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Zum Ende der Seite springen Das Schaukelpferd - Kurzgeschichte
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~Hanni~ ~Hanni~ ist weiblich
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Das Schaukelpferd - Kurzgeschichte Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Also. Ich hab diese Geschichte vor recht kurzer Zeit für den Junior-Bachmann-Literaturwettbewerb geschrieben, und da man an der Version, die ich eingeschickt habe, sowieso nichts mehr machen kann (vor einer Woche oder so war Einsendeschluss) würde ich gerne wissen, was ihr davon haltet.
Leider durfte ich die Geschichte nicht länger als 2 Wordseiten lang schreiben, deswegen sind manche Parts recht kurz nur beschrieben - ich habe vor, die Geschichte noch zu erweitern und so... naja, aber erstmal könnt ihr eure Kommentare dazu abgeben. fröhlich

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Das Schaukelpferd

Eine ungemütliche Kälte umfing ihn.
Was war passiert?
Wieso schlief er nicht mehr?
Er wollte zurück, in dieses wohltuende Nichts, er wollte zurück, er wollte sterben… er war doch alt. Er hatte nicht lange geschlafen, ein, zwei Minuten, so kam es ihm vor… es war sicher mehr, aber er spürte, dass dies nun zu Ende war.
War er zurückgekehrt in das Leben? Hatten die Ärzte seinen schwachen Körper gezwungen, wieder aufzustehen?
Aber dann wäre es nicht so kalt.
Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen, etwas fragen – aber nur ein langer, hoher Schrei kam aus seinem Mund. Sofort darauf spürte er die Kälte auch im Körper… er wollte zurück.
War er neugeboren?
Natürlich, das wäre eine einfache Erklärung der Situation… und auch, wieso er nicht sprechen konnte.
Es kam ihm vor, als sei er eben noch alt gewesen... ein alter Mann, dessen Seele die schwache, sterbliche Hülle verlassen hatte und auf Wanderschaft ging... unter die Erde, über die Erde, auf der Suche nach einer neuen sterblichen Hülle, in die er eine Zeit lang kriechen konnte… wie es alle Seelen taten, und wie so viele Seelen noch immer auf der Suche waren. Er hatte Glück gehabt, aber war er wirklich glücklich?
Starke Hände packten ihn und hoben ihn hoch. Nun konnte er zum ersten Mal etwas klar erkennen... die Hebamme, die ihn auf den Armen hatte, das Bett neben ihr, und in dem Bett lag eine tote Frau... eine Mutter, die die schwere Geburt ihres Kindes nicht überlebt hatte.
Er hörte Stimmen, aber er konnte nicht verstehen, was sie sprachen... er schrie, er hatte Hunger. Er wusste, sagen konnte er nichts, und wenn er überhaupt etwas bekam, dann wäre es nicht der Schnaps, den sein alter Körper so gern gemocht hatte, und der ihn schließlich hingerichtet hatte… nein, es würde Milch sein. Warme Milch.
Er merkte, wie ihm die Erinnerungen schwanden. Noch erinnerte er sich an alles, an sein ganzes vorheriges Leben… aber dieses Wissen würde nicht lange bestehen, und bis er fähig wäre, es den anderen mitzuteilen, würde er sich nicht mehr daran erinnern.
Könnte er nur sprechen, könnte er nur schreiben, irgendetwas! Doch es schien hoffnungslos.
Irgendjemand hatte eine kleine Flasche besorgt, und gierig saugte das Neugeborene, bevor es in einen tiefen, friedlichen Schlaf versank.

