehen können“. Er versucht aufzustehen und fällt hin. „Ich bin ein Krüppel, ich bin dein Sohn!“.
Die wenigen Menschen in der nähe sehen ihn nicht. Sie betrachten ein viel alltäglicheres Schauspiel: Unserem Entflohenen werden die Augen von einem Raben ausgekratzt.
Jetzt ist es 10:10 Uhr. Wolken ziehen vor die Sonne. Es regnet Milch.