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Zum Ende der Seite springen Für Elise
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Hornisse Hornisse ist weiblich
Dum amo vivo


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Für Elise Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Hallo da draußen,

Nachdem 'Gefangen' ja ganz gut ankommt, habe ich beschlossen, meine neustes Werk hier auch vorzustellen und begrüße euch recht herzlich zu der Geschichte eines jungen Mannes, dem alles genommen wurde - seine Heimat, seine Familie, seine Freuden, seine Identität - sein Leben.

Allein die Erinnerungen, die Liebe zur Musik und seine Träume hindern ihn daran, zugrunde zu gehen und so tut er das, was er vorher nicht für möglich gehalten hatte - er lebt weiter - der Träume wegen.

Ich hoffe, dass "Für Elise" euch gefällt und freue mich wie immer über jegliche Art von Kommentaren.
Es geht los mit einem Brief, das dient jedoch nur dem Einstieg, die weiteren Kapitel sind als Erzählung aus der 3. Person verfasst.
Der Brief ist sich in schöner Schreibschrift vorzustellen, leider sind hier ja nur sehr begrenzte Schriftarten möglich, irgendwas, was auch nur im Ansatz nach Handschrift aussieht, ist nicht dabei, aber ich vertrau da mal auf eure Vorstellungskraft.
Habt Freude.









Für Elise



How many roads must a man walk down,
before you can call him a man?

How many years can some people exist,
before they're allowed to be free?
Yes, and how many times can a man turn his head,
and pretend that he just doesn't see?

The answer my friend is blowing in the wind,
the answer is blowing in the wind.

How many times must a man look up,
before he can see the sky?
Yes, and how many deaths will it take till we know,
that too many people have died?

The answer my friend is blowing in the wind,
the answer is blowing in the wind.

(Bob Dylan – Blowing in the wind)



1. Briefe


Denkst du manchmal an mich, Elise? Lange Zeit ist es her, aber Zeit, was ist schon Zeit? Sie ist so relativ, das erfahre ich hier jeden Tag und jede Nacht aufs Neue. Tage und Nächte, in denen ich an dich denke. Immerzu. Und obwohl ich weiß, dass du diese Briefe nie erhalten wirst, dass du nie über die blaue Tinte meiner Schrift streichen und nie eine Träne auf das alte Papier tropfen lassen wirst, stillt es doch mein Verlangen, sie für dich zu verfassen, dich teilhaben an meinem Leben, welches keines mehr ist.
Dir geht es gut, und das zu wissen, erhellt meinen Tag und auch meine Nacht und es ist das Einzige, was hier noch zählt.
Ich habe jetzt tatsächlich ein Klavier hier und wie du dir vorstellen kannst, ist das das schönste Geschenk, das sie mir machen konnten. Vielleicht traue ich mich bald einmal, ihnen meine Musik vorzuspielen, unsere Musik, aber ich befürchte, dass sie sie nicht mögen werden. Sie haben einen ganz anderen Geschmack hier, in jeder Hinsicht und ich muss mich erst daran gewöhnen.
Ich habe heute wieder gespielt, sei es um zu erinnern, sei es, um zu vergessen und es überwältigt mich. Die Klänge der Musik stellen diese ganz besondere Verbindung zu dir her und vermögen es, den Raum mit dieser Atmosphäre zu füllen, die fast greifbar ist und mich daran hindert, zu zerfallen.
Du solltest spazieren gehen, Elise, und dir eure Welt anschauen. Schau dir doch bloß einmal die Welt an! Die Natur ist die faszinierendste Sehenswürdigkeit, die es gibt und du wirst Gottes Wunder in jedem Insekt, in jedem Eichenblatt und in jeder Schneeflocke, die der Wind zu dir treibt, erkennen.
Ich vermisse unsere Natur, Elise. So sehr, wie ich mir es niemals hatte vorstellen können. Hier sieht alles so anders aus. Alles ist so anders.
Obwohl man mich so nett aufgenommen hat und es wirklich hätte schlimmer kommen können, brauche ich doch viel Zeit, um mich einzugewöhnen und die neuen Freuden hier erkennen zu können. Man hat viel Geduld und Zeit für mich. Zu wenig Zeit – es scheint fast, als gäbe es so etwas hier gar nicht.
Hattest du jemals Zweifel, Elise? Hast du jemals gedacht, dass das alles gar nicht wahr ist? Man sagt mir, ich sei ein Träumer und obwohl es vielleicht ein Vorwurf sein sollte, ist es das das größte Kompliment, dass sie mir machen konnten, denn ohne Träume und Illusionen, wo wären wir denn da, sollen sie mir sagen. Mein Geist wäre dem einer Amöbe gleich, dem eines Wurms vielleicht und meine Existenz wäre dann tatsächlich nur noch ein unbedeutender Hauch des Windes.
Ja, ich träume, Elise. Ich schließe die Augen, stelle mir vor, träume, und denke daran, dich nur noch einmal jemals wieder zu sehen. Ich würde dein Lied spielen, dein Lied, Elise und wir würden weinen und tanzen und träumen. Was wäre die Existenz ohne Träume? Was könnte sie mir geben, das großartiger wäre?
Ich habe ein Lächeln im Gesicht, wenn ich an dich denke. Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir lieben, sagte mein Vater mir einmal. Ich liebe, Elise. Ich werde immer lieben.
Alles, was wir je entscheiden müssen, ist, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist. Wir sollten endlich beschließen, glücklich zu sein, und es ist uns selbst überlassen, ob wir dieses Glück in einem alten Wein oder in den Symphonien Beethovens finden. Glücklich zu sein, auch ohne Glück, das ist Glück, Elise. Wir sind reich, so reich, weil wir etwas besitzen, das uns nie jemand nehmen kann. Wie viele Freuden werden zertreten, weil man auf das zu Füßen liegende nicht achtet?
Ich hoffe du denkst an mich, Elise. Ich hoffe, du träumst. Ich weiß, dass die Zeit deine Wunden niemals heilen kann. Aber vielleicht kann sie dich an den Schmerz gewöhnen. Vielleicht kannst du irgendwann lächeln, wenn du an mich zurück denkst. Vielleicht werden für dich irgendwann wieder Rosen an den Dornen wachsen und die Sonne durch die Wolken scheinen. Es wird nie wieder so werden, wie früher. Das kann es nicht, jetzt, wo ich hier bin.
Aber ich werde in deiner Erinnerung leben, Elise. Für immer.

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Life isn't about waiting for the storm to pass. It is about learning how to dance in the rain.

Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Hornisse: 16.10.2009 13:54.

16.10.2009 13:41 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
Hornisse Hornisse ist weiblich
Dum amo vivo


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Vielen Dank Jeanny, habe mich sehr über deine Vorschläge und über deine Worte gefreut, das bedeutet mir wirklich viel, wahrscheinlich mehr, als du dir vorstellen kannst.

