Zahnfee
Jolie
„Mama hört du mich ?
Hörst du die wundervollen Klänge,
welche ich auf der Violine spiele ?
Kannst du sie hören ?“
„Mama hört du mich ?
Hörst du die wundervollen Klänge,
welche ich auf der Violine spiele ?
Kannst du sie hören ?“
Kapitel 1 - Der Anfang aller Dinge
Es hatte angefangen, als ich 5 Jahre alt war, Mutter schenkte mir eine schwarze Katze, Milamou. Ich hatte mir nie eine Katze gewünscht, wurde ich falsch verstanden ? Mein Traum war es eine eigene Geige zu haben, ich würde spielen wie die Großen .... Jascha Heifetz, Yehudi Menuhin, Henryk Szeryng ... ich würde so schön Geige spielen, wie meine Mutter es tat. Doch ich bekam sie; Milamou, schwarz, ängstlich, mager, schwach. „Sie wird auf dich aufpassen !“ sagte meine Mutter damals. Ich hatte es nicht ganz verstanden, wunderte mich über die Worte und fragte mich, warum Mutter in der Zeit nicht mehr auf ihrer Geige spielte, es kamen keine weichen Klänge, kein leichter Gesang mehr aus ihrem Raum. Unsere Haushälterin Maria tauchte nicht mehr auf, war sie denn krank ? War sie traurig ? Ich hatte damals hinter einem Vorhang gestanden, der den Blick auf die Wahrheit nicht zuließ ...
Am nächsten Morgen war es erstaunlich still im Haus, ich hatte Angst, setzte mich behutsam auf die Bettkante und ging mit nackten Füßen über den kalten Steinboden in meinem Zimmer. „Mama?“ rief ich, hörte meine Worte wiederhallen. Meine Schritte wurden schneller, Tränen kullerten über meine Wangen. Der große Spiegel im Wohnzimmer, so leer, wenn nur ich mich in ihm sehen konnte. Ich rannte weiter, durchsuchte Küche und Flur. Die Tür zum Raum meiner Mutter war einen Spalt weit geöffnet, ich stieß die Tür weg, flüchtig wanderten meine Blicke durch den Raum. Die moosgrünen Vorhänge verblassten, schienen farblos und auch das bunte Bild an der Wand, welches ich gemalt hatte, verlor nach und nach alle Farben - nur noch eine verschwommenes Wahrnehmung, willenlos lies ich mich zu Boden fallen, schlief fest, in voller Bewusstheit die Gedanken zu verdrängen.
„ Jolie ...“ hörte ich leise Worte und als ich meine Augen öffnete, stand Maria in der Tür. Sie hatte mich ins Bett gebracht. Meine Traurigkeit schien für einen Moment lang betäubt zu sein, doch die große Ratlosigkeit blieb, verursachte große Schmerzen. „Jolie ... lass es dir erzählen, deine Mutter ist weg von hier, sie hat dir einen Zettel geschrieben, aber was dir warscheinlich noch viel mehr bedeutet, sie hat dir ihre Geige hinterlassen ...“ versuchte Maria zu erklären, ich zweifelte an ihren Worten und war nicht in der Lage, mich über ihre Geige zu freuen, war immer noch traurig, jetzt wo es die Wahrheit war ...
„Was steht auf dem Papier, ist es viel, ist es ein langer Brief ?“ meine Fragen überschlugen sich. „Es ist leider nicht viel, aber ich denke sie hat dich trotzdem lieb. Weißt du, ich wüsste auch sehr gerne, wohin sie fortgegangen ist, denn sie war ... immer sehr nett zu mir und ich fühlte mich ein bisschen wie eine Mutter für sie ...“ sie konnte ihre Tränen zurückhalten, setzte ihre Brille auf und begann zu lesen:
Jolie Henriette, so ein hübsches Mädchen bist du, ich liebe dich, ich mag deine stille, ruhige Art, gebannt mit hohem Verständnis für Musik und Kunst, Jolie, ich muss jetzt gehen, Jolie, bitte vergiss mich nicht ...
Die Worte lagen der älteren Dame schwer auf der Zunge, ich konnte es nachvollziehen und ließ mich zurück ins Kissen sinken. „Warum tut sie das, mag sie uns denn nicht ?“ wollte ich wissen. „Natürlich mag sie uns !“ versuchte mich Maria zu trösten und setzte sich zu mir ans Bett. „Wann kommt sie zurück ? In einer Woche, in Zwei, in Drei ?“ fragte ich erwartungsvoll, sah Maria mit großen Augen an. „Nun, das weiß ich nicht ...“. Sie wusste es, sie wusste, dass sie nicht zurückkommen würde, doch sie wollte mir dieses Leid nicht antun, nicht im Alter von 5 Jahren.
