Startpost-Retter
Fragt mich nicht was DAS ist. Ich kann's beim besten Willen nicht sagen. Ich wollte es auch nur ausstellen, dass ihr nicht denkt, ich wäre vollkommen in der Versenkung verschwunden. Beizeiten krieg' ich vllt auch mal wieder was Besseres auf die Reihe. Stecke gerade in einem KreaTief.
xXx
- Rekonstruktion einer Nacht
Sie geht langsam. Betont langsam. Doch ihr Atem ist schnell. Schnell und flach. Sie spürt ihr Herz, das in ihrer Brust flattert. Das Klackern ihrer Lackschuhe hallt laut von den betonierten Häuserwänden wider, während sie ihr Buch fest umschlungen hält. Ihr liebstes Buch.
Es ist bereits dunkel. Das nasse Kopfsteinpflaster glänzt im schummrigen Licht der flackernden Laterne. Der einzigen Laterne, die die lange Gasse noch beleuchtet. Sie unterdrückt ihren Atem, denn er ist so laut, dass sie andere Geräusche nicht mehr wahr nehmen kann. Doch lange schafft sie es nicht. Sie schnappte nach Luft, in panischer Angst etwas zu überhören. Als in ihrer Nähe scheppernd eine Mülltonne umfällt, gleitet ihr das Buch aus den Händen. Es fällt, klatscht auf den dreckigen, nassen Boden. Bleibt liegen, unbeachtet. Die Lackschuhe des Mädchens klackern in einem unrhythmischen, raschen Takt. Sie verlässt nun die fahl erleuchtete Stelle und rennt geradewegs auf die lauernde Finsternis zu, die sie alsbald verschlingt. Das Mädchen verschwindet im Nichts.
Eine Katze bahnt sich ihren Weg durch alte, von Feuchtigkeit beinahe zersetzte Pappkartons. Geschmeidig passiert sie auch den alten Zaun, indem sie sich ganz lang und dünn macht, um darunter hindurchschlüpfen zu können. Mit einem Satz landet sie auf einer Mülltonne und gleitet lautlos von der einen zur andern. Doch einmal verfehlte sie die Tonne knapp, weil sie sich ungelenk bewegte. Sie geht zu Boden mit einem lauten Scheppern. Aufgeschreckt durch hallendes Klappern springt die Katze aus ihrer dunklen Nische, steht nun mit gerecktem Rücken an der Straße. Das Licht der Straßenlaterne flackert. Die Katze umkreist ein am Boden liegendes Buch.
Der Greis schreckt auf. Ein lautes Scheppern hat ihn unsanft aus dem Schlaf gerissen. Nun schlüpft er in Windeseile in seinen zerschlissenen Bademantel. Er braucht sehr lange dafür. Aber er schafft es rechtzeitig und stolpert die knarzende Holztreppe der Wohnung hinab. Er steht auf der Straße, mitten in der Nacht. Sein Blick bleibt an der Straßenlaterne hängen. Unter dem sanften Licht kann er ein am Boden liegendes Buch erkennen. Und eine schwarze Katze. Sein geliebter Kater. Alles was er noch hat. Den er seit gut drei Wochen vermisst. Mit einem unendlich glücklichen Lächeln und Tränen in den Augen nimmt er den schwarzen Kater behutsam auf den Arm. Dankt Gott dafür. Er geht zurück in die Wohnung, seinen Kater auf dem Arm.
Am Horizont zeichnen sich milde Farben ab. In rot, rosa und orange. Ein Jüngling streift durch die verlassene Gasse, als er plötzlich über ein Buch stolpert, dass am Boden liegt. Nahe der Straßenlaterne. Er bückt sich, hebt das Buch behände auf. Der nächtliche Regen hat die Seiten gewellt, einige Textpassagen sind verschwommen. Der Einband sieht nun etwas schäbig aus. Der junge Bursche legt seinen lockigen Kopf etwas schief und studiert die erste Seite des Buches. Jemand hinterließ darauf seinen Namen, in wundervoll geschwungener Handschrift. Die Tinte ist etwas verlaufen. Doch er kennt den Namen. Und er kennt den Besitzer des Buches. Ein glückseeliges Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Das Buch gehört seiner Geliebten.
Der Jüngling kehrte zurück. Er war im Krieg nicht gefallen.