.: Das Glück einer Anderen :.

„Lieber Gott, warum gibt es Menschen, die ihre Individualität nutzen, um Anderen Leid zuzufügen ?“


Da kamen sie! Das aufgeregte Getuschel der jüngeren Schüler verstummte. Alle drehten sich um, um zu ihnen. Beobachteten wie sie im Gleichtakt den Flur entlangliefen und lauschten dem Geräusch drei Paar Pfennigabsätze das von den Wänden widerhallte. Die jüngeren Mädchen verfolgten jeden ihrer Schritte mit einer Mischung aus Ehrfurcht, Bewunderung und Angst. Ja, Angst! Angst davor, als nächstes Opfer ihrer hämischen Bemerkungen, als nächster Zeitvertreib herhalten zu müssen.
Doch Paulin, Kimberly und Amber hatten Anderes im Kopf. Zielstrebig und doch wie zufällig wirkend gingen sie auf ein Mädchen zu. Alle drei lächelten freundlich und abwesend zugleich. Allerdings spiegelte sich auf dem Gesicht des Mädchens keine Angst wieder und, wie sie hoffte, auch keine Bewunderung. Das Mädchen, Elisabeth Miller, Lil genannt, war vor kurzem erst hierher, nach Bonn gezogen und schon Mitglied der coolsten und angesehensten Clique der Schule. Sie, Lil, die sonst mehr zu den Außenseitern gezählt hatte erhielt nun dieselben bewundernden Blicke wie ihre Freundinnen. Doch Freundinnen, konnte man so ihr Verhältnis beschreiben?
Paulin, Kimberly und Amber kamen, wie Lil, aus den Vereinigten Staaten und hielten es für selbstverständlich, dass Lil zu ihnen gehören wollte. Schon vom ersten Tag an, als sie erfahren hatten, dass Lil aus Virginia kam, hatten sie sich ihrer angenommen.
Zuerst fand sie es toll, ja sogar richtig klasse direkt Anschluss gefunden zu haben. Doch lange hielt dieses Gefühl nicht an. Schon nach wenigen Wochen bemerkte Lil den hochnäsigen Umgangston der Drei gegenüber den anderen Schülern und ihr Benehmen, vor allem gegenüber Jüngeren.
Obwohl sie dieses Verhalten nicht verstand schloss sie sich der Mehrheit an und erwiderte nie etwas, half den ‚Opfern’ nicht. Allerdings spielte sie euch nie ihre Spielchen mit.

So kam es also, das kurz bevor die Schulglocke ertönte, Küsschen und nette Worte zwischen den vier 16-jährigen Mädchen ausgetauscht wurden und man sich gemeinsam auf zum Klassenzimmer machte. Das Bild, welches entstand spiegelte tiefe Verbundenheit und Freundschaft wieder, doch entsprach es der Wahrheit ?