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Zum Ende der Seite springen Ride on ["Song-Fic", Original; Shonen-Ai, Krimi] - Kapitel V/2
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Sidney Sidney ist weiblich
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So ihr Lieben, das ist nun der Geburtstagspost für euch^^ Ja, ich hab heute Geburtstag und nachdem ich schön chinesisch essen war, einen nicht ganz ernstgemeinten Heiratsantrag von meinem Lieblingspubbesitzer bekommen habe, dachte ich mir, ich möchte euch teilhaben lassen und geb euch einen weiteren Happen zu lesen. Ich freu mich auf eure Kommentare Augenzwinkern

Erstes Buch
II - der Blick gen Himmel


Part V


Ich hielt unweigerlich die Luft an.
»Aber… Ich dachte… Nur Männer werden kastriert.«, stammelte ich und versuchte mich an das letzte Fünkchen Hoffnung zu klammern.
»In diesem Fall auch Frauen. Eine Kastration bedeutet lediglich, dass sämtliche Fortpflanzungsorgane operativ entfernt werden.«, erklärte mir die Ärztin geduldig.
Mir wurde schwarz vor Augen. Wann hörten die schlechten Nachrichten endlich auf?
»Kann ich… kann ich zu ihr?«, fragte ich mit heiserer Stimme.
Dr. Charles nickte und erhob sich. Müde griff sie sich an ihre Haube und zog sie sich vom Kopf. Ihre Haare standen ihr wirr vom Kopf und sie wirkte wie eine verrückte Professorin.
Sie bemerkte meinen Blick, lächelte entschuldigend und fuhr sich durch die Haare. Dann drehte sie sich um und lief auf die Tür zu, die für normale Krankenhausbesucher stets verschlossen blieb, außer sie waren in Begleitung eines Arztes.
Ich erhob mich ebenfalls und folgte ihr aus dem Wartebereich. Keinen Schritt hinter mir spürte ich John. Er war angespannt.

Die Ärztin führte uns durch endlos scheinende Gänge. Die Türen und ein Teil der Wände waren aus Glas, bei einigen Zimmer waren Vorhänge und Rollos angebracht, damit man nicht hineinsehen konnte, bei den anderen waren die Vorhänge offen und wir hatten freien Blick auf im Koma liegende Patienten, Menschen mit Verbänden um den Kopf, mit Beinen oder Armen im Gips, die meisten von ihnen schliefen, manche lagen apathisch auf ihren Betten. Eines hatten sie alle gemeinsam: Sie waren frisch operiert und standen noch unter strikter Beobachtung.
Dr. Charles strebte einen Gang an, der den anderen Gängen glich. Fast ausnahmslos alle Rollos waren offen. Sie erklärte uns, dass hier die Patienten lagen, die noch aufwachen mussten oder die noch nicht verlegt werden dürften. Ich bekam diese Information nur am Rande mit, wollte ich doch schnellstmöglich zu Emily.

Wir hielten vor einer Tür.
»Mister Vineyard, ich denke, es wäre das Beste, wenn sie allein reingehen würden. Wir sollten Miss Davids nicht unnötigem Stress aussetzen.«, meinte die Ärztin und öffnete die Tür.
Ich nickte ihr dankbar zu und trat in das Krankenzimmer. Hinter mir wurde die Tür wieder geschlossen. Durch die Scheibe konnte ich sehen, wie sich John mit der Ärztin unterhielt.
Es roch nach Desinfektionsmitteln und Latexhandschuhen. Emilys zierlicher Körper wirkte auf dem riesigen Krankenhausbett mit seinen makellos weißen Laken noch viel kleiner. In ihrem Handrücken steckte eine Kanüle, deren Schlauch zu einem Beutel über ihrem Kopf führte. Stetig tropfte eine klare Flüssigkeit in ihre Venen. Ich vermutete, dass sie ihr eine Kochsalzlösung mit einem Schmerzmittel verabreichten.
Auf einem Tisch an der Wand lag ein Beutel und ich erkannte darin Emilys Kleidung. Daneben lag ein weiterer, kleinerer Beutel. Auf ihm war eine Skizze von einem Beckenknochen, an dem ein Punkt eingezeichnet war, angebracht. Wahrscheinlich befand sich in dem Beutel die Kugel, die sie Emily aus de Bauch geholt hatten.
Mir fiel auf, dass Emily nicht mehr an einem Beatmungsgerät hing. Das war ein gutes Zeichen. Sie konnte zumindest selbstständig atmen.
Ich drehte mich zum Fenster. Schuldgefühle überrannten mich.
»Chris…«, hörte ich eine leise, kratzige Stimme.
Ich wirbelte herum und blickte direkt in Emilys Augen.

»Oh Em, Baby!«, flüsterte ich und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
Doch es war mir egal. Ich begann wie ein Schlosshund zu heulen, als ich meine Arme um ihren Hals schlang und mein Gesicht im Kissen neben ihrem Kopf vergrub.
Ihre Hand legte sich leicht wie eine Feder auf meine Schulter.
»Emily, es tut mir so leid.«, schluchzte ich.
Ich fuhr ihr mit einer Hand immer wieder durch die Haare. Dann richtete ich mich auf und sah sie an.
»Das muss es nicht.«, murmelte sie.
Ihre Augen wirkten trüb und unstet wanderten sie von meinem Gesicht zum Fenster und dann zur Tür nur um danach wieder mein Gesicht zu fixieren.
Die Ärzte mussten ihr einen gehörigen Drogencocktail verabreicht haben.

»Chris, ich werde keine Kinder bekommen können.«, sagte sie mit plötzlich klarem Blick.
Sie starrte mich an, unsagbar traurig.
»Baby, ich weiß. Es… tut mir so unbeschreiblich leid.«, erwiderte ich und spürte, wie mir wieder die Tränen über mein Gesicht liefen.
Im nächsten Moment ertrug ich den verzweifelten Ausdruck in ihren Augen nicht mehr. Ich sah kurz zur Tür und bemerkte, wie John draußen heftig gestikulierte und die Ärztin immer wieder nickte. Was hatten die beiden nur zu besprechen?
Plötzlich spürte ich Emilys Hand auf meiner ruhen. Abermals sah ich sie an. Die Verzweiflung in ihren Augen war grimmiger Entschlossenheit gewichen.
»Ich weiß, wer das getan hat.«, flüsterte sie.
Verwirrt sah ich sie an. Ich setzte mich auf die Bettkante um auch ja keine Regung ihres Körpers, ihres Gesichts zu verpassen.
»Du meinst, du weiß, wie er ausgesehen hatte?«, wollte ich wissen.
Ich brannte darauf, alles zu erfahren, an das sich Emily noch erinnern konnte. Aber gleichzeitig wollte ich sie nicht überanstrengend. Außerdem war die Polizei noch nicht da gewesen. Jetzt waren die Erinnerungen noch frisch. In ein paar Stunden würden viele Details bereits verblasst sein.

»Nein, Chris, das nicht.«, nuschelte sie.
Meine Verwirrung wuchs. Wenn sie ihn nicht beschreiben konnte, woher wusste sie dann, wer er war?
»Aber was dann? Wurdest du bedroht?«, hakte ich nach.
Sie schüttelte abermals den Kopf.
Ich fühlte mich an Kat, einige Tage vor ihrem Tod, erinnert.
»Nein. Es waren aber die selben wie damals.«, flüsterte sie und drehte ihr Gesicht zur Seite.
Ihr Blick blieb an der Wand haften und sie wich mir aus.
»Wer, Emily?«, wollte ich wissen.
Warum rückte sie nicht endlich mit der Sprache raus?
»Die selben, die Kat auf dem Gewissen haben.«, ließ sie die Bombe platzen.

Zum zweiten Mal in dieser Nacht wurde mir schwarz vor Augen. Ich vernahm einen dumpfen Schlag, dann hörte ich Johns Stimme wie aus weiter Ferne. Auch Emily und ihre Ärztin redeten auf mich ein, aber ich war nicht in der Lage zu reagieren. Viel zu verlockend war die Dunkelheit, viel zu verheißend die Wärme, die von ihr ausging.
Und endlich gab ich mich ihr hin.

Ich erwachte einige Zeit später zusammengerollt auf einer Ledercouch. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee stieg mir in die Nase und ich hörte meinen Magen knurren. Nagender Hunger machte sich in mir breit und noch bevor ich die Augen richtig geöffnet hatte, versuchte ich mich schlaftrunken aufzurichten.
Was war geschehen? Benommen versuchte ich die Lider zu heben und mich umzusehen. Die Couch auf der ich saß, war eindeutig meine. Auch der Couchtisch und der Sessel gehörten mir. Das Phonoregal, die Stereoanlage und der Flachbildfernseher waren auch meine. Noch immer nicht vollständig wach registrierte ich, dass ich scheinbar in meinem Haus war. Aber etwas stimmte nicht. Etwas war anders.
Und dann fiel es mir auf. Der Geruch von Kaffee. Seit Kats Tod hatte ich beim Wachwerden nie wieder Kaffee gerochen.

Ich erhob mich nun vollends von der Couch und wankte verschlafen auf die Wohnzimmertür zu. In der Küche hörte ich jemandem rumoren. Ein Einbrecher? Nein, der würde keinen Kaffee kochen.
Auf alle Eventualitäten vorbereitet öffnete ich die Tür und trat in den Flur. Der Kaffeeduft wurde intensiver und nun mischte sich auch die Note von gebratenem Speck und Rührei unter. Auf dem Weg zur Küche warf ich einen Blick auf die Uhr. Es war halb zwei am Mittag. Welchen Tag hatten wir? Und wie lange hatte ich geschlafen? Ich wusste es nicht.
Meine Gedanken glitten wie durch Klebstoff und ich hatte das Gefühl noch nie so langsam durch mein Haus gelaufen zu sein. Ich fasste mir mit einer Hand an den Kopf. Ein leichtes Ziehen hinter meinen Augen kündigte eine bevorstehende Migräne an.

An der Küchentür angekommen hielt ich inne. Die Tür war offen und in meiner Küche stand er. John.
Er stand mit dem Rücken zu mir und bemerkte mich nicht. Seine Haare hingen ihm in nassen Strähnen in den Nacken. Er hatte sich scheinbar eine meiner Jogginghosen ausgeliehen. Auch das Shirt war meins. Barfuß stand er auf den Fließen und hantierte am Herd. Mir fiel erst jetzt auf, dass er kaum nennenswert größer war als ich und die Hose stand ihm deutlich besser als mir.
Leise schlich ich auf ihn zu und legte meine Arme um seine Taille. Kurz schrak er zusammen.
»Ausgeschlafen?«, fragte er, als sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte.
Ich nickte und küsste seinen Hals.