Mit deinen Korrekturen gebe ich dir recht, außer bei der letzten, es muss tatsächlich "kann", also in der 3. Person Singular heißen, weil es sich auf die Zeit bezieht, nicht auf die Wunden. Augenzwinkern Den Rest werde ich aber übernehmen!

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16.10.2009 15:25 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
Flaw Flaw ist weiblich
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Ich finde es wunderschön. Es lässt einen fühlen, mit dem jungen Mann träumen. Ich hatte wirklich Tränen in den Augen. Der Schmerz hinter den Worten wird plötzlich so real.

__________________
>>Dummheit ist auch eine natürliche Begabung.<<

Dem kann ich nur zustimmen.

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Flaw: 16.10.2009 16:57.

16.10.2009 16:56 Flaw ist offline Beiträge von Flaw suchen Nehmen Sie Flaw in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Flaw in Ihre Kontaktliste ein
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Zitat:
Original von Flaw
Ich finde es wunderschön. Es lässt einen fühlen, mit dem jungen Mann träumen. Ich hatte wirklich Tränen in den Augen. Der Schmerz hinter den Worten wird plötzlich so real.


Schön, wie einem die Worte aus dem Mund genommen werden smile Habe genau dasselbe gedacht und empfunden. War wirklich traumhaft. Ich konnte die Augen gar nicht von den Worten lassen - und ich merke mal wieder, was für ein schönes Gefühl es ist, einen guten Text zu lesen.
Beeindruckend fröhlich

__________________
Yaoi-Fans aufgepasst: aarinfantasy.com

I laughed at him, crying and smiling at the same time. Stupid?

http://shizoo.frozen-media.de/affis.php

16.10.2009 20:05 TerraTX ist offline E-Mail an TerraTX senden Beiträge von TerraTX suchen Nehmen Sie TerraTX in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie TerraTX in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von TerraTX anzeigen
.jinx .jinx ist weiblich
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wunderbar. wunderwunderwunderbar.
richtig gut geschrieben, ich möchte unbedingt mehr davon lesen.
wie schon gesagt wurde, es lässt einem fühlen und träumen und man könnte denken es sei echt. sehr schön.

__________________

16.10.2009 23:11 .jinx ist offline E-Mail an .jinx senden Homepage von .jinx Beiträge von .jinx suchen Nehmen Sie .jinx in Ihre Freundesliste auf
nymphy nymphy ist weiblich
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Ziehst du Parallelen zu Beethovens " Für Elise" ?
Hat im ersten Moment den Eindruck auf mich. Ab und an wirkt die Sprache sehr gekünstelt und ein Stolperstein im Wortfluss.

"und dir eure Welt"... eure? das verwirrt Augenzwinkern "unsre Natur"...
man könnte es als stilistisches Mittel sehen ^^ aber verwirrend ist es trotzdem das du solche allgemein zugänglichen Dinge wie Welt und Natur jemandem Besitzrechte zuschreibst smile

Ansonsten klingt es aber gut smile
17.10.2009 12:33 nymphy ist offline Homepage von nymphy Beiträge von nymphy suchen Nehmen Sie nymphy in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie nymphy in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von nymphy anzeigen
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also zu aller erst - der brief ist wundervoll.
mir kamen nich die tränen, aber es war wirklich etwas richtig gutes. ich weiß, ich bin schlecht im beschreiben. mir gefällt deine wortwahl und deine beschreibungen. besonders deine vergleiche finde ich einzigartig.
hach. ich werde weiterlesen, das kannst du mir glauben.

falls du interesse hast würde ich mich über 'nen kleinen gegenbesuch freuen. ->

__________________

18.10.2009 19:47 pcdfan ist offline E-Mail an pcdfan senden Homepage von pcdfan Beiträge von pcdfan suchen Nehmen Sie pcdfan in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie pcdfan in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von pcdfan anzeigen
Nici Nici ist weiblich
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Wunderschön, wirklich!
Auch wenn mir nicht immer alles 100%ig passt (das ist nun mal die künstlerische Freiheit, jeder hat einen anderen Stil Augenzwinkern ) finde ich es einfach schön. Genau so eine Geschichte habe ich mir gewünscht, mal wieder zu lesen.
Freue mich auf mehr.

Ach ja, ein kleiner Kritikpunkt:
Wieso schreibt er den Brief, wenn sie ihn nie lesen wird? Dafür sind mir die Formulierungen oft zu deutlich und er spricht sie zu oft an. Was mich gleich zum nächsten Punkt bringt: Mir ist etwas zu oft , Elise im Brief aufgefallen. Nennst du so oft den Namen der Person, an die du schreibst, wenn du ihr einen Brief schreibst?
Aber gut, das ist eben ein Stil.

Und noch ein Punkt (ups, sorry großes Grinsen )
Zitat:
Und obwohl ich weiß, dass du diese Briefe nie erhalten wirst, dass du nie über die blaue Tinte meiner Schrift streichen und nie eine Träne auf das alte Papier tropfen lassen wirst, stillt es doch mein Verlangen, sie für dich zu verfassen, dich teilhaben an meinem Leben, welches keines mehr ist.


Es stillt sein Verlangen, die Briefe für sie zu verfassen??
Müsste es nicht auch "dich teilhaben zu lassen an meinem Leben" heißen?
19.10.2009 13:46 Nici ist offline E-Mail an Nici senden Beiträge von Nici suchen Nehmen Sie Nici in Ihre Freundesliste auf
Hornisse Hornisse ist weiblich
Dum amo vivo


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Vielen Dank für eure Kommentare und Anmerkungen! Ich habe mich über das Lob total gefreut, weil ich es wirklich nicht erwartet hatte und ich selbst den Brief an einigen Stellen holprig und ungelungen finde.

Vielen Dank an Flaw, TerraTX, Nikkivieh und pcdfan für das umwerfende Lob, war echt sprachlos und hab mich natürlich riesig gefreut, dass der Brief auf euch so authentisch und nachvollziehbar wirkt. Das bedeutet mir schon ziemlich viel!




nymphy:

Zitat:
Ziehst du Parallelen zu Beethovens " Für Elise" ?

Ja, natürlich. Das Stück wird in de Geschichte eine zentrale Rolle spielen, wobei der Titel natürlich nicht nur auf das Stück bezogen ist, sodnern eben auch auf die Briefe, die für diese Person namens Elise verfasst werden und noch auf einiges mehr, was schon im nächsten Kapitel deutlicher werden wird.

Zitat:
Hat im ersten Moment den Eindruck auf mich. Ab und an wirkt die Sprache sehr gekünstelt und ein Stolperstein im Wortfluss.