Als er aufwachte, erinnerte er sich nicht mehr.
Er setzte sich auf und dachte nach. Er hatte geträumt, aber was? Nur einzelne, verschwommene Bilder tauchten auf, aber sie ergaben keinen Sinn. Es war, als hätte er von seiner eigenen Kindheit geträumt... aber war er nicht alt gewesen? Er wusste es nicht mehr.
Plötzlich fiel ihm ein, dass er heute vier Jahre alt wurde. Er hatte Geburtstag. Vier Jahre... es schien ihm eine lange Zeit, aber irgendwie auch kurz, denn er fühlte sich älter. So, als hätte er schon immer gelebt. Woher dieses Gefühl kam, wusste er nicht... genauso wenig, ob andere Menschen das auch fühlten.
Langsam streifte er die Decke ab und stieg umständlich aus seinem kleinen Bett. Die Schritte seiner winzigen nackten Füße klangen laut auf den Fliesen, als er zum Fenster ging. Es war still. So vollkommen still.
War es Nacht oder war es Tag? Er konnte es nicht erkennen. Das Fenster war schmutzig, es war, seit er hier war, noch nie geputzt worden – hier legte niemand viel Wert auf Sauberkeit. Hier, in diesem Waisenhaus, wo er seit fast genau vier Jahren war. Seit seiner Geburt. Seit seine Mutter gestorben war.
Irgendwie hatte er das Gefühl, dass heute etwas Besonderes passieren würde.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“
Von vielen musste er Glückwünsche entgegennehmen, von den Betreuerinnen und von seinen Freunden. Und er bekam auch ein Geschenk. Nur eins, denn das Waisenhaus hatte nicht viel Geld, aber es bedeutete ihm umso mehr.
Es war ein Schaukelpferd.
Er mochte es auf den ersten Blick. Es war aus Holz, und seine vier Beine standen auf zwei halbrunden Kufen, die ebenfalls aus Holz waren. Das Pferd selber war so gut aus dem Holz gearbeitet, dass man es für echt halten konnte: es hatte eine lange Mähne, einen schönen Kopf mit großen, klugen Augen und lange Beine. Wie ein Ponyfohlen sah es aus, und es gefiel ihm.
Irgendwie kam es ihm bekannt vor, obwohl er es noch nie gesehen hatte. Das Schaukelpferd war eine echte Überraschung gewesen, er hätte nie gedacht, dass er so etwas bekommen würde. Aber dennoch war es ihm, als würde er einen lange vermissten Freund wiedersehen.
Er strich dem Holzpferd über den Kopf und sah es lange lächelnd an. Ein schönes Geburtstagsgeschenk, dachte er. Das schönste, das er jemals bekommen hatte.

In dieser Nacht träumte er wieder.
Als er dann aufwachte, konnte er sich noch an jedes Detail des Traums erinnern. Es war so, als wäre es eine echte Erinnerung, als wäre es wirklich passiert, nicht nur im Traum.
In seinem Traum hatte sein Schaukelpferd Flügel. Und er war mit ihm über den Wolken und unter der Erde geritten, es gab keine Begrenzungen, sie konnten überall hin. Die tiefsten Geheimnisse des Universums hätten sie ergründen können, wenn er nicht aufgewacht wäre.
Er blieb noch eine Weile liegen und dachte an den Traum, dachte ihn weiter, flog in Gedanken hoch über die Wolken und zu den Sternen. Doch dann sah er, dass die Sterne so nah waren... und doch so fern, als würden sie vor ihm fliehen. Er bekam Angst vor ihnen, weil sie so hell waren, und so heiß, aber gleichzeitig auch so kalt, und voller Dunkelheit... er gehörte zu ihnen und doch floh er vor ihnen, und voller Angst öffnete er wieder die Augen.
Was war denn das gewesen? Die Sterne... sie hatten ihm Angst eingejagt... und er hatte keine Ahnung, warum. Doch gleichzeitig spürte er, dass er ihrem Geheimnis ganz, ganz nahe gekommen war, und er schämte sich dafür, dass er die Reise abgebrochen hatte.
Sein Blick wanderte durch den Raum. Irgendwie schien alles so hell zu sein, dass er kaum etwas erkennen konnte. Nur das Schaukelpferd, es stand neben seinem Bett und sah ihn an.
Er strich ihm über die Stirn, und es schien ihm freundlich zuzunicken.
Es hatte Flügel.
Er bemerkte kaum, was um ihn herum geschah, dass ein Arzt hereinkam und ihn untersuchte. Er sah nur wie gebannt auf die silbrigen Flügel, die aus den Schultern des kleinen Holzpferdes gewachsen waren, und die sich auch bewegten.
„...sehr hohes Fieber“, sagte das Schaukelpferd mit der Stimme des Arztes, aber dann schüttelte es den Kopf und wieherte empört. Es sprang von seinen Kufen herunter und kam zu dem kranken Jungen, stupste ihm seine weichen Nüstern ins Gesicht. Es war nicht mehr aus Holz, sondern ein echtes Pferd, und es forderte ihn auf, mit ihm zu gehen.
„Auf eine lange Reise“, sagte es.
„Auf eine lange Reise“, wiederholte der Junge leise. Immer wieder, immer leiser, so lange, bis sein Atem stockte und sein kleines Herz versagte, bezwungen vom Fieber.

Es war dieser Moment, der ihm die Erinnerung wiederbrachte, die Erinnerung an sein früheres Leben, an seine vielen früheren Leben, die er immer wieder vergaß und im Augenblick seines Todes wiederentdeckte... es war diese Wahrheit, die für immer unter den Toten ruhen würde, und die den Lebenden niemals bekannt werden würde.

Und seine Seele wanderte umher, rastlos, körperlos, ruhelos, und er wusste um alles, was passiert war, um den ganzen Weg, den er bisher zurückgelegt hatte. Nur seine Zukunft lag eingehüllt in den Nebeln der Zeit, die kein Blick zu durchdringen vermag...