»Wie geht’s dir?«, wollte er wissen, legte den Pfannenwender zur Seite und drehte sich zu mir um.
»Von den Kopfschmerzen und der Tatsache, dass ich mich fühle, als wäre ich unter eine Dampfwalze geraten, mal abgesehen… beschissen.«, erwiderte ich und kuschelte mich an ihn.
John nahm mich in die Arme und streichelte meinen Rücken.
»Wie lang war ich weg?«, wollte ich nun meinerseits wissen.
»Nur ein paar Stunden.«, kam die vage Antwort.
»John, sag mir, wie lang ich weg war.«, verlangte ich.
Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, was passiert war.
»Ungefähr zehn Stunden.«, murmelte er.
Er hob eine Hand und streichelte meinen Hals.
Zehn Stunden. Ich rechnete im Kopf nach. Vor zehn Stunden war ich wo gewesen?
John musste meine Unsicherheit bemerkt haben.
»Wir waren im Krankenhaus. Und du bist ohnmächtig geworden. Emilys Ärztin wollte dich dort behalten. Aber ich dachte mir, dass du lieber in deiner gewohnten Umgebung aufwachen wolltest.«, erklärte er mir.
Dann fiel es mir wieder ein. Der Streit, das Auto, der Schuss. Und Emily, wie sie mir sagte, dass sie von denselben Leuten angeschossen worden war, die meine Kat umgebracht hatten.

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07.02.2010 22:20 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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Wie immer einfach nur superduperspitzenklasse großes Grinsen

EDIT: Peinlich - Alles gute Zum Gebu auch hier ;DD

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Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Zimtziege: 09.02.2010 22:36.

09.02.2010 22:35 Zimtziege ist offline E-Mail an Zimtziege senden Beiträge von Zimtziege suchen Nehmen Sie Zimtziege in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zimtziege in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Zimtziege anzeigen
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Alles Gute zum Geburtstag nachträglich!
Wieder ein toller Teil, obwohl ih den Verdacht nicht loswerde, das John etwas mit den "bösen" zu tun hat ...

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Vom 22.07.-07.08 Nicht im Land! Ab nach Frankreisch

11.02.2010 14:09 Hidalgo ist offline E-Mail an Hidalgo senden Homepage von Hidalgo Beiträge von Hidalgo suchen Nehmen Sie Hidalgo in Ihre Freundesliste auf
Sidney Sidney ist weiblich
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*tröööööhhht* So, erstmal danke für eure Glückwünsche^^ Ich hab auch schon den nächsten Teil für euch *gg* Ich wünsch euch viel Spaß beim lesen.

@die Stillleser: Auch ihr dürft gerne euren Senf zu dem Geschreibsel abgeben fröhlich


Erstes Buch
II - der Blick gen Himmel


Part VI



Mein Herz begann wieder zu rasen und ich hatte das Gefühl zu ersticken. Sie hatte es die ganze Zeit über gewusst. Emily wusste all die Jahre, dass Kat nicht bei einem Unfall gestorben war.
Ich versuchte den Knoten in meinem Hals runterzuschlucken.
»Chris…«, begann Johnny.
Mit einem Kopfschütteln unterbrach ich ihn.
»Ich möchte jetzt nicht reden.«, begründete ich die Abfuhr.
John sah mich nur mitleidig an, doch er unternahm keinen Versuch mehr mich in seine Arme zu schließen.
Einerseits war ich ihm dankbar, denn das Letzte, was ich jetzt brauchen konnte, war Mitleid. Andererseits wünschte ich mir nichts mehr, als in seinen Armen zu liegen und die letzten 24 Stunden zu vergessen.
Da Letzteres aber vollkommen unmöglich war, blieb mir nur die erste Möglichkeit und so drehte ich mich um und ging in mein Wohnzimmer.

Als Kat und ich beschlossen zu heiraten, war für uns beide klar, dass wir uns ein Haus bauen wollten. Im Wohnzimmer verwirklichte ich mir dann einen lang gehegten Traum, ich ließ in einer Ecke eine Art Podest einbauen, zu dem drei Stufen führten. Die Fenster an zwei Seiten reichten bis zum Boden. Dort stellte ich meinen Flügel auf.

Als ich nun das Wohnzimmer betrat, strebte ich genau dieses Podest an.
Mein Flügel stand schon seit Jahren an derselben Stelle.
Ich hielt einen Moment inne und betrachtete das schwarze Holz im Sonnenlicht. Offenbar hatte es den ganzen Vormittag geregnet, denn an den Fensterscheiben liefen noch einzelne Wassertropfen herab. Die Wolkendecke brach bereits an mehreren Stellen auf.
Das Wetter stand in seltsamem Kontrast zu meinen Gefühlen. Irgendwie hätte es deutlich besser gepasst, wenn es draußen gehagelt und gestürmt hätte.
Ich schüttelte den Kopf und stieg die Stufen hinauf, dann nahm ich vor meinem Klavier platz.
Es war ein seltsames Gefühl. Seit Kats Tod drei Jahre zuvor hatte ich nur noch selten gespielt. Viel zu sehr schmerzte mich die Erinnerung an meine Frau, hatte sie mein Spiel doch so sehr geliebt.
Als ich mich nun an die Tasten setzte, kamen diese Bilder wieder in mir auf.

Ich war früher aufgestanden als sonst und hatte Kaffee gekocht. Während die Brötchen im Backofen warm wurden, hatte ich mich ans Klavier gesetzt, weil ich Kathryn mit einem Lied wecken wollte.
Kurz nachdem ich angefangen hatte zu spielen, erschien sie in der Wohnzimmertür. Sie hatte ihre vom Schlaf zerzausten Haare mit einem Pinsel zu einem Knoten hochgesteckt, so dass ihr einige ihrer Locken keck ins Gesicht fielen. Ihr schlanker Körper steckte in einem Bademantel, den sie nur locker mit dem Gürtel zugebunden hatte. Mit beiden Händen hielt sie eine Kaffeetasse, aus der es verräterisch dampfte. Kat hatte in der Tür gelehnt und mich bei meinem Spiel beobachtet.

Ich vertrieb die Erinnerung an diesen Augenblick, denn im Moment stand ein Mann in meiner Küche, nach dem ich mich wochenlang verzehrt hatte.
Und der genau wusste, wie Kat ums Leben gekommen war.
Seufzend suchte ich ein Notenblatt und begann kurz darauf eine melancholische Ballade zu spielen.
Ohne dass ich es verhindern konnte, drangen wieder diese Bilder in mein Bewusstsein.

Kat hatte mich angesehen und war dann zu mir auf das Podest gekommen. Sie beugte sich zu mir herab und küsste mich. Ich hatte sie zu mir auf meinen Schoß gezogen und sie einfach nur angesehen. Obwohl sie noch vollkommen verschlafen war, war sie atemberaubend schön. Sie lächelte mich etwas verklärt an und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
»Danke für den Kaffee.«, murmelte sie.
Ich hatte nur genickt und ihr die Tasse aus der Hand genommen um sie hinter ihr auf dem Klavier abzustellen. Dann nahm ich meine Frau in die Arme.
»Ich liebe dich.«, flüsterte ich an ihrer Schulter.
»Ich dich auch.«, erwiderte sie.
Dann hatte sie sich erhoben und war in die Küche gegangen. Ich spielte weiter am Klavier und nippte hin und wieder am Kaffee, den Kat vergessen hatte. Keine halbe Stunde später war sie vor mir gestanden, ganz die Geschäftsfrau. Sie gab mir einen langen Kuss, verabschiedete sich von mir und brach, wie jeden Tag, zu ihrer Arbeit auf. Ich beobachtete sie wie immer vom Flügel aus. Sie hatte mir von ihrem Auto aus noch einen Kussmund zugeworfen, dann war sie gefahren und ich machte mich langsam für die Arbeit zurecht.
Der Anruf kam, als ich gerade in einem Gespräch mit einem Kunden war. Eine Frau am anderen Ende der Leitung sagte mir in beunruhigend ruhigem Tonfall, ich solle schnellstmöglich zu einer bestimmten Autobahnausfahrt kommen. Ohne dass ich groß darauf geachtet hätte, irgendwem irgendetwas zu erklären, war ich aus der Bank zu meinem Auto gestürmt und losgefahren.
Was mich am Ende der Fahrt erwartete, veränderte mein gesamtes Leben.

Abermals versuchte ich den Gedanken, die Bilder zu verdrängen und mich auf die Noten vor meinen Augen zu konzentrieren.
Als ich John das erste Mal gesehen hatte, löste er irgendetwas in mir aus. Dies äußerte sich in für mich völlig irrationalen Handlungen, denn zum Einen rannte ich ständig in die Club, in dem er arbeitete, zum Anderen versetzte ich Emily immer wieder, nur um ihr nicht davon erzählen zu müssen, waren wir doch sonst immer offen und ehrlich zueinander gewesen.
Bei dem Gedanken an Emily tat mir das Herz in der Brust weh. Ich fragte mich, wie es ihr wohl ging.
Doch als ich mich bei dem Gedanken ertappte, dass Emily nie Kinder bekommen konnte, versuchte ich direkt wieder an John zu denken. John, der gerade in meiner Küche stand, mir etwas zu Essen zubereitete und dabei ungemein gut aussah.
John war der Grund gewesen, warum ich mich nach drei Jahren wieder ans Klavier setzen konnte, ohne schmerzlich an meine Frau erinnert zu werden.
Bei der Erinnerung an Kat, fühlte ich mich wieder wie an jenem Tag, als ich voll böser Vorahnungen an der Autobahnausfahrt ankam.