Die Sprache hebt sich natürlich vond er Umgangssprache ab und ich beherrsche es noch nicht so gut, wie ich es gerne täte, sie trotzdem glaubhaft und nicht zu künstlich lingen zu lassen. Weißt du noch, an welchen Stellen/Passagen sie dir besonders missfiel?


Zitat:
"und dir eure Welt"... eure? das verwirrt Augenzwinkern "unsre Natur"... man könnte es als stilistisches Mittel sehen ^^ aber verwirrend ist es trotzdem das du solche allgemein zugänglichen Dinge wie Welt und Natur jemandem Besitzrechte zuschreibst

Es geht ja nicht um Besitzrechte... scheint das so?
Der Protagonist befindet sich jetzt weit weg von Elise, in einer ganz anderen Umgebung/Klimazone/Kontinent mit eben ganz anderer Vegetation, deswegen redet er von "eurer Natur" (eben nicht mehr die seine), fand es schöner, als zu schreiben "die Natur bei euch da oben"







Nici: Freut mich, dass die Geschichte dir gefällt!


Zitat:
Wieso schreibt er den Brief, wenn sie ihn nie lesen wird? Dafür sind mir die Formulierungen oft zu deutlich und er spricht sie zu oft an.

Ich kenne einige Leute, die sowas tun, einfach um ihre Gedanken in Worte fassen zu können und er tut es wohl auch, weil er heimlich die Hoffnung hat, dass sie den Brief doch irgendwann bekommt.

Zitat:
Was mich gleich zum nächsten Punkt bringt: Mir ist etwas zu oft , Elise im Brief aufgefallen. Nennst du so oft den Namen der Person, an die du schreibst, wenn du ihr einen Brief schreibst? Aber gut, das ist eben ein Stil.

Nein, ich selbst tue das nicht, es ist aber beabsichtigt. Es soll seine Verbundenheit ausdrücken und den Wunsch, wirklich an sie zu schreiben, etwas für sie zu verfassen und nicht einfach nur seine Gedanken (was es ja eigtl ist). Wie vllt später erst deutlicher werden wird, ist der Protagonist sehr einsam und verzweifelt (und steht ganz abgesehen davon kurz vor seinem Tod) und es ist sein sehnlichster Wunsch, noch einmal mit Elise Kontakt aufzunehmen, deswegen richtet er das Wort so oft direkt an sie.
Ich hoffe, dass dieses Stilmittel so nachvollziehbarer ist...

Zitat:
Es stillt sein Verlangen, die Briefe für sie zu verfassen??

Ja, weil es, wie erwähnt, sein allergrößter Wunsch ist, noch einmal Kontakt zu ihr aufzunehmen. Er weiß, dass er es nie mehr können wird (und somit eben auch, dass sie die Briefe nicht erhalten wird, er schickt sie nichmal ab), aber es hilft ihm, wenigstens so zu tun, als wäre das noch möglich. (Er redet ja auch davon, ein Träumer zu sein, Illusionen zu haben etc)



Zitat:
Müsste es nicht auch "dich teilhaben zu lassen an meinem Leben" heißen?

Ja, das ist ein Fehler, Jeanny hatte den schon kritisiert und ich dachte eigtl, den hier auch verbessert zu haben, hatte das wohl aber nur im Manuskript getan. Sorry dafür und danke für den Hinweis!




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Der nächste Teil wird wohl morgen kommen..

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19.10.2009 15:23 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
nymphy nymphy ist weiblich
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Ah ok Augenzwinkern Ich wusste nich wie weit er weg ist. Von dem Punkt aus betrachtet ist es verständlich.

Zitat:
Denkst du manchmal an mich, Elise? Lange Zeit ist es her, aber Zeit, was ist schon Zeit? Sie ist so relativ, das erfahre ich hier jeden Tag und jede Nacht aufs Neue. Tage und Nächte, in denen ich an dich denke. Immerzu. Und obwohl ich weiß, dass du diese Briefe nie erhalten wirst, dass du nie über die blaue Tinte meiner Schrift streichen und nie eine Träne auf das alte Papier tropfen lassen wirst, stillt es doch mein Verlangen, sie für dich zu verfassen, dich teilhaben zu lassen an meinem Leben, welches keines mehr ist.
Dir geht es gut, und das zu wissen, erhellt meinen Tag und auch meine Nacht und es ist das Einzige, was hier noch zählt.
Ich habe jetzt tatsächlich ein Klavier hier und wie du dir vorstellen kannst, ist das das schönste Geschenk, das sie mir machen konnten. Vielleicht traue ich mich bald einmal, ihnen meine Musik vorzuspielen, unsere Musik, aber ich befürchte, dass sie sie nicht mögen werden. Sie haben einen ganz anderen Geschmack hier, in jeder Hinsicht und ich muss mich erst daran gewöhnen.
Ich habe heute wieder gespielt, sei es um zu erinnern, sei es, um zu vergessen und es überwältigt mich. Die Klänge der Musik stellen diese ganz besondere Verbindung zu dir her und vermögen es, den Raum mit dieser Atmosphäre zu füllen, die fast greifbar ist und mich daran hindert, zu zerfallen.
Du solltest spazieren gehen, Elise, und dir eure Welt anschauen. Schau dir doch bloß einmal die Welt an! Die Natur ist die faszinierendste Sehenswürdigkeit, die es gibt und du wirst Gottes Wunder in jedem Insekt, in jedem Eichenblatt und in jeder Schneeflocke, die der Wind zu dir treibt, erkennen.
Ich vermisse unsere Natur, Elise. So sehr, wie ich mir es niemals hatte vllt. hätte? vorstellen können. Hier sieht alles so anders aus. Alles ist vllt. kursiv? so anders.
Obwohl man mich so schon zum dritten mal so in drei aufeinander folgende Sätze. nett aufgenommen hat und es wirklich hätte schlimmer kommen können, brauche ich doch viel Zeit, um mich einzugewöhnen und die neuen Freuden hier erkennen zu können. Man hat viel Geduld und Zeit für mich. Zu wenig Zeit – es scheint fast, als gäbe es so etwas hier gar nicht. Das ist jetz aber ein Wiederspruch Augenzwinkern Erst erkennt er das sie Zeit für ihn habe, also im Sinne von genug Zeit (so kommt es rüber) und dann zu wenig
Hattest du jemals Zweifel, Elise? Hast du jemals gedacht, dass das alles gar nicht wahr ist? Man sagt mir, ich sei ein Träumer und obwohl es vielleicht ein Vorwurf sein sollte, ist es das das größte Kompliment, dass sie mir machen konnten, denn ohne Träume und Illusionen, wo wären wir denn da, sollen sie mir sagen. Das wirkt nun zu sehr aus dem Kunsttopf gegriffen ^^ Mein Geist wäre dem einer Amöbe gleich, dem eines Wurms vielleicht und meine Existenz wäre dann tatsächlich nur noch ein unbedeutender Hauch des Windes.
Ja, ich träume, Elise. Ich schließe die Augen, stelle mir vor, träume, und denke daran, dich nur noch einmal jemals wieder zu sehen. Ich würde dein Lied spielen, dein Lied, Elise und wir würden weinen und tanzen und träumen. Was wäre die Existenz ohne Träume? Was könnte sie mir geben, das großartiger wäre?
Ich habe ein Lächeln im Gesicht, wenn ich an dich denke. Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir lieben, sagte mein Vater mir einmal. Ich liebe, Elise. Ich werde immer lieben.
Alles, was wir je entscheiden müssen, ist, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist. Wir sollten endlich beschließen, glücklich zu sein, und es ist uns selbst überlassen, ob wir dieses Glück in einem alten Wein oder in den Symphonien Beethovens finden. Glücklich zu sein, auch ohne Glück, das ist Glück, Elise. Wir sind reich, so reich, weil wir etwas besitzen, das uns nie jemand nehmen kann. Wie viele Freuden werden zertreten, weil man auf das zu Füßen liegende nicht achtet? Gefühlsmäßig fehlt hier im Satz noch ein Wort :|
Ich hoffe du denkst an mich, Elise. Ich hoffe, du träumst. Ich weiß, dass die Zeit deine Wunden niemals heilen kann. Aber vielleicht kann sie dich an den Schmerz gewöhnen. Vielleicht kannst du irgendwann lächeln, wenn du an mich zurück denkst. Vielleicht werden für dich irgendwann wieder Rosen an den Dornen wachsen und die Sonne durch die Wolken scheinen. Es wird nie wieder so werden, wie früher. Das kann es nicht, jetzt, wo ich hier bin.
Aber ich werde in deiner Erinnerung leben, Elise. Für immer.


Nun nochmal ein ordentlicher Kommentar.

Ich kenne und spiele das Lied smile
Daher muss ich fragen inwiefern du dir deine Ideen daraus genommen hast?
Wird das Lied die Geschichte erzählen? Oder die Geschichte die Entstehung des Liedes?
Oder noch etwas anderes. Momentan erinnert es daran als ob das Lied die Geschichte erzählt smile
19.10.2009 18:08 nymphy ist offline Homepage von nymphy Beiträge von nymphy suchen Nehmen Sie nymphy in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie nymphy in Ihre Kontaktliste ein MSN Passport-Profil von nymphy anzeigen
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Themenstarter Thema begonnen von Hornisse
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Vielen Dank nymphy für die ausführliche Kritik, ich werde vorraussichtlich morgen genau darauf eingehen, habe jetzt leider nicht genug Zeit und wollte den nächsten Teil nur kurz online stellen!


Hoffe, dass er gefällt und freue mich natürlich wieder über Kommis jeglicher Art.






Kapitel 2, Teil 1



2. So etwas wie Hoffnung

No one knows what it's like
to be the bad man
to be the sad man
behind blue eyes

And no one knows what it's like
to be hated
to be faded
to telling only lies

But my dreams
they aren't as empty
as my conscience
seems to be

I have hours
only lonely
my love is vengeance
that's never free

(The Who – Behind blue eyes)



Leben. Ja, genau das, was ihm in den letzten Wochen unmöglich erschienen war, genau das würde er tun. Leben in ihren Erinnerungen. Leben als Teil in ihrem Leben. Jetzt, wo es das seine nicht mehr gab.
Louis Vagoda legte den Füllfederhalter beiseite, den er zusammen mit den wenigen Dingen, die er am Körper getragen hatte, aus seiner alten Existenz in die neue hatte retten können und ließ seine Fingerknöchel knacken. Er war angespannt, immer noch, auch wenn er sich entspannen sollte, denn er war entkommen, in Sicherheit. Er wusste, dass sie ihn hier nicht finden würden, aber trotzdem zuckte er zusammen bei jedem Geräusch, lebte in ständiger Angst und schlief immer mit der Pistole unter dem Kopfkissen, die Oscar ihm gegeben hatte. Wie lange das noch so weitergehen solle, hatten sie ihn gefragt, aber er hatte nur mit den Schultern gezuckt und beschämt zu Boden gesehen. Was sollte er ihnen sagen? Er war dankbar. Mehr als das, auch wenn er es nicht zeigen, geschweige denn ausdrücken konnte und den größten Teil der Zeit nur apathisch und unbeteiligt wirkend dastand und schwieg. Was sollte er sagen? Wie könnte er jemals ausdrücken, was er ihnen sagen wollte?
Louis faltete den Brief an Elise sorgfältig zusammen und steckte ihn in die Schublade des Schreibtisches, die er extra dafür vorgesehen hatte. Er würde ihn verbrennen, irgendwann, vielleicht bald, aber noch fehlte ihm die Kraft dazu. Erinnerung. Träume. Illusionen. Was war ihm mehr geblieben als die heimlichen, irrigen Vorstellungen, dass sich eines Tages doch alles zum Guten wenden würde und es wieder sein könnte, wie zuvor? Er würde sterben ohne diese Vorstellungen, ohne die Träume, das wusste er.
Das Glas Rotwein auf dem Tisch erschien ihm als einziger Rettungsanker, als einzige mögliche Hoffnung. Er trank zu viel in letzter Zeit, das wusste er, aber was machte es aus? Was änderte es noch? Wenn ihm irgendetwas helfen konnte, zu vergessen, würde er es annehmen und wenn es Alkohol und Drogen waren, die zu seinen besten Freunden wurden, dann war es immer noch besser, als allein zu sein, allein mit den Sorgen, den Ängsten, den Erinnerungen. Allein mit den Träumen, allein mit dem Schmerz.
Louis leerte das Glas mit einem Schluck und stand auf. Ihm war schwindelig, aber es war die Müdigkeit, die seine Sinne benebelte und nicht der Alkohol. Was würde er dafür geben, wieder eine Nacht durchschlafen zu können? Was täte er, um einmal ausgeruht aus einem traumlosen Schlaf aufwachen zu können? Nur eine Nacht die Bilder ausblenden, eine Nacht für sich haben, ohne das Grauen, das ihn heimsuchte, bis hierher, das ihm in seine Gedanken und Träume gefolgt war und nicht mehr loslassen würde. Er würde sterben dafür.
Wenn er nicht schon tot gewesen wäre. Innerlich. Er hatte versucht in dem Brief an Elise, an die Person, die er als Einzige auf der Welt liebte, und die ihn liebte, bedingungslos, es immer getan hatte, und die ihm jetzt genommen worden war, auf die grausamste Weise, die man sich vorstellen konnte, nicht allzu verzweifelt zu klingen, hatte versucht, ihr von den schönen Seiten des Lebens zu erzählen, hatte versucht, beruhigt zu klingen, so, wie sie ihn kannte. Und so, wie sie sich an ihn erinnern sollte. Aber in Wirklichkeit fühlte er all dieses nicht mehr. Er hatte nicht mehr gelächelt, seit sie sie aus seinen Armen gerissen hatten, hatte keine Freude mehr empfunden für die Natur, nicht einmal für das Klavier, das Oscar für ihn besorgt hatte und das ihm geholfen hatte, eine Symphonie lang all seine Sorgen zu vergessen. In ihm war etwas gestorben, herausgerissen worden, und es war kein unwesentlicher, ersetzbarer Teil; es war das, was ihn ausgemacht hatte. Sie hatten ihm nicht nur seine Heimat, seine Liebe und seine Identität genommen – es war sein Leben, das sie ausgelöscht hatten, auf die perfideste Art und Weise, mit den grausamsten Methoden.
Weiterleben in ihrer Erinnerung, das war sein größter Wunsch. Weiterleben, als der Mann, der er gewesen war, als der Mann, den sie in ihm gesehen hatte.
Geblieben war ihm die Existenz seiner Körperhülle. Geblieben waren ihm die Hoffnungen und Illusionen. Geblieben war ihm die Musik.
Zwei Tage würde er noch bleiben können, vielleicht drei, bis es für Oscar zu gefährlich werden würde und er sich nach einer neuen Bleibe umgucken musste. Er wusste nicht, ob er ohne die Musik würde überleben können, die der einzige Lichtblick, das einzige Loch war, in das er sich fallen lassen konnte, ohne wahnsinnig zu werden. Der schwarze Flügel war schon alt, die Tasten vergilbt und abgegriffen, aber er half ihm, innerlich zu dem zu werden, der er einmal gewesen war. Klassische Musik. Er würde Vivaldi spielen. Cimiento dell armoria. Mozart. 40. Symphonie. Und Beethoven. Für Elise. Nur für sie.

Die traurigen Klänge der Symphonien erfüllten das kleine Zimmer mit den großen Fenstern gen Westen und ließen Louis in eine Welt eintauchen, die nicht mehr die seine war, die nie mehr die seine sein würde. Schon von klein auf hatte er die klassische Musik geliebt, war damit aufgewachsen und hatte gelernt, sie mit dieser ganz besonderen emotionalen Note zu versehen, zu nur wenige Pianisten fähig waren. Wenn er spielte, dann war es keine Musik, die zu hören war, es war Gefühl. Tiefste, innigste Emotionen, die den Zuhörern eine Gänsehaut über den Rücken jagten und selbst dann Tränen in die Augen trieben, wenn es in Dur gespielt wurde. Zuhörer hatte er seit Monaten nicht mehr gehabt, aber das Gefühl war geblieben, das jetzt umso ergreifender, umso überwältigender geworden war, wo er für sich allein spielte.
Es tat ihm gut, das alte Elfenbein unter seinen Fingerkuppen zu spüren, die Hände über die Tasten gleiten zu lassen. Ja, es war schwer, zu spielen, jetzt, wo es unter einem so anderen Licht geschah, aber noch schwerer würde es ihm fallen, es nicht zu tun und seinen Feinden den Sieg zu gönnen, den sie errungen hätten, wenn es ihnen gelungen wäre, ihm auch diese Leidenschaft ein für alle mal zu nehmen.
Elise. Wie hatte es geschehen können, dass er das alles nicht vorhergesehen hatte? Wie hatte er die Augen verschließen können in all dieser Zeit, nur um des Friedens und der Glückseligkeit Willen? Zu welchem Preis?
Elise. Sie würde ihn nie wieder sehen, vielleicht würde sie ihn gar vergessen in den Jahren. Sie würde sich entwickeln und älter werden, würde vieles lernen, vieles neu erfahren – und vieles nicht mehr erinnern. Wenn er daran dachte, was mit ihr geschehen könnte, stiegen ihm unweigerlich die Tränen in die Augen. Er wusste, dass er kämpfen musste. Jetzt, um zu überleben und bald, vielleicht in einigen Jahren, um sie ein letztes Mal zu sehen, auch, wenn er wusste, dass er dabei sterben würde. Der Krieg würde ihm alles nehmen, seine Hoffnung, sein Leben, aber niemals seine Liebe. Er würde es tun. Für Elise. Nur für seine Tochter.

__________________
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Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Hornisse: 21.10.2009 18:56.

21.10.2009 18:54 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
Luca Luca ist weiblich
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Ha, habe ich mir doch gedacht, dass es sich um seine Tochter handelt.

Zitat:
Schon von klein auf hatte er die klassische Musik geliebt, war damit aufgewachsen und hatte gelernt, sie mit dieser ganz besonderen emotionalen Note zu versehen, wozu nur wenige Pianisten fähig waren.


Oder "zu der nur..."

Das war gerade hängen geblieben.

Ansonsten gefällt mir dein Schreibstil wie immer sehr gut, wenngleich er hier teilweise viel zu pathetisch anmutet, aber wenn du schreibst, dass du dich teilweise ja auch etwas ausprobierst, ist das sicherlich normal.

Die Struktur bisher gefällt mir sehr gut, mal sehen, wie sich das ganze noch entwickelt.

Schön aber die Anspielungen, die Musikstücke - mit denen ich etwas anfangen kann smile . Nicht so passend (obwohl ich den Dylan-Song sehr schön finde) gliedern sich meiner Meinung nach die zeitgenössischen Texte ein. Aber vermutlich sollen sie gerade den Kontrast zur Klassik skizzieren, oder vielleicht auch nicht, na ja.

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Romanes eunt domus!


04.11.2009 21:26 Luca ist offline Beiträge von Luca suchen Nehmen Sie Luca in Ihre Freundesliste auf
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Danke Jeanny, danke Luca.

Die zeitgenössischen Texte kriegen später einen starken Bezug zur Geschichte, ich habe aber auch schon überlegt, sie wegzulassen. Es werden aber eh nicht viele sein, nur jetzt vor dem Prolog und dann vor dem ersten Kapitel und dann im Verlauf der Handlung noch zwei, drei Mal.
Muss mir das nochmal genauer überlegen.

Hier jetzt erstmal der nächste Teil, der mir nur sehr eingeschränkt gefällt. Sorry für den einen mega-Satz, bin auf keine anständige Teilung gekommen unglücklich




-

Es war spät an diesem Abend und Louis beobachtete die Sonne, die als riesiger roter Feuerball hinter den schwarzen Bergen verschwand und die romantische Abendstimmung, die durch das gedämpfte Licht und den gefärbten Himmel entstanden war, in wenigen Minuten mit in die Tiefe reißen würde. Er dachte an die Länder und all die Menschen im Westen, bei denen es jetzt erst morgens wurde und fragte sich, ob es Zufall war, dass die Sonne in der Früh im Osten, mittags im Süden, abends im Westen, nie aber im Norden zu sehen war. Im Norden, dort, wo seine Heimat war, wo er alles hatte zurücklassen müssen. Wieso schien die Sonne niemals für den Norden?
Louis schenkte sich Rotwein ein, als Oscar das Zimmer betrat. Er war ein stattlicher Mann mit dunklem Haar und vollem Bart, der stets eine Rauchfahne hinter sich herzog, und er war derjenige, dem Louis sein Leben verdankte. Hätte Oscar nicht das seine riskiert, indem er durch seine Kontakte dafür gesorgt hatte, Louis mit einem Schiff aus Europa zu bringen, hätte er ihn nicht bei sich aufgenommen, hier in seiner Wahlheimat und allen, die davon wussten mehr Schweigegeld bezahlt, als angebracht war für ein Leben wie das seine, das keinen Cent mehr wert war, hätte Louis keine Chance gehabt aus dem Netz aus Intrigen, Korruptionen und Folter zu entfliehen, welches sich immer enger um ihn gespannt hatte und dem er sich schon fast ergeben hätte.
„Es wird Zeit für dich, mein Freund“, nuschelte Oscar, als er sich auf der Sessellehne niederließ. „Ich kann dich nicht länger hier behalten.“
Louis erwartete, dass Oscar seinem Blick ausweichen würde, aber er hielt ihm stand. Trotz seiner unverkennbaren Traurigkeit, war noch immer der alte Stolz in den Augen seines Freundes zu sehen, noch immer waren es Mut und Ehrbarkeit, die Oscar auszeichneten, und um die Louis ihn stets beneidet hatten.
„Ich habe einen Bekannten, bei dem du wohnen kannst. Glaub’ nicht, dass der das aus Freundlichkeit tut, aber er schuldet mir noch einen Gefallen. Sein Sohn studiert in der Stadt und so ist das Häuschen, was sie für ihn gebaut hatten, noch etwa zwei Jahre frei. Es ist nicht groß, es wird dir nicht gefallen und du wirst dich auch nur schwer daran gewöhnen. Aber es ist das Beste, was ich dir besorgen kann, und es ist hundert Prozent sicher. Die Leute da reden nicht, mit Weißen schon gar nicht, und sie haben genug Anstand, einen Soldaten, der mit hundert Dollar winkt, achselzuckend wegzuschicken. Die Leute da sind vom alten Schlag. Sie sind ehrenhaft, Louis. Nicht wie ihr in Europa, die ihr jede Freundschaft und allen Anstand vergesst, wenn es um Geld geht, und seien es nur ein paar Kröten, sie sie euch geben, dafür, dass ihr ihnen eure Seele verkauft und keine Freunde mehr kennt. Sie werden schweigen, Louis. Sie schützen dich.“
Louis atmete tief durch und ging im Zimmer auf und ab. Obwohl es warm war, eine immerwährende Hitze, an die er sich nur schwer gewöhnen konnte, fröstelte er jetzt und es schien ihm, als sei die Temperatur im Raum mit dem Verschwinden der Sonne um ein paar Grad gefallen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde“, gab er zu und vermied dabei, seinen alten Freund anzusehen. „Ich hatte gedacht, ich könnte noch ein paar Tage…“
„Louis, ich setze nicht nur mein Leben aufs Spiel, sondern auch das meiner Familie. Das Risiko, dass sie doch noch suchen, ist höher als gedacht, wenn mein Informant die Wahrheit sagt. Die Leute auf dem Schiff und auch die an den Grenzen sind arm, nehmen gerne das Geld an, das sie ihnen zustecken, und denkst du, es interessiert sie, um was es hier geht? Das Wichtigste ist deine Sicherheit, und die ist hier nicht gegeben; nicht so, wie ich es mir für dich wünsche. Kojo holt dich morgen früh ab und fährt mit dir zu Amadis Farm. Ich habe gesagt, dass du ein Farmarbeiter bist, also verhalte dich auch so und reiß dich zusammen. Sie werden dir nicht wohlgesonnen sein, die Leute im Süden sind noch traditionell und wie ich schon sagte, mögen sie keine Weißen, aber wenn du gut arbeitest, werden sie niemals fragen, wo du herkommst und wer du bist. Die interessiert nicht, was du getan hast, die interessiert nur, was du jetzt tust, und wenn du ihnen die Kühe melkst und die Kartoffeln erntest, werden sie sich um dich kümmern.“
„Oscar, ich…du… wie kannst du…“
„Ein Farmarbeiter? Na denkst du, die nehmen dich auf, wenn ich erzähle, dass du ein Kriegsverbrecher aus Europa bist, ein Terrorist, der völlig zu Recht von Regierung und Militär gesucht wird und der noch nie in seinem Leben ein Schaf gesehen hat? Ich weiß, dass du reich und wohlbehütet aufgewachsen bist, aber das bringt dir jetzt einfach mal so gar nichts mehr. Ja, du wirst nichts auf die Reihe kriegen, aber du wirst dich verdammt noch mal reinhängen!“
Louis starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit, die jetzt alles verschluckte. Oscars Worte trafen ihn mitten ins Herz, denn er sprach das aus, was er sich nie eingestehen wollte. Ja, ein Mörder. Ein Terrorist.
„Morgen früh, sagst du?“
„Kojo wird um acht hier sein, kurz nach dem Frühstück. Ich werde dir ein paar Hemden und Hosen rauslegen und Florence wird dir einen Koffer packen mit Sachen, die du gut gebrauchen kannst. Und, Louis? Es wäre gut, wenn du dich niemals wieder hier meldest.“
Mit diesen Worten stand Oscar schwerfällig auf und dehnte seine Schultermuskulatur.
„Das hier ist kein Land für Leute, die auf der Couch sitzen wollen“, sagte er, als er zur Tür ging.
„Oscar?“
Oscar schien zu überlegen, ob er die Tür einfach hinter sich schließen sollte, hielt dann aber doch inne und drehte sich noch einmal um.
„Du hast ihnen nicht gesagt, dass ich weiß bin, oder?“
Er schwieg, dann lächelte er.
„Ich dachte, sie müssen sich ja nicht von vornherein ablehnen. Eine Chance können sie dir ja wenigstens geben.“

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28.11.2009 16:20 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
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Vielen lieben Dank, Jeanny smile


-

Louis hatte gewusst, dass er nicht würde schlafen können, aber jetzt lag er schon seit Stunden wach und starrte an die Decke. Er erinnerte sich an die erste Nacht bei Oscar, die erste Nacht nach einer tagelangen Flucht auf diesem furchtbaren Schiff und in diesem dunklen Zugwaggon, in der er ebenso dagelegen hatte, mit einem bis zum Halse pochendem Herzen und in der er nicht eine Minute lang geschlafen hatte, obwohl er todmüde und erschöpft gewesen war und der Komfort des weichen Bettes in der Stille wirklich ungleich besser gewesen war, als alle Todschlagsszenarien, die er sich wieder und wieder für das Ende seiner Flucht ausgemalt hatte. Die ganze Zeit hatte er gewartet und gelauscht, dass es an der Tür klopfen würde, dass Schüsse fallen würden, dass sie ihn doch verfolgt hätten und jetzt alles zu Ende war. Aber es klopfte nicht, auch nicht am nächsten Tag und in der nächsten Nacht, und niemand war gekommen, um ihn abzuholen. Bis heute nicht.
Er hatte etwas zu Essen bekommen, gute Mahlzeiten. Kleidung, ein Badezimmer, ein weiches Bett, das Gefühl, nicht alleine zu sein und dann sogar noch das Klavier, das ihm half, in eine andere Welt abzutauchen und all diese Nöte zu vergessen.
Und jetzt lag er da, wie am ersten Tag und mit der Gewissheit, sein neues Zuhause, das ihm so viel Sicherheit geboten hatte, an das er sich gewöhnt hatte, wieder verlassen zu müssen, morgen früh schon und starten zu müssen in ein völlig anderes Leben, ein Leben, wie er es sich nie hatte vorstellen können, wie er es sich nie hatte vorstellen wollen. Es ging jetzt wirklich nur noch ums nackte Überleben, da hatte Oscar Recht, und er würde all das tun, für das er in seinem Leben nie bereit gewesen war. Und er würde alleine sein, völlig alleine und nicht mal jemanden haben, der seine Sprache verstehen würde oder sich überhaupt was unter dem Begriff ‚Europa’ vorstellen konnte. Louis drehte sich auf die Seite und atmete tief durch. Er sollte sich nicht so anstellen. Es ging nicht darum, sich jetzt wohl zu fühlen und ein hübsches Leben zu führen. Es ging einzig und allein um den Erhalt der Hoffnung. Der Hoffnung, die sich wie ein Regenbogen über den herabstürzenden Bach seines Lebens erstreckte. Und die ihm irgendwann helfen würde, in dem Meer von Schmerzen schwimmen zu lernen, statt darin zu ertrinken.

Die ersten Strahlen der morgendlichen Sonne bahnten sich ihren Weg durch die Gardinen, erhellten das eben noch im Dunkeln gelegene kleine Zimmer, malten ihre allmorgendlichen Kreise auf das hochwertige Parkett und machten das unermüdliche Spiel der Staubpartikel sichtbar, die durch den Raum tanzten zu einer nicht hörbaren Musik, wie Paare auf einem Ball.
Von all diesem bekam Louis nichts mit, der die Augen verschlossen hatte und dem Gesang der Vögel lauschte. Vögel, die so ganz anders klangen, als jene, die er aus Europa kannte. Stimmen die er nicht zuordnen konnte. Irgendwie beruhigte es ihn, dass auch hier die Vögel zwitscherten, zwar anders, aber doch so verlässlich. Egal wo er war, das Gezwitscher der Vögel begleitete ihn, diente überall als Hintergrundmusik für sein Leben, seine Existenz, war eine Konstante in all dem Durcheinander und all dem Wahn. Fast ein Rettungsanker.
Louis schlug die Decke zurück und setzte sich auf. Der Boden unter seinen Füßen war noch kühl, aber bald würde die Kraft der Sonne stärker werden und ihn erwärmen, so wie sie es jeden Tag tat. Dann tat man gut daran, sich im Schatten aufzuhalten und sich nicht zu sehr anzustrengen, bis endlich die kühleren Abendstunden herein brachen und mit ihnen endlich der gleißende Feuerball hinter den Hügeln im Westen verschwand.
Jeden Tag aufs Neue.
Louis fiel es schwer, sich an die Hitze zu gewöhnen. Noch nie hatte er Temperaturen jenseits der 25-Grad Marke sehr zu schätzen gewusst, in seiner Heimat Irland war das aber kein Problem gewesen. Immer war er derjenige gewesen, der gut Lachen gehabt hatte, wenn andere fröstelten, aber nun setzte ihm die namibische Sonne stark zu und er mochte sich keine Gedanken darüber machen, wie er mit seinem Kreislauf in einem weniger gut klimatisiertem Haus zu Recht kommen sollte.

Er hatte sich fast an die Hirse und das getrocknete Antilopenfleisch, das sie Biltong nannten, gewöhnt, aber trotzdem fiel Louis das Essen an jenem Morgen ungewöhnlich schwer. Oscars Frau Florence war eine ausgezeichnete Köchin - wenn er das richtig einschätzen konnte – und um sie nicht zu verärgern, zwang er einige Bissen des Breis und des Fleisches herunter. Er hatte den Blick gesenkt, achtete peinlich genau darauf, weder Oscar noch seiner Frau oder der Bediensteten in die Augen zu sehen. Ja, er schämte sich. Schämte sich, weil sie ihn rauswarfen, weil er ihnen zur Last gefallen war, sie sogar in nicht zu unterschätzende Gefahr brachte. Schämte sich, dass er nicht fähig war, seinen Absturz selbst aufzufangen, dass er so hilflos war, auf sie angewiesen. Schämte sich für all das, was er getan hatte. Für all das, was er hatte tun müssen.

Es war zwanzig nach acht, als Kojo an der Tür klingelte, ein kleiner, drahtiger Mann mittleren Alters und einer jener Freunde Oscars, den Louis noch nie ein Wort hatte sprechen hören, war es nun, weil er sich dessen nicht getraute oder weil Worte in diesem Land einen ganz anderen Stellenwert hatten, oft einfach überflüssig waren.
„Die Farm liegt etwa drei Stunden Fahrt entfernt“, sagte Oscar, während er einen abgegriffenen Lederkoffer zur Tür schleppte. „Der Mann, der dich bei seiner Familie aufnehmen wird, heißt Amadi. Spar dir Sprüche über seine konservative Art oder seinen Lebensstil. Spar dir am Besten sämtliches Reden. Sei einfach nur… - einfach.“
Louis fixierte Oscars Schuh, riss sich dann aber doch zusammen und sah ihm in die Augen. In Oscars Stirn hatte sich eine tiefe Falte gegraben, die Louis nicht deuten konnte, aber wahrscheinlich wollte er es auch gar nicht.
„Danke für alles…“, wollte er beginnen, aber Oscar winkte ab.
„Bete, dass sie dicht nicht finden. Wenn es noch einen Platz auf der Welt gibt, an dem du sicher bist, dann auf dieser Farm, bei diesen Leuten.“
Kojo griff nach dem Koffer und lud ihn in den Jeep, der vor der Haustür wartete. Warme, trockene Luft wehte herein und Louis hatte jetzt schon das Gefühl, nicht mehr genügend Sauerstoff zu bekommen.
Oscar steckte Kojo zwei Scheine zu, der ohne ein Wort wieder zum Wagen ging.
„Ich werde niemals vergessen, was du…“, versuchte Louis es noch einmal, aber Oscar war niemand, den Danksagungen interessierten.
„Mach es gut, Louis“, schnitt er ihm das Wort ab und klopfte ihm kräftig auf die Schulter. „Mach es einfach gut. Du weißt, dass es nicht noch eine Chance geben wird.“
Louis nickte und biss sich auf die Innenseite der Wange. Ja, er wusste es. Er wusste es nur allzu gut.
Als er in den Jeep stieg, klebte sein Heim bereits an seinem Oberkörper, aber er schob es auf die Aufregung. Innerlich angespannt ließ er sich in den Sitz fallen.
„Du wirst mehr geben müssen, als dein Bestes!“, rief Oscar ihm aus der Haustür zu. Seine dunklen Haare wurden von dem Wind zurückgeweht, was ihn plötzlich sehr alt aussehen ließ.
„Und Louis, denk daran: Komm nie wieder hier her zurück!“

Die Fahrt war beschwerlicher, als er angenommen hatte. Das Gelände wurde zunehmend unwegsamer und mit fortschreitender Uhrzeit nahm auf die Kraft der Sonne über Namibia zu, die mittlerweile hoch oben am Himmel stand und die Luft über der Wüste zum Flimmern brachte. Louis wusste nicht, wie spät es war, aber er würde sich das Umgehen mit Uhrzeiten wahrscheinlich sowieso abgewöhnen müssen. Er glaubte nicht, dass die traditionellen Einwohner des afrikanischen Landes großen Wert auf Zeiten legten. Ob sie überhaupt Uhren kannten? Wieso wusste er so verdammt wenig über dieses Land?
Er warf einen Seitenblick zu Kojo, dessen Mundwinkel die ganze Zeit von einem kleinen Lächeln umspielt wurden und dem die Hitze nicht auszumachen schien. Absolut lässig und souverän lenkte er den alten Jeep über die trockenen Wege am Rande der Namib, vorbei an Sanddünen, Kuduherden und verdorrten Pflanzen – und scheinbar immer weiter in die Einsamkeit hinein.
„Leben viele Menschen im Süden?“, hörte Louis sich fragen. Er war des Schweigens satt, des ewigen Wartens auf all die Antworten seiner ungestellten Fragen. Er konnte nicht einschätzen, was ihn erwartete, hatte keine Ahnung, wie die Menschen waren, zu denen er gebracht wurde, wusste nicht einmal, welche Sprache sie sprachen. Ob sie überhaupt schon jemals einen Weißen gesehen hatten? Was sollte er machen, wenn sie ihn gleich fort jagten?
„Nur Wenige“, antwortete Kojo nach einer längeren Pause, in der Louis sich schon dafür geschämt hatte, dass er so selbstverständlichen von deutschen Sprachkenntnissen seines Fahrers ausgegangen war.
„Wir fahren in die Region Hardap, da leben etwas mehr Menschen als im äußersten Süden, weil dort noch Viehzucht möglich ist. Sie haben Wasserreserven durch einen Damm. Aber wir fahren in ein abgelegenes Gebiet. Amadis Farm liegt weit entfernt von der Nächsten. Dort wird dich niemand suchen kommen.“
Louis seufzte. Langsam glaubte er eher, dass er an Vereinsamung oder der Hitze sterben würde als durch die Hand seiner Verfolger.
„Kennst du diesen Amadi?“
„Nein. Ist ein Freund von Oscar. Ist ihm einen Gefallen schuldig.“ Kojo sprach fast akzentfrei Deutsch und Louis wunderte sich, warum Oscar nicht mit ihm geredet hatte.
„Weißt du, wann wir ungefähr ankommen?“
„Nicht mehr lange.“
Louis wusste mit Kojos Antwort nicht viel anzufangen, lehnte sich aber in seinem Sitz zurück, was ihm eine Feder unter das Schulterblatt drückte und schwieg. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Kojo nicht mit ihm Reden wollte. Vielleicht war es, weil er ein Weißer war, vielleicht war es einfach die andere Mentalität. Vielleicht bildete er es sich auch nur ein.

Sie hatten einen Fluss überquert und waren an einigen verfallenen Hütten vorbei gefahren, als endlich Amadis Farm vor ihnen auftauchte. Es handelte sich um zwei kleine Holzhäuser, vor denen Gemüse angebaut war und Ziegen grasten. Louis Annahme, dass der Jeep, mit dem sie gefahren waren, den höchst möglichen Verfallensgrad erreicht hatte, wurde mit einem Blick auf den neben einer der Holzhütten stehenden Wagens revidiert. Auch der Rest der Farm wirkte auf den ersten Blick ungepflegt und unaufgeräumt. Sie war noch kleiner, als er gedacht hatte und bis auf einige knorrige Bäume, die die Umgebung schmückten, wurde die gesamte Umgebung von einer hügeligen grau-gelben Leere bestimmt. In keine Himmelsrichtung war bis zum Horizont auch nur ein Häuschen zu sehen, nur flimmernde Luftschichten, die sich über den sandig-steinigen Boden erstreckten, machten das aus dem Nichts bestehende Landschaftsbild aus.
Hier war also das Nirgendwo. Er war angekommen. Und es war schlimmer, als in seinen Albträumen.

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17.12.2009 16:43 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
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Zitat:
Original von Vroni
Gefaellt mir ausgesprochen gut. smile
Mich verwirrt nur, das Louis als Ire selbstverstaendlich deutsch redet, und das dann in Namibia? Nicht eher englisch? o:


Vielen Dank smile Das Nationalitätenproblem wird noch aufgeklärt werden großes Grinsen Kann mir vorstellen, dass es derzet noch verwirrt u vllt sollte ich desbezüglich auch wirklich noch was einbringen.

In Namibia spricht ein großer Teil der Bevölkerung deutsch, da es früher deutsche Kolonie war. Es gibt mehr deutsche als englische Muttersprachler dort. Englisch setzt sich jetzt durch (Schulen, Ämter etc), aber da Oscar auch Deutscher ist, habe ich Louis deutsch reden lassen smile (Wie gesagt, zu seiner Herkunft später mehr)

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17.12.2009 22:12 Hornisse ist offline Beiträge von Hornisse suchen Nehmen Sie Hornisse in Ihre Freundesliste auf
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