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lg, Hanni fröhlich

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Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von ~Hanni~: 10.08.2008 09:30.

18.02.2008 16:18 ~Hanni~ ist offline Homepage von ~Hanni~ Beiträge von ~Hanni~ suchen Nehmen Sie ~Hanni~ in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie ~Hanni~ in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von ~Hanni~ anzeigen
~Hanni~ ~Hanni~ ist weiblich
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Vielen Dank dafür, dass du sie gelesen hast und so ausführlich bewertet hast - eins nur:

Zitat:
Original von Thinka
Nur eins versteh ich nicht..der Junge ist 4 Jahre alt und kann nicht reden? Ist ein wenig unverständlich...^^

Du meinst sicher den ersten Teil - da ist der Junge noch nicht 4, sondern gerade erst geboren, und in den anderen Teilen kann er sehr wohl sprechen... habe ich das nicht klar genug beschrieben? Aber ich werde sie sicher noch ausbauen... damit solche Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden.
(Meine Schwester hat, als sie die Geschichte gelesen hat, eine ganz ähnliche Frage gestellt...)

Vielen Dank für das Lob. fröhlich

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18.02.2008 17:05 ~Hanni~ ist offline Homepage von ~Hanni~ Beiträge von ~Hanni~ suchen Nehmen Sie ~Hanni~ in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie ~Hanni~ in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von ~Hanni~ anzeigen
pizzi pizzi ist weiblich
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wooow.
viel mehr gibts dazu nicht zu sagen Augenzwinkern
nein, es ist wirklich gut! xD weiß gar nicht was ich schreiben soll hehe
also erstens hast du einen sehr schönen schreibstil
zweitens find ich die idee gut
ich war zum schluss, obwohl es nur ziemlich kurz ist und man somit nicht viel gelegenheit hat, den jungen "kennenzulernen", total traurig unglücklich
also echt.. wow Zunge raus
das einzig blöde ist, dass es schon aus ist hihi

lg

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22.02.2008 19:35 pizzi ist offline E-Mail an pizzi senden Beiträge von pizzi suchen Nehmen Sie pizzi in Ihre Freundesliste auf
Hornisse Hornisse ist weiblich
Dum amo vivo


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die geschichte ist der hammer. wirklich sehr sehr gut, eindrücklich, wow.
nur eine kleinigkeit hätte ich: ich hätte die erlebnisse aus der 'zwischenwelt' also wie zb den loetzten kleinen absatz noch etwas... kürzer u vager formuliert, also echt nur angerissen, damit man sich noch viel mehr denken muss, nachdenken eben.
schwer auszudrücken, weißt du was ich meine?

spitzen idee!!

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Life isn't about waiting for the storm to pass. It is about learning how to dance in the rain.

22.02.2008 20:16 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
~Hanni~ ~Hanni~ ist weiblich
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Vielen Dank euch dreien, ich finds echt schön, dass meine Geschichte so gut ankommt. fröhlich

@ Thinka: Ich werd die Geschichte noch mal überarbeiten, jetzt muss sie ja (zum Glück) nicht mehr auf 2 seiten passen Augenzwinkern ich hoffe, danach ist das ein wenig deutlicher.

@ pizzi: danke für dein lob. fröhlich Ich werde sie, wie gesagt, noch überarbeiten & danach ist sie sicher länger Augenzwinkern

@ hornisse: Ja, ich denke, ich verstehe das... aber ich weiß ehrlich gesagt nicht wirklich, wie ich das schreiben soll. (Gerade den letzten Satz fand ich ja eig so schön Augenzwinkern ) aber vielleicht hast du ja nen Vorschlag? Du schreibst ja selbst auch sehr schön fröhlich

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23.02.2008 09:04 ~Hanni~ ist offline Homepage von ~Hanni~ Beiträge von ~Hanni~ suchen Nehmen Sie ~Hanni~ in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie ~Hanni~ in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von ~Hanni~ anzeigen
Avenson Avenson ist weiblich
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Also ich hab dir meine Meinung zwar schonmal gesagt, aber ich machs gerne nochmal:
Einfach geeeeenniiiaaaaaaall!!!!
Habs meinem Freund vorgelesen und der fand das auch total super smile
Ich hoffe du holst noch ein bissl was raus, weil du ja nun mehr schreiben 'darfst'
lg
lea

__________________

She's in love with the devil,
She's in love with Lucifer.
This is her revenge for all the years of pain and tears.
Blutengel . Lucifer

Éire

26.02.2008 16:08 Avenson ist offline E-Mail an Avenson senden Beiträge von Avenson suchen Nehmen Sie Avenson in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Avenson in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von Avenson anzeigen
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