Feuerwehr, Krankenwagen, Notdienst, Polizei. Sie alle waren da und sie alle standen hilflos um ein vollkommen zerquetschtes Auto herum. Doch egal wie kaputt das Auto war, ich hatte sofort erkannt, dass es Kats dunkelgrüner Honda war. Vollkommen panisch war ich aus meinem Wagen gesprungen. Sofort hatten mich zwei Polizisten aufgehalten, die mich aber direkt durchließen, als sie erkannten, wer ich war.
Ein Notarzt kam auf mich zu und zog mich beiseite.
»Mister Vineyard, Ihre Frau steckt noch in ihrem Wagen fest.«, begann er.
»Dann holen Sie sie da raus!«, hatte ich gerufen.
Der Notarzt hatte mich mitleidig angesehen und dann den Kopf geschüttelt.
»Das geht leider nicht. Ihre Frau ist in dem Wrack eingeklemmt. Ihre linke Oberschenkelarterie ist offensichtlich durchtrennt. Nur der Schock und ein Stück Metall, das auf ihr Bein drückt, verhindern, dass sie stirbt.«, erklärte er mir.
Ich spürte, wie ich bleich wurde und rang verzweifelt um Fassung.
»Sie wird verbluten, egal ob wir sie jetzt befreien oder nicht. Ihre Frau wollte, dass wir Sie benachrichtigen.«, schloss er.
Dann klopfte er mir traurig auf die Schulter, drehte ich um und ging.
Als wäre es erst gestern gewesen, konnte ich mich noch an das Blaulicht erinnern, das zuckende Schatten auf die Autobahn warf. Auch an den leichten Nieselregen, der eingesetzt hatte, erinnerte ich mich gut. Denn viel zu kalt war das Wasser, das mir in kleinen Bächen aus den Haaren in den Nacken lief.
Ich ging zum Wagen meiner Frau und fand sie dort hinter dem Lenkrad sitzend vor. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Gesicht war übersät von blutigen Kratzern und Schrammen.
Sanft griff ich nach ihrer Hand und Kat öffnete langsam die Augen.
»Chris.«, murmelte sie und hustete.
Überall war Blut. Kathryns Blut.
»Nicht reden.«, flüsterte ich und nahm sie in die Arme.
»Es tut… mir leid.«,
»Sag das nicht Kat, das muss dir nicht leid tun! Es wird alles wieder gut.«, erwiderte ich und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, denn ich wusste genau, dass nichts mehr gut werden würde.
»Werde ich sterben?«, fragte sie und sah mich mit ihren großen Augen an.
»Nein… Nein, Kat, du wirst nicht sterben.!«, flüsterte ich panisch.
»Du hast schon mal besser gelogen.«, hauchte sie schwach.
Aus ihrem Mundwinkel floss Blut und ich begriff entsetzt, dass sie wirklich nur noch ein paar Minuten hatte.
»Kat, verzeih mir bitte.«, antwortete ich und drückte sie an mich.
»Ich liebe dich.«, hörte ich sie flüstern.
Ich sah sie an, hoffte, dass sie ein letztes Mal meinem Blick begegnen würde, doch sie war bereits tot. In meinen Armen gestorben.
»Ich liebe dich auch, meine Kat Vineyard, ich liebe dich auch.«, sagte ich und spürte, wie mir die Tränen der Verzweiflung über das Gesicht liefen.

»Schluss!«, rief ich und schlug beide Hände auf die Tasten.
Dann vergrub ich meine Finger in den Haaren. Es brachte nicht über Kats Tod nachzudenken.
Plötzlich spürte ich, wie sich zwei Arme um meinen Oberkörper legten. Dann vernahm ich den Geruch von Sandelholz und Seife. Ergeben schloss ich die Augen und lehnte mich an Johns Brust.
»Ist alles in Ordnung? Ich hab dich schreien hören.«, fragte er.
Ich nickte, denn ich wollte ihm nicht von meinen Gedanken und Erinnerungen erzählen.
»Du denkst an Kathryn, stimmt’s?«, stellte er fest.
Wenn er das so genau wusste, warum fragte er dann noch?
Doch anstatt ihm genau das zu sagen nickte ich nur.

John legte sein Kinn auf meine Schulter und drückte mich fester an sich.
»Es tut mir leid.«, murmelte er und küsste meine Wange.
Es war nur ein Hauch einer Berührung, zart wie eine Feder und doch nahm sie mir in diesem Augenblick jede Angst, jedes schlechte Gefühl und ließ mich für einen Moment wieder hoffen. Ich seufzte und drehte meinen Kopf um ihn anzusehen.
»Es muss dir nicht leid tun.«, erwiderte ich und küsste nun meinerseits seine Wange.
Seine Hand glitt über meinen Rücken und wanderte in meinen Nacken. Dann sah er mir in die Augen. Ich erwiderte seinen Blick und stellte fest, dass seine Augenfarbe irgendwo zwischen samtgrün und schwarz verankert war. Verwirrt betrachtete ich sein Gesicht. Diese Farbe war neu, ich kannte sie nicht.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich ihn und strich mit meinen Fingerspitzen über sein Gesicht.
Er atmete schwer aus. Dann setzte er sich neben mich auf den Klavierhocker und zog mich zwischen seine Beine.
»Ich weiß es nicht.«, antwortete er.
Seine Stimme klang traurig. Ich legte meine Arme um seine Taille und bettete meinen Kopf an seiner Schulter.
»Einerseits bin ich glücklich. Ich darf bei dir sein, ich halte dich in meinen Armen. Es könnte so perfekt sein. Andererseits weiß ich, dass deine beste Freundin im Krankenhaus liegt. Du hast Dinge über deine verstorbene Frau erfahren, die die Vergangenheit wieder aufleben lassen. Ich weiß nicht, vielleicht habe ich Angst.«, fuhr er fort.
»Angst? Wovor?«, wollte ich wissen.
Es war ein seltsames Gefühl John so offen sprechen zu hören.
»Vielleicht davor dich zu verlieren, obwohl ich dich doch noch gar nicht habe.«, flüsterte er und vergrub sein Gesicht in meinem Nacken.
Mit einem Schlag klopfte mir das Herz bis zum Hals.

Er hatte gesagt, dass er mich noch gar nicht hatte. Wenn er wüsste. Ich war ihm vom ersten Moment, in dem ich ihn gesehen hatte, verfallen gewesen. Ich gehörte ihm bereits.

~~~~

Ende Kapitel II

__________________

Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Sidney: 11.02.2010 18:22.

11.02.2010 18:20 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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Ach Gott, ichmusste fast anfangen zu weien als ich den teil mit Kat gelesen hab und ir sie gestorben ist....wunderschön geschreiben, wirklich!
Du musst gaanz schnel wieterschreben großes Grinsen

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11.02.2010 20:37 Hidalgo ist offline E-Mail an Hidalgo senden Homepage von Hidalgo Beiträge von Hidalgo suchen Nehmen Sie Hidalgo in Ihre Freundesliste auf
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Danke schön *freu* Aber ob dus glaubst oder nicht, beim Schreiben sind mir auch die Tränen geflossen. Das ist mir bei noch keiner meiner Geschichten passiert.^^
Ich bin gerade am vierten Kapitel dran. Das sind bereits 7 Seiten mit etwas über 4500 Wörtern. Also einiges... Ich denke nach dem 5. Kapitel steig ich mal in Buch zwei ein.

Es freut mich total, dass du so eifrig mitliest^^ Was hälst du denn eigentlich von dem bildlichen Aussehen von Chris und Emily? *neugier*

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11.02.2010 20:48 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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Also... ich mag die Aussehen von Em und Chris - passen echt gut zu den Charakteren. smile

Bin übrigens am Haus dran, hab gestern mal versucht was hinzubekommen, aber iwie wirds grad nix. =/ Mal sehn, kriegen wir auch noch hin smile


LG
Zimti

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14.02.2010 00:53 Zimtziege ist offline E-Mail an Zimtziege senden Beiträge von Zimtziege suchen Nehmen Sie Zimtziege in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zimtziege in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Zimtziege anzeigen
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Hrhr danke schön, Süße^^Ich bin ja schon gespannt, wie das ausschauen wird. Ich hab übrigens vorhin meine Perspektivenzeichnungen gefunden^^

So, jetzt gehts auch schon weiter. Auf zum dritten Kapitel!! Ich freu mich über ganz viele Kommentare *lieb schaut*


Erstes Buch
III - Chaostheorie


Part I


Irgendwann hatten John und ich uns dann an die Bar in der Küche gesetzt und gefrühstückt. Auch wenn ich mir jetzt Vorwürfe machte, war ich dennoch froh, geschlafen zu haben, denn ich spürte, dass mein Körper den Schlaf dringend nötig gehabt hatte und ich für die kommenden Tage so viel Energie wie möglich brauchen würde.
Mir war eigentlich gar nicht nach Essen, aber mein Verstand drängte mich dazu. Und John tat sein Übriges.
»Du musst fit sein.«, ermahnte er mich und packte mir noch mal eine Ladung Speck und Rührei auf den Teller.
»Das mag sein, aber deswegen brauchst du mich noch lange nicht mästen!«, quengelte ich und versuchte ihn mit einer Kleinmädchenstimme davon abzuhalten, mir die Portion einer ganzen Fußballmannschaft auf den Teller zu laden.
»Ach weißt du, ich hab das Gefühl, dass du viel zu dünn bist. Und ich stehe nicht auf blaue Flecken.«, erwiderte er und grinste anzüglich.
Ich verschluckte mich fast am Speck, als mir die Bedeutung dieser Aussage bewusst wurde. Dann musste ich lachen.
»Du kommst mir auf Ideen.«, prustete ich und schob mir einen weiteren Streifen Speck in den Mund.
John erwiderte nichts, was hätte er auch sagen sollen?

Der Rest vom Frühstück verlief mit ähnlichem Geplänkel. Als wir fertig waren, räumte John die Bar ab und begann sauber zu machen. Ich schüttelte verdutzt den Kopf, nutzte die dadurch gewonnene Zeit jedoch um mir eine heiße Dusche zu gönnen.
Während ich im Bad stand und mich aus meinen Klamotten schälte, dachte ich über den vorhergehenden Tag nach. Was war eigentlich passiert? Meine gesamte Situation wirkte unwirklich, surreal. Kathryn war seit drei Jahren tot, warum holte mich also meine Vergangenheit ein? Und warum ausgerechnet jetzt und in diesem Ausmaß?
Ich warf meine Klamotten in den Wäschekorb.
Was war passiert, dass Kathryn in dieser Form wieder Besitz von meinem Leben ergriff? Was war passiert, dass Emily jetzt im Krankenhaus lag? Ich hatte langsam aber sicher das Gefühl, dass sich der gesamte Inhalt meines Lebens gegen mich verschworen hatte.
Völlig in Gedanken versunken stieg ich unter die Dusche und drehte das Wasser auf. Ein spitzer Schrei drang aus meiner Kehle, als das eisige Wasser auf meinen Rücken prasselte.
Himmel war ich heute wieder intelligent. Mit einem sarkastischen Grinsen drehte ich am Temperaturregler. Endlich wurde das Wasser warm und ich konnte mich wieder meinen Gedanken widmen.

Eine viertel Stunde später hatte ich es mir auf der Couch im Wohnzimmer bequem gemacht. Ich fühlte mich etwas deplatziert. Vor allem, weil John immer noch in meiner Küche herumhantierte.
»Chris, die Polizei hatte heute Morgen angerufen. Wir sollen nachher noch mal aufs Revier kommen. Sie haben noch ein paar Fragen an uns.«, meinte er, als er das Wohnzimmer betrat.
»Fragen? Was für Fragen?«, wollte ich wissen.
»Bezüglich dem Anschlag auf Emily.«, erklärte er mir und setzte sich zu mir auf die Couch.
Anschlag. Das klang wie eine Terrorverschwörung gegen die USA, aber nicht wie ein Mordversuch an Emily.
»Haben die den Täter?«, fragte ich.
Eigentlich kannte ich die Antwort bereits, aber hoffen durfte man schließlich ja noch.
John schüttelte nur den Kopf.
»Chris, es tut mir ehrlich leid.«, flüsterte er und legte mir den Arm um die Schultern.
Ich verbarg mein Gesicht in seiner Halsbeuge.
»Du kannst doch nichts dafür.«,
Darauf sagte er nichts mehr. In jeder normalen Situation hätte ich damit gerechnet, dass er mir zustimmen würde, aber jetzt schenkte ich dem Ganzen keine Bedeutung.
»Können wir zuvor Emily besuchen gehen?«, fragte ich und küsste die weiche Haut an seinem Hals.
John nickte und verstärkte den Griff um meine Schultern. Sanft biss ich ihm in den Hals, dann löste ich mich von ihm und stand auf. Ich wollte mir etwas anderes anziehen, denn in einer Jogginghose im Krankenhaus aufzutauchen war nicht mein Stil.

»Hey.«, hörte ich Johns Stimme, als ich gerade durch die Tür in den Flur treten wollte.
Ich drehte mich um.
»Sie wird schon wieder.«, meinte er und lächelte aufmunternd.
Diesmal war ich es, der nickte. Dann trat ich endgültig in den Flur und ging in mein Schlafzimmer.
Diese ganze Situation kam mir immer surrealer vor. Der Mensch, den ich wochenlang in diesem Club beobachtet hatte, war jetzt an meiner Seite. Aber ich konnte es nicht genießen, denn die einzige Person, mit der ich dieses Glück teilen wollte, der ich all das erzählen wollte, die sich für mich freuen sollte und mit der ich über all das normalerweise redete, diese Person lag im Krankenhaus.
Ich angelte mir eine schwarze Jeans und ein beiges Hemd aus dem Kleiderschrank. Nachdem ich mich umgezogen hatte, traf ich John an der Haustür an. Er sah gut aus, wie immer.
»Dir würden längere Haare auch gut stehen.«, meinte er und fuhr mir durch meine frisch gekämmten Haare.
Er lächelte.
»Das glaube ich nicht.«, erwiderte ich und versuchte wieder halbwegs Ordnung in meine Frisur zu bringen.
Emily hatte am Tag zuvor ebenfalls durch meine Haare gewuschelt. Was hatten die nur immer alle mit meinen Zotteln?
»Na komm.«, sagte John, legte mir wieder seinen Arm um die Schultern und zog mit der freien Hand den Schlüssel aus dem Schlüsselloch.
Dann nahm er seine Jacke von der Garderobe, öffnete die Tür und bugsierte mich hindurch. Ohne mein Zutun schloss er hinter sich ab und ging Arm in Arm mit mir zu meinem Wagen.
Emilys Auto stand in meiner Hofeinfahrt. John hatte uns also in der Nacht mit ihrem Auto heimgefahren.

Als wir die Hauptstraße entlang fuhren, legte John seine Hand auf meinen Schenkel und griff sanft zu.
»Wir sollten vielleicht zuerst zur Polizei. Dann haben wir das hinter uns.«, schlug er vor und warf mir kurz einen prüfenden Blick zu.
Ich nickte wortlos. Je schneller ich die Fragen von denen beantworten würde, desto schneller konnte ich zu Emily. Und wenn ich zuerst deren Fragen beantwortete, müsste ich mich bei meiner besten Freundin nicht abhetzen. Es war besser so.
Auch wenn ich nicht das Gefühl hatte, die Fragen unbeschadet zu überstehen.
John fragte nicht weiter, sondern schlug den Weg zum Polizeirevier ein. Dass mein Herz auf den letzten hundert Metern gefährlich tief in meine Hose sank, verschwieg ich. Ich hatte irgendwie sowieso die meiste Zeit der Fahrt geschwiegen. Warum sollte ich auch etwas sagen?

Johnny parkte den Wagen vor einem großen, barocken Gebäude, das so gar nicht nach einem Polizeirevier aussah, wäre da nicht das übergroße Schild gewesen. Und ach die blauweißen Polizeiautos davor deuteten an, dass wir hier richtig waren. Nachdem John den Motor abgestellt hatte, schnallte ich mich ab und lehnte mich erst einmal zurück, versuchte tief durchzuatmen. Was hatte ich denn schon großartig zu befürchten? Ich war doch derjenige, der Emily gefunden und der versucht hatte, sie bis zum Krankenhaus zu tragen.
‚Aber du hast dich zuvor doch noch mit ihr gestritten!’, begann eine leise Stimme in meinem Hinterkopf zu nagen.
Ich schob den Gedanken beiseite und versuchte mich darauf zu konzentrieren, was nun wohl als Nächstes geschehen würde.
»Alles in Ordnung?«, riss mich John aus meinen Gedanken.
Verdutzt sah ich zu ihm rüber. Er blickte mich besorgt an und seine Hand lag wieder auf meinem Schenkel. Ich hatte es gar nicht bemerkt.
»Ja – Ja, es ist alles in Ordnung.«, log ich und wandte den Blick ab.
Er musste es spüren, sehen oder auch bemerken, dass im Moment gar nichts in Ordnung war. Zumal ich diese penetrante Stimme in meinem Kopf nicht los wurde, die mir immer wieder einhämmerte, dass ich mich vor dem Mordversuch an Emily mit ihr gestritten hatte und dass ich dadurch ein Motiv hätte. Vor allen Dingen, weil sie mir im Krankenhaus ja noch angedeutet hatte, dass sie wusste, wer Kathryn umgebracht hatte. Für die Polizei würde es, wenn ich dieses Detail erwähnen würde, so aussehen, als hätte ich eventuell Tage vorher etwas darüber in Erfahrung gebracht und wollte mich nun an ihr – Emily – rächen, weil sie mir nichts gesagt hatte. Der rachsüchtige, liebende Witwer. Das wäre doch ein wunderbares Täterprofil um mich für die nächsten fünfzehn Jahre hinter Gitter zu bringen.
Ich hatte das Motiv, die Gelegenheit und die Zeit um Emily anzugreifen und sie zu anzuschießen. Nur die Waffe besaß ich nicht.
Plötzlich spürte ich Panik in mir aufwallen. Wie oft las man von korrupten Polizisten, die einen Unschuldigen ins Gefängnis brachten, nur weil sie den Fall gelöst haben wollten und ihm dann Beweise unterjubelten? Hatten die Täter am Vorabend die Waffe vielleicht aus dem Auto geworfen und ein übereifriger Streifenpolizist hatte sie gefunden, damit man mir sie nun unterschieben konnte?
»Chris?«, wiederholte John nun offenbar zum zweiten oder dritten Mal.
Ich schrak zusammen und blickte ihn gehetzt an.
»Du machst dir Sorgen, dass sie dich als Täter sehen.«, mutmaßte er und sah mich weiter besorgt an.
Ich schüttelte den Kopf, dann nickte ich. Offenbar konnte man mir das schlechte Gewissen schon im Gesicht ablesen. Ich war verloren.
Erneut ergriff mich eine Welle der Panik und ich wollte eigentlich nur noch weglaufen.
»Die Polizei wird dich nicht beschuldigen. Sie suchen nach dem Täter und wollen nur deine Zeugenaussage, damit sie die Suche etwas einschränken können. Sie brauchen Informationen. Beruhig dich erstmal, atme tief durch und dann gehen wir da rein und stehen das zusammen durch, in Ordnung?«, fragte er mich und strich mir mit der Hand über den Schenkel.
Ich beobachtete einen Moment lang seine Finger, wie sie über den Stoff der schwarzen Jeans glitten, dann nickte ich erneut und machte die Augen zu. Als ich tief einatmete, hatte ich das Gefühl, als versuche ich meinen Brustkorb zu sprengen. Es fiel mir unglaublich schwer mich wieder etwas zu beruhigen. Doch die massierende Bewegung von John und das konzentrierte Atmen halfen nach einigen Sekunden tatsächlich und ich schaffte es die Panik zurückzudrängen. Mit einem ergebenen Seufzen öffnete ich die Augen und sah John mit neu gewonnener Kraft an.
»Bereit?«, wollte er wissen.
»Bereit.«, erwiderte ich, griff nach der Autotür und machte sie auf.
Einen Augenblick später standen John und ich vor einer schweren Tür, die aussah, als hätten schon einige Menschen versucht sie durch Schläge und Tritte zu öffnen. Wahrscheinlich waren es betrunkene Menschen gewesen, die randalieren wollten. Erneut schloss ich die Augen, atmete tief durch und betätigte dann die Klingel, die außen angebracht war. Ich hatte noch nicht mal Zeit, mir einen Satz zurecht zu legen, als auch schon eine kratzige Stimme ertönte.
Ich war wie festgewachsen, konnte nicht reagieren und war nur froh, als Johnny das Sprechen übernahm und unser Anliegen mitteilte. Einen Moment später ging surrend die Tür auf und wir befanden uns in einer Art Vorraum. Zu unserer Rechten hing eine riesige Pinnwand mit Fahndungsmeldungen, Suchanzeigen und Aufrufe zu einer gewalt- und drogenfreien Welt. Links von uns befand sich eine Scheibe aus doppeltem Panzerglas, hinter der ein übergewichtiger Beamter saß und gelangweilt in der Nase bohrte. Ein angeekelter Schauer rann mir über den Rücken und ich bekam eine Gänsehaut. Schnell blickte ich zur Seite um nicht mit ansehen zu müssen, was er nun gleich mit dem Etwas anstellen würde, das er sich aus der Nase gezogen hatte.
John bemerkte mein Unbehagen, legte mir eine Hand auf die Schulter und übernahm erneut das Sprechen.

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14.02.2010 00:56 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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Iiihhhh, ist das aber ein ekeliger Polizuist Zunge raus

Das Aussehen.... na ja, ich bin eigentlich imer einer der sich egal ob es ein aussehen gibt immer siene Figuren hat, also Chris hast du bei mri nicht ganz getroffen, doch be Emily bist du schon sehr nah dran großes Grinsen

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14.02.2010 12:08 Hidalgo ist offline E-Mail an Hidalgo senden Homepage von Hidalgo Beiträge von Hidalgo suchen Nehmen Sie Hidalgo in Ihre Freundesliste auf
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Heeey. War so lange nichtmehr hier. Muss erstmal nachlesen.
Bis auf deinen letzten Post hab ich das schon großes Grinsen
Wie immer toll,toll,toll.

Während das mit Kat kam (wobei ich echt sagen muss, das ich mich andauernd angesprochen fühle, weil mich meine Freunde immer so nennen Zunge raus ) habe ich eines meiner Lieblingslieder gehört: *klick*


So ich werd jetzte mal weiterlesen. smile *freu*


edit: Die Homepage ist Klasse großes Grinsen Habs da weitergelesen und auch andere Beiträge,die dort waren. Echt toll smile

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Why can't be there a way to tell someone how i feel in a single sentence?" Herz

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14.02.2010 16:39 Starling ist offline Beiträge von Starling suchen Nehmen Sie Starling in Ihre Freundesliste auf
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Zitat:
Original von Lou1106
Also.. Ich habe mir alles durchgelesen und muss sagen, ich mag's eigentlich, auch wenn ich nicht so der Krimi-Fan bin.
Dein Schreibstil ist flüssig zu lesen, trotz einiger kleiner Fehler, die ich gerade leider nicht mehr finde, weil ich es gestern Abend noch schnell gelesen habe.
Ich werde aber die Tage nochmal drüber schauen und die Fehler suchen.
Trotzdem gute Idee. (= Freue mich mehr zu lesen.


Ich bin auch wohl eher ein stiller Mitleser. Da ich momentan kein vernünftiges Internet hab, kann ich leider nicht weiterlesen, habe einfach nur so nochmal quer gelesen. Mir gefällt es immer besser. <3 Werde bei Gelegenheit nochmal ganz drüber schaun. (:

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14.02.2010 17:03 Lou ist offline E-Mail an Lou senden Beiträge von Lou suchen Nehmen Sie Lou in Ihre Freundesliste auf
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Hey ihr Süßen,
Vielen, vielen Dank *freu* Ich find es toll, dass ihr alle noch mitlest *g* Ich denke, ich stelle nachher noch einen weiteren Teil online, wenn einer von euch noch ein Posting setzt (bezgl. Doppelposting)

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15.02.2010 14:14 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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*muh* *Posting besetzt und alles daran setzt, dass du neue Sachen reinstellen kannst* MEEEEEEEEEEEHR großes Grinsen
*Popcorn reich*


Muuhahahahaha großes Grinsen


Mach weiter, los Zunge raus

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15.02.2010 18:21 Zimtziege ist offline E-Mail an Zimtziege senden Beiträge von Zimtziege suchen Nehmen Sie Zimtziege in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zimtziege in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Zimtziege anzeigen
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Ihr Wunsch sei mir Befehl *g* Diesmal ist der Teil etwas kürzer^^ Ich hoffe, er gefällt euch trotzdem

Erstes Buch
III - Chaostheorie


Part II


Einen Augenblick später öffnete sich surrend eine weitere Tür und John bugsierte mich hindurch. Wann hatte der Polizist die Tür geöffnet? Und was hatte John ihm gesagt? Ich hatte nichts davon mitbekommen. Und wo war ich mit meinen Gedanken gewesen? Sämtliche Erinnerungen der letzten Momente waren ausgelöscht – Blackout.
»Alles in Ordnung?«, raunte mir John erneut zu und ich zuckte erschrocken zusammen.
Ich stand vollkommen unter Strom und war überaus nervös, was ich mir selbst nicht so recht erklären konnte.
An einem Tresen blieben wir stehen und ein junger Beamter kam von der anderen Seite auf uns zu. Dieser wirkte seltsam freundlich, in meinen Augen etwas zu freundlich, und verlangte nach unseren Ausweisen. John und ich griffen in unsere Geldbeutel und legten sie dem Beamten auf den Tresen. Dieser machte sich direkt einige Notizen, schrieb sich die Ausweisnummer, sowie unsere Namen auf und gab uns dann unsere Papiere zurück.
»Bitte unterschreiben Sie hier. Das dient nur zur Bestätigung, dass Sie zur Informationssammlung anwesend waren.«, meinte er und gab uns beiden jeweils einen Bogen eng beschriftetes Papier.
Ich war unfähig auch nur ein Wort zu entziffern. John überflog sein Schreiben, dann nickte er mir zu. Schließlich setzten wir beide unsere Unterschriften darunter, mein Begleiter griff unter meinen Ellenbogen und führte mich auf den Wink des jungen Polizisten hin zu einer weiteren Tür. Dort mussten wir einen Augenblick warten. Noch bevor ich mich versah, begann ich in kleinen Runden auf und ab zu laufen. Ich war unruhig und konnte mein Verhalten selbst nicht ganz versehen. Selbst als John mir seine Hand beruhigend auf die Schulter legte, hielt mich das nicht davon ab weiter meine Kreise in den billigen Teppichboden zu laufen. Schließlich ging die Tür auf und ein typischer Großstadtbulle, der offenbar schon viel zu lange im Amt war und auf seine Beförderung wartete, kam heraus, reichte uns die Hand und bat uns dann in sein Büro. So kalt der Vorraum und die Räumlichkeiten danach waren, so kalt war auch das Büro von – wie er sich vorstelle – Snyder. An den Wänden lehnten Aktenschränke, die wirkten als würden sie jeden Moment umfallen. Sie sahen aus, wie die Modelle aus dem vorigen Jahrhundert und der Staubschicht auf den Akten ach zu urteilen, schienen sie auch genau aus dieser Zeit zu stammen.
»So, Sie sind also Mister Vineyard.«, murmelte der Typ, nachdem er eine dreckfarbene Mappe geöffnet und darin einen Moment geblättert hatte.
Ich erwiderte nichts darauf.
»Sie haben Miss Davids gefunden?«, wollte er wissen und ich nickte nur.
Johnny griff nach meinem Oberschenkel und übte einen beruhigenden Druck auf meinen Muskel aus. Snyder warf uns beiden einen herablassenden und angewiderten Blick zu, ging aber nicht weiter darauf ein.
»Na dann erzählen Sie mal.«, forderte er mich auf und ich seufzte innerlich.
Eigentlich war das ja das Letzte, was ich wollte, aber offenbar blieb mir nichts anderes übrig. Ich schluckte, dachte einen Augenblick lang nach und räusperte mich.
»Ich war in diese Seitengasse gegangen, als ich Emily – Miss Davids – an einer Wand lehnen sah. Ich wollte wissen, was mit ihr los war, darum ging ich auf sie zu und sprach sie an. Doch sie wollte alleine sein, ging davon und da kam dann auch schon der Wagen um die Ecke.«, begann ich und merkte auch schon, dass ich nicht ganz die Wahrheit erzählte oder zumindest einige Details nicht wider gab.
»Das heißt, Sie haben sie nicht nur gefunden, sondern Sie waren auch Zeuge von diesem Mordversuch?«, hakte Snyder nach und machte sich einige Notizen.
Nun hatte ich seine gesamte Aufmerksamkeit. Etwas, das ich nicht hatte erreichen wollen.
»Ja.«, erwiderte ich schlicht und nestelte an meinen Fingern herum.
»Und was geschah dann?«, wollte der Beamte wissen und fuchtelte ungeduldig mit der Hand.
»Ich schrie Emily zu, dass sie sich auf den Boden werfen soll, aber da war es schon zu spät. Einer der Insassen hatte das Fenster runter gemacht und schoss auf sie. Dann brach sie zusammen. Es ging viel zu schnell, als dass ich mir Kennzeichen oder Marke des Wagens hätte merken können. Auch die Gesichter des Schützen und des Fahrers sind mir entgangen, zumal ich direkt zu meiner Freundin gerannt bin um nachzusehen, was passiert war.«, fuhr ich fort und schlug die Augen nieder, als mich die Erinnerungen an diesen Moment zu übermannen drohten.
Johns Hand mache kreisende Bewegungen auf meinem Schenkel, doch er konnte meine Gedanken nicht zurückdrängen.
»Warum riefen Sie Miss Davids zu, dass sie sich zu Boden werfen soll?«, kam auch schon die nächste Frage.
Irgendwie hatte ich es vermutet, dass er genau das würde wissen wollen. Doch was sollte ich darauf schon erwidern? Dass ich es vorhergesehen hatte, dass etwas Schlimmes passieren würde? Das klang genauso absurd, wie die Aussage, dass mein Bauchgefühl mich gewarnt hatte. Aber irgendwas würde ich sagen müssen.
Snyder wurde bereits ungeduldig und drehte den Stift zwischen den Fingern.
»Es kam mir suspekt vor. Der Wagen brauste mit einer extrem hohen Geschwindigkeit um die Ecke und raste in die Gasse rein. Es wunderte mich einfach. Denn diese Gasse ist so schmal und eng, dass ein normaler Mensch darin nie mit überhöhter Geschwindigkeit fahren würde. Und es sah so aus, als würde der Fahrer direkt auf Emily zusteuern.«, versuchte ich mein Erlebnis so zu erklären, dass es nicht gerade danach klang, als hätte ich eine Zwangsjacke nötig.
Ich wagte es nicht, John einen Blick zuzuwerfen, spürte aber überdeutlich, dass er mich die ganze Zeit über beobachtete.
»Suspekt also. Darum sollte sie sich zu Boden werfen.«, wiederholte Snyder und machte sich einige Notizen.
Seine Aussage klang wie eine Anklage. Als hätte er mich direkt verurteilt. Ich atmete tief durch und versuchte mich zu sammeln.

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15.02.2010 18:23 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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also ich muss ja sagen, der Teil ist eindeutigzu kruz großes Grinsen Zunge raus
Aber trotzdem schön geshcireben, wei immer großes Grinsen
Aber wehe du lässt rs zu, dass sie Chris verurteilen!

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15.02.2010 19:11 Hidalgo ist offline E-Mail an Hidalgo senden Homepage von Hidalgo Beiträge von Hidalgo suchen Nehmen Sie Hidalgo in Ihre Freundesliste auf
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*traurig schaut*
Ich würde mich auch über weitere Kritik/Kommentare freuen *drop*

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18.02.2010 16:35 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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Meow.... kennst meine Meinung doch =/ *sanft durchknuddel* Ich finds einfach nur perfekt - nein sensationell .- nein... ach

lassen wir das du kennst die Masche ;P

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18.02.2010 17:21 Zimtziege ist offline E-Mail an Zimtziege senden Beiträge von Zimtziege suchen Nehmen Sie Zimtziege in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Zimtziege in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Zimtziege anzeigen
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Diesmal ist der Teil deutlich länger als der letzte. Ich wünsche viel Spaß beim lesen.

Erstes Buch
III - Chaostheorie


Part III


Ich atmete tief durch und versuchte mich zu sammeln. Das hatte keinen Sinn. Dieser Mann glaubte mir kein Wort, das spürte ich schon jetzt und das, obwohl die ‚Unterhaltung’ eben erst begonnen hatte. John neben mir fühlte meine Anspannung. Ich konnte seine Blicke auf mir regelrecht riechen.
»Wir hatten am Tatort einige Zeugen befragt.«, fuhr Snyder fort und blätterte scheinbar hochkonzentriert in seiner Akte.
Zeugen? Ich war mir ziemlich sicher, dass ich an dem Abend allein mit Emily in der Gasse war. Worauf wollte er hinaus?
»Sie wurden beobachtet, wie Sie Ihre Freundin den Bürgersteig entlang trugen. Ist das so korrekt?«, wollte er wissen.
Ich dachte einen Moment lang nach. Hatte ich Emily tatsächlich getragen gehabt? Wenn das einige Zeugen angeblich bestätigten, dann musste es auch so gewesen sein. Oder versuchte er mir gerade eine Falle zu stellen, damit ich mich verriet?
»Ja, er hat sie getragen. Immer wieder hatte er nach Hilfe gerufen, bis dann der Krankenwagen eintraf.«, mischte sich John plötzlich ein.
Snyder hob irritiert den Kopf und sah den Mann neben mir an. Er war eindeutig verwundert und alles andere als begeistert von Johns Einmischung.
»Und wer sind Sie?«, hakte er nach und kniff seine Augen halb zusammen um John eindringlicher zu mustern.
»John Aldridge. Ich hatte den Krankenwagen gerufen.«, erklärte er und nun gab es auch für mich einen Sinn, warum plötzlich Blaulicht und Sirene in dieser schmalen Gasse aufgetaucht waren, wo doch sonst weit und breit keine Hilfe zu sehen war.
»Was hatten Sie in der Gasse zu suchen? Mister Vineyard und Miss Davids waren doch allein in dieser Seitenstraße.«, schoss sich Snyder auf Johnny ein.
»In der Parallelstraße befindet sich ein Club, in dem ich früher Stammgast war, bevor ich im Charlie’s anfing zu arbeiten.«, erwiderte John kühl.
Ich beneidete ihn um seine Souveränität und die Gelassenheit, mit der er auf Snyders Verhörmethoden reagierte. Es wirkte beinahe, als hätte er schon Erfahrungen mit diesem Typ Mensch.
»Das erklärt dennoch nicht, warum Sie sich zu diesem Zeitpunkt in der unmittelbaren Nähe zu Mister Vineyard befanden.«,
Dieser Kerl ließ einfach nicht locker. Aber so fand ich zumindest einige Sekunden um durchzuatmen und mich zu sammeln. Dafür war ich John sehr dankbar, auch wenn es in mir direkt ein schlechtes Gewissen auslöste.
»Ich wollte einen Spaziergang machen um etwas frische Luft zu schnappen. Und bevor Sie mich fragen, warum ich mir nicht vor dem Club die Beine vertreten habe, das möchte ich Ihnen gerne erklären. Ich bin Barkeeper. Tagein, tagaus sehe ich betrunkene Menschen. An diesem Abend wollte ich meinem ehemaligen Stammclub einen Besuch abstatten. Um etwas neue Energie zu tanken, laufe ich dann gerne einmal um den Block um zum Einen einen klaren Kopf zu bekommen und zum Anderen den Betrunkenen auszuweichen.«, schoss John mit einem zuckersüßen Grinsen zurück.
Seine Stimme war nicht kalt und auch nicht herablassend. Sie bot Snyder keinerlei Angriffsfläche, was unserem Gegenüber die Röte ins Gesicht steigen ließ. Wäre die Situation nicht so verteufelt ernst gewesen, hätte ich wohl zumindest geschmunzelt.
»Und warum haben Sie Mister Vineyard nicht angesprochen? Offensichtlich kennen Sie beide sich.«, vermutete Snyder und blätterte wieder in seinen Notizen, diesmal mit vorgetäuschter Langeweile.
»Weil ich gesehen habe, wie er und Miss Davids miteinander sprachen. Offenbar war das Thema wichtig und da wollte ich mich nicht einmischen. Bevor ich mich auf den Rückweg machen konnte, fiel auch schon der Schuss und ich rief einen Moment später auch schon den Krankenwagen. Das muss in etwa gegen halb zwölf gewesen sein. Die Notrufzentrale wird Ihnen das sicherlich schon bestätigt haben.«, fuhr John fort und meine Bewunderung für ihn wuchs mit jedem Satz, den er sprach.
Ich hoffte inständig, dass Snyder sich nicht wieder auf mich konzentrierte. Denn jetzt war er offensichtlich gereizt und ich wusste nicht, wie lange ich noch klar genug denken konnte um seinen Fragen stand zu halten.
»Sie hatten etwas zu besprechen?«, fragte Snyder und meine Hoffnung fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen – soviel also dazu, dass der liebe Gott doch nur ein alter Mann ist.
»Na ja, wenn Sie mich das so fragen, dann wird das wahrscheinlich stimmen. Ich kann es Ihnen nicht genau sagen, weil ich mich an so gut wie nichts mehr erinnern kann, was in dieser Nacht passiert war.«, gestand ich, obwohl ich mich an jede Szene noch sehr genau entsinnen konnte.
Aber irgendetwas sagte mir, dass Snyder mir sowieso kein Wort glaubte, geschweige denn in irgendeiner Art und Weise auch nur einen Finger mehr als nötig krumm machen würde um den oder die Täter zu finden.
»Sie weichen meiner Frage aus.«, stellte Snyder fest und durchbohrte mich mit seinem Blick.
»Da muss ich Sie enttäuschen. Einer der Notärzte hatte noch am Tatort einen Schock bei Mister Vineyard diagnostiziert. Später in der Nacht brach er schließlich auf der Intensivstation zusammen. Sie sollten vielleicht Ihre Informationen und Ihre Quellen etwas besser überprüfen.«, fuhr John dazwischen und ich schluckte bei dem Klang seiner Stimme.
Auch Snyder sah alles andere als erfreut über Johns Aussage aus. Er verbiss sich einen entsprechenden Kommentar, aber das Rot in seinem Gesicht wurde noch eine Nuance dunkler.
»Wenn Sie keine weiteren Fragen haben, dann würden wir nun gerne gehen. Immerhin sind wir ja freiwillig hier, oder?«, wollte Johnny mit zuckersüßer Stimme wissen.
Snyder schluckte seine Antwort herunter und nickte.
»Halten Sie sich aber bitte bereit, sollten Unklarheiten auftreten oder wir doch noch weitere Fragen haben.«, kommentierte er nun doch.
John stupste mich mit der Fingerspitze am Knie an und gab mir das Zeichen zu gehen. Wir erhoben uns, während Snyder provokativ sitzen blieb. Ich wusste instinktiv, dass wir in ihm keinen Freund gefunden hatten, geschweige denn auf seine Hilfe zählen konnten, wenn es hart auf hart käme.
Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich John und bugsierte mich aus dem Büro. Einen Augenblick später saßen wir in meinem Wagen und ich atmete tief durch.

»Was für ein Spießrutenlauf.«, stöhnte ich und schloss die Augen.
»Jetzt sind wir ja durch.«, murmelte Johnny und startete den Motor.
»Du hast das ja meisterhaft gelöst. Es kam mir fast so vor, als hättest du schon Erfahrungen mit Verhören.«, mutmaßte ich und hielt meine Augen weiter geschlossen.
John erwiderte nichts auf meine Aussage, aber damit hatte ich gerechnet. Aus irgendeinem Grund störte es mich auch nicht, dass er meine Vermutung weder dementierte noch bestätigte. Vielleicht war ich viel zu erschöpft, schockiert oder sonst was um angemessen zu reagieren. Vielleicht vertraute ich ihm auch und wollte ihm die Chance lassen, mir zu sagen, was hier gespielt wurde, wenn er selbst dazu bereit oder in der Lage war. Aus welchem Grund auch immer, ich hielt die Augen weiter geschlossen und versuchte meine Gedanken abzuschalten. Das musste mir auch hervorragend gelungen sein, denn plötzlich legte mir John eine Hand auf den Schenkel und als ich aufsah, befanden wir uns schon auf dem Parkplatz vom Krankenhaus. Ich erinnerte mich nur vage daran, dass hin und wieder einzelne Bilder aus Emilys und meiner gemeinsamen Vergangenheit aufgetaucht waren. Doch bevor ich sie hatte greifen können, hatten sie sich schon wieder in Wohlgefallen aufgelöst. Ich seufzte und warf John einen Blick zu.
»Hey.«, murmelte er, legte eine Hand in meinen Nacken und zog mich an sich.
»Hey.«, nuschelte ich als Antwort und kuschelte meine Wange an seine Schulter.
Er roch so gut nach Sandelholz und Seife. Ich atmete seinen Duft tief ein und machte die Augen abermals zu. Johns Finger kreisten in meinem Nacken und er atmete sanft gegen meinen Hals. Meine Nase stupste an die zarte Haut hinter seinem Ohr.
»Wir schaffen das schon. In Ordnung?«, fragte er und ich nickte langsam.
»Jetzt werden wir erstmal zu Emily rauf gehen und schauen, wie es ihr geht. Und dann fahren wir zu dir und machen es uns auf der Couch gemütlich. Was hältst du davon?«, wollte er wissen und küsste meinen Hals.
Noch nie hatte so ein Vorschlag verlockender geklungen und ich wollte nichts mehr, als einfach ein paar Stunden Ruhe. Erneut nickte ich langsam und vergrub mein Gesicht noch weiter in seiner Halsbeuge. Innerlich flehte ich ihn an mich jetzt nur nicht loszulassen. Vielleicht spürte er instinktiv, dass ich seine Nähe brauchte, vielleicht genoss er es selbst, jedenfalls saßen wir noch eine ganze Weile so im Wagen, bevor John sich etwas zaghaft von mir löste.
»Wir sollten sie nicht zu lange warten lassen.«, murmelte er und küsste mein Stirn.
»Du hast Recht.«, stimmte ich ihm zu und löste den Sicherheitsgurt.
Dieser hatte mir die ganze Zeit über in die Seite gedrückt. Dann stieg ich aus.
John folgte mir und einen Moment später hatte er seine Hand auf meinen Rücken gelegt. Gemeinsam strebten wir die doppelte Glastür der Klinik an. Augenblicklich fühlte ich Beklemmung in mir aufsteigen, als ich den Geruch nach Desinfektionsmitteln und kranken Menschen wahrnahm. Ich hatte Krankenhäuser noch nie gemocht und das änderte sich auch jetzt nicht.
Johnny führte mich am Empfang vorbei zu den Aufzügen. Wir wussten ja in etwa, wo Emily lag und sollten wir sie dort wider Erwarten nicht auffinden, konnten wir immer noch jemanden fragen.
»Was glaubst du, wie es ihr geht?«, wollte ich schüchtern wissen.
»Sie ist eine starke Frau, das wird sie schon meistern.«, murmelte John und im Aufzug angekommen zog er mich wieder in seine Arme.
»Außerdem hat sie dich doch an ihrer Seite.«
Wunderbar. Ich, der es noch nicht mal auf die Reihe bekommt einem Polizisten auf seine Fragen zu antworten. Es war zuviel und das wusste ich auch. Wie sollte ich da Emily eine stärkende Schulter bieten?
»Wenn du dich da mal nicht täuschst.«, brummte ich, löste mich von ihm und trat durch die sich öffnenden Aufzugstüren.
Er folgte mir auf den Fuß und wieder war ich dankbar, dass er in meine Nähe war, denn auf irgendeine Art und Weise fühlte ich mich vollkommen verloren, als ich die Schwestern hektisch hin und her wuseln sah. Auf einer Gruppe Stühle saßen ein paar Menschen, die offenbar Angehörige waren. Sie alle hatten eins gemeinsam: einen hoffnungslosen und leeren Blick, mit dem sie Löcher in die Luft starrten.
Sah ich etwa genauso aus? Ich hoffte nicht.
Fehler.
Meiner.
Natürlich hatte ich auch diesen Blick. Das was in den letzten Tagen passiert war, war für jeden Menschen zuviel. Kathryn war abrupt in mein Leben zurückgekehrt, Johnny hatte Einlass erbeten und nun war Emily lebensbedrohlich verletzt. Mein Blick war wohl weitaus trübsinniger als der all jener, die dort auf diesen Stühlen saßen.

»Lass uns schnell zu ihrem Zimmer gehen.«, bat ich schon beinahe flehentlich und strebte einen Seitengang an, der – wie ich hoffte – mich schnurstracks zu meiner besten Freundin führen würde.
John legte mir einen Arm um die Schultern und diesmal ließ ich es zu, dass er mich regelrecht geleitete. Ich war mit meinen Nerven völlig fertig, zumal ich auch nicht wusste, ob Emily immer noch in Gefahr schwebte, oder ob der Angriff eine einmalige Gegebenheit gewesen war.

Ich hatte diesen Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als uns ein dunkel gekleideter Mann entgegen gestürmt kam. Er hatte es offenbar furchtbar eilig und schaffte es nicht mehr rechtzeitig mir auszuweichen. Auch ich war vollkommen überrumpelt, sodass der Mann gegen meine Schulter rannte und mich beinahe aus dem Gleichgewicht warf. John riss mich noch zur Seite, ich machte einen halben Ausfallschritt und wirbelte herum um dem weiter rennenden Mann nachzuschauen. Kein Wort der Entschuldigung war über seine Lippen gekommen, seine Augen waren eiskalt gewesen – oder hatte ich mir das nur eingebildet?
»So ein Arschloch.«, knurrte ich und rieb mir die Schulter.
John blickte dem Mann mit einem undefinierbaren Blick hinterher. Es wirkte fast so, als würde er ihn kennen. Oder bildete ich mir das nur ein?
Vorsichtig zupfte ich an seinem Ärmel und er sah verdutzt auf.
»Alles in Ordnung?«, wollte er wissen und nickte in Richtung meiner Schulter.
»Ja, er hat mich nur gestreift. Und ansonsten wären wir ja hier am richtigen Ort.«, versuchte ich mich mit einem Scherz, der in unserer augenblicklichen Situation allerdings mächtig in die Hose ging.
Johnny nickte und wir gingen weiter. Einen Moment später hatte ich die Szene mit dem fremden Mann schon wieder vergessen. Die Tür zu Emilys Zimmer stand sperrangelweit offen.
»Lässt man bei schwer verletzten Patienten die Türen immer auf?«, fragte ich verwundert und sah mich irritiert um.
»Vielleicht war eben Visite und die Schwester kommt gleich zurück.«, vermutete John, aber sein Gesicht strafte seine Aussagen lügen.
Er war ganz offensichtlich nervös. Der Zusammenstoß mit dem fremden Mann saß ihm noch tief in den Knochen. Das sah ich an seinen Augen.
Ich schenkte dem keine weitere Beachtung, sondern klopfte zaghaft an den Türrahmen. Emily lag in ihrem Bett und regte sich nicht, wahrscheinlich schlief sie. Langsam trat ich ein und ging zu ihrem Bett. Wir befanden uns zwar noch immer auf der Intensivstation, aber Emily war in ein eigenes Zimmer verlegt worden. Eigentlich waren die Räumlichkeiten auf diesem Gang mit denen in den anderen Stockwerken zu vergleichen, nur dass die Patienten hier unter strengerer Beobachtung standen, weil sie noch nicht über den Berg waren. Eine Zwischenstation quasi.
Meine Finger strichen sanft über Emilys Stirn. Sie atmete so flach, dass ich im ersten Moment schon Angst bekam, dass sie nicht mehr lebte.
»Hey Baby.«, begrüßte ich sie leise und hauchte einen Kuss auf ihre Haare.
Dann zog ich mir einen Stuhl an ihr Bett. John trat ebenfalls ein, schloss die Tür und stellte sich hinter mir. Sine Hände lagen auf meinen Schultern und massierten meine völlig verkrampften Muskeln. Das stetige Tropfen der Flüssigkeit, die in Emilys Arm floss unterstrich die Stille, die nur durch das konstante Piepsen der Beobachtungsgeräte unterbrochen wurde. Ich beobachtete Emilys Gesicht, versuchte mir ihre Konturen einzuprägen. Beinahe hätte ich sie verloren. Und das nur wegen eines dummen Streits. Ein Seufzen kroch über meine Lippen und ich schloss für einen Moment die Augen, bevor ich den Beutel mit der Kochsalzlösung in Augenschein nahm.
Kochsalzlösung. Irgendwie klang das so falsch in meinen Ohren. Als würde man jemandem normales Speisesalz verdünnt mit Wasser in die Venen pumpen.
Ein seltsames Kürzel hinter der chemischen Bedeutung der Kochsalzlösung verriet mir, dass die Ärzte Morphin in Emilys zarten Körper spritzten. Das war wahrscheinlich am Besten so. Sie setzten sie unter Drogen, damit der Selbstheilungsprozess ihres Körpers ungestört von Statten gehen konnte. Und sie ließen ihr noch etwas Zeit, bevor sie sich mit der psychischen Bedeutung ihrer Verletzung auseinander setzen musste.
Ohne es bemerkt zu haben, waren meine Augen dem Tropfen und dann dem dünnen Schlauch gefolgt. Ich hatte die Kanüle fixiert, deren Zulaufventil vom Tropf und Ersatzventil aus dem Verband schauten. Verwundert blickte ich den Verband genauer an. Ein kleiner Ring aus Blut hatte sich an der vermutlichen Einstichstelle gebildet und im Ersatzventil steckte eine Spritze. Sie war leer.
»Ist das normal, dass Ärzte oder Schwestern eine leere Spritze in der Infusion stecken lassen?«, fragte ich John naiv.
Sofort wurde er hellhörig und folgte meinem Blick.
»Scheiße.«, fluchte er und hechtete halb über das Bett um an den Schwesternnotrufknopf zu gelangen.
Erschrocken saß ich da, vollkommen erstarrt und unfähig zu handeln. John hatte sich wieder aufgerichtet und nestelte an dem Verband herum um die Spritze abzuziehen. Sie war mit Klebeband fixiert. Der Stopfen war leicht blutverschmiert.
»Zumindest keine Luft.«, atmete John erleichtert auf und besah sich die Spritze genauer.
Dann stürmte er auf den Gang. Was hatte das zu bedeuten? Warum hatte eine Spritze in Emilys Infusion gesteckt? Hatte das was mit dem Typen zu tun, der mich beinahe umgerannt hatte? Jetzt schlugen meine Gedanken Kapriolen.
Einen Augenblick später kam John wieder hereingehetzt, gefolgt von einem Arzt und einer Schar Schwestern. Ich wurde zur Seite gedrängt und eine Schwester begann sofort damit Emilys Vitalzeichen zu überprüfen.

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19.02.2010 18:36 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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Omg, jetzt machst du mir Angst! geschockt
Phööööser blööder Mann, noch nichmalsmerh im Krankenhaus ist sie sicher...
Aber kennstdu dich gut mir sowas aus? Ich meie von wegen mit Infusionen usw?
Das klingt da alles sp fachmänisch großes Grinsen

Aber ich mag den teil, er bringt wieder seehr viel Spannung mit rein großes Grinsen
Und ich bin mir sicher, dass er derjenie is, der sie töten wollte und acuh derjenige, der kathryn umgebracht hat ...

Ach Gott, ich lieebe die Story großes Grinsen

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Schade, dass sonst offenbar niemand außer Girllion mitliest.
Zu deinen Fragen, ja mit einigen Dingen kenn ich mich aus (Morphinüberdosis z.B.). Andere Dinge habe ich bei meinem Arzt in Erfahrung gebracht und wieder andere habe ich aus Kriminalistikbüchern Augenzwinkern Also ich schreibe nicht einfach ins Blaue, sondern ich informiere mich schon in die diversen Himmelsrichtungen.


Erstes Buch
III - Chaostheorie


Part IV


Ich weiß nicht mehr, was danach genau geschah. Ich hörte nur die Worte Mordversuch, Überdosis Morphium und Glück im Unglück. Dann bekam ich nur noch mit, wie die Welt begann sich langsamer zu drehen. Ich hatte das Gefühl, dass alles um mich herum im Schritttempo passierte, jeder Satz unnötig in die Länge gezogen wurde und sich jeder wie durch Pudding bewegte. Es war irreal und verzerrt und gleichzeitig war mir alles viel zu schnell und zu hektisch. Noch bevor ich richtig realisieren konnte, dass die Ärzte Emily ein neutralisierendes Medikament gespritzt hatten, stürmte auch schon Snyder gefolgt von drei weiteren Beamten herein. Was wollte denn der schon wieder hier?
Ich stand noch vollkommen neben mir und wusste nicht so richtig zu sortieren oder einzuordnen, was um mich herum passierte, als ich auch schon in einem abgelegenen Raum neben dem Schwesternzimmer stand und Snyder mich mit seinen Blicken durchbohrte.
»So schnell sieht man sich wieder.«, schnurrte er, aber seine Tonlage hatte etwas seltsam Bedrohliches an sich.
Ich hielt es für intelligenter darauf nicht zu reagieren und ihn nicht zu provozieren. Doch dann schalt ich mich selbst einen Narren. Selbst wenn ich gewollt hätte, wäre ich unfähig gewesen mich auch nur zu regen, der Schock saß einfach zu tief.
»Nun verraten Sie mir mal, wie es kommt, dass Ihre angeblich beste Freundin zum zweiten Mal beinahe gestorben ist, als Sie in ihrer Nähe waren?«, forderte er mich auf und klopfte mit der Rückseite eines Bleistifts auf die Tischplatte.
Klopf. Klopf. Klopf.
Das Geräusch war nervtötend und ich hätte ihm seinen Bleistift am Liebsten aus der Hand gerissen und ihn ihm in seine Nase gerammt. Ich mochte diesen Kerl nicht und er mich offenbar auch nicht. Aber das war auch nicht weiter relevant. Er sollte endlich seinen Job machen und Emilys Angreifer finden, anstatt mich andauernd in die Mangel zu nehmen.
Klopf. Klopf. Klopf.
Irgendwie hatte das Geräusch auch etwas seltsam Beruhigendes, ja, fast schon Meditatives. Ich beobachtete den Stift, wie er immer wieder und wieder auf die Tischplatte schlug.
Klopf. Klopf. Klopf.
»Mister Vineyard. Hören Sie mir überhaupt zu?«, riss mich Snyder von dem stetigen Klopfen seines Bleistifts weg.
Abrupt hörte auch das Geräusch auf, als er den Stift neben seine aufgeschlagene Akte legte. Beiläufig bemerkte ich, dass dort ein Stapel Fotos drin lag. Auf dem Obersten blickte mir mein Gesicht entgegen. Es war offenbar mit einem Telezoom aufgenommen worden, denn ich befand mich auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Fotografen und war mir der Tatsache nicht bewusst, dass ich beobachtet wurde. Snyder hatte mich also beschatten lassen.
»Äh ja.«, erwiderte ich mit einiger Verzögerung.
Scheinbar zufällig klappte Snyder die Akte zu um mir einen Blick auf die Fotos zu verwehren und sah auf.
»Ich weiß ja, dass das für Sie alles andere als leicht ist, aber wir sind auf Ihre Mitarbeit angewiesen.«, versuchte er es nun auf die weiche Tour.
Guter Bulle, böser Bulle in einer Person. Wenn die Situation nicht so absurd – ja beinahe falsch – gewesen wäre, dann wäre das hier die ideale Vorlage für ein Kabarett.
»Das ist mir auch klar.«, erwiderte ich wenig freundlich und biss mir dann direkt auf die Zunge.
Ich sollte es mir nicht vollends mit diesem Typen verscherzen. Denn wir befanden uns in einer Lage, in der er mir das Leben zur Hölle machen konnte. Doch seltsamerweise zeigte Snyder keinerlei Interesse daran mich irgendwie fertig zu machen.
»Kann ich Ihnen dennoch einige Fragen stellen?«, wollte er mit weicher Stimme wissen.
Widerwillig nickte ich. Was hätte ich auch sagen sollen? Ich war ganz offensichtlich ein Verdächtiger und wenn Snyder wollte, konnte er mich die nächsten vierundzwanzig Stunden festhalten.
»Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen, als Sie ins Krankenhaus kamen?«, begann Snyder mit seinem Fragenkatalog und öffnete erneut die Akte.
Nun musste ich einen Moment nachdenken. War mir etwas aufgefallen? Ich hatte nichts bemerkt. Oder doch?
Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
»Der Typ.«, platzte ich heraus.
Snyder runzelte die Stirn und sah mich irritiert an.
»Welcher Typ?«, wollte er wissen.
Ich schluckte und sah auf die Tischkante. Noch immer stand ich mitten in dem Raum, mit dem Rücken zur Tür. Snyder hatte mich nicht aufgefordert mich zu setzen. Versuchte er mir damit zu beweisen, dass er in der Machtposition war?
»Na ja, als John und ich … wir kamen gerade aus dem Aufzug … dieser Kerl.«, stotterte ich vor mich hin und bekam keinen vernünftigen Satz zustande.
»Welcher Kerl?«, hakte Snyder erneut nach und mir kroch eine Gänsehaut über den Rücken.
Er war wirklich ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Ich holte tief Luft und versuchte meine Gedanken zu ordnen, damit ich mich nicht wie ein dummer Schuljunge benahm.
»Da war so ein Kerl. Er hatte etwa meine Größe, war aber viel – wie soll ich sagen? – massiger. Zumindest soweit ich es erkennen konnte.«
Fehler.
Meiner.
Ich begann schon wieder mit unzusammenhängendem Zeug. Mich würde es nicht wundern, wenn Snyder mir erneut verbal an die Gurgel ginge. Aber seltsamerweise ging der Kelch an mir vorüber. Der Beamte durchlöcherte mich nur weiter mit seinen Blicken.
»Und weiter?«, wollte er wissen.
»Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Er trug so einen Pullover mit Kapuze. Und einen Schal.«, fuhr ich fort und versuchte mir diesen Mann noch mal ins Gedächtnis zu rufen.
»Seine Hose wirkte, als wäre sie fünf Nummern zu groß. Und irgendwie passte das alles nicht zusammen.«
»Wie darf ich das verstehen?«, fragte Snyder nach.
Er hatte sich emsig Notizen gemacht. Ich verstand nicht so genau warum, denn immerhin konnte ich ihm keine konkreten Angaben zu Alter, Haarfarbe oder Sonstigem machen.
»Es war falsch. Fast so, als würde er sich in diesen Klamotten nicht wohl fühlen.«, murmelte ich und blickte kurz auf meine Schuhspitzen herab.
Mir war klar, dass es sich bei der Kleiderkombination um ein Szeneoutfit handelte. Man lebte diese Szene und diesem Mann war eindeutig anzusehen gewesen, dass er sie nicht lebte.
»Es sah wie eine Verkleidung aus.«, schloss ich, endlich die richtigen Wort gefunden habend, aufatmend.
»Hm.«, machte Snyder und kritzelte auf seinem Notizblock herum.
Mehr sagte er nicht.
Einen unendlich langen Augenblick lang schwiegen wir uns an, während die Temperatur in unserer Umgebung merklich sank.
»Sie können gehen, aber halten Sie sich für eventuelle Fragen bereit.«, forderte er mich auf und wedelte mit der Hand in Richtung Tür.
Ich stand noch kurz unschlüssig herum, bevor ich mir einen Ruck gab.
»Wer versucht Emily umzubringen? Und Warum?«, wollte ich wissen und sah stur auf einen Punkt zwischen Snyders Augen.
Er sah auf und blickte mir irritiert entgegen. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
»Wir hoffen immer noch, dass Sie es uns sagen können.«, erwiderte er.
Seine Augen sahen mit einem Mal traurig und unendlich alt aus. Es schien beinahe, als täte es ihm wirklich leid, was Emily passiert war.
Ich nickte ihm zu, drehte mich um und ging.

Von ihm bekam ich keine brauchbare Antwort. Blieben nur noch Emily und John. Ja, John. Wo steckte der überhaupt? Suchen blickte ich mich um. Vor der Tür zu Emilys Zimmer standen zwei Polizisten, die mich drohend ansahen. Doch weit und breit war kein Johnny da. Ich entschloss mich zu warten und noch einmal darüber nachzudenken, was passiert war.
»Mister Vineyard?«, riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken, die mir seltsam vertraut vorkam.
Verwirrt drehte ich mich um und Doktor Charles kam auf mich zu.
»Doktor Charles.«, begrüßte ich sie förmlich und ging nicht auf ihre ausgestreckte Hand ein.
»Wie geht es Emily?«, wollte ich stattdessen wissen.
»Den Umständen entsprechend. Sie erlitt eine Morphinvergiftung und wir behandeln sie momentan mit Naloxon.«, informierte sie mich.
»Morphinvergiftung?«, fragte ich irritiert und blickte zu Emilys Zimmer.
In der Kochsalzlösung hatten sich Morphine befunden. Wahrscheinlich zur Schmerztherapie.
»Ja, in der Spritze, die in ihrer Infusion steckte, befand sich Morphium.«, fuhr Doktor Charles fort.
»Und was ist Nalo-… Naloxon?«, wollte ich wissen und stolperte im ersten Moment über den mir fremden Begriff.
»Ich möchte Sie nicht mit irgendwelchen Fachausdrücken verwirren. Naloxon wirkt wie ein Gegengift und hebt die Wirkung von Morphin auf. Wir werden ihr im Lauf der nächsten Tage verschiedene Dosen von Naloxon verabreichen um den schmerzlindernden Effekt von Morphin bei zu behalten, gleichzeitig aber auch zu verhindern, dass sie in eine Abhängigkeit rutscht oder sogar daran stirbt.«, erklärte sie mir und gestikulierte dabei heftig.
Ich verstand nur Bahnhof, was wohl mitunter daran lag, dass mich die beiden Polizisten immer noch beobachteten und mir Snyders Kommentare in den Knochen steckten.
»Sie wird wieder gesund?«, fragte ich.
Die Ärztin nickte und folgte meinem Blick zu den beiden Beamten.
»Die werden wohl noch eine ganze Weile hier stehen und aufpassen, dass niemand erneut versuchen wird, Ihre Freundin umzubringen.«, kommentierte sie Schulter zuckend.
»Haben Sie zufällig meinen Begleiter gesehen?«, wollte ich von ihr wissen.
Sie nickte und deutete auf Emilys Zimmertür.
Ich bedankte mich und ohne ein Wort des Abschieds ging ich auf die beiden Polizisten zu. Prompt verlangten sie nach meinem Ausweis, da sie die Order hatten, bis auf die Ärzte, Schwestern, John und mich niemanden in diesen Raum zu lassen. Vollkommen genervt zückte ich mein Portemonnaie und drückte ihnen meinen Ausweis in die Hand. Sie warfen nur einen kurzen Blick darauf und ließen mich dann wie in einer Diskothek mit Türstehermanier eintreten.
John saß an Emilys Bett und hielt ihre Hand. Über ihrem Kopf hing nun ein zweiter Beutel, der an eine Maschine angeschlossen war, die offenbar eine Art Timer hatte. Ich seufzte leise und schloss die Tür hinter mir.
»Sie schläft.«, informierte mich John ohne aufzusehen.
Seine Finger machten kleine, kreisende Bewegungen über Emilys Handrücken. Ich beobachtete ihn einen Augenblick lang, bevor ich an die andere Seite ihres Bettes trat und mich auf der Bettkante nieder ließ.
»Das war der Typ von vorhin.«, sprach ich aus, was wir beide dachten.
Es war keine bloße Vermutung mehr, nein, es war wirkliche Gewissheit.
Vorsichtig beugte ich mich zu Emily runter um ihre Stirn zu küssen. Als ich mich wieder halb aufrichtete, strich ich ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie war nicht mehr ganz so bleich, wie noch vor einer halben Stunde und ihre Atmung war nun wieder hörbar. Erneut seufzte ich.
»Ich finde diesen Kerl.«, versprach ich ihr. »Ich finde jeden, der darin verwickelt ist.«
Es war mein voller Ernst. Ich würde jedem Einzelnen von ihnen sämtliche Gliedmaßen brechen.

~~ Ende Kapitel III ~~

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22.02.2010 18:52 Sidney ist offline E-Mail an Sidney senden Homepage von Sidney Beiträge von Sidney suchen Nehmen Sie Sidney in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Sidney in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Sidney anzeigen
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