Kalapuikko
The rain will wash away the sun
Autor: ich
Teile: 1/1
Genre: Kurzgeschichte; Slash
Rating: 12
Warnungen: /
Hintergrundmusik: The Dead Girl Epilogue - I am Ghost
Sonstiges: Ursprünglich sollte diese Geschichte LANG werden... na ja, vielleicht schreibe ich sie noch mal um, ich weiß nicht. Diese Idee von einem Zusammentreffen schwebt mir schon lange vor, allerdings hat mich das ganze Chaos der letzten Tage wieder daran erinnert. Die Geschichte mag man deuten, wie man will. Genauso, ob sie positiv oder negativ ist...
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Ich erkannte ihn sofort, als ich ihn an einem kleinen Ecktisch in der Kneipe sitzen sah. Ein Bier vor sich stehen, abgetragene Kleidung tragend. Er wirkte müde, kraftlos, vollkommen anders, als ich ihn in Erinnerung hatte. Außerdem war ich erstaunt, dass ich ihn überhaupt erkannte nach all den Jahren, in denen blasse, graue Strähnen ihren Weg in sein blondes Haar gefunden hatten.
Als ich mich zu ihm setzte, sah er einen Augenblick lang auf und ich blickte in Augen, die Mühe zu haben schienen, noch ihrer Bestimmung nachzukommen. Er schwieg und bewegte sich erst, als ich etwas sagte. Unschlüssig, was genau ich sagen sollte, unwissend, was man nach über einem Jahrzehnt der Person erzählt, die man einst besser gekannt hat als den eigenen Kühlschrank. Die Person, die mir plötzlich entglitt und die längst nichts mehr mit mir gemein hat.
„Was ist passiert?“, erkundigte ich mich mit leiser Stimme.
„Sie haben Sinikka der Schule verwiesen“, antwortete er mir mühsam, als sei jede einzelne Silbe gleichbedeutend mit der Besteigung des Mount Everest.
„Wen?“
Er hob seinen Kinn ein wenig, verwundert.
„Stimmt, du kennst sie gar nicht. Meine zweite Tochter.“
Weiter führte er es nicht aus und so musste ich mich damit zufrieden geben, dass ein Mädchen namens Sinikka seine zweite Tochter war, die der Schule verwiesen wurde.
„Und Virpi?“, fragte ich weiter in dem verzweifelten Wunsch irgendeine Form von Konversation aufrecht zu erhalten.
„Virpi...“, er dachte nach, „die habe ich einige Jahre nicht gesehen.“
Keine Erklärung, lediglich eine Aussage, die mir verdeutlichte, dass er nicht reden wollte. Heute nicht, nie mehr.
„Bist du noch verheiratet?“ Ich war immer unnachgiebig gewesen, beinahe schon stur. Früher hat er sich oft darüber amüsiert, wenn ich nicht aufgeben wollte und laut gelacht.
„Nein.“
„Waru...“, doch er unterbrach mich mit erstaunlicher Geschwindigkeit.
„Darum, bitte stell keine weiteren Fragen.“
Wir sahen einander in die Augen, erst emotionslos, dann lächelnd, wissend, verstehend.
„Warum bist du hier?“, fragte er.
„Weil...“
„Weil es nicht endet.“
„Nicht endet?“
„Es ist für immer.“
Seine Worte klangen wie die Worte eines schlechten Films, eines langen Traumes.
„Ich habe darauf gewartet.“
„Dass ich hier herkomme?“, ich sah ihn zunächst verwundert an, bis ich verstand und nach seiner zitternden, runzligen Hand griff.
„Ich bin zurück.“
Er nickte, doch die Müdigkeit verweilte in seinen Augen und wich auch nicht, als ich ihm den Aschenbecher reichte.