Seither stand ich jeden Tag am Fenster, schaute in die leere, blasse Wohngegend, war voller Hoffnungen, Mutter bald wieder zu sehen. Die Tage wurden länger und grauer, die Hoffnungslosigkeit kam mit großen Schritten näher. Ich lag oft den ganzen Tag im Bett und weinte und Milamou saß neben mir und schaute mir in die Augen, sagte nichts. Manchmal meinte ich, mich in ihren Augen wiederspiegeln zu können. Einsam, dunkel, schwach, verwirrt, unbeholfen. Mit großem Respekt schaute ich zu Maria hoch, die Tag für Tag in unser Haus kam und sich um mich kümmerte.
Eines dunklen Winterabends hörte ich das alte Grammophon in der Stube klingen. Mit langsamen Schritten ging ich die Treppe hinunter und sah, wie Maria in dem Sessel am Karmin saß und Wein trank. Ich setzte mich schweigend zu ihr, sie lächelte mir zu, bot mir Lebkuchen an, ich lehnte ab, hatte keinen Hunger. „Ich muss dir etwas erzählen, Jolie ...“ sie holte Luft und stellte ihr Glas beiseite. „Nun, ich bin alt, das weißt du ... und alte Menschen dürfen nicht mehr soviel arbeiten und auch wenn ich sehr an diesem Haus hänge, so werde ich bald aufhören zu arbeiten ... aber keine Angst, Jolie, ich habe ein junges Paar kennengelernt, die für dich sorgen werden, sie werden sicherlich nett zu dir sein ...“ versuchte mir Maria zu erklären, doch ich wollte nicht verstehen, schüttelte widerwillig den Kopf. „Ich brauch niemanden, der auf mich aufpasst, Mama kommt bald wieder ...“ - plötzlich schien die volle Hoffnung wieder in mir zu wühlen. Maria seufzte und strich mir über die Wange. „Es ist besser, wenn du jetzt zu Bett gehst, Jolie ...“ riet mir Maria und versprach mir, dass alles besser werden würde. Zu Unrecht, das weiß ich heute, doch damals konnte ich es noch nicht wissen.
In meinem Zimmer war es eisig kalt, der Wind ließ die alten Fenster rattern und pfiff durch Lücken und Ritzen unseres alten Hauses. Erst im Morgengrauen schlief ich ein träumte von meiner verbitterten Zukunft. In einem weißen Raum, mit weißen Vorhängen und weißen Möbeln saß ich auf den weißen Fliesen. Im Traum war ich zu einer hübschen jungen Dame herangewachsen, mit großen blauen Augen, um die mich jeder beneiden würde. Ich schaute zu Boden und weinte bitter. Ich sah Mutter mit ihrer Geige in der Tür stehen, doch die Töne, die sie spielte waren verzogen und unsauber. Plötzlich öffnete sich eine Tür und viele Frauen, in weiß gekleidet kamen hinein. Sie lachten und sangen, eine schlechter wie die andere. Als ich aufwachte war es bereits mittags und ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass es geschneit hatte. Milamou mauzte schwächlich und schlich auf der Fensterbank hin und her. Das erste Mal seit langer Zeit nahm ich die Geige meiner Mutter unter dem Bett hervor. Sie lag weich gebettet in einem wunderschönen Geigenkasten. Vorsichtig nahm ich das werte Stück heraus und setzte es an mein Kinn. Als ich mit dem Bogen über die Seiten strich offenbarte sich ein dunkler voller Ton. Ich schloss die Augen und dachte an einen tiefen Laubwald mit großen, dicken Bäumen. Ein Reiter galoppierte vorbei und schlug mit einem dicken Stock gegen einen der Baumstämme. Ein wunderschöner tiefer Ton entstand, ähnlich wie meiner, nur noch schöner. Erneut setzte ich den Bogen an und strich über die Seiten. Ein milder heller Klang hallte in meinem Zimmer wieder. Ich konnte die Sonne aufgehen sehen, sah den Frühling, blühende Wiesen und vernahm einen süßlichen Duft, wie Honig